Steht die HIV-Kohorte des Kompetenznetzes HIV/Aids absehbar vor dem ‚Aus‘ ? Die Frage stellt sich, was mit den umfangreichen Daten und vor allem Biomaterialien von mehreren Tausend HIV-Positiven geschieht.
Seit 2002 existiert das Deutsche Kompetenznetz HIV/Aids. Zur Durchführung seiner Forschungen hat das Kompetenznetz eine umfangreiche Patienten-Kohorte. In dieser werden zu 8.200 HIV-positiven Patienten (ursprünglich: über 16.000 Patienten) pseudonymisiert Daten zu Infektionsverlauf, Medikamenten, Erkrankungen etc. gespeichert, aber auch Biomaterialien wie Blut- und Gewebeproben.
Die Förderung des Kompetenznetzes HIV / Aids selbst läuft aus. Die Zukunft der HIV-Kohorte ist mehr als fraglich.
Das Kompetenznetz HIV bemühte sich, nachdem absehbar war, dass es selbst keine weitere Forschungs-Förderung erhält, um andere Wege der Förderung für sich bzw. die HIV-Kohorte. Im Mittelpunkt der Bemühungen stand unter anderem das ‚Deutsche Zentrum für Infektionsforschung‘ (DZI), das auf Veranlassung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) derzeit gegründet wird.
Das Kompetenznetz HIV bemühte sich, über das DZI direkt selbst vom BMBF gefördert zu werden. Nach mehreren Gesprächen zeichnete sich jedoch schon Ende 2010 ein Scheitern dieser Bemühungen ab, eine direkte Förderung des Kompetenznetzes über diesen Weg schien nicht möglich. Ein entsprechender Antrag wurde nicht berücksichtigt.
In weiteren Gesprächen liefen anschließend Bemühungen um indirekte Förderung über das DZI. Sie hatten ein „Andocken“ der HIV-Kohorte des Kompetenznetzes HIV an das DZI bzw. die HIV-Arbeitsgruppe des DZI (Leitung Prof. Dr. Kräusslich, Direktor des Departments Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg) oder ein Mitgliedsinstitut und so eine indirekte Förderung der HIV-Kohorte zum Ziel. Diese Konstruktion scheint eine der letzten Chancen, die HIV-Kohorte weiterhin zu fördern – mit fraglichen Erfolgsaussichten, entscheidende Gespräche sollen Ende vergangener Woche stattgefunden haben.
Damit stellt sich aus Sicht der Teilnehmer an der HIV-Kohorte des Kompetenznetzes – der HIV-positiven Patientinnen und Patienten – die entscheidende Frage, wie es weiter geht in Sachen Datenschutz.
Was geschieht mit den bereitgestellten Daten, Krankengeschichten, und vor allem auch Biomaterialien? Von allen Teilnehmern wurden umfangreiche Daten erhoben, z.B. zum Infektionsverlauf zu 8.200 (ursprünglich über 16.000) HIV-Positiven, mit bis zu 560 verschiedenen Einzel-Angaben. Zudem wurden in Material-Banken über 46.000 Blutproben und über 14.000 DNA-Proben gespeichert.
Umgangreiche persönliche Daten und Materialien – deren Verbleib und weitere Verwendung nun dringend einer Klärung bedürfen.
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Aktualisierung 17.01.2011, 14:15:
Prof. Kräusslich (Sprecher der HIV-Arbeitsgruppe im geplanten DZI) teilte auf Anfrage mit, über ‚mögliche Interaktionen zwischen dem Kompetenznetz und der HIV-Kohorte sowie dem geplanten DZI‘ sei ’noch nichts entschieden‘. Kräusslich verwies auf den entsprechenden Antrag, der Anfang März gestellt und im April begutachtet werde.
Das DZI soll nach Planungen des BMBF kurzfristig (bis Jahresmitte) realisiert werden. Innerhalb des Gesamtantrags DZI wird auch der HIV-Bereich beantragt. Partner des DZI sind Braunschweig / Hannover, Gießen, Hannover, Heidelberg, Köln / Bonn, München, und Tübingen. Die Partner Braunschweig / Hannover sowie Köln / Bonn sowie Heidelberg sind auch Mitglieder der Arbeitsgruppe HIV.
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weitere Informationen:
Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Errichtung eines Deutschen Zentrums für Infektionsforschung
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