Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive

Die Deutsche AIDS-Stiftung will zukünftig ihre Unterstützung für HIV-Positive deutlich reduzieren. Stattdessen sollen vermehrt Projekte unterstützt werden.

Weniger Geld für HIV-Positive, mehr Mittel für Projekte – die Deutsche Aids-Stiftung setzt „neue Schwerpunkte“ in ihrer Arbeit. Dies teilte die Stiftung am 22. Juni 2009 mit.

"Seit 19897 hilft die deutsche AIDS-Stiftung Menschen mit HIV und Aids"
"Seit 19897 hilft die deutsche AIDS-Stiftung Menschen mit HIV und Aids"

„Ziel ist eine noch effektivere Vergabe der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel“, erklärt die Stiftung diese für Menschen mit HIV gravierende Kürzung im Bereich der so genannten Einzelfallhilfen, und konkretisiert, diese Effizienzsteigerung solle erreicht werden

“ etwa durch stärkere Budgetierung der individuellen Hilfen und eine Verlagerung auf Projektangebote in den Bereichen Betreutes Wohnen, Arbeit und Qualifizierung sowie Versorgung, betreute Krankenreisen, Projekte für alleinerziehende Frauen sowie für Migrant/innen. Weiterhin werden auch modellhafte Hilfsprojekte im südlichen Afrika gefördert.“

Die fallweise Unterstützung durch die Deutsche Aids-Stiftung ist bisher für viele Menschen mit HIV und Aids der letzte Rettungsanker, wenn sie in finanziellen Nöten sind: ob Geld für eine Heizkosten-Nachzahlung, die Teilnahme an einem Positiventreffen, eine krankengerechte Matratze oder den notwendigen Zahnersatz, gerade für HIV-Positive, die von Grundsicherung oder HartzIV leben, war dies bisher ohne die Einzelfall-Hilfe der Deutschen Aids-Stiftung nicht leistbar.

Die neue Entwicklung bei der zukünftigen Mittelvergabe trotz gestiegenen Spendenaufkommens  sei auch Folge der internationalen Finanzkrise, so die Stiftung:

„Die Stiftung konnte ihre Nettoerträge aus Spenden und ähnlichen Zuwendungen im Jahr 2008 gegenüber dem Vorjahr zwar um 295.000 € erhöhen, gleichzeitig gingen die Kapitalerträge aber um rund 275.000 € zurück.“

2008 habe sich ein Defizit von 780.000 € aufgrund von Aktien-Abschreibungen ergeben, erläuterte DAS-Geschäftsführer Dr. Ulrich Heide gegenüber Medien.

Bereits Anfang 2009 hatte sich ein Sparkurs bei der Deutschen Aids-Stiftung angekündigt. “Ab sofort und bis auf weiteres [würden] keine Bewilligungen mehr für Reisen” ausgesprochen, teilte die Stiftung bereits im Februar 2009 mit. “Auch bei anderen Antragsgegenständen ist mit deutlichen Reduzierungen in den Bewilligungssummen bzw. einer zurückhaltenden Bewilligungspraxis zu rechnen.”

Die finanzielle Situation vieler Menschen mit HIV und Aids ist schon seit Jahren schlecht, wenn nicht prekär. Ob niedrige Einkommen, niedrige Renten oder Leben von Hartz IV – Leben mit HIV und Aids ist oftmals von knappen Mitteln und schleichender Verarmung gekennzeichnet. „Finanzkrise2 – dieses Wort kennen viele Menschen mit HIV schon seit Jahren.

„Bei HIV und AIDS ist die materielle Not der Betroffenen besonders ausgeprägt“, dies weiß auch die deutsche Aids-Stiftung, die in den vergangenen Jahren immer wiederauf die schwierige Lebenssituation HIV-Positiver hinweist. Zitat weiter: „Es wundert daher nicht, dass 78,5 Prozent der bei der Stiftung Hilfesuchenden ihren Lebensunterhalt durch staatliche Hilfsleistungen (Sozialhilfe/Grundsicherung, Arbeitslosengeld II oder Wohngeld) bestreiten mussten.“

Die als „neue Schwerpunktsetzung“ deklarierte Kürzung der Mittel für Einzelfallhilfen für HIV-Positive, die die deutsche AIDS-Stiftung nun ankündigte, könnte sich nun für viele HIV-Positive als schwerer Schlag erweisen. Was früher schon nur noch mit Hilfe der Stiftung möglich war, steht für sie nun gänzlich in den Sternen.

weitere Informationen:
Deutsche AIDS-Stiftung 22.06.2009: Deutsche AIDS-Stiftung setzt neue Schwerpunkte bei Hilfen
queer.de 22.06.2009: Einsparungen bei deutscher AIDS-Stiftung
DAH-Blog 25.06.2009: Einzelfallhilfe in der Krise
DAH-Blog 24.07.2009: Diskussion über Einzelfallhilfe: “Wir müssen das Kapital anknabbern”
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8 Gedanken zu „Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive“

  1. Das sich die Finanzkrise auf das angelegte Stiftungskapital auswirken würde – könnte war abzusehen. Dennoch gab es einige Anlagebereiche wo sich die Verluste in Genzen hielten bzw nicht auswirkten. Hier sollte die Aids Stiftung ihre Anlagepolitik überdenken. Euro 785.000 Verlust – Abschreibung deutet auf eine unprofessionellen Anlage hin. Wer als Stiftung sein Vermögen in Aktien investiert hat mehr als seine Hausaufgaben nicht gemacht. In Aktien investiert man nur dann wenn man sich VERLUSTE leisten kann. DAS kann die Aids Stiftung nicht.

    Das sich ihre derzeitige Situation auf das Ausgabe – Unterstützungsverhalten, den Sinn und Zweck einer Stiftung auswirkt liegt auf der Hand.

    Was für mich nicht nachvollziehbar ist, ist die „als neue Schwerpunktsetzung deklarierte Kürzung der Mittel für Einzelfallhilfen für HIV-Positive während im gleichen Atemzug die Hilfe für auch modellhafte Hilfsprojekte im südlichen Afrika gefördert wird.”

    Wenn ich nur noch 10 Euro für die letzte Woche bis zum Ende des Monats zur Verfügung habe dann ist es geradezu idiotisch würde ich das Geld spenden. Sinnvoll kontinuierlich Hilfe zu leisten geht nur dann wenn ich mit meinen zur Verfügung stehenden Mitteln haushalte. Das Minimum das man selbst benötigt befähigt weiterhin anderen zu helfen und andere zu unterstützen. Wenn ich nichts habe – dann kann ich auch anderen nichts mehr geben. Mit anderen zu „Teilen“ setzt voraus das man für sich selbst sorgt um sich selbst zu erhalten. Nur das bedingt das man in der Lage bleibt Anderen zu helfen, das die Kontinuität des „Helfens“ weiterhin gewähreistet ist.

    So edel die Absicht ist allen helfen zu wollen – die Aids Stiftung ist nicht für das Verhalten, das Versagen von Politik und insbesondere Unternehmen verantwortlich.
    So hart es auch klingen mag, eine globale Haltung in den Köpfen von Entscheidungsträgern und Managern die nur auf persönliche Vorteilnahme ausgerichtet ist, was gerade die Finanzkrise gezeigt hat, kann nicht von einem Einzelnen aufgefangen werden. Macht man es dennoch dann passiert genau das:

    „Die als “neue Schwerpunktsetzung” deklarierte Kürzung der Mittel für Einzelfallhilfen für HIV-Positive, die die deutsche AIDS-Stiftung nun ankündigte, könnte sich nun für viele HIV-Positive als schwerer Schlag erweisen. Was früher schon nur noch mit Hilfe der Stiftung möglich war, steht für sie nun gänzlich in den Sternen.“

    Es mutet geradezu grotesk an wenn einerseits eine Verlagerung auf Projektangebote in den Bereichen Betreutes Wohnen und andere Wohnprojekte stattfindet auf die dann u.a. Menschen denen die Einzelfall Hilfe gestrichen wurde zurückgreifen um „ein Leben in Würde“ führen zu können.

  2. @alivenkickn: Ich glaube, ganz so einfach ist die ganze Chose nicht: Ganz sicher hat die Stiftung nicht immer Einfluss auf den Umgang mit ihren Aktienerbschaften wg. oft weitschweifiger und z.T. auch echt schwachsinniger Testamentsvorschriften des jeweiligen Erblassers.
    Und: Hinter der Projektförderung steht der Wunsch, viel Geld an einen Empfänger statt wenig(er) Geld an viele Einzelempfänger zu verteilen. Das Ganze steht dann unter dem Label Slim-Office.
    Inhaltlich hast Du Recht: Was für die Stiftung und die Empfänger-Organisationen ein Segen ist, ist für HIV+ schlicht nicht akzeptabel.

  3. @ maya:
    ob es nun gerade in zeiten einer finanziellen krise, die menschen mit hiv besonders betrifft / zukünftig betreffen wird, gerade dieser personengruppe auch noch die stuiftungsmittel zu kürzen, scheint mir mehr als fragwürdig. gerade von seiten einer stiftung, die ausgerechnet zu diesem zweck gegründet wurde. wenn ich mich an die gründungszeiten durch rainer j. erinnere – das schien mir aber anders gedacht damals …

    @ alivenkickin:
    dass die stiftung auch projekte unterstützt, dagegen ist ja auch nichts zu sagen. aber – gerade bei hilfebedüftgigen positiven zu kürzen, diese schwerpunktsetzung“ ist schon piknat. und dann. ohne die betroffenen auch nur irgendwie in die entscheidung einzubeziehen oder vorher zu informieren?
    ich fidne sowohl entscheidung als auch vorgehen mehr als – fragwürdig …

  4. @ondamaris

    Ich werde jetzt mal bitterbös und zynisch. Mit einem kranken Afrikanerkind das dank der Unterstützung durch die Aids Stiftung nicht mehr um s tägliche Überleben kämpfen muß, kann man mehr Staat machen als mit verarmten vereinsamten in der Isolation lebenden auf die Tafel zurückgreifenden Hiv Positiven in einem der reichsten Länder der Welt. Für solche Hiv Positiven sind ja dann – Aids Stiftung und Gott sei s gedankt – solche Häuser da. Wobei ich meine Zweifel hab ob sie den Aufnahme Auswahlskriterien Test bestehen werden. Es werden dann auf einen Wohnplatz ca 500 Hiv Positive kommen . . . . oder so.

    Dein Link ist „inhaltlich eine Farce“ wenn man weiß das die „Regenbogenvilla in Berlin“ ins Leben gerufen von der Schwulenberatung e.v. nicht nur das Erste Wohnprojekt dieser Art ist sondern das es dem dazu gegründeten „Netzwerk Anders altern“ der Schwulenberatung gelungen ist innerhalb von 6 Jahren 5 Mio Euro zu aquirieren um das „Projekt Regenbogenvilla“ umzusetzen. Ich staune immer wieder mit welchen mangelnden journalistischen Fähigkeiten man Journalist werden kann bzw sich als Journalist bezeichnen darf.
    http://alivenkickn.wordpress.com/2008/09/19/alle-unter-einem-dach-in-wurde-alt-werden/

    Schon mehrmals habe ich ähnliches gelesen und mich beschleicht dabei ein Gefühl das da auf einmal ein „Wettbewerb“ entstanden – am entsehen ist frei nach dem Motto „Wir sind die Besseren“.

  5. Bevor jetzt zu schnell geschossen wird:

    Es lohnt sich möglicherweise, das Zahlenwerk der Stifung genauer zu analysieren und dann dort präzise Fragen zu stellen. Mit fehlt im Moment die Zeit, genauer einzusteigen, aber auf die Schnelle:

    Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit weist ein Plus von 445TEUR aus, gegenüber 167TEUR in 2007. Danach ist Geld genug in der Kasse. Gleichwohl sind die Unterstützungsleistungen in 2008 um 200TEUR gekürzt worden.

    Es werden sonstige Aufwendung von 500TEUR gezeigt, gegenüber 164 TEUR im Vorjahr. Wie kommt dieser Anstieg zustande? Was sind hier für Auwendungen gemeint und waren sie kassenwirksam? Dann würde nämlich Geld in der Kasse fehlen und es müssten Fragen gestellt werden, die ich hier besser gar nicht erst andeute.

    Es werden 840TEUR als außerordentliche Aufwendungen ausgewiesen. Sind das nur Abschreibungen auf den Wertpapierbestand? Stecken hier endgültige Ausfälle hinter? Ist das Vermögen also endgültig vernichtet? Wenn ja, stellt sich die Frage nach der Verantwortlichkeit. Nimmt man beide Zahlen zusammen (500TEUR + 840 TEUR) kommt man immerhin auf mehr als 6 % des Stiftungsvermögens!)

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    @ alivenkickn:

    „Wer als Stiftung sein Vermögen in Aktien investiert hat mehr als seine Hausaufgaben nicht gemacht. In Aktien investiert man nur dann wenn man sich VERLUSTE leisten kann. DAS kann die Aids Stiftung nicht.“

    Das stimmt so nicht. Stiftungskapital und ähnlich Zweckvermögen werden oft in Aktien angelegt, um hohe laufende Erträge aus Dividenden zu erzielen. Wertverluste des Aktienbesitzen sind nicht so wichtig, wenn die Aktiengesellschaft, in deren Papiere investiert wurde, solide ist. Tatsächlich haben Stiftungsvermögen mit Anleihen und sogenannten innvovativen Anlageprodukten (zB die berühmten Lehmann-Papiere) ihre dicken Verluste gemacht.

    Richtig ist allerdings, dass man sich bei einem Stifungsvermögen von 21000TEUR solche Verluste nicht allzu oft leisten kann – schon gar nicht wenn sie kassenwirksam/endgültig sind.

  6. wie die stiftung ihr geld anlegt, ist mir egal. ich wünschte, sie würden das in dem aufwand und mit der bürokratie betreiben, die sie otto und ottilie normalpositiv abverlangen, wenn 50 € beantragt werden. schon vor der krise war das grenzwertig. jetzt wird es sicher noch schlimmer.

    ich zanke jetzt nicht über den urlaub. viele benatragen jedoch ernährungsmehrbedarf, mehrbedarfe, die beim amt durchzusetzen kaum möglich war und ist, wo die stiftung wichtig war und ist.

    diese leistungen in der krise in frage zu stellen, ist eine belastung, die die deutsche aids-stiftung nicht machen darf. an dieser stelle führt sie sich selbst ad absurdum. die projektförderung ist gut und wichtig, wichtiger wäre der gemeinsame kampf um die notwendigen staatlichen mittel.

    besonderes geschmäckle: die entscheidung wird an allen vorbei getroffen. menschen mit hiv, die bei der stiftung sowieso nur als bittsteller/innen vorkommen, sind in keine entscheidung auf keiner ebene einbezogen. das wird hier besonders eklatant. deshalb ist es auch ein guter anlaß, dies der das noch einmal unter die nase zu reiben.

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