Berlin: Polizist von Hundehalter gebissen – mit oder ohne HIV? (akt.2)

Polizist gebissen – HIV im Spiel? Nach einem Streit wegen eines Gassi gehenden Hundes hat ein Mann in Berlin-Schöneberg einen Polizisten in den Oberschenkel gebissen. Der 35-jährige Beamte erlitt laut Polizeibericht „eine leicht blutende Wunde sowie ein Hämatom und musste ambulant im Krankenhaus behandelt werden“.

Ein Berichte in einer der Berliner Presse Boulevard-Zeitung spricht sprechen teils unter der Schlagzeile „HIV-Infizierter beißt Polizisten“ davon, dass der 26-jährige schwule Mann „möglicherweise HIV-infiziert“ sei. Einige nennen den Namen des Mannes (Vorname und Initial des Nachnamens) mit Bild.
Der Mann selbst hingegen dementiert, dass er mit HIV infiziert sei.

In der Meldung des Polizeiberichts ist von einer HIV-Infektion nicht die Rede. Die Boulevardpresse beruft sich auf eine „interne Mitteilung der Polizei“.

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Im Verlauf einer juristischen Auseinandersetzung im Jahr 2005, bei der ein Biss und HIV eine Rolle spielten, sagte Professor Dieter Neumann-Haefelin (Uniklinik Freiburg) dem Magazin ‘Stern’ zufolge

“Uns ist kein Fall bekannt, bei dem es zu einer Infektion gekommen ist, nachdem der Speichel eines HIV-Infizierten auf eine offene Wunde getroffen ist. Nur in äußerst seltenen Fällen kommen HI-Viren im Speichel vor.”

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Aktualisierung
10.08.2012
, 22:00: Gegen den 26-jährigen Mann wird ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte und Beleidigung.

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Die Boulevard-Presse macht aus der trockenen Polizeiberichts-Meldung „Aggressiver Hundehalter biss Polizisten ins Bein“ ohne Benennen und Hinterfragen der konkreten Anhaltspunkte für eine etwaige HIV-Infektion sowie ohne Betrachten der realen Infektions-Risiken im Fall einer HIV-Infektion die Schlagzeile „Beamter in Todesangst“.

Ist der Mann überhaupt mit HIV infiziert? Falls ja – nimmt er antiretrovirale Medikamente? Wie hoch ist seine Viruslast? Ist er überhaupt infektiös? Bestand überhaupt ein konkretes Risiko einer etwaigen Übertragung von HIV?

Viele Fragen sind offen – Fragen, auf die die Medienberichte nicht eingehen. Sich stattdessen teilweise im Schüren von Panik üben.

Zudem, wenn ein Mensch konkret Angst hat, sich möglicherweise mit HIV infiziert zu haben, dann gibt es eine konkrete Handlungs-Möglichkeit: PEP, die Post-Expositions-Prophylaxe. Die, sollte der Mann nicht mit HIV infiziert sein, oder sich herausstellen, dass seine Viruslast unter der Nachweisgrenze ist, wieder abgesetzt werden könnte.

Panik schüren nutzt niemandem (außer – der Auflage?). Fakten schon.

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Polizei Berlin 08.08.2012: Aggressiver Hundehalter biss Polizisten ins Bein
Berliner Kurier 08.08.2012: Nach Pipi-Streit: Kneipen-Wirt beißt Schupo in die Beine
Berliner Zeitung 09.08.2012: Beamter in Todesangst – HIV-Infizierter beißt Polizisten

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siehe auch:
ondamaris 16.12.2011: sechs Monate auf Bewährung – Ein Biss, ein Test und die Angst
ondamaris 31.05.2012: München: 40-jährige HIV-Positive angeklagt
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5 Gedanken zu „Berlin: Polizist von Hundehalter gebissen – mit oder ohne HIV? (akt.2)“

  1. polizistinnen oder polizisten beißen, ist schlecht. egal ob mit hiv infiziert oder nicht. wenn aber ein junger mann in schöneberg, offensichtlich schwul, das tut, dann muss doch hiv im spiel sein. *ironie aus*

    jetzt denkt bitte der aidshilfe-funtionär noch mal bitte über das wort „normalisierung“ nach. die existiert nämlich nur in unserem kopf. sonst nicht.

    bei jeder sich bietenden gelegenheit bricht alles wieder auf. als wenn in den letzten jahren nichts, aber auch gar nichts geschehen wäre. obst und gemüse mit einem kondom abzubilden ist eben keine aufklärung über hiv und aids.

  2. An was anderen als einer Schlagzeile, die den Umsatz steigern könnte sind Boulevardmedien sonst interessiert? Tatsachen spielen dabei keine wesentliche Rolle. Das war bei den Klatschblättern schon immer so und wird sich auch nie ändern.

    @carsten
    da gebe ich dir absolut recht, Kondome auf Gemüse ist keine Aufklärung, genauso wenig wie bunte kondomähnliche Scheiben auf großen Plakatwänden. Aufklärung bedeute nicht nur zu sagen wie man sich schützt, sondern wo die Gefahren sind und besonders auch wo nicht. Speziell das muss von der GzGA gefordert werde, Die Kampagnen haben sich ja in den letzten 2 Jahren etwas geändert, so die aktuelle Kampagne zu STI’s oder zum letzten und vorletzten WAT die Kampagne mit den Betroffenen; ein kleiner Fortschritt.
    Was fehlt ist, welche Kontakte sind sicher! Sehr viele sind auch heute noch, 30 Jahre nach Aids, nicht darüber informiert, dass es eben keine Gefahr ist einen Positiven die Hand zu geben oder auch mal aus dem gleichen Glas zu trinken ohne es vorher akribisch zu desinfizieren, oder auch nur die gleiche Toilette zu benutzen. Das fängt beim kleinen Mann auf der Straße an und endet beim Zahnarzt.

  3. Ich muss (leider) etwas korrigieren: Der »Polizist mit der Todesangst« wurde nicht von der Boulevardpresse gemeldet, sondern von der »Berliner Zeitung«, die ich ansonsten sehr schätze. Ich habe mir daher erlaubt, einen Leserbrief an die Redaktion zu schreiben mit dem Inhalt, dass eine HIV-Infektion heute nicht tödlicher ist als das Leben selbst und eine solche Berichterstattung der Diskriminierung weiterhin Tür und Tor öffnet.

  4. nicht nur öffnet, sondern sie auch noch durchschiebt. das sind die schreibtisch-täter, die sich sonst gern so aufgeklärt geben. pack! und siehe die polizei-meldung. von hiv ist dort keine rede. aber schwul, also positiv. wie sagte liebermann? „Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“

  5. War der Polizist HIV positiv? Das Risiko einer Übertragung durch Beißen ist großer für das Person, die beißt. Also der Polizist kann der Man infiziert haben.

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