Robin Blood: Fragen an den Vorstand auf der BAYER Hauptversammlung am 29.04.2011

In den 80er Jahren wurde etwa die Hälfte der Bluter mit HIV und nahezu alle, die nicht virusinaktivierte Präparate erhalten hatten, mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) infiziert. Das Netzwerk Robin Blood kämpft für finanzielle Entschädigungen.

Auf der Hauptversammlung der Aktionäre der BAYER AG werden Fragen vom Netzwerk Robin Blood vorgetragen. Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V., hat dieses Verfahren angeregt und sorgt für die Durchführung vor Ort in Köln.
Dafür bedanken sich die Mitglieder des Netzwerkes Robin Blood herzlich.


Die Fragen an den Vorstand:

Guten Tag, verehrte Damen und Herren,

Mein Name ist Annabell Schnura. Ich verlese eine Rede von Andreas Bemeleit, der aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen kann.

Mein Name ist Andreas Bemeleit, ich bin 49 Jahre alt und wäre da nicht diese alte Geschichte, dann würde nicht Frau Schnura hier stehen und meine Rede für mich vorlesen. Dann säße ich vielleicht neben Ihnen auf dem Stuhl. Ich bin Diplom-Informatiker und war in meinem Beruf sehr erfolgreich. Das ist mehr als 20 Jahre her.

Doch da ist die ungeklärte Geschichte. Ich möchte Sie Ihnen kurz erzählen:

In den 70er und 80er Jahren wurde ich, wie auch 4.500 weitere Bluter durch verunreinigte Blutpräparaten mit Hepatitis-C Viren infiziert. In den vergangenen Jahren sind viele von uns gestorben. Haupttodesursache bei infizierten Blutern ist Leberzirrhose bzw. Leberkrebs.

Wir Bluter hatten darauf vertraut, dass wir mit sicheren Medikamenten versorgt werden. Doch die Konzerne benutzten für die Herstellung der Gerinnungspräparate vor allem preiswertes Blut von Hochrisikogruppen wie Gefängnis-Insassen. Weltmarktführer war zu diesem Zeitpunkt die BAYER-Tochter Cutter.

Die einzige Behandlungsmöglichkeit der Hepatitis-C Infektion ist eine einjährige Interferontherapie. Diese Therapie hat schwerwiegende Nebenwirkungen und führt nur bei einem geringen Anteil der Betroffenen zu einer Heilung. Die letzte Möglichkeit ist eine Lebertransplantation mit ihren hohen Risiken.

Bis heute warte ich gemeinsam mit 3000 noch lebenden Blutern auf eine angemessene Entschädigungsregelung. 2009 gründete ich daher das Netzwerk Robin Blood. Das Netzwerk hat sich dem vorrangigen Ziel verschrieben, die durch HIV oder Hepatitis-C Infizierten zu unterstützen.

Die BAYER AG hat vor wenigen Monaten zusammen mit anderen Pharmaunternehmen einen kleinen Anteil der Infizierten aus 22 Ländern im Rahmen einer Sammelklage in den USA entschädigt. In der Presse war zu lesen, dass die Entschädigungssumme bei rund 50 Millionen Dollar lag.

Ich frage den Vorstand in diesem Zusammenhang:

Wie hoch war der Anteil, den BAYER geleistet hat? An wie viele Betroffene in wie vielen Ländern hat BAYER Zahlungen geleistet?

Warum wird diese Summe nicht im Geschäftsbericht für 2010 erwähnt?

Warum schließt diese wichtige Regelung den größten Teil der betroffenen Bluter in Deutschland aus ?

Für viele der Betroffenen ist es mittlerweile schwer oder unmöglich, sich und ihre Familien zu versorgen. Die Wenigsten von uns sind in der Lage, arbeiten zu gehen, Geld zu verdienen.

Die Sorgen und Ängste der Betroffenen betreffen grundlegende Lebensbereiche.
Im folgenden einige Worte von Infizierten:

„Die HCV Infektion wurde bei mir am 1985 festgestellt und ich spüre, wie sich meine Lebensqualität ganz langsam aber sicher verschlechtert. Alles was ich mir wünsche, ist wenigstens halbwegs sorgenfrei und in Ruhe zu leben….“

Ein anderer Betroffener formuliert es mit diesen Worten: „Ich vergleiche meinen Körper gerne mit einem Akku. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören, in mich hinein zu schauen. Es gab sehr sehr oft Zeiten, in denen mein Akku nahezu ausgebrannt war. Und auch zur Zeit ist solch ein Zeitpunkt gekommen, an dem mein Akku sich dem Ende zuneigt. Ich brauche Ruhe und Frieden und einen klaren Kopf, um ihn wieder aufzuladen.“

Wir leben ein Leben mit ungewollter Krankheit, damit einhergehender Berufsunfähigkeit, und in großer Armut. Es bleibt uns die Aussicht auf frühzeitigen Tod infolge der Infektion. Der Weg bis zum Ende ist elend.

Ist sich der Vorstand bewusst, dass der Ausschluss von der Entschädigungszahlung für die infizierten Bluter folgendes bedeutet:

– Den Betroffenen droht Leberkrebs welcher eine Lebertransplantation notwendig macht.
– Sie sind aufgrund der schon seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Erkrankung körperlich stark geschwächt.
– Sie sind nicht mehr in der Lage einen Beruf auszuüben, um sich und ihre Familien zu versorgen. Ohne eine gesicherte Entschädigungsregelung werden sie verarmen.

Die BAYER Tochter Cutter war damals der Hauptverursacher von Tausenden Hepatitis und AIDS-Erkrankungen. Warum will die BAYER AG dennoch, obwohl die monatlichen Zahlungen für die Betroffenen mit zunehmenden Alter überlebenswichtig werden, aus der langfristigen Finanzierung des HIV-Hilfe Fonds aussteigen ?

Bei Robin Blood haben sich infizierte Hämophile, Angehörige und Unterstützer zusammengeschlossen. 63 Menschen auch aus der Schweiz und Spanien haben sich mit ihrem Namen für die gerechte Entschädigung der mit HCV infizierten Hämophilen solidarisch erklärt. Ihnen gebührt unser Dank!

Uns geht es darum, die Menschen zu unterstützen, die durch defizitäre gesundheitliche Versorgung in diesen Zustand geraten sind. Unser Ziel ist es, gegen die profitorientierte Missachtung der Gesundheit der Anwender von Medikamenten angehen zu können.

Ihnen, als Aktionäre der Bayer AG, wurde Geld anvertraut, Sie haben immer gute Dividende erhalten. Ein kleiner Teil dieser Dividende wäre ein großer Schritt für uns, Frieden zu finden.

Viele Geschädigte scheuen sich, öffentlich aufzutreten. Sie kommunizieren daher auf allen heute möglichen Wegen, über das Internet und soziale Netze, dass sie an Hepatitits-C und AIDS erkrankt sind. Sie nennen die Verursacher wie BAYER und mahnen eine Entschädigungsregelung an.

Wäre es für die Außenwirkung der BAYER AG nicht von Vorteil, sich als verantwortungsvolles Unternehmen darzustellen, indem eine für alle Beteiligten annehmbare Regelung vereinbart? Anstatt den Eindruck zu erwecken, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie auf den baldigen Tod der Betroffenen spekuliert? Ich appelliere an Ihr Gewissen, diese alte Geschichte zu klären und uns eine Zukunft in Würde zu geben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Bemeleit – Netzwerk „Robin Blood“

Klage in USA: Konzerne leisten Entschädigung an Bluter wegen HIV-Infektion

Die Pharma-Unternehmen BAYER, Baxter, Behring-Aventis und Alpha zahlen Entschädigungen in zweistelliger Millionenhöhe an Bluter aus 22 Ländern. Dies ist das Ergebnis eines Vergleichs, der Ende vergangenen Jahres in den USA geschlossen wurde. Mehrere Tausend mit HIV und Hepatitis C infizierten Hämophile hatten die Firmen zuvor an einem Bundesgericht in Chicago auf Schadenersatz verklagt.

Unter den Entschädigten befinden sich auch deutsche Hämophile, die an Hepatitis C erkrankt sind. Durch den Vergleich werden die Betroffenen und ihre Anwälte zu Stillschweigen verpflichtet. HIV-infizierte Bluter in Deutschland erhalten eine monatliche Rente und durften an der Sammelklage nicht teilnehmen.

Andreas Bemeleit vom Netzwerk Robin Blood, in dem sich betroffene Bluter zusammengeschlossen haben: „Dieser Vergleich zeigt, dass die Pharmaindustrie versucht, mit kleinem Geld die Gruppe der Betroffenen zu spalten. Zugleich bekennen sich BAYER und die drei weiteren Pharmaunternehmen durch diese Zahlungen zu ihrem schuldhaften Verhalten. Dies bestärkt uns, das Engagement für eine gerechte Entschädigung aller Betroffenen zu forcieren.“

Auch Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt den Vergleich als faktisches Schuldeingeständnis der beklagten Konzerne, kritisiert aber die Geheimhaltungspolitik der Unternehmen scharf: „Warum verheimlicht BAYER Zahlungen in Millionenhöhe? Warum wird nirgendwo über diesen richtungsweisenden Vergleich berichtet? Es ist empörend, dass die verantwortlichen Firmen von den Opfern ein Stillschweigen erpressen!“

Die CBG fordert eine strafrechtliche Verfolgung der Konzern-Verantwortlichen sowie eine Übernahme der vollen Behandlungskosten durch die Firmen. „Die Verursacher der Infizierung Tausender Bluter profitieren bis heute vom Verkauf teurer Plasma-Medikamente und wälzen gleichzeitig die Behandlungskosten der von ihnen geschädigten Bluter auf die Allgemeinheit ab“, so Mimkes weiter. BAYER machte im vergangenen Jahr allein mit dem Blutfaktor-Präparat Kogenate einen Umsatz von € 888 Mio.

Einzig italienische Medien berichten bislang über den Vergleich. In Italien erhalten durch den Vergleich 443 Personen eine Entschädigung. „Dies ist ein historisches Ergebnis“, so Luigi Ambroso, Präsident des Comitato 210/92, das sich für die Entschädigung der Betroffenen einsetzt. „Wir hätten es vorgezogen, die Schuldigen auf ihre Verantwortung festgenagelt zu sehen“, so Ambroso weiter. In Italien laufen strafrechtliche Untersuchungen gegen BAYER und andere Firmen, der Vorwurf lautet auf vielfachen Totschlag.

Anfang der 80er Jahre hatten sich weltweit Tausende Hämophile durch Blutplasma-Produkte mit HIV oder Hepatitis C infiziert. Die Konzerne benutzten für deren Herstellung vor allem preiswertes Blut von Hochrisikogruppen wie Gefängnis-Insassen. Weltmarktführer war zu diesem Zeitpunkt die BAYER-Tochter Cutter. Die skandalöse Profitsucht der Pharma-Konzerne zeigte sich noch deutlicher, als sich erste Erkenntnisse über die Ansteckungsgefahr verbreiteten: Obwohl es einfache Möglichkeiten gab, die Produkte unschädlich zu machen, wurden diese von den Unternehmen aus Kostengründen nicht genutzt. Als der Vertrieb der unkontrollierten und größtenteils verseuchten Plasma-Produkte in Europa und den USA verboten wurde, exportierten die Firmen die Restbestände nach Asien und Lateinamerika. Weltweit starben bisher über 10.000 Bluter durch die Schuld der Pharma-Konzerne.

(Pressemitteilung Robin Blood / Coordination gegen Bayer-Gefahren)

Welthämophilietag 2010

Jedes Jahr am 17. April, dem Welthämophilietag, ruft die Weltgesellschaft der Hämophilen (WFH) alle Hämophiliegesellschaften auf, die Öffentlichkeit auf das Thema Hämophilie aufmerksam zu machen.

Das Netzwerk Robin Blood nimmt den Welthämophilietag 2010 zum Anlass, auf die ungeklärte und unverlässliche finanzielle Situation der mit HIV und Hepatitis-C infizierten Bluter hinzuweisen.

Tausende Bluter wurden in den 1980er Jahren durch verseuchte Blutkonserven mit HIV und Hepatistis-C infiziert. 72% der Infizierten haben mittlerweile AIDS. Sie sind nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt mit Zahlungen nach dem HIV-Hilfegesetz. Die Finanzierung der Stiftung ist nur bis Ende 2011 gesichert.
Das Netzwerk Robin Blood fordert die Errichtung eines Stiftungskapitals, das den Bedarf bis 2070 deckt.

Haupttodesursache bei Blutern in den letzten Jahren ist Leberzirrhose beziehungsweise Leberkrebs. Ursache dafür ist eine Infektion mit Hepatitis-C Viren durch verunreinigte Blutprodukte. Die circa 3.000 noch lebenden mit Hepatitis-C infizierten Bluter warten immer noch auf eine Entschädigungsregelung.
Das Netzwerk Robin Blood fordert die Schaffung einer Entschädigungsregelung.

Auch heute noch können HIV-positive und an AIDS erkrankte Menschen nicht offen mit ihrer Erkrankung leben. Das Netzwerk Robin Blood bietet ihnen die Möglichkeit, sich kennen zu lernen, um gemeinsam Wege aus der Isolation zu finden.

(Pressemitteilung Robin Blood, Auszug)

HIV-infizierte Bluter: Hämophilie-Gesellschaft fordert baldige Sicherheit für Stiftung

Die Deutsche Hämophilie-Gesellschaft fordert Bundesgesundheitsminister Rösler auf, möglichst bald eine Lösung für die Fortführung der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu finden.

Die Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen ist eine rechtsfähige Bundesstiftung mit Sitz in Bonn. Sie wurde durch das HIV-Hilfegesetz (HIVHG) vom 24. Juli 1995 als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet und unterliegt der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit.

Gemäß § 1 HIVHG ist es Zweck der Stiftung, „aus humanitären und sozialen Gründen und unabhängig von bisher erbrachten Entschädigungs- und sozialen Leistungen an Personen, die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar mit dem Human Immundeficiency Virus (HIV) oder infolge davon an Aids erkrankt sind, und an deren unterhaltsberechtigte Angehörige finanzielle Hilfe zu leisten.“

HIV-Infizierte erhalten nach § 16 HIVHG eine monatliche Leistung von 766,94 Euro, AIDS-erkrankte Personen von 1.533,88 Euro ohne Prüfung der Einkommens- oder sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse. Kinder erhalten nach dem Tod der infizierten Person monatlich 511,29 Euro bis zum Abschluss der Berufsausbildung, längstens bis zum Ablauf des 25. Lebensjahres. Ehepartner erhalten monatlich 511,29 Euro, wenn die infizierte Person im Zeitpunkt des Inkrafttreten des HIVHG verstorben ist. Die Zahlungen enden mit Ablauf des fünften Jahres nach Beginn der Zahlungen. (wikipedia)

Die Mittel der Stiftung jedoch sind begrenzt – Anfang 2011 seien alle Mittel verbraucht, so die Deutsche Hämophilie-Gesellschaft DHG. Deswegen wendet sich die DHG in einem Schreiben am 5. Februar 2010 an Bundesgesundheitsminister Rösler mit der Bitte um baldige Klärung der Fortsetzung der Stiftungsarbeit.

Die DHG weist auf die Dringlichkeit und die Situation HIV-infizierter Hämophiler hin:

„Im ersten Quartal 2011 müssen die zugestifteten Gelder zur Verfügung stehen, sonst müsste die Stiftung die Zahlungen an die Betroffenen einstellen. Dies wäre für die Betroffenen eine Katastrophe, da die meisten von ihnen ihren Lebensunterhalt aus den Zahlungen der Stiftung bestreiten müssen.“

Die Lage der noch lebenden HIV-infizierten Hämophilen sei schwierig, betont Werner Kalnins, Vorsitzender des Vorstands DHG, in dem Brief an Rösler:

„Bereits mehr als zwei Drittel der HIV-infizierten Hämophilen sind an den Folgen der HIV-Infektion verstorben.
Die noch lebenden Betroffenen brauchen die Gewissheit, dass ihr Lebensunterhalt auf Dauer gesichert ist. Die meisten können aufgrund der schweren Nebenwirkungen der HIV-Therapeutika und der HCV-Koinfektion keiner Erwerbsarbeit mehr nachgehen. Aufgrund frühzeitiger Berentung sind die Rentenansprüche in der Regel minimal. Viele jüngere Betroffene hatten wegen ihrer Erkrankung nie die Möglichkeit, einen Beruf auszuüben.“

Rösler solle schnell eine Lösung finden zur Fortführung der Stiftung, die

„den Betroffenen die Angst davor nimmt, ins soziale Abseits gedrängt zu werden, und langfristig ihren Lebensunterhalt sichert.“

weitere Informationen:
Deutsche Hämophilie-Gesellschaft 05.02.2010: Brief an Bundesgesundheitsminister Rösler

.siehe auch:
SZ 18.02.2010: HIV-verseuchte Blutkonserven: Eiskalte Abwicklung eines Skandals
ZwischenZeit 02.03.2010: Hämophilie – HIV – Hepatitis – Hartz IV
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Baba, Hubert

Vor einigen Tagen. In der Post der letzten Tage habe ich die Zeitungen und Zeitschriften beiseite gelegt, auf den Lesestapel. Erst gestern Abend, beim Blättern im Wiener „Xtra!“, sehe ich die große, schwarz gerahmte Meldung „In memoriam Dr. Hubert K. Hartl“.

Mitte der 1990er Jahre. Ein österreichisches Unternehmen (das heute längst in einem US-Konzern untergegangen ist) forschte an der Entwicklung von Impfstoffen gegen HIV. Und hatte sich auf die Fahnen geschrieben, bei einer großen, europaweiten Studie auch die Vertretung der Interessen von Patienten zu realisieren, in Form eines ‚Community Advisory Boards‚.

So lernte ich Hubert Hartl kennen. Genauer, Dr. Hubert K. Hartl. Denn in Wien hat ja jeder mindestens einen Titel, lieber zwei. Hubert bestand nie auf seinen ‚Dr.‘ – begrüßte aber schmunzelnd jeden Kneipenwirt, bei dem wir abends ausgingen, mit „Servus, Herr Gastronomierat“.

Hubert war wohl das, was man einen Multi-Aktivisten nennen darf, engagiert auf den vielfältigsten Ebenen der österreichischen und europäischen Hämophilen-, Hepatitis- und HIV-Communities. Unter anderem war zuletzt er Geschäftsführer der Österreichischen Hämophilie-Gesellschaft und im Vorstand der European Haemophilia Organisation.

Hubert war nicht immer ein leichter, unkomplizierter Partner bei der Vertretung von Patienteninteressen, und nicht immer teilten wir die gleichen Sichtweisen. Immer aber war er sehr engagiert bei der Vertretung der Interessen von Patienten im allgemeinen und der Hämophilen insbesondere.
Ich habe an Hubert Hartl neben dieser Ernsthaftigkeit und Authentizität seines Engagements immer geschätzt, wie unbefangen und vorbehaltlos er anderen Communities begegnete, er, der Familienvater mit drei Töchtern, besonders wenn er abends mit einer Schar schwuler Männer ‚um die Häuser zog‘. Berührungsängste waren ihm fremd.

Dr. Hubert Hartl verstarb am 18. Januar 2008 im Alter von 45 Jahren während eines Treffens der Österreichischen Hämophilie-Gesellschaft im Krankenhaus Innsbruck an akutem Leberversagen.

Servus Hubert, und baba …