Die Regierungspartei Südafrikas wählt einen neuen Parteivorsitzenden. Die Wahl gilt als Vorzeichen für die Wahl zum Staatspräsidenten 2009. Doch ein dringend benötigter Richtungswechsel in der Aids-Politik des Landes scheint nicht in Sicht.
Südafrika steht in dieser Woche eine bedeutende Weichenstellung bevor. Der African National Congress (ANC), der Südafrika seit dem Ende der Apartheit 1994 regiert, wählt einen neuen Partei-Präsidenten. Und da der bisherige Präsident Tabo Mbeki nach zwei Amtszeiten nicht mehr erneut als Staatspräsident kandidieren darf, wird der zukünftige ANC-Parteichef fast automatisch auch Kandidat für die Wahlen des Staatspräsidenten 2009.
Die Wahl des neuen Parteichefs auf dem am heutigen Sonntag beginnenden 52. Parteitag des ANC ist damit aber nicht nur eine bedeutende Weichenstellung für die zukünftige Entwicklung des Landes, sondern auch für die zukünftige Richtung der Aids-Politik.
Südafrika ist eines der am stärksten von Aids betroffene Länder der Welt. 5,5 Millionen Südafrikaner und Südafrikanerinnen sind HIV-infiziert; bei Jugendlichen liegt die Infektionsrate bei 16%, jede dritte Schwangere ist HIV-positiv.
In Sachen Homo-Politik ist Südafrika einen interessanten Weg gegangen. 2006 war Südafrika der erste afrikanische Staat, der die Homo-Ehe legalisierte. Aktivisten weisen mit einem an den Parteitag gerichteten Manifest auf weiterhin bestehende Diskriminierungen hin und fordern ‚Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle‘.
Die Aids-Politik Südafrikas hingegen hat in den vergangenen Jahren nicht mit großen Erfolgen glänzen können.
Dabei gab es vor 1987 kaum HIV-Infektionen im Land, noch 1993 war die Neuinfektions-Rate relativ niedrig. Doch die Aids-Politik Südafrikas ist weitgehend von Ignoranz geprägt. Staatspräsident Tab Mbeki leugnet gerne ab und an einmal den Zusammenhang zwischen HIV und Aids – nie ganz direkt, er fordert hingegen oftmals „eine unvoreingenommene Prüfung der Ursachen von Aids“. Eine Politik, die dazu führte, dass den HIV-Infizierten des Landes lange Zeit wirksame Medikamente kaum zur Verfügung standen.
Seine Gesundheitsministerin Tshabalala-Msimang kann sich sogar von ihm unkritisiert erlauben öffentlich kund zu tun, gegen HIV helfen Rote Beete und Zitronensaft.
Die Ära Mbeki geht nun ihrem Ende entgegen – doch wie wird es weiter gehen?
Einer der aussichtsreichsten Politiker für den Parteivorsitz des ANC neben Mbeki und damit auch aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat für 2009 ist Jacob Zuma.
Zuma genießt in der südafrikanischen Bevölkerung hohes Ansehen. Er geht als Favorit in das Rennen um den Parteivorsitz des ANC, obwohl immer wieder Anschuldigungen gegen ihn wegen einer angeblichen Beteiligung an Betrügereien bei Rüstungsgeschäften erhoben werden.
Im Juni 2005 wurde Zuma, ein Verfechter der Todesstrafe, von Mbeki in Folge o.g. Bestechungsaffäre als Vizepräsident gefeuert; kurz darauf stand er in einem Vergewaltigungs-Prozeß vor Gericht. Er wurde freigesprochen – allerdings wurden dabei pikante Geschichten publik. Er habe ohne Kondom mit einer HIV-infizierten Frau geschlafen, obwohl er von ihrer HIV-Infektion wusste, bekannte Zuma damals. Schließlich, er sei ein gesunder Mann, da habe er das Infektionsrisiko für gering erachtet. Er habe danach einfach lange geduscht, um sich von dem Virus reinzuwaschen.
Zuma gilt heute als der schärfste Konkurrent und innerparteiliche Gegner Mbekis und mögliche kommende starke Mann des ANC. Der Parteitag in dieser Woche wird entscheiden, welche Rolle er zukünftig in der südafrikanischen Politik spielt. Mit auf dem Spiel steht unausgesprochen auch der Fortgang der Aids-Politik des Landes.
Das erst relativ späte Auftreten von HIV in Südafrika hätte wirksame Präventions-Strategien ermöglicht. Die heutige Situation ist Resultat politischen Handelns – oder eben Fehl- oder Nicht-Handelns.
Es bleibt zu hoffen, dass der zukünftige ANC-Vorsitzende (nb, von einer Frau als Vorsitzende ist nicht die Rede …) und der spätere neue Staatspräsident auch bei HIV und Aids die Weichen neu stellen.
Ob Macho Zuma in der Aids-Politik allerdings die dringend erforderliche Wende bringen würde, steht zu bezweifeln. Es gibt Gründe zu befürchten, auch unter Zuma könnte die Aids-Politik der Ignoranz fortgesetzt werden.
‚Duschen gegen Aids‘ allein zumindest ist nicht richtungsweisend …
Nachtrag 18.12.: der ANC hat am Abend des 18.12. Jacob Zuma zum neuen Parteivorsitzenden gewählt
Nachtrag 12.9.2008: ein südafrikanisches Gericht hat ein Verfahren wegen Korruptionsverdacht gegen Zuma eingestellt. Der Weg zur Präsidentschaft ist damit für ihn frei.
2 Gedanken zu „Aids-Politik: kein Zeitenwechsel für Südafrika? (akt.)“
Kommentare sind geschlossen.