PrEP Erfahrungsbericht – „wie ich aufhörte mir Sorgen zu machen“ (akt.4)

Über seine Erfahrungen mit PrEP (der Prä-Expositions-Prophylaxe gegen HIV) und wie diese sein Sex-Leben verändert hat, berichtet ein schwuler Mann aus den USA in einer Serie von Artikeln, die vor kurzem auf der Internetsite ‚Frontiers L.A.‘ begonnen hat. Titel des ersten Beitrags: „How I Learned To Stop Worrying, And Start Taking The Pill“ („wie ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und begann die Pille zu nehmen“).

Der Autor beschriebt sich selbst als „a bottom with lots of partners who uses condoms inconsistently (read: almost never) and who doesn’t want to test positive“. In den folgenden Artikeln der Serie wolle er über seine Entscheidung für PrEP berichten, seine Erfahrungen und wie PrEP sein Sexleben verändert habe.

Bei dem Namen des Autoren der Erfahrungsberichte handelt es sich um ein Pseudonym. Frontiers L.A. zufolge handelt es sich um einen seit nahezu zehn Jahren in der HIV-Prävention engagierten Mann, die seit den ersten Studien die Entwicklung des Themas Prä-Expositions-Prophylaxe ( PrEP ) verfolgt hat. Der schwule Mann, der sein Alter mit Ende 20 angibt,  möchte auch zukünftig anonym bleiben.

In den USA wurde ein Aids-Medikament jüngst auch für bestimmte HIV-negative Personen zur Vorbeugung / zur Reduzierung des Risikos einer Infektion mit HIV zugelassen. Siehe hierzu ondamaris 16.07.2012 Pille gegen HIV – FDA erteilen Truvada als PrEP Zulassung sowie den Kommentar ondamaris 18.07.2012 Truvada ® – Chemotherapie für Gesunde? Wirklich? und die Stellungnahme der Deutschen Aids-Hilfe Zur Zulassung von Truvada für die Präexpositionsprophylaxe in den USA.

In Deutschland und Europa sind Aids-Medikamente derzeit nur zur Behandlung einer vorhandenen HIV-Infektion zugelassen, nicht zur Prophylaxe.

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Jake Sobo (Pseudonym) / Frontiers L.A.:
My Life On PrEP
Teil 1: How I Learned To Stop Worrying, And Start Taking The Pill
Teil 2: „How I Got PrEP Covered By Private Health Insurance“
Teil 3: Your Guide To Getting PrEP For Free (In The US)
Teil 4: Learning To Fuck With Poz Guys
Teil 5: Feeling Deja Vu: PrEP As The New Condom
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6 Gedanken zu „PrEP Erfahrungsbericht – „wie ich aufhörte mir Sorgen zu machen“ (akt.4)“

  1. Beyond access, I’ll be exploring a range of issues including my experience taking the drug and how its impacting my sex life.

    Da bin ich ka mal gespannt was er dazu schreibt. Vor allen Dingen auch darüber wie sich die PreP Medikamente im Kontext der Nebenwirkungen sich bei ihm auswirkten, ob – fallls er welche hatte und wie heftig oder auch nicht sie waren – sich der Preis (nicht materiell sondern als Methapher) im Kontext zu seinem Sexleben – seiner Wahrnehmung nach bezahlt macht – gemacht hat.

    Es geht immer um Verhalten – sich selbst gegenüber und gegenüber Anderen. Ein sich bewegen in den Extremen – von „I was clearly the ideal candidate: a bottom with lots of partners who uses condoms inconsistently (read: almost never)“ zu “ Jetzt kann ich mich jetzt von jedem bare ficken lassen weil ich ja die PreP nehme“ ist subjektiv in Ordnung aber nichts destoweniger das andere Extrem im Kontext zu den oben in meinem Kommentar angeschnittenen Fragen. Insofern bin ich mal gespannt ob und wie differenziert seine Erfahrungen auf div Ebenen sind.

  2. Hallo allerseits

    mit grossem Interesse habe ich den Artikel „PreP Erfahrungsbericht – Wie ich aufhörte mir Sorgen zu machen“ heute auf ondamaris entdeckt.

    Ich bin ein schwuler Mann, 46 Jahre, aus der Schweiz. Ich glaube gut über HIV und alles drum herum informiert zu sein, bin auch medizinisch vorgebildet. Bis vor kurzem aber immer aus der sicheren Distanz, dass dies doch nur andere betrifft. Bis vor 6 Monaten habe ich strikt safer sex praktiziert. Seit rund 6 Monaten bin ich auf daily PreP und stosse dabei genau auf die im Artikel beschriebene Schwierigkeit , nämlich in Kontakt zu treten mit anderen, die das auch machen und eine differenzierte/erbauliche Diskussion darüber führen möchten. Tatsächlich hat Prep eine neue Sicht auf meine Sexualität gebracht und mir u.a. auch gezeigt, wie gross die eigene Verlogenheit bzgl. HIV-Thema war.

    Die meisten Menschen, denen ich das anvertraut habe, haben keine Ahnung was PreP ist, nehmen sich auch kaum die Mühe, ausser eher oberflächliche moralische Statements abzugeben oder PreP als elitäres Getue von ein paar gutverdienenden Edelschwulen abzutun. Einer der erschütterndsten Kommentare kam von einem Freund: „Hast ja nur nicht den Mut, dich voll dem Virus auszusetzen!“. Oder mehrere Freunde, die lieber „rummachen“ und dann halt die Pillen nachher als antiretrovirale Therapie nehmen wollen. Das geht dann auch auf die Kosten der Allgemeinheit natürlich – PreP ja bekanntlich nicht.

    Meine Erfahrungen mit PreP zeigen, dass es alles andere als einfach ist, diesen Weg zu beschreiten. Statt sich mal echt mit dem Thema auseinanderzusetzen, zeigt die praktische Erfahrung in Gayromeo, Darkrooms und Sexclubs vor allem eins: wie einfach ist es geworden unsafen Sex zu bekommen aber fast immer unter einer Bedingung: ja nicht darüber reden, dass es unsafe ist.

    Es ist darum zu begrüssen, dass Leute, die PreP praktizieren, dies irgendwie auch öffentlich machen.

  3. Hallo Jakob

    Danke für Deinen Kommentar. Ich als Hete kann das was in der Scenen bei Euch so abgeht nicht nachvollziehen. Insofern finde ich Deine Erfahrung gut das du darüber schreibst. Was ich aus meiner Hetensicht dazu sagen kann. Sex ist bei uns ein größeres Thema. Obwohl ich mittlerweile in die Jahre gekommen bin und nicht in einer Beziehung lebe, ist Sex – ich nehme seit 15 Jahren ne 3 er Kombi und bin von Anfang unter EKAF Bedingungen – ein bzw eben kein Thema. Im Hetensexland würde sexmäßig kaum was passieren wenn ich einer Frau sagen würde: Ich hab Bock auf Dich, bin HIV aber seit 15 Jahren unter der Nachweisgrenze weil ich ne 3er Kombi nehme. Dies nur soviel dazu was die „Ahnung“ im Hetenland betrifft. Von Verständnis das man auch wenn man HIV + ist ganz zu schweigen. Das haben wir eher auszuschwitzen, schweigen oder ähnliches . . . 😉

    Was mich interessieren würde: Wie ist es Dir mit den Nebenwirkungen ergangen als Du mit der PreP angefangen hast? Wie verträgst Du die PreP – die Pillen?

    Was diesen oder ähnliche Kommentare betrifft: “Hast ja nur nicht den Mut, dich voll dem Virus auszusetzen!” betrifft, so jemand ist einfach nur dämlich. Die Langzeitnebenwirkungen von den Medikamenten – das weiß man aus Berichten aus den USA wo es ne Menge Menschen mit HIV gibt die schon 15 Jahre und länger Medis nehmen sind alles andere als angenehm. Nicht bei allen wohlgemerkt. Bei vielen Menschen mit HIV die HIV Medis nehmen treten Krankheiten auf die bei Anderen ohne HIV/HIV Medis ca 10 Jahre später auftreten. D.h. wir altern schneller.

    „Freunde, die lieber “rummachen” und dann halt die Pillen nachher als antiretrovirale Therapie nehmen wollen“

    Das sind meine Befürchtungen nach der Ratiopharm Werbung: HIV? Da gibt s doch was. Ist ja alles nicht mehr so schlimm mit dem HIV. Es gibt ja Pillen. Das hat in vielen Bereichen wie einer Berentung SchwerbehindertenAusweis mitunter fatale Folge weil es oftmals ein Kampf ist dies durchzusetzen.

    „Das geht dann auch auf die Kosten der Allgemeinheit natürlich – PreP ja bekanntlich nicht.“

    Verstehe ich das richtig: Du mußt die Kombi selbst bezahlen? Das war mir nicht bekannt.

    LGG alivenkickn

  4. Hallo alivenkickn

    danke für Deine Rückmeldung.

    Zu Deinem ersten Abschnitt: auch im schwulen Sexland musst Du als HIV+ damit rechnen , abgewiesen zu werden, sobald Du Dich als solcher outest und den Leuten vielleicht noch erklärt hast, dass Du unter der Nachweisgrenze bist und was dies bzgl. Ansteckung bedeutet etc. Ich spreche hier als Negativer aus indirekter Erfahrung: mein langjähriger HIV+ Freund macht diese Erfahrung beim Aussensex immer wieder. Sobald er denen andeutet und eröffnet, dass er ein supprimierter HIV+ Mann ist, machen die meisten eine 180 Grad Wendung. Und ich war übrigens bis zu seiner HIV-Infektion auch einer von denen: sobald HIV ausgesprochen wurde, bekam ich es mit der Panik zu tun.

    Ich meinerseits als PreP-User habe vereinzelt eine Erfahrung gemacht, die etwas in diese Ecke passt. Habe vor allem auf Gayromeo einige Male eröffnet, dass ich PreP mache. Nachdem ich jedes Mal erklären musste was das überhaupt ist (was mich nicht stört, denn ich habe sozusagen einen Wissensvorstand diesbzgl.) merkte ich, wie man in die Ecke „Potentieller Barabacker und somit Gefahr“ schubladisiert wird.
    Sowohl die Erfahrungen meines Freundes wie meine (unterschiedliche Ausgangslagen) zeigen vor allem eins: es darf nicht darüber gesprochen werden. Es nimmt sonst dem Ganzen den Zauber, eigene sexuelle Fantasien werden plötzlich gestört sozusagen – also lieber weiterchatten und u.U. ohne zu sprechen mit jemanden rummachen. Natürlich weiss ich auch, dass man nicht vor einem Date über alles reden soll/muss, vielmals die Geilheit darin besteht, eben nicht darüber zu sprechen. Aber unter dieser Perspektive scheint mir PreP eben auch eine Variante zu sein, um sich zu schützen.

    Zu den Nebenwirkungen: ich habe im Februar 2012 mit einer sogenannten intermittierenden Einnahme von Truvada begonnen, d.h. ich nahm es situationsgebunden (vor Besuchen in Sexclubs usw): 1 Tablette jeweils 1-2 Tage vor dem Sexclub, 1 Tablette während der sexuellen Tätigkeite und 1 Tablette nach dem Sexclub. Im Paris wird z.Zt. eine Studie zu diesem Einnahmeschema durchgeführt (s. http://www.ipergay.fr). Ich kam aber dann zum Schluss (nach Diskussion mit Infektiologe), so ab Juni 2012, das amerikanische Einnahmeschema zu praktizieren, d.h. tägliche Einnahme von 1 Truvada, weil die Studienlage, die auch zur Zulassung in den USA geführt hat, darauf beruht. Zudem ist durch die tägliche Einnahme, der Truvada-Spiegel im Blut hoch, so dass auch spontanter unsafer Sex möglich ist. Ich habe zum Glück keine grossen Nebenwirkungen gehabt bis jetzt. Zu Beginn hatte ich mit Blähungen und Völlegefühl zu kämpfen. Dies hat sich aber nach einigen Wochen gelegt. Aktuell habe ich keine Nebenwirkungen. Alle 3 Monate testen wir auf HIV (denn PreP ist nur für HIV-Negative gedacht!!). Mehrmals habe ich auch schon das Blutbild und die Nierenwerte testen lassen. Bis jetzt alles im grünen Bereich. Im Januar (nach rund 8 Monaten Einnahme) will der Infektiologe die Knochendichte mal messen.

    Es muss zu Deinen Zeilen noch gesagt werden: ich nehme die Pillen jetzt ja noch nicht über Jahre. Dies muss berücksichtigt werden. Ich führe das Experiment an mir ja auch unter dieser Perspektive durch: wie ist es über längere Zeit sich auf diese Weise zu schützen (Nebenwirkungen, Kosten etc.)?

    Die PreP hat sicherlich neue Möglichkeiten eröffnet. Der Sex ist irgendwie leidenschaftlicher geworden. Ich habe nicht ständig Angst. Ich limitiere aktuell den unsafen Sex auf oral, sprich nehme nun auch Sperma in den Mund oder schlucke es. Mit analer Aufnahme von Sperma bin ich nach wie vor beim Aussensex vorsichtig (mit meinem Freund nicht, da er ja unter der Nachweisgrenze ist und ich zusätzlich unter PreP). PreP ist für mich z.Zt. ein laufender Beobachtungs- und Lernprozess. Aber so einfach wie viele meinen: hopp die Pillen rein und los geht’s ist es doch nicht ganz wenn Du dann in der sexuellen Situation bist.

    Ein weiterer Aspekt werden tatsächlich die Kosten sein. Ja, aktuell muss Du das in Europa/Schweiz selbst bezahlen. Ein teurer Spass. Dennoch bin ich z.Zt. bereit, dies zu zahlen. Ich denke ich könnte das Geld für viel dümmere Sachen ausgeben.

    LG

    Jacob

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