Behindertenausweis bald EU-weit anerkannt?

Bisher endet Europa für Behinderte meist schon an der nächsten Grenze. Doch dies will die EU-Kommission nun ändern – Behindertenausweise sollen bald EU-weit anerkannt werden.

Für Behinderte hört Europa bisher oft noch an den nationalstaatlichen Grenzen auf. Wer in Deutschland als Schwerbehinderter anerkannt ist, ist dies noch längst nicht in einem anderen EU-Staat.

Eine einzige Ausnahme existiert bereits: EU-weit  werden Behinderten-Parkausweise anerkannt. Allerdings nur, wenn sie ab dem 1.1.2001 ausgestellt wurden – die vor 1.1.2001 ausgestellten Parkausweise für Behinderte verlieren Ende des Jahres 2010 ihre Gültigkeit.

Ansonsten aber heißt es bisher an den Grenzen: der Schwerbehindertenausweis wird ab hier nicht anerkannt. Dies kann für Behinderte weitreichende Folgen haben: die Begleitperson z.B., die -sofern das Kennzeichen „B“ vorliegt- im Zug unentgeltlich mit befördert wird, muss ab der Grenze bezahlen. Die Freifahrt im Nahverkehr endet an der Grenze – selbst wenn das Ziel dahinter liegt. Vor allem: der Schutz, den sie z.B. im Arbeitsrecht genießen, gilt ab Grenze nicht mehr.

Wesentlicher Grund dafür, dass EU-weit anerkannte einheitliche Schwerbehindertenausweise bisher fehlen: in den Mitgliedsstaaten werden sehr unterschiedliche Kriterien und Verfahren zur Anerkennung als Schwerbehinderter angewandt.

Doch nun will die EU diesen in Zeiten von Reisefreiheit und Grenzübertritt ohne Kontrollen seltsam „von gestern“ anmutenden Zustand ändern. Sie plant in einem ersten Schritt, Behinderten-Ausweise EU-weit anzuerkennen.  Dies teilte EU-Kommissarin Viviane Reding am 15. November 2010 mit.

EU-Kommissarin Viviane Reding (Photo: EU-Kommission)
EU-Kommissarin Viviane Reding (Photo: EU-Kommission)

Die geplante EU-weite Anerkennung von Behinderten-Ausweisen ist Teil des Zehn-Jahres-Planes, um die Rechte von Behinderten EU-weit zu stärken und ihre Lebenssituation zu verbessern. In diesem Plan formuliert die EU-Kommission:

„Für die ersten fünf Jahre werden folgende Ziele angestrebt:
* Ausarbeitung politischer Strategien für hochwertige integrative Bildung;
* schwerpunktmäßige Ausrichtung der Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut auf Menschen mit Behinderungen. In dem Forum tauschen sich Sachverständige über bewährte Verfahren aus und berichten über ihre Erfahrungen;
* Anerkennung von Behindertenausweisen in der gesamten EU, um Gleichberechtigung am Arbeitsplatz, zu Hause und auf Reisen zu gewährleisten;
* Entwicklung von Normen für barrierefreie Wahllokale und Wahlwerbung;
* Berücksichtigung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Außenhilfeprogrammen und in Programmen für EU-Kandidatenländer.“

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weitere Informationen:
Zehnjahresstrategie für ein barrierefreies Europa
EU-Strategie für Menschen mit Behinderungen (2004–2010) (pdf)
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Ein Gedanke zu „Behindertenausweis bald EU-weit anerkannt?“

  1. Na hoffentlich wird dieses megagroße, auffällige, unhandliche und in kein noch so großes Portemonnaie passende Pappding dann auch endlich mal so handlich wie alle anderen aktuelle Ausweise.

    Irgendwie mag ich dieses Zwangsouting bei jedem Einstieg in einen Bus oder beim Vorzeigen im Zug gar nicht und wäre da über eine kleinere und einem normalen Ticket ähnlichere Form dankbar, die dann vielleicht auch endlich in meinen Gedlbeutel passt und auch etwas widerstandsfähiger sein darf.

    Zumal es für kommende Techniken (Touchpoint, elektronische Tickets im Nahverkehr) ja auch an eine Lösung gedacht werden muss.

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