Die Aids-Hilfe Köln ist wegen eines umstrittenene Migrations-Spots in der Kritik. Der Journalist Norbert Blech fragt auf queer.de „Humorvoller Gligée oder rassistisches Klischee?“ Inzwischen haben auch die Aids-Hilfe Köln sowie die Macher des Spots reagiert (siehe Aktualisierung des Artikels auf queer.de). Sie erläutern ihre Intention mit dem Clip („Öffentliche Beratungsgelder werden durch immer atomisiertere Zielgruppenbetreuung nach Ansicht der Kölner Aidshilfe sinnlos verbraten“) – und bezeichnen Kritiker als „böswillig“ oder „unverschämt“.
„Ist der Spot von René Gligée zur Kölner AIDS-Gala 2011 rassistisch?“, hat die Readktion von queer.de in einer Abstimmung zum Artikel gefragt. „Ja, das geht gar nicht!“, finden derzeit knapp 57%, knapp 20% sagen „Er ist zumindest missverständlich“. 23,5% meinen „Nein, er ist lustig und macht Sinn.“ (Stand 25.4., 14:45 Uhr, 136 Teilnehmer/innen).
Auf queer.de, ondamaris, Facebook und Google+ löste der Spot Diskussionen aus. Die Aids-Hilfe habe „den Bezug zur Realität verloren“ vermutet ein Leser, andere finden den Clip einfach „grottendämlich“, „humorlos“, „peinlich“ oder „grauenhaft schlecht“. Andere hingegen finden den Spot „lustig“ oder „eher harmlos“ – oder stören sich an als überzogen empfundener Kritik
„Irgendwie werden Begriffe wie „menschenverachtend, verletzt religöse Gefühle, Frauen erniedrigend und rassistisch“ heutzutage ziemlich inflationär gehandhabt!“
Zur Frage, wie rassistisch der Spot sei, bemerkt ein Leser trocken
„Warum sollten die Aids-Hilfen in der Rassismus-Diskusssion weiter sein als der Rest des Landes?“
und ein queer.de-Leser merkt an
„Ich habe noch keinen gesehen der es geschafft hätte, komisch und intelligent daher zukommen, wenn er sich braune Schmiere ins Gesicht kletscht. Im besten Fall wird es peinlich und unangenehm – meistens kommt nur Mist dabei herum.“ (#2)
Ein Kommentator auf queer.de (#17) stellt fest
„Der Spott macht sich halt nicht nur über Beratungsarbeit lustig, sondern hauptsächlich über deren Klienten! Und das mit eindeutigem Rassismus!“
und bemerkt trocken
„Einfach mal überlegen, die CDU hätte einen ähnlichen Spott mit Schwulen in der Beratung gedreht, mit Nasalstimme, Fummel und allem, um dann zu sagen, eine solche Arbeit wäre eine finanzielle Verschwendung.“
Zudem verweist er auf mögliche Folgen:
„Die Aids-Hilfe hätte das nicht abnehmen dürfen, der Spott geht gegen die eigenen Prinzipien und wird die Arbeit mit Migranten erschweren.“
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Aktualisierung
25.04.2012, 14:30: Unter dem Tilel „Verteilungskämpfe um Fördermittel dürfen nicht auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten ausgetragen werden“ bemerkt ‚Die Linke NRW‘ in einer Presseerklärung:
„Ganz offenbar spielt die Verteilung von Fördergeldern eine Rolle für die Entstehung des Videoclips.
Dieses Video ist zutiefst rassistisch und politisch abscheulich. Gerade in Köln agiert seit Jahren die extrem rechte Initiative „pro Köln“, die sich gegen die angebliche Islamisierung der Stadt und den Bau von Moscheen wendet. Selbst wer nicht in Köln lebt, hat diese Debatte verfolgen können. Wer in Köln lebt, weiß erst recht, in welchen Dunstkreis er sich begibt, wenn er sich parallel zu den „pro Köln“-Kampagnen gegen Islamisierung und Moscheen gegen ein „Mekka“ an Beratung für MigrantInnen wendet. …
Mit der klischeehaften Darstellung unterschiedlicher MigrantInnen in der Videoproduktion dürfte die AIDS-Hilfe Köln e.V. sich zudem um den Ruf gebracht haben, auch eine kompetente Anlaufstelle für Migrantinnen und Migranten zu sein. …
Die Lesben- und Schwulenbewegung hat richtigerweise und oftmals erfolgreich dagegen gesetzt, dass die Kenntnis spezifischer Lebenssituation notwendige Voraussetzung für angemessene Beratungsangebote ist und dabei immer auf die Selbstorganisation von Betroffenen gesetzt werden muss. Auch AIDS-Hilfe ist als Selbstorganisation insbesondere schwuler Männer entstanden. Auch vor diesem Hintergrund sind die völlig undifferenzierten Angriffe der AIDS-Hilfe Köln e.V. auf ein angeblich drohendes „Migrationshintergrundberatungsmekka” vollkommen absurd.“
25.04.2012, 15:15: Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen Aids-Hilfe, äußert kurz und knapp zu dem Clip ‚Migrationshintergrundberatungsmekka‘ :
„Ich bin fassungslos.“
25.04.2012, 16:30: Leser-Kommentar auf queer.de (#32):
„Dieses Video würde auf der Seite „Politcal Incorrect“ in keiner Weise auffallen. Und das sollte zu denken geben.“
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Es ist doch offensichtlich, dass in dem Filmchen mit den üblichen Klischees gespielt wird und zwar dermaßen überzogen, dass sie lächerlich gemacht werden (sollen) und eben NICHT bedient werden. Da halte ich etwas mehr Gelassenheit bei den politisch Korrekten und Berufsbetroffenen für angebracht: einfach mal durchatmen und nicht gleich mit „ekelhaft“ und Rassismus kommen – reflexartiges Beißverhalten hilft auch nicht weiter und führt eher dazu, nicht (mehr) ernstgenommen zu werden. Dass die Gesamtanmutung des Clips zum Augen verdrehen ist und vermutlich jede Oberstufen-Theatergruppe Besseres zu Stande gebracht hätte und dass eine Satire auch ohne Anmoderation erkennbar sein sollte – das ist eine andere Diskussion.
Viel entscheidender aber ist doch die Intention der Kölner Aids-Hilfe, zumindest so wie sie im queer-Bericht wiedergegeben wird: sich gegen eine (weitere) Diversifikation, Zielgruppenorientierung – nennen wir es, wie wir wollen – der Präventionsarbeit auszusprechen und auf das Bewährte zu setzen. Das Bewährte mag sich in der Tat bewährt haben, aber angesichts der anhaltend und erst seit wenigen Jahren wieder leicht sinkenden Anzahl an Neuinfektionen und/oder Diagnosen stellt sich mir dir Frage, ob nicht doch eine en détail zielgerichtete Präventionsarbeit zumindest versucht werden sollte. Dies mag letztendlich eine höhere Ressourcenbelastung für die Aids-Hilfe darstellen. Aber das sollte dann in einer angemessenen Weise vorgebracht werden – dann lässt sich darüber beraten und meinetwegen auch streiten. Und wenn es anfangs nur um die Unterscheidung zwischen Effektivität und Effizienz der Präventionsarbeit geht oder darum, die Wünsche Jugendlicher mit Migrationshintergrund nicht einfach auf Migranten zu übertragen …
Also lasst das Filmchen in den Tiefen des weltweiten Netzes schlummern und fragt, wie eine zeitgemäße Präventionsabreit dreißig Jahre nach Beginn der Epidemie aussehen sollte – nein muss! Hier wäre in der Tat eine klarere Aussage der Aids-Hilfen Köln und NRW hilfreicher als nachgereichte Erklärungsversuche. Und insbesondere die Kölner sollten mal Cojones zeigen und nicht – zumindest in dem queer-Bericht – den Regisseur für sich sprechen lassen.
meaculpa, meaculpa.
oder reicht es wenn ich sage, dass mich solches schicht und einfach abstösst und ich dann „böse“ reagiere?
zudem, bleibt die frage, weshalb anscheinend übertriebene form von beratungsansprüchen (vom wem eigentlich? von den geldgebern?) auf diese weise geschickt gekontert ist?
So so, wir Kritiker des Spots sind also „böswillig” oder “unverschämt”.
So so, der Spot ist Satire, die ohne „Anmoderation“ nicht verständlich ist. „Ohne eine Anmoderation wie bei der Gala funktioniere das Video nicht so, wie es gedacht sei.“ Tja, also falsch gedacht im Zeitalter von YouTube, insbesondere, wenn an es auch noch selber sinnfrei einstellt.
Satire, die ohne ausführliche „Anmoderation“ nicht verständlich ist, ist nicht gerade gelungen, oder ? Es ist eben doch ein Unterschied, Kleinkunstbühne zu bespielen oder politische (?) Aussagen zu transportieren.
Man stelle sich nur einmal vor, ein solches „satirisches“ Machwerk wäre von anderer Seite produziert worden. Die Empörung der AH kann ich mir lebhaft vorstellen.
Die „selbstgerechte Ignoranz“ zeigt die Aussage „Öffentliche Beratungsgelder werden durch immer atomisiertere Zielgruppenbetreuung nach Ansicht der Kölner Aidshilfe sinnlos verbraten.“
Es geht schlicht um’s Geld, um die Pfründe der AH. Dafür scheint jedes Mittel recht zu sein, auch die Herabsetzung der „Mitbewerber“ und deren Arbeit. Das ist in der Tat unwürdig !
Und zum guten Schluss: Die „Grußformel“ des Herrn Schlüter zur unter der Mail ist so billig und entlarvend wie das Machwerk selber.
Und nachdem ich mich jetzt noch ein bisschen durch die „Machwerke“ geklickt habe: Ich bin es leid, gegen billige Klischees zu leben, um sie von „offizieller Seite“ – in diesem Fall die AH Köln – wieder Billigst unter dem Deckmäntelchen angeblicher Satire bedient zu sehen ! Wir sind nicht so platt, wie ihr transportiert, Herrschaften !
Kein Wunder, dass bei denen keiner gepeilt hat, dass die NPD-Kader und Terror-Sympathisanten in ihren Reihen hatten.
@ Loellie:
ganz abgesehen davon, ob dein Hinweis sachdienlich ist … verwechselst du vielleicht hier die Aids-Hilfe Köln und die Aids-Hilfe Düsseldorf? Dies sind zwei völlig voneinander unabhängige Vereine.