Stabilisierung der Zahl der HIV-Infektionen

In Deutschland leben nach einer aktuellen Schätzung des Robert Koch-Instituts anlässlich des Welt-AIDS-Tages 2008 rund 63.500 Menschen mit HIV oder AIDS. Von ihnen haben sich geschätzte 3.000 im Jahr 2008 infiziert, ähnlich viele Neuinfektionen waren es im Jahr 2007 gewesen. „Die weiterhin hohe Zahl zeigt, dass Prävention und Forschung unverändert wichtig sind“, betont Jörg Hacker, Präsident des Robert Koch-Instituts. Ob es sich nach dem Anstieg der Infektionszahlen zwischen den Jahren 2000 und 2006 um eine dauerhafte Stabilisierung handelt, ist offen. Bei rund 1.100 Menschen haben sich im Jahr 2008 die HI-Viren so stark vermehrt, dass sie an AIDS erkrankt sind. Etwa 650 Menschen mit einer HIV-Infektion sind im Jahr 2008 gestorben.

Das Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe 47/2008 mehrere Beiträge zu HIV/AIDS: eine Analyse der Epidemie in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten, eine Einschätzung zur aktuellen weltweiten Situation, Zwischenergebnisse aus der so genannten HIV-Inzidenz-Studie sowie eine neue Schätzung der „Eckdaten“, die im Internet auch für jedes einzelne Bundesland verfügbar ist. Die Eckdaten enthalten eine Schätzung der Zahl der Personen, die mit einer HIV-Infektion leben (HIV-Prävalenz) und der tatsächlich erfolgten HIV-Neuinfektionen im Jahr 2008 (HIV-Inzidenz).

Unter den 63.500 Menschen, die Ende 2008 mit HIV oder AIDS leben, stellen Männer, die Sex mit Männern haben, mit 38.700 die größte Gruppe. Etwa 8.700 Personen haben sich über heterosexuelle Kontakte infiziert, rund 7.300 Menschen kommen aus so genannten Hochprävalenzregionen und infizierten sich überwiegend in ihren Herkunftsländern und dort bei heterosexuellen Kontakten. Etwa 8.200 HIV-Infektionen gehen auf intravenösen Drogengebrauch zurück.

Die Schätzung der HIV-Neuinfektionen ist nicht zu verwechseln mit der Zahl der Neudiagnosen. Die Meldungen über Neudiagnosen (die monatlich im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht werden und auch über die Datenbank SurvStat im Internet abrufbar sind) erlauben keinen direkten Rückschluss auf den Infektionszeitpunkt, da HIV-Infektion und -Test zeitlich weit auseinander liegen können. Um das aktuelle Infektionsgeschehen besser bewerten zu können, hat das Robert Koch-Institut die „Inzidenz-Studie“ begonnen, die vom Bundesministerium für Gesundheit finanziert wird. Ziele sind die Bestimmung des Anteils aktueller Infektionen an den gemeldeten Diagnosen und die Erhebung von Faktoren, die das Testverhalten beeinflussen. Außerdem sollen Risikofaktoren und -verhalten ermittelt werden, um gezielte, an aktuellen Trends orientierte Präventionsstrategien abzuleiten.

Das 25-jährige Jubiläum der Deutschen AIDS-Hilfe im Jahr 2008 nimmt das Robert Koch-Institut zum Anlass, einen Blick in die Vergangenheit von HIV zu werfen. Die Ausstellung „Zeitgeist(er) – Skurriles und Nachdenkliches zu HIV“ wird am Standort Seestraße 10 in 13353 Berlin gezeigt. Zu sehen ist unter anderem ein Teil der zwischen 1987 und 2002 an das Robert Koch-Institut gerichteten Briefe zu diesem Thema sowie Schlagzeilen der Presse. Die Eröffnung findet am 1.12.2008 um 16.00 Uhr statt. Die Ausstellung kann werktags zu den üblichen Bürozeiten besucht werden.

(Pressemitteilung des Robert-Koch-Instituts)

weitere Informationen:
RKI: Verlauf und gegenwärtiger Stand der HIV-Epidemie in Deutschland, Ende 2008
RKI: Epidemiologisches Bulletin 47/2008 (pdf)
HIV-Neuinfektionen: Hintergrund-Informationen

7 Gedanken zu „Stabilisierung der Zahl der HIV-Infektionen“

  1. „Von ihnen haben sich geschätzte 3.000 im Jahr 2008 infiziert, ähnlich viele Neuinfektionen waren es im Jahr 2007 gewesen. „Die weiterhin hohe Zahl zeigt,…“

    3000 = hohe Zahl? Wer hat das denn festgelegt. Wären es 6000, wäre wohl auch von einer hohen Zahl die Rede, bei 30000 auch. Also wie kommt die RKI dazu, bei 3000 von einer hohen Zahl reden.

    In einer bei koww wiedergegebenen gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Deutschen Aidshilfe und der Deutschen Aids-Stiftung vom 24.11.2008 heißt es:

    „Im internationalen Vergleich liegen die Neuinfektionszahlen in Deutschland weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau.“

    Niedirges Niveau, aber hohe Zahl!? Das passt nicht zusammen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich das RKI endlich auf die Mitteilung von Fakten beschränken würde und auf Wertungen, insbesondere tenziöse, verzichtete.

  2. @ TheGayDissenter
    Nee, das geht nicht. Man muss doch die Bedrohung weiter zelebrieren, Ängste schüren. Zur Erinnerung: Am Anfang der 80er waren die Hochrechnungen immer mindestens im 6stelligen Bereich (pro Jahr). Und dann noch die Dunkelziffer 😉
    Prävention ist Aufklärung, keine Dramatisierung. Und das RKI macht ja keine Prävention.
    Der Selbsterhaltungstrieb ist zur Zeit im RKI recht hoch.

  3. @ TheGayDissenter & alf:
    ich denke alf hat es gut ausgedrückt, ‚die bedrohung zelebrieren‘.
    es geht bei den zahlen immer ’nebenbei‘ auch um geld, um aids-biz, um stellen – gerade wenn man sich als public-health-agentur positionieren will und mittel-bedarf rechtfertigen muss …

    ich überleg die tage was zu schreiben zur entwicklung der neudiagnose-zahlen 2007/8 im internationalen vergleich … (wenn man nach gb oder nl schaut, ist unsere stagnation ein guter erfolg…)

  4. immer vorsicht mit de erfolge…

    die dah hat nicht ohne grund auch auf die möglichkeit eines weiteren anstiegs der zahlen hingewiesen. (durch testkampagnen)

    erfolg in der prävention heißt vielleicht langfristig sinkende zahlen. mehr auch nicht. die zahlen zum fetisch zu erklären, war mir schon immer etwas suspekt…

  5. @ Carsten:
    zustimmung – besonders was einen potenziellen anstieg angeht. gerade dieser gedanke ist mir wichtig – damit er uns nicht in kürze als ‚versagen‘ um die ohren fliegt, oder für neue anti-schwule hetze genutzt wird.
    demnächst dazu mehr …

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