In der kommenden Woche sollen die Gesetzentwürfe zu Vorratsdatenspeicherung & Co. in Bundestag behandelt werden. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sowie zahlreiche potenziell betroffene Verbände (unter ihnen auch die Deutsche Aids-Hilfe DAH) riefen die Bundestagsabgeordneten dazu auf, den Gesetzentwürfen nicht zuzustimmen.
Auf einer Pressekonferenz machten die Verbände nochmals ihre Kritik deutlich – die sich neben Problemen für Journalisten (Quellenschutz) im Gesundheitsbereich z.B. auch mit Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient oder dem faktischen Wegfall anonymer Beratungsmöglichkeiten (auch in der Aids-Beratung) befasst.
Worum geht es? „Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Begriff aus dem deutschen Datenschutz- und Telekommunikationsrecht. Er bezeichnete ursprünglich die Speicherung von personenbezogenen Daten für eine spätere Verarbeitung, wobei der Verarbeitungszweck zum Zeitpunkt der Speicherung noch nicht klar feststeht.“ (AK Vorratsdatenspeicherung)
Dabei geht es inzwischen um weit mehr als ’nur‘ mein PC gehört mir: so würde z.B. im Aids-Bereich die gerade erst mühsam und mit viel Engagement und Kosten aufgebaute Aids-Beratung im Internet mindestens einen wesentlichen Rückschlag erfahren, wenn sie (aufgrund der Speicherung der Daten) nicht mehr anonym möglich wäre.
„Auch wenn der Inhalt der Gespräche oder der Chats geschützt bleibt, wirkt das Wissen um die Protokollierung abschreckend auf Ratsuchende – gerade dann, wenn es um sehr persönliche Themen wie Sexualität, Gesundheit oder Drogengebrauch geht“, betont die DAH in ihrer Pressemitteilung.
„Für der Aidshilfen bedeutet dies eine konkrete Gefährdung ihrer Arbeit im Online-Bereich. Die individuelle Beratung zu sensiblen Themen ist nur dann effektiv, wenn die Ratsuchenden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Online-Beratung vertrauen und sich darauf verlassen können, dass ihre Kontakte zu den Beraterinnen und Beratern anonym bleiben. Dies ist jedoch gefährdet, wenn die Speicherung der Kommunikationsumstände Rückschlüsse auf persönliche Problemlagen der Ratsuchenden zulässt.“.
Die Kritik an den Gesetzentwürfen wird immer lauter. Selbst die Bundesjustizministerin geht inzwischen davon aus, dass letztlich nach Massenklagen das Bundesverfassungsgericht über die Vorratsdatenspeicherung entscheiden wird. In bundesweiten dezentralen Demonstrationen soll am kommenden 6. November erneut auf die Gefahren der Vorratsdatenspeicherung hingewiesen werden.
Und doch stehen die Beratungen im Bundestag unmittelbar bevor – die Abstimmung über die Gesetze wird bereits für den 9. November erwartet.
Nachtrag 5.11.: die Abstimmung im Bundestag scheint verschoben, zunächst soll eine erneute Behandlung im Rechtsausschuss erfolgen
Nachtrag 6.11.: Behandlung in zweiter und dritter Lesung im Bundestag ( = endgültige Entscheidung!) nun doch am Freitag, 9.11.
Nachtrag 9.11.: Berichte: Blog Off! von der Berliner Demonstration Demo statt Angst, simoncolumbus 10.000 demonstrieren
Der Herr Sch. vergreift sich in seinem Vergleich, netzpolitik.org fordert Schäuble, zurücktreten!
weitere Infos:
netzpolitik.org über die Anhörung im Bundestag zur Vorratsdatenspeicherung (21.9.2007)
Wortlaut der Anhörung (als pdf)
Internetseiten des AK Vorratsdatenspeicherung
netzzeitung: Ein Tag im Leben eines gläsernen Bürgers
vzbv: Vorratsdatenspeicherung ist eine Bedrohung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe
Hi Ulli,
gut, dass du auf das Problem seitens der Aidshilfe hingewiesen hast. Ich habe nun auch bei mir auf die Kundgebungen am Dienstag aufmerksam gemacht. Allerdings regt sich in Heidelberg oder Mannheim kein Protest?
lg Kalle
@ Kalle:
klasse!
tja – weder mannheim noch heidelberg sind bisher auf der liste. ggf. ak vorratsdatenspeicherung anmailen, ob die infos haben?
lg ulli