Das ACTA-Abkommen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ist in verschiedenne Netz-Communities zum Gegenstand scharfer Kritik geworden. Vor allem netzpolitischen Aspekte wie Datenschutz und die Neutralität der Internet Service Provider (ISPs) und der zahlreichen (sozialen) Plattformen stand dabei im Vordergrund. Die Gegner werfen dem Abkommen und seinen politischen Befürwortern insbesondere auf der europapolitischen Ebene mangelnde Transparenz und den bewussten Ausschluss der Öffentlichkeit vor. Befürchtet wird vor allem die Schaffung von verpflichtenden nicht-staatlichen Kontrollstrukturen bei ISPs und Diensteanbietern bzw. Plattformen. Zudem wurden Abwigelungsversuche seitens der Politik und Argumente der Befürworter von den Gegner entkräftet.
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Ein Überblick über die ACTA-Problematik lässt sich durch die zahlreichen Links in dem Blog-Artikel »Ein kleiner Einstieg in ACTA« (Netzpolitik.org) gewinnen. Doch ACTA ist längst kein netzpolitisches Problem. Nicht erst seit gestern stellen Patentrechte ein großes Hindernis in der medizinischen Versorgung von armen Weltregionen dar. Das gilt besonders für HIV/Aids-Medikamente. In den armen Weltregionen leisten Generika, die zu einem großen Teil in Indien hergestellt werden, einen enormen Beitrag in der medizinischen Versorgung von HIV-Infizierten. Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ rufen deshalb ebenfalls zu Protest gegen das Abkommen auf, denn denn der Bezug und Einsatz von Generika wäre durch ACTA, das im Sinne des Markenschutzrechts greifen möchte, in Zeichnerländern delegitimiert. Viktor Funk schlussfolgert in Bezug auf die Generika-Problematik in seinem Artikel »„Apotheke für Arme“ in Gefahr« der Frankfurter Rundschau:
»Vermutlich fürchteten westliche Pharma-Konzerne aber, dass früher oder später auch sie ihre Forschung transparenter machen müssten.«
Nachdem Proteste in Polen die dortige Regierung zu einem überraschendem Aussetzen des Ratifizierungsverfahrens bewegt haben , sind am kommenden Samstag europaweite Proteste geplant, auch in vielen deutschen Städten. ACTA würde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur einen enormen Eingriff in das Netz bedeuten: Es würde den Zugang zu teuren Medikamenten unnötigerweise privilegisieren und damit auch die weltweite Eindämmung und Bekämpfung von HIV-Infektionen erschweren oder sogar unmöglich machen. Benachteiligt wären vor allem diejenigen, für die jegliche medizinische Versorgung – auch die durch Generika – schon jetzt ein Luxus ist.
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Gastbeitrag von Tobias Rademacher. Tobias bloggt unter dem Titel Mythopoeia.
Danke an Tobias für diesen Gastbeitrag!
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Aktualisierung
10.02.2012, 15:30: Süddeutsche Zeitung online 10.02.2012, 15:30: Handel – Internet: Deutschland stimmt ACTA-Abkommen vorerst nicht zu
10.02.2012, 17:00: In ‚The Independant‘ (10.2.2012) spricht sich auch Popstar Elton John klar gegen ACTA aus:
„I’ve battled for many years to see progress in the AIDS response. I don’t want to see those achievements thrown away. This is a critical moment. The Government must stand up for the rights of people living with HIV and the health of the world’s most vulnerable by stopping this EU attack on the vital Indian supply of essential medicines.“
Ein Gedanke zu „ACTA gefährdet die HIV/Aids-Bekämpfung in armem Regionen (akt.)“
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