Der Fall des sog. ‚Berlin Patient‘ geht derzeit weltweit durch die Medien. Heilung von Aids – nun auf einmal doch, und in Berlin?
Ein heute 42jähriger Mann aus den USA, der in Berlin lebt, ist an Leukämie erkrankt und gleichzeitig HIV-infiziert. Mediziner an der Berliner Charité begannen vor zwei Jahren mit einer innovativen Behandlung. Statt dem Patienten „nur“ eine ’normale‘ Stammzelltherapie zukommen zu lassen, benutzten sie Stammzellen eines Knochenmark-Spenders, bei dem aufgrund einer seltenen Mutation (ca. 3 – 5% der Bevölkerung) ein bestimmter Korezeptor (CCR5) fehlt – den jedoch HIV wiederum zur Infektion von Zellen benötigt.
Resultat der komplizierten Behandlung: der Mann ist von Leukämie geheilt – und derzeit HIV-negativ.
Über Behandlung und Ergebnis berichtete der Leiter des Ärzteteams, der Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin an der Berliner Charité Eckhard Thiel.
Der Fall ging bereits vor einiger Zeit als „berlin patient“ durch die US-Medien. Auslöser der jetzigen Berichterstattung war nach einem Poster auf der CROI ein Artikel im WSJ ‚A Doctor, A Mutation and a Potential Cure for AIDS‚ sowie ein Artikel in einer deutschen Boulevard-Zeitung, und Pressearbeit der Charité. Der Fall soll demnächst im New England Journal of Medicine publiziert werden.
Eine ähnliche Behandlungsstrategie (siehe auch Could bone marrow transplantation cure aids? (1999)) – allerdings ohne die CCR5-Mutation zu berücksichtigen – schlug 2007 in Frankreich fehl. Der Patient, der ebenfalls eine Knochenmark-Transplantation erhalten hatte, danach weiter HAART nahm, hatte zunächst eine nicht nachweisbare Viruslast – und schon wurde in Medien eine ‚Heilung‘ gefeiert. Als eine Unterbrechung der antiretroviralen Therapie erforderlich wurde, zeigte sich schnell (nach 16 Tagen) wieder HIV-Virämie. Nach seinem Tod (181 Tage nach der Knochenmark-Transplantation) zeigten detaillierte Untersuchungen, dass mit der Knochenmark-Transplantation nicht alle viralen Reservoirs im Körper ‚entleert‘ worden waren.
Bevor nun grenzenloses Jubeln oder zu frühe Freude oder gar Euphorie einsetzen, sei hierzu als vergleichsweise unaufgeregte Publikation der Bericht des Spiegel online / Red. Wissenschaft empfohlen: ‚AIDS-Kranker nach Stammzell-Therapie HIV-negativ‘ sowie ein Bericht der taz ‚AIDS doch nicht heilbar‘.
Nachtrag
12.02.2009 New England Journal of Medicine: Long-Term Control of HIV by CCR5 Delta32/Delta32 Stem-Cell Transplantation
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Französisches Sprichwort: „Une hirondelle ne fait pas le printemps“ ………
@ Ulysse:
merci 🙂
— kennt man hierzulande ja nun mal auch, eine schwalbe macht noch keinen sommer 😉
ui..ui..ui ulli, du sprichst schon von HIVnegativ….. die Ärzte sprachen in ihrem Interview nur davon, den Virus nicht mehr nachweisen zu können.
@ koww:
nun, ich habe bewusst „derzeit hiv-negativ“ geschrieben …
a propos, sehen wir uns morgen?