Der Oberste Gerichtshof Kanadas befasst sich an diesem Mittwoch, 8. Februar 2012 mit der Frage, ob es ein Verbrechen ist, wenn Menschen mit HIV ihre Sexpartner/innen nicht vorher von ihrem HIV-Status infirmieren, selbst wenn das HIV-Übertragungsrisiko niedrig ist.
Eine bisher geltende Entscheidung aus dem Jahr 1988 in gleicher Sache wurde von Richtern in Kanada auf verschiedene Weise interpretiert. Dies führe zu einem hohen Maß an Unischerheit bei HIV-Positiven, sagte Cecile Kazatchkine vom Canadian HIV/AIDS Legal Network. Klarheit schaffen soll nun die Verhandlung von dem Supreme Coiurt, Kanadas oberstem Gerichtshof.
So hob das Berufungsgericht in Manitoba vier Verurteilungen eines Mannes wegen Nicht-Information seiner Sexpartner wieder auf. Manche Sexpartner seien einfach keinem siginifikanten Risiko ausgesetzt gewesen, urteilte das Gericht. Der Mann nahm antiretrovirale Therapie, zudem verwendete er in einigen Fällen Kondome. Keiner seiner Sexpartner wurde mit HIV infiziert. Dennoch, so die Staatsanwaltschaft der Provinz vor dem Obersten Gerichtshof, sei jeder dieser Männer einem HIV-Infektionsrisko ausgesetzt worden.Es komme nicht darauf an, ob das Risiko niedrig sei, die Wahl das Risiko einzugehen müsse bei der das Risiko eingehenden Person liegen, nicht bei der, von der es ausgehe, so die Staatsanwaltschaft der Provinz:
„It does not matter that the chance of this occurring is small, the law aims to stop people from taking that chance. The choice whether to assume this risk must … lie with the person assuming the risk, not the person imposing it.“
Ähnlich argumentiert die Staatsanwaltschaft im zweiten Fall. Das Berufungsgericht Quebec hatte die Verurteilung einer HIV-positiven Frau aufgehoben, weil das Risiko einer HIV-Übertragung niedrig war. Die Verpflichtung, Sexpartner vom HIV-Status zu informieren, würde HIV-Infizierte auf unangemessene Art in ihrem Recht auf Privatsphäre beeinträchtigen, hatten die Anwälte argumentiert. Zudem sei dies für die öffentliche Gesundheit kontraproduktiv, der Zwang zu Offenlegung des eigenen HIV-Status halte möglicherweise mit HIV infizierte Menschen potentiell davon ab, einen HIV-Test durchführen zu lassen oder sich einer antiretroviralen Behandlung zu unterziehen. Sowohl die Benutzung von Kondomen als auch eine niedrige Viruslast sollten bei der Frage was ein signifikantes Risiko darstellen deutlicher berücksichtigt werden.
Die Positiven- und Aids-Organisationen COCQ-sida, Stella, PolitiQ-queers solidaires, Radical Queer Semaine sowie Warning fordern in einer gemeinsamen Erklärung
„Wir, die Unterzeichner ersuchen das Gericht diese Gelegenheit zu nutzen und ausdrücklich zu bestätigen, dass es keine strafrechtliche Verfolgung von Menschen mit HIV gibt, wenn keine erhebliche Gefährdung vorliegt – vor allem in Fällen, wenn ein Kondom benutzt wird oder wenn die Person erfolgreich antiretroviral behandelt wird. Wir fordern das Gericht auf, seine Entscheidung auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht auf Vermutungen, Vorurteilen oder Ängsten zu basieren.“
Die Organisationen luden am Vor-Abend des Verhandlungsbeginns zu einer Protest-Demonstration vor dem Gerichtsgebäude.
Zuvor hatte bereits am 6. Februar 2012 ein Aktionstag unter dem Motto „We’re not criminals“ stattgefunden (Videos dazu siehe „weitere Informationen“ unten).
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Aktualisierung
08.02.2012, 09:15: An der 45-minütigen Demonstration vor dem Gerichtsgebäude am Vortag der Verhandlung nahmen einem Medienbericht zufolge ca. 50 Personen teil. Zahlreiche Medienvertreter waren anwesend.
08.02.2012, 14:30: Der Leitartikel des ‚Globe and Mail‘ am Tag der Verhandlung betont, es seien in Kanada Ansätze der HIV-Bekämpfung erforderlich, die über aggressive Polizeiaktionen und diskriminierende Verfolgung hinaus reichen:
„If we really want to address and, ultimately, end the epidemic of HIV in Canada, then we must look for approaches beyond aggressive police action and rampant, discriminatory prosecution.“
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Gibt es ein Recht auf absolute Sicherheit?
Gibt es ein Recht zu kriminalisieren?
Selbst wenn die Folgen lauten: Ansgt, Stigmatisierung, Diskriminieurng?
Selbst wenn die Folgen lauten: Schaden für Prävention, für Gesundheit, für Bürgerrechte?
Mit diesen Fragen ließe sich skizzieren, worum es geht vor dem obersten Gericht Kanadas.
Das Motto des Aktionstags in Toronto bringt auf den Punkt, worum es Menschen mit HIV geht. Nicht nur in Kanada:
„Wir sind keine Kriminellen!“
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weitere Informationen:
CTV News 05.02.2012: Do People with HIV Have to Tell Their Sex Partners? Supreme Court to Decide
Aids Action Now: Day of Action Videos
the warning 06.0p2.2012: A l’approche d’une affaire en cour supreme, des sympathisants du monde entier exhortent le canada à cesser de criminaliser les personnes vivant avec le VIH
2bemag 07.02.2012: Flash-demo against HIV criminalization brings media attention
the globe and mail 08.02.2012: Let’s draw reasonable lines on HIV disclosure
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selbst wenn eine solch dämliche entscheidung „hiv positive müssen vor dem sex den partnerIn informieren“ durch das gericht gestätigt werden würde, dann würde, im fall das man seinem Ex-partnerIn böses will, den teufel tun und zugeben das mich der ExpartnerIn informiert hat.
worauf läuft das im ende hinaus? 100% sicherheit das man informiert wurde nur wenn es schriftlich durch beide partner vor dem sex niedergelegt wurde? jährliches update wie bei einer patientenverfügung?
da läuft einiges in eine richtung die alles andere als gesund-normal ist in kanada. ähnliches gilt ja auch für die rechtssprechung in sachen hiv hier bei uns da es ja hier auch sehr „uneinheitlich“ um nicht zu sage chaotisch zugeht.