positiver Protest

In zahlreichen Städten fanden am 6.11.2007 Demonstrationen gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung statt. Auch die deutsche Aids-Hilfe hatte darauf hingewiesen, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung die Arbeit von Aids-Hilfe gefährden kann.

Einen besondere Form des Protests wählten Demonstranten in Karlsruhe: rund 100 Bürger versammelten sich bei der Demonstration am Marktplatz – und einige der Demonstranten zeigten auf Passanten mit Schildern, auf denen „homosexuell“ oder „HIV-positiv“ stand. Mit einer Kamera-Attrappe wurden die Passanten dabei gefilmt.

Idee dabei war, auch unbeteiligten Passanten deutlich sichtbar zu machen, wie leicht die geplanten Maßnahmen auch zu Eingriffen in jedermanns Privatsphäre führen können. Andere Demonstranten trugen dazu z.B. Schilder mit Hinweisen wie „Hinz hat mit Kunz um 3:30 Uhr telefoniert.“

Über Reaktionen der Passanten auf die ‚positiv‘- oder ’schwul‘-Ansprache wurde nicht berichtet.

Zunächst mag es befremdlich erscheinen, auf Passanten mit Schildern wie „HIV-positiv“ zu zeigen. Auf den ersten Blick erinnert die Aktion vielleicht an die bestürzenden Fotos des Fotografen Oliviero Toscani, der z.B. Ärsche mit „H.I.V. positive“ stempelte.
Aber – geht es nicht genau um diese ‚Indiskretion‘? Drückt nicht genau diese Drastizität aus, was viele Menschen befürchten, wenn die Vorratsdatenspeicherung umgesetzt wird? Dass es nichts Privates mehr gibt, dass alle möglichen persönlichen Daten viele Monate gespeichert werden, womöglich verwendet für Zwecke, von denen niemand genau erfährt?
Hat diese Art der Demonstration nicht ’nur‘ bestehende Ängste treffen auf den Punkt gebracht?

4 Gedanken zu „positiver Protest“

  1. Dass keine grossen Reaktionen der Passanten erfolgten, zeigt mir, dass die Leute denken, es betrifft mich nicht, denn ich habe nichts zu verbergen…Der brave Bürger erkennt die Tragweite des Vorhabens noch nicht.

  2. @ kalle.
    in den presseberichten die ich kenne wurde über publikumsreaktionen nichts berichtet – ob es welche gab, weiss ich deswegen nicht.
    aber du hast vermutlich recht, dass viele(noch) nicht verstehen, wie weit dies möglicherweise auch in ihren persönlichen alltag eingreift – gerade deswegen schien mir diese idee ganz apart 😉

  3. ist zwar schon etwas länger her, aber die debatte um die speicherung der krankendaten auf den neuen chip-karten wird mir auch zu wenig diskutiert. ok, gut wenn mein doc weiss, wann ich die letzte impfung hatte, oder wie meine röntgenbilder aussehen usw…
    aber die tatsache, dass ein patient hiv-positiv ist kann die erstellung einer diagnose massgeblich beeinflussen. natürlich bin ich verantwortungsbewusst und teile es mit, wenn ich muss und darüberhinaus, wenn ich denke, dass es notwendig erscheint.

    aber ich bin mir da nicht so sicher, wie ein arzt, der zu mir meinte hiv schädige die augen, verursache analwarzen (denn: „die meisten hiv-positiven männer haben analwarzen…“) und es schädige das herz und ich müsse jetzt erst mal zu allen ärzten. ahso. und die sollen dann auch alle wissen, dass ich hiv-positiv bin. wieso?

    wenn die nächste demo gegen die chipkarte stattfindet bin ich dabei. und trage ein t-shirt auf dem steht: HPV positiv 🙂 auf die genitalwarzen!

    super seite!

  4. @ tom:
    stimmt – die neue karte kommt nun bald, und kaum jemand diskutiert noch kritisch, welche probleme und risiken in der art der speicherung der daten stecken könnten

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