treatment as prevention : 75% aller Klinik-Ärzte in den USA würden Aids-Medikamente frühzeitig zur Prävention verschreiben

treatment as prevention – Aids-Medikamente bei HIV-Positiven frühzeitig eingesetzt aus Gründen der HIV-Prävention, dies ist in den USA ein wenig umstrittener Gedanke: drei Viertel aller US-Klinikärzte waren in einer Studie bereit, HIV-Positiven mit einem HIV-negativen Partner frühzeitig Aids-Medikamenmte zu verschreiben aus Gründen der Prävention (und nicht aus medizinischen Gründen).

Dies ergab eine 2010 und 2011 durchgeführte Studie an 165 Medikamente verordnenden Ärzten an HIV-Kliniken in der Bronx, in New York sowie in Washington. Die Internet-Befragung der in der HIV-Behandlung sehr erfahrenen Ärzte (durchschnittlich 13 Jahre HIV-Behandlungs-Erfahrung) ergab, dass nahezu alle (95%) zustimmten, dass frühzeitige antiretrovirale Behandlung die HIV-Ausbreitung in einer Community zurückdrängen könne, da HIV-Positive weniger infektiös seien. 92% gaben an, sie würden heutzutage Medikamente verordnen, wenn die Gesundheit des Patienten dies erfordere und der Patient dazu bereit sei.

79% gaben allerdings auch an, sie seien geneigt eine HIV-Therapie früher (als wenn der CD4-Wert unter 500 fällt) zu beginnen, falls der Patient ein Verhalten berichte, das ein erhöhtes Übertragungsrisiko beinhalte. 75% gaben an zu frühzeitiger Therapie bereit zu sein, falls der Patient einen HIV-negativen Partner habe. 47% befürchteten allerdings auch, dies könne zu Resistenzen führen, 52% wiesen auf die Nebenwirkungen hin. 30% äußerten die Befürchtung, frühzeitige Therapie könne zur Übertagung rsistener Viren auf den Partner führen.

In Deutschland ist die Haltung zu Therapie aus Gründen der Prävention ( treament as prevention ) in Abwägung zur Frage des individuellen Nutzens für den HIV-Positiven zurückhaltender. Der Nationale Aids-Beirat hatte am 1. März 2012 in einer Stellungnahme (siehe ondamaris 05.04.2012: Der Nationale AIDS-Beirat positioniert sich zur Prävention von HIV mit antiretroviralen Medikamenten) betont

„Der NAB betont, dass jede Entscheidung für eine Therapie zum Zweck der Reduktion der Infektiosität nur von Menschen mit HIV selbst getroffen werden darf. Die Empfehlung für einen Therapiebeginn darf nicht von Public-Health Interessen, sondern muss von den Interessen und Bedürfnissen des Individuums geleitet werden.“

Prof. Rolf Rosenbrock, Mitglied des Nationalen Aids-Beirats und Vorsitzender des ‚Paritätischen‘ (Gesamtverband) äußerte in einem Interview (siehe ondamaris 11.05.2012: „Therapie als Prävention “gefährliche Hereinnahme einer Public-Health-Ethik in individuelle Therapie-Entscheidungen zulasten des Einzelnen” – Rolf Rosenbrock im Interview“)

“Dagegen sprechen aber unter anderem ethische Argumente: Noch nicht behandlungsbedürftige Menschen bekämen dann eine hochgiftige Therapie mit unerwünschten Nebenwirkungen verpasst. Den Nutzen hätte nicht das therapierte Individuum, sondern die Gesellschaft und die Community. Das ist eine gefährliche Hereinnahme einer Public-Health-Ethik in individuelle Therapie-Entscheidungen zulasten des Einzelnen.”

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aidsmap 20.08.2012: Three-quarters of clinicians in the US willing to prescribe early HIV treatment for the purpose of prevention

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Ein Gedanke zu „treatment as prevention : 75% aller Klinik-Ärzte in den USA würden Aids-Medikamente frühzeitig zur Prävention verschreiben“

  1. ein weiterer aspekt von hiv und einer langen einnahme von hiv medikamenten? ist der des „schnellen alterns“.

    dazu aus hiv im dialog 2010

    Offensichtlich ergeben der normale Altersprozess des Menschen, die HIV-Therapie mit ihren mittel- und langfristigen Nebenwirkungen (z.B. möglicher negativer Einfluss auf Knochen und Niere), die Lebensgewohnheiten und die persistierende Inflammation zusammen einen Prozess, der bei HIV-Positiven möglicherweise zu etwas früheren und schnelleren Altersprozessvorgängen und Folgeerkrankungen führt . . . http://www.hiv-im-dialog.de/fileadmin/template/downloads/hid_kongressreport2010.pdf

    insofern steht dem frühzeitigen beginn mit einer therapie – besseres/stärkeres grundimmunsystem = geringere krankheitsanfälligkeit eben durch eine längere einnahme einer hiv therapie und dem damit verbundenen schnelleren alterns in der zukunft eine erhöhte krankheitsanfälligkeit und damit verbundenen mehrausgaben im gesundheitsbereich gegenüber.

    im übrigen halte ich es mit der sichtweise von Prof. Rolf Rosenbrock. die lebensqualität des individuums hat vorrang vor dem public healt aspekt:

    „Noch nicht behandlungsbedürftige Menschen bekämen dann eine hochgiftige Therapie mit unerwünschten Nebenwirkungen verpasst. Den Nutzen hätte nicht das therapierte Individuum, sondern die Gesellschaft und die Community. Das ist eine gefährliche Hereinnahme einer Public-Health-Ethik in individuelle Therapie-Entscheidungen zulasten des Einzelnen.”

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