Kurz notiert … Juli 2011

26. Juli 2011: Alexander McQueen, am 11. Februar 2011 verstorbener britischer Modedesigner, hat aus seinem 16 Millionen Pfund umfassenden Nachlass 100.000 Pfund der britischen Aids-Organisation Terrence Higgins Trust vermacht.

25. Juli 2011: Dem Kondom-Hersteller Durex werden die Kondome knapp, aufgrund einer bereits seit Mai 2011 andauernden Auseinandersetzung mit einem indischen Lieferanten.

20. Juli 2011: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat dem Hepatitis-C- Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®) die Zulassung erteilt.

18. Juli 2011: Der Pharmakonzern Abbott kündigt an, eine Kombi-Pille aus Kaletra® und 3TC zu entwickeln.

14. Juli 2011: Die Regionen in den USA mit den höchsten HIV-Infektionsraten zählen zugleich zu den ärmsten Regionen der USA, berichten US-Medien. In den am meisten von HIV betroffenen Regionen im Süden der USA lebe einer von fünf HIV-Positiven unterhalb der Armutsgrenze.

13. Juli 2011: Zwei große Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) haben gezeigt, dass Tenofovir bzw. Tenofovir plus Emtricitabine das Risiko einer sexuellen HIV-Übertragung bei heterosexuellen Paaren um 62 bzw. 73% reduzieren können.

12. Juli 2011: Liza Minelli wurde zum ‚Offizier‘ der französischen Ehrenlegion ernannt, u.a. wegen ihrer Verdienste um die Aids-Bekämpfung. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung Frankreichs.

11. Juli 2011: Australien: HIV-positiver Mann zu 3 Jahren Haft verurteilt wegen Gefährdung von 3 Frauen durch ungeschützten Sex. Keine der Frauen wurde mit HIV infiziert.

Wissenschaftler haben in Japan einen Gonorrhoe- (auch: Tripper) Stamm entdeckt, der gegen die eingesetzten Antibiotika resistent ist.

Jerry Herman, offen HIV-positiver Hollywood-Erfolgs-Komponist u.a. der Musicals „Hello Dolly“ oder „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) wurde am 10. Juli 80 Jahre alt.

08. Juli 2011: Schweiz: eine 32jährige Frau aus Ostafrika wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer „teilbedingten Freiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt. Falls das Urteil rechtskräftig wird, droht der Frau die Abschiebung aus der Schweiz.

05. Juli 2011: Millionen HIV-Positive, die auf günstige Aids-Medikamente angewiesen sind, werden sterben, falls Indien aufgrund des Handelsabkommens mit der EU aufhören muss, generische Aids-Medikamente herzustellen. Dies betont UNAIDS-Direktor Michel Sidibé.

04. Juli 2011: Eine Gruppe von 55 US-Ärzten fordert die US-Arzneimittelbehörde FDA auf, Truvada® nicht als ‚Präventions-Pille‚ zuzulassen.

03. Juli 2011: „Will Karel De Gucht be responsible for millions deaths ?“ EU-Handelskommissar Karel de Gucht wurde am frühen Sonntag Morgen von Aktivisten von ACT UP Paris geweckt (Video), die gegen die (von de Gucht vertretene) Position der EU in Handelsabkommen protestierten. Die Haltung der EU gefährde die Versorgung von Millionen HIV-Positiven mit preiswerten Generika.

02. Juli 2011: „Die gestoppten Gelder für den Globalen Fonds schnellstens freigeben“, fordert (nicht nur) die Deutsche Aids-Hilfe von Bundesentwicklungsminister Niebel.

01. Juli 2011: Der Schmuck der am 23. März 2011 verstorbenen Filmschauspielerin Elizabeth Taylor soll im Dezember 2011 versteigert werden. Der Erlös soll der Elizabeth Taylor Aids Foundation zugute kommen.

Einige Aids-Medikamente der Klasse der NRTIs können bei HIV-Positiven zu vorzeitiger Alterung beitragen. Die durch sie verursachten Veränderungen an den Mitochondrien könnten irreversibel sein, so Wissenschaftler.

Macht HIV arm?

Die meisten HIV-Positiven arbeiten – so wie viele andere Menschen mit chronischen Krankheiten. Trotzdem kann eine HIV-Infektion eine soziale Abwärtsspirale in Gang setzen. Silke Eggers, DAH-Referentin für soziale Sicherung und Versorgung, erklärt warum.

Frau Eggers, macht HIV arm?
Eine HIV-Infektion macht natürlich nicht automatisch arm. Aber sie ist eine ungeheure soziale Belastung, die nicht jeder problemlos abfedern kann. Das liegt einerseits daran, dass HIV-positive Menschen noch immer diskriminiert und stigmatisiert werden. Und andererseits am generellen Abbau des Sozialsystems in Deutschland.

Aber die meisten HIV-Positiven leben und arbeiten doch relativ normal.
Die Lebenssituationen von Menschen mit HIV sind heute sehr unterschiedlich. Wie gut ein Mensch mit seiner HIV-Infektion leben kann, hängt stark von den Umständen ab: Hat er eine gute Ausbildung, einen guten Job? Ist er arbeitslos und verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse? Gebraucht er vielleicht illegale Drogen? Bei Positiven mit solchen Doppelbelastungen kommt die soziale Abwärtsspirale oft sehr viel schneller in Gang als bei HIV-Negativen. Die Diskriminierung betrifft sie alle.

Es wird doch aber häufig gesagt, HIV sei heute eine chronische Krankheit wie andere auch?
Ganz platt zurückgefragt: Länger leben mit HIV – aber wovon? Die medizinische Versorgung verbessert sich stetig, aber die soziale Entwicklung hält dem nicht Stand.
Der Abbau des Sozialstaats betrifft manche Menschen besonders stark. Die vielen Einsparungen wirken einzeln wie Kleinigkeiten, aber bei chronisch Kranken häufen sich diese Kleinigkeiten und sind schon jetzt nicht mehr tragbar. Kommt für einen Menschen in einer sowieso schon schwierigen sozialen Situation eine HIV-Infektion hinzu, treffen ihn diese Zusatzbelastungen doppelt und dreifach.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Ein großer Einschnitt sind die diversen Gesundheitsreformen der letzten Jahre. Die Zuzahlung zu Medikamenten wurde deutlich erhöht, die Praxisgebühr eingeführt, diverse Leistungen aus dem Katalog der Krankenkassen ausgeschlossen. Viele Medikamente müssen inzwischen selber bezahlt werden, die Zuzahlungen für Brillen und Zahnersatz wurden gestrichen oder stark reduziert. Kurz: Kranksein ist wirklich teuer geworden. Auch immer mehr Sozialleistungen werden gestrichen. Ein großer Einschnitt für viele Menschen mit HIV war der Wegfall des Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung. Stattdessen werden nun alle dazu aufgefordert, immer mehr Risiken privat abzusichern. Das Problem ist neben den oft fehlenden finanziellen Mitteln: Menschen mit HIV können aufgrund ihrer Infektion bestimmte Versicherungen gar nicht abschließen.

Welche Versicherungen sind das?
Obwohl sich die medizinische Situation sehr verbessert hat, bekommt kein HIV-Positiver derzeit eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Lebensversicherungen sind möglich – aber oft nur mit horrenden Zuschlägen.

Was ist, wenn man gar kein eigenes Einkommen hat?
Dann wird es besonders schwer. Generell ist der Sozialhilfe- beziehungsweise Hartz-IV-Satz in unseren Augen zu niedrig. Darüber hinaus berücksichtigt er längst nicht alle Lebenslagen von HIV-Positiven. Vor einigen Jahren sind zum Beispiel die Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen gestrichen worden. Besuche in einer oft weit entfernten HIV-Schwerpunktpraxis sind aus den Regelsätzen nicht zu finanzieren. Besonders in ländlichen Gegenden ist das ein großes Problem. Dabei ist man mit einer HIV-Infektion auf eine spezialisierte Behandlung angewiesen!

Früher galten Menschen mit HIV als Fall für die Rentenversicherung. Das hat sich radikal geändert, oder?
So ist es. Sie stehen an ihrem Arbeits- oder Ausbildungsplatz genauso ihren Mann oder ihre Frau wie alle anderen auch. Trotzdem ist in den Köpfen noch das Bild von schwerer Krankheit, großem Leid und baldigem Tod. Vielen ist nicht klar, dass HIV-Positive über einen langen Zeitraum leistungsfähig sind, arbeiten können und wollen.

Was sind denn die größten Probleme in der Arbeitswelt?
Nach wie vor löst das Bekanntwerden einer HIV-Infektion irrationale Ängste aus. Oft haben Kollegen Angst, sie könnten sich anstecken. Chefs machen sich Sorgen, wie Kunden reagieren könnten. Fakt ist: Im Berufsalltag ist eine HIV-Infektion in den allermeisten Fällen ausgeschlossen. Und mit Ausnahme der Pilotenausbildung gibt es keine Berufsverbote. Menschen mit HIV können alle Jobs machen – und sie machen sie auch. Es fällt nur niemandem auf, weil man es keinem Menschen ansieht, dass er HIV hat. Menschen mit HIV brauchen unsere Solidarität – und keine Ausgrenzung!

(Pressemitteilung der DAH)

HIV Health Gap – Aids ist eine Frage des Geldes

HIV ist immer noch auch eine Frage des ökonomischen Status – Aids eine Frage der Armut. Ein Spalt zwischen arm und reich.

Je niedriger das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen, desto höher tendenziell die Zahl HIV-infizierter Erwachsener – nicht für alle Staaten und Regionen gilt diese Aussage, wohl aber doch für einen Großteil. Besonders ausgeprägt: für die Staaten Subsahara-Afrikas.

Den Zusammenhang zwischen ökonomischem Status und Zahl der HIV-Infektionen veranschaulicht eindrucksvoll der folgende Chart (Daten aus 2007):

Gap Minder HIV Chart 2009
Gap Minder HIV Chart 2009

Die Grafik zeigt die Korrelation von HIV-Infektion (Y-Achse, HIV-Infizierte in Prozent der Erwachsenen zwischen 15 und 49 Jahren), verfügbarem Einkommen (X-Achse, in jährlicher Kaufkraft-Parität in US-$) sowie Anzahl der Menschen mit HIV (Größe des jeweiligen Kreises). [Hinweis: für größere Auflösung ist die Grafik hier als pdf (1,65MB) verfügbar: gapminder_hiv_chart_feb09_a ).

Die Darstellung entstammt der interessanten Internet-Anwendung ‚Gapminder‚, die Statistiken zur weltweiten Entwicklung (u.a. auch Gesundheit) auf neue, anschauliche Weise aufbereitet. Das skandinavische Projekt Gapminder versteht sich selbst als „modernes Museum“, das dazu beitragen möchte, „die Welt verständlich zu machen“.

Zu HIV und Aids sind auf Gapminder auch sehens- bzw. lesenswert
– der (nicht unumstrittene) Artikel von Gapminder-Mitgründer Hans Rosling „See new surprinsing trends in HIV“ vom 04.02.2009 (Diskussion zum Artikel auf boingboing), sowie
– HIV-Grafiken zum selber Analysieren (und Speichern, Weiterverwenden …): Gapminder World HIV

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„Die Reduzierung der Einzelfallhilfe finde ich schmerzhaft“ – Aids-Stiftungs-Gründer Rainer Jarchow im Interview

„Die Reduzierung der Einzelfallhilfe finde ich schmerzhaft.“ So kommentiert der Gründer der Deutschen AIDS-Stiftung Positiv Leben, Rainer Jarchow, im Interview die drastischen Kürzungen bei der Einzelfall-Hilfe der Deutschen AIDS-Stiftung.

Am 22. Juni hatte die Deutsche AIDS-Stiftung drastische Kürzungen bei der Einzelfall-Hilfe für Menschen mit HIV und Aids angekündigt – bei gleichzeitiger Ausweitung der Projekt-Förderung. „Lässt die AIDS-Stiftung Positive im Stich?„, hatte daraufhin Matthias Hinz in einem Kommentar gefragt, während die Stiftung selbst betonte, sie wolle die Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern. Das 132. Bundesweite Positiventreffen hatte hierzu Anfang Juli 2009 eine Resolution verfasst und die Stiftung aufgefordert, die Kürzungen zurück zu nehmen.

Stiftungs-Gründer Rainer Jarchow kommentiert nun in einem Gespräch mit DAH-Vorstandsmitglied Carsten Schatz auf dem DAH-Blog

„Die Konsequenzen dieses Schrittes hat die Stiftung in ihren Veröffentlichungen auch sicherlich etwas verharmlost.“

Er sieht allerdings auch Gründe für die Verlagerung zu Projekt-Finanzierungen, u.a. in veränderter Spendenbereitschaft:

„… wir müssen leider feststellen, dass die Armut von Menschen mit HIV in Deutschland keinen müden Euro aus den Leuten mehr rauslockt.“

Jarchow sieht allerdings selbst auch Probleme bei der Kürzung der Einzelfall-Hilfen für HIV-Positive, und schlägt deswegen vor

„Es stimmt, wir müssen die Stiftungszwecke erfüllen. Deswegen sage ich: Wenn nicht genug Spenden da sind, muss das Stiftungskapital angeknabbert werden.“

Das ganze Interview, in dem sich Rainer Jarchow auch zur Frage der Community-Beteiligung in der Deutschen AIDS-Stiftung äußert, auf dem DAH-Blog:

Diskussion über Einzelfallhilfe: “Wir müssen das Kapital anknabbern”

siehe auch:
alivenkickin 26.07.2009: Deutsche Aids Stiftung – Nicht mehr zeitgemäß?
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Aids-Projekte protestieren gegen Kürzungen und Streichungen bei Mehrbedarf (akt. 3)

Die im Aids-Bereich in Berlin tätigen Organisationen protestieren in einem gemeinsamen Brief an Sozialsenatorin Knake-Werner gegen Kürzungen und Streichungen beim Mehrbedarf bei kostenaufwändigerer Ernährung.

Die Berliner Aids-Projekte fordern die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales in einem Brief auf, „darauf hinzuwirken, den Mehrbedarf für kostenaufwändigere Ernährung allen Menschen, die mit HIV/Aids leben, regelmäßig und in bedarfsgerechter Höhe ab Diagnose zu gewähren.“ Die Streichungen der letzten Monate sollten zurückgenommen werden.

„Seit Anfang 2009 erleben sehr viele HIV-positive Leistungsbeziehende nach dem SGB II und SGB XII eine Streichung des Mehrbedarfs für kostenaufwendigere Ernährung“, erläutern sie die aktuelle Situation.

Dr. Heidi Knake-Werner, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales (Berlin)
Dr. Heidi Knake-Werner, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales (Berlin)

Eine gesunde und vollwertige Ernährung allein mit der im Eckregelsatz gewährten Vollkost sei nicht ausreichend, betonen die Aids-Organisationen. Sie halten sowohl die Kriterien zur Gewährung des Mehrbedarfs, die Höhe des Mehrbedarfs als auch die Berechnungsgrundlagen für ungeeignet, eine gesunde und ausreichende Ernährung bei HIV/Aids zu garantieren.

Am 1. Oktober 2008 hatte der ‚Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.‘ seine ‚Empfehlung zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe‘ herausgegeben. Diese Empfehlungen sind von den Jobcentern und den Sozialämtern in Berlin größtenteils mit der Wirkung zum 01. Januar 2009 übernommen worden und führen bei einem sehr großen Teil der Menschen, die mit HIV/Aids leben, zu einer Streichung des Mehrbedarfs.

Die zuständige Senatsverwaltung hat zwar zugesagt, dass bei Erreichen der neuen Kriterien „eine Krankenkostzulage in Höhe von 10% des Eckregelsatz gewährt [wird). […] Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bleiben die gewährten Krankenkostzulagen in bisheriger Höhe bestehen.“ Diese Zusage sei jedoch für die Bezirke nicht bindend.  Nicht alle Bezirke würden sich nach der Zusage richten. Zudem gelte die Zusage auch nicht für  Arbeitslosengeld-II-Beziehende, kritisieren die Initiativen.

Die Organisationen betonen abschließend, dass die aktuellen Kürzungen nicht nur Menschen mit HIV und Aids betreffen: „Wir können aus unserer fachlichen Kompetenz heraus nur für Menschen mit HIV/Aids sprechen, sind aber der festen Überzeugung, dass die derzeitige Umsetzung der Empfehlungen auch für die anderen verzehrenden Erkrankungen keine zufrieden stellende Ernährungssituation widerspiegelt.“

Die „gemeinsame Erklärung und Forderung“ an die Berliner Senatorin wurde gemeinsam verfasst von den im LABAS Landesverband der Berliner AIDS-Selbsthilfegruppen e.V. zusammengeschlossenen Aids-Organisationen und den bezirklichen Beratungsstellen Berlins.

Nachtrag 26.08.2009: in ihrer Antwort betont Senatorin Knake-Werner, ihr seien „weitere Handlungsmöglichkeiten rechtlich nicht gegeben“. Sie werde sich jedoch auch weiterhin für eine leistungsrechtliche Verbesserung der Situation von Kranken und Pflegebedürftigen im SGB V einsetzen.

weitere Informationen:
Brief des Arbeitskreises der im Aids-Bereich tätigen Institutionen Berlin an Senatorin Knake-Werner (pdf) sowie Gemeinsame Erklärung des Arbeitskreises (pdf)
Antwort Senatorin Knake-Werner vom 23.07.2009 (pdf)
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.: “
Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe“, 1. Oktober 2008 (pdf)
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Positive Interessen und Deutsche AIDS-Stiftung – Resolution

„Positive Interessen und Deutsche AIDS-Stiftung“

Resolution des 132. Bundesweites Positiventreffen

Am 22. Juni 2009 hat die „Deutsche AIDS-Stiftung (DAS)“ ihre Entscheidung mitgeteilt, ab sofort eine neue Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Zukünftig sollen vermehrt Projekte gefördert werden; die Einzelfallhilfen hingegen sollen um über 50% gekürzt werden.

Diese drastischen Kürzungen der „Deutschen AIDS-Stiftung“ werden damit ausgerechnet diejenigen Menschen mit HIV treffen, die ohnehin schon unter oftmals sehr schlechten ökonomischen Bedingungen (z.B niedrige Renten, Hartz IV) leben müssen.
Es ist absehbar, daß sich das angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise in Zukunft noch verschärfen wird.

Das Leben mit HIV ist für viele Betroffene von knappen Mitteln und schleichender Verarmung gekennzeichnet. So sind auch jetzt schon nahezu 80% der bei der „DAS“ Hilfesuchenden Bezieher von staatlichen Sozialeistungen.
Menschen mit HIV in direkter Not zu helfen, ist originäre Kern-Aufgabe der Stiftung.

Wir bedauern sehr, daß die „DAS“ vor ihrer Entscheidung nicht das Gespräch mit den davon Betroffenen gesucht hat, und sich auch nicht mit den Interessenvertretungen von Menschen mit HIV beraten hat.
Wir sehen die dringende Notwendigkeit, daß künftig Menschen mit HIV in die Entscheidungsprozesse der DAS einbezogen werden.

Die „Deutsche AIDS-Stiftung“ ist bisher ein wichtiger Partner und Helfer für Menschen mit HIV in schwierigen Lebenssituationen.
Sie muß es auch weiterhin bleiben!

Wir fordern die Deutsche AIDS-Stiftung daher nachdrücklich auf,

1. die drastische Kürzung der Einzelfallhilfen zurückzunehmen.

2. die Interessenvertretung HIV-Positiver in der Deutschen AIDS-Stiftung zukünftig dadurch sicherzustellen, daß Menschen mit HIV und Aids auf allen Ebenen gleichberechtigt mit Sitz und Stimme in die Entscheidungen der Deutschen AIDS-Stiftung eingebunden werden.

Wir fordern die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) auf,

1. zur Umsetzung dieser Forderungen Verhandlungen mit der DAS zu führen.

2. Die DAH ist ferner aufgefordert, Menschen mit HIV beim Durchsetzen ihrer Interessenvertretung in der DAS zu unterstützen.

Waldschlößchen, 01.07.2009
Die Teilnehmer/innen des 132. Bundesweiten Positiventreffens

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weitere Informationen:
DAH-Blog 02.07.2009: Positive fordern Mitspracherecht bei der Aids-Stiftung
Alivenkickin 02.07.2009: Die Deutsche AIDS Stiftung in der Krise
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HIV-positiv und kein Geld – schlechte Chancen, auch gesundheitlich

Menschen mit HIV, die nur ein niedriges Einkommen verfügbar haben, verfügen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen schlechteren Gesundheitszustand. Was international seit längerem bekannt ist, gilt auch in Deutschland – wie jüngst vorgestellte Daten erneut zeigen.

Menschen mit HIV sind häufig sozial benachteiligt, haben ein höheres Risiko ökonomisch schlechter Lebensbedingungen – und ein hohes Risiko, auch aufgrund des niedrigen Einkommens zusätzlich gesundheitlich schlechter gestellt zu sein. Dies zeigen auch neuere Studiendaten wieder – auch für Deutschland.

Anhand von Daten der HIV-Kohorte des Kompetenznetzes HIV wurde untersucht, in welchem Zusammenhang in Deutschland der ökonomische Status (verfügbares Einkommen) und die gesundheitliche Situation von HIV-Positiven stehen.

Die Autoren stellten anhand der Daten von 2.045 Patienten (die in ihrer Zusammensetzung repräsentativ für die Gesamt-Kohorte waren) fest, dass sowohl der CDC-Status (eine international angewendete Aids-Einteilungs-Skala der US-Gesundheitsbehörden) als auch die Zahl der CD4-Zellen (auch T-Helferzellen genannt) signifikant in Beziehung zum verfügbaren Einkommen stehen: nur 30% der Positiven mit einem verfügbaren Einkommen unter 1.000€ monatlich befanden sich im Stadium A (dem mildesten der Skala), 23,8% im Stadium B und 43% im Stadium C. 60,4% der Positiven in dieser Einkommensgruppe hatten weniger als 200 CD4-Zellen – im Vergleich zu nur 6% bei Positiven mit einem Einkommen über 2.500€.

Die Autoren dieser Studie folgerten, dass der in Deutschland festgestellte deutlich schlechtere Gesundheitszustand bei HIV-Positiven mit niedrigem Einkommen die Ergebnisse anderer Studien zu diesem Thema bestätige. Zudem werde deutlich, dass besonders in dieser Patientengruppe ein großer Bedarf an besserer Therapie und Behandlung bestehe.

Besonders betroffen vom Thema niedriges Einkommen sind HIV-positive Frauen – auch in Deutschland. Eine Befragung des Netzwerks Frauen und Aids (der u.a. aufgrund der geringen Zahl an Teilnehmerinnen (84 auswertbare Fragebögen) leider nur eine begrenzte Aussagekraft zukommt) zeigte, dass 54% der Frauen ihren Lebensunterhalt mit weniger als 1.000€ bestreiten. 25% der Frauen hatten Kinder, die Hälfte davon alleinerziehend. Auffällig seien, so sie Autorinnen, die schlechte Beschäftigungslage sowie schlechte Einkommenssituation der Befragten – trotz überwiegend guter schulischer Ausbildung.

Entsprechend stellt sich auch die Antrags-Situation bei der deutschen AIDS-Stiftung dar: im Jahr 2007 wurden 3.742 Anträge auf Einzelfallhilfe gestellt, die insgesamt 4.269 Personen betrafen. Die Stiftung bewilligte Mittel in Höhe von 1,88 Mio. €, davon gut 50% für Einzelfallhilfen.

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siehe auch:
Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive
Unterlassene Hilfeleistung – Lässt die Aids-Stiftung Positive im Stich?
Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung

weitere Informationen:
Klaus Jansen et al.: „Clinical outcome of HIV-positive patients (PLWHA) having different income status: results of an analysis on basis of the KompNet cohort“, 1. SÖDAK 2009 abstract OSD/5
Gaby Wirz et al.: „HIV und AIDS und Arbeit / Beschäftigung – Situation HIV-positiver Frauen in Deutschland“, 1. SÖDAK 2009 abstract P120
Matthias Stoll et al.: „Optimierung einer zielgerichteten, subsidären Einzelhilfe durch die Deutsche AIDS Stiftung (DAS) durch eine Vernetzung mit Daten aus dem kompetenznetz HIV/AIDS“, 1. SÖDAK 2009 abstract P104(PW)
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Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung

Die Kürzungen der Deutschen Aids-Stiftung im Bereich der Einzelfallhilfen (siehe Artikel Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive sowie Kommentar Matthias Hinz Unterlassene Hilfeleistung – Lässt die Aids-Stiftung Positive im Stich? haben zu vielen Diskussionen geführt.
Im Folgenden als Dokumentation ein Text der Deutschen Aids-Stiftung, um dessen Wiedergabe diese mich gebeten hat:

Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung

Die Deutsche AIDS-Stiftung weist durch ihr Vorstandsmitglied Dr. Ulrich Heide seit Jahren bei bundesweiten Konferenzen auf die sozial und materiell schwierige Lage vieler HIV-positiver Menschen hin. So geschehen unter anderem bei der Bundespositivenversammlung in Leipzig im Juli 2006 oder auf dem Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress in Frankfurt 2007. In dieser Diskussion hat die Stiftung einerseits eine ausreichende soziale Sicherung für dauerhaft arbeitsunfähige HIV-positive Menschen gefordert sowie Betroffene wie AIDS-Hilfen zur politischen Einflussnahme aufgerufen. Seit mindestens vier Jahren hat sie in den genannten Zusammenhängen auf die Gefahr weiterer finanzieller Verschlechterungen für Menschen mit HIV und AIDS hingewiesen, die Transferleistungen erhalten; hier insbesondere auf die Gefahr des Wegfalls von Mehrbedarf. Die AIDS-Stiftung hat ebenfalls seit Jahren darauf hingewiesen, dass sie finanziell überfordert wäre, wenn eine große Zahl HIV-positiver Menschen sich in dauerhaften Notlagen befände und sich mehrfach an die Stiftung wenden müsse. Genau diese Situation gilt aber faktisch seit Jahren: Die Mehrzahl der Antragstellenden befinden sich in einer dauerhaft angespannten finanziellen Situation und nicht in einer einmaligen. Aufgrund ihrer finanziellen Lage und auch unter Hinweis auf die Satzung kann die AIDS-Stiftung individuelle Hilfe aber nur in Härtefällen leisten.

Die Deutsche AIDS-Stiftung ist seit ihrer Gründung 1987 in der Einzelhilfe dafür eingetreten HIV-positiven Menschen ein Mehr an Lebensqualität zu erfüllen, als durch die staatliche Grundsicherung abgedeckt wird. Hinzu kam Einzelhilfe in einmaligen, akuten Notsituationen (Verbesserung der Wohnung, Einrichtungsgegenstände, Erholungsreisen, Übernahme von Energiekosten etc.). Dank der neuen Therapien stieg seit 1996 die Überlebenszeit mit dem Virus. Damit aber auch die Zeit, die HIV-positive Menschen in Armut leben müssen. Die einmaligen Hilfen der Stiftung wurden immer öfter angefordert.

Mit der Möglichkeit der Kombinationstherapie hat sich die Gruppe der HIV-positiven Menschen ausdifferenziert. Einer großen Zahl HIV-Positiver geht es mit den Therapien gesundheitlich besser. Dieses Bild bestimmt die öffentliche Wahrnehmung. Im Verlauf der Therapie nimmt nach unserer Beobachtung und der der AIDS-Hilfen allerdings die Zahl von Nebenwirkungen und ersten Begleiterkrankungen bei HIV-positiven Menschen zu. Dies gilt vor allem für ältere Patienten. Sie können unsere individuellen Hilfsangebote nicht mehr annehmen und benötigen strukturelle Hilfe bzw. müssen Hilfsprojekte wie zum Beispiel begleitete Reisen in Anspruch. Zweitens benötigen vielen betroffene Menschen in Verlauf der Erkrankung medizinische Hilfen und Hilfsmittel, zu denen sie Eigenanteile leisten sollen. Dies ist ihnen oft nicht möglich. Die Antragszahlen und Bewilligungen zu diesen Notlagen sind seit 2004 kontinuierlich gestiegen.

Da in den Medien seit einigen Jahren immer häufiger Experten zitiert werden, die AIDS als chronische Krankheit bezeichnen, mit einer Lebenserwartung der Betroffenen, die fast die normale Lebenserwartung erreicht, wird die Spendeneinwerbung für HIV-positive Menschen in Deutschland immer schwerer. Sowohl unsere Spender wie auch Förderer von Events sprechen sich immer stärker für andere Verwendungszwecke bei den Hilfen aus (Projekte in Deutschland, internationale Hilfen).

Damit sind die materiellen und inhaltlichen Gründe für die veränderten Zielsetzungen der Stiftungshilfen vorgegeben:
(1) Die Stiftung kann nur mit dem Geld helfen, welches ihr von Spenderinnen und Spendern zu freien Zwecken oder Zweckbestimmt für Hilfen in Deutschland gegeben wird. Wenn diese Beträge zurückgehen, kann die Stiftung weniger helfen.
(2) Die Stiftung konzentriert sich mit der Einzelhilfe bei begrenzten Mitteln auf die Notfälle, in denen z.B. mit medizinischen Hilfen unmittelbar Lebensqualität erhalten werden kann. Erholungsreisen müssen in dem Fall leider zurückstehen.
(3) Wenn viele besonders stark von HIV und AIDS betroffene Menschen ihre Lebensqualität eher über Hilfsprojekte erhalten können, wird die Stiftung auch mehr für Hilfsprojekte wie z.B. betreutes Wohnen oder betreute Kranken(gruppen)reisen ausgeben. Diese Menschen sind unter allen HIV-positiven Menschen dann die Bedürftigsten.

Unterlassene Hilfeleistung – Lässt die Aids-Stiftung Positive im Stich?

Die Deutsche AIDS-Stiftung (DAS) hat entschieden, aus Gründen der Effektivität die direkte finanzielle Hilfe für Menschen mit HIV und Aids drastisch einzuschränken, und stattdessen mehr Geld an professionelle Aids-Projekte zu verteilen.
Dazu ein Kommentar von Matthias Hinz:

Man stelle sich vor:
Die Feuerwehr entscheidet sich, künftig keine Menschen mehr aus brennenden Häusern zu retten oder Ertrinkende aus dem Wasser zu holen, weil es zu aufwendig ist, in hunderten kleiner Einzelfälle zu helfen. Effektiver sei es, größere Strukturen zu fördern, z.B. eine Akademie für Rettungsschwimmer zu bauen und Krankenhäuser zu renovieren.
Man kann das als Steigerung der „Effektivität“ bezeichnen. Man kann es aber auch als falsch bezeichnen, da es nicht Aufgabe der Feuerwehr ist, Krankenhäuser zu renovieren. Aufgabe der Feuerwehr ist es, Menschen aus direkter Not zu retten.

Aufgabe der Deutschen Aids-Stiftung (DAS) ist es, Spenden zu sammeln und an HIV-positve Menschen in finanzieller Not weiter zu leiten. Das ist ihr Hauptzweck – nicht sexy, aber notwendig. Eine Nebenaufgabe kann in der Unterstützung von Strukturen und Projekten gesehen werden, wenn diese sich ebenfalls der Notlinderung bei Positiven widmen.

Die Aids-Stiftung ist es jetzt aber offenbar leid, die Feuerwehr zu spielen, sie will lieber größere Strukturen fördern.
Nun kann ich gut verstehen, daß es „langweilig“ ist, das gespendete Geld immer nur weiterzureichen, in den immer gleichen Notlagen die immer gleichen kleinen Löcher zu stopfen. Da will man dann schon mal etwas „Zukunftsträchtiges“ gestalten, dabei helfen, etwas aufzubauen, was vorzeigbar ist. Aber das ist nicht die Aufgabe der DAS, sondern die von Versorgungs- und Betreuungseinrichtungen.
Vorrangige Aufgabe der Aids-Stftung muß die direkte Hilfe für Menschen mit HIV in finanziellen Notlagen bleiben. Diese Hilfeleistung darf sie nicht verweigern. Sie würde sonst ihren Daseinszweck sabotieren und über kurz oder lang ihre Existenz gefährden. (Da die Stiftung kein Selbstzweck ist, wäre es um die Einrichtung an sich nicht schade. Aber der Schaden für die Menschen, die in der Krise erst recht die Hilfe der Stiftung brauchen werden, wäre enorm.)
Die Stiftung denkt, es sei „effektiver“, nur einmal einen großen Scheck für ein Wohnprojekt oder eine Aidshilfe auszustellen, als sich hundertmal dem Kleinklein des alltäglichen Elends zu widmen, und hundert Einzelanträge auf eine Waschmaschine, einen Zuschuß für eine Ostseereise oder Zahnersatz zu prüfen.
Nun kann man sich durchaus darüber streiten, ob es wirklich „effektiver“ ist, mit Hunderttausenden von Euro ein paar Wohnungen für Positive zu bauen, oder mit riesigem Aufwand einige Ein-Euro-Jobs zu schaffen, statt Tausend Positiven in konkreten Notlagen zu helfen.
Der eigentliche Punkt ist aber, daß es nicht die Aufgabe der Deutschen Aids-Stiftung ist – erst recht nicht, wenn große Summen an „Sozialkonzerne“ gehen, die selber erfolgreich ihre Kompetenz im Spendensammeln bewiesen haben – ZiK
[Zuhause im Kiez, d.Hg.-]Berlin oder AH [Aids-Hilfe, d.Hg.] Köln.

Es ist ja durchaus löblich und im Einzelfall nicht unsinnig, kleinere Selbsthilfe-Projekte zu fördern. Aber wer der Öffentlichkeit immer wieder die finanzielle Not von Positiven drastisch vor Augen führt, und die eigene wichtige Rolle bei der Linderung dieser individuellen Nöte betont, wie die Stiftung das mit großem Erfolg tut, der muß mit den so geworbenen Spenden auch tatsächlich diese konkrete Not der Einzelnen lindern, sprich: Einzelfallhilfe leisten.
Wenn aber das öffentlich erzeugte Bild sich nicht (mehr?) mit der tatsächlichen Vergabepraxis decken sollte, dann kann man durchaus von einem Betrug an den SpenderInnen reden – und natürlich von Betrug an denen, in deren Namen die Spenden gesammelt werden. Die Stiftung kann sich eben nicht nach Belieben neue Aufgaben und Schwerpunkte aussuchen.

Wie konnte die DAS überhaupt in die Lage kommen, ihre Kernaufgabe (und damit ihre Daseinsberechtigung) dem Streben nach vermeintlicher Effektivität zu opfern?
Ich glaube, ein wichtiger Grund für diese Fehlentwicklung liegt (neben der als „Professionalisierung“ bekannten Bürokratisierung) darin, daß die Aids-Stiftung zwar die (finanziell) bei weitem größte „Interessenvertretung“ für Positive in diesem Lande ist, daß aber schizophrenerweise innerhalb der Stiftung Positive keinerlei Interessenvertretung haben – dagegen hat sich die DAS immer erfolgreich gewehrt.
Obwohl die Stiftung im Namen von Positiven Spenden sammelt, hat sie bis heute keine Struktur geschaffen, in der Positive entscheidend (oder auch nur beratend!) Einfluß nehmen könnten, z.B. auf die obskuren Vergaberichtlinien.

Getreu dem gönnerhaften Gutsherren-Motto „Wir wissen schon, was gut für euch ist!“ wird Geld verteilt – oder eben auch nicht.
Offenbar mißtraut die Deutsche Aids-Stiftung den Positiven zutiefst: sie könnten vielleicht zu egoistisch sein und das schöne Geld für lauter Jux und Tollerei vergeben wollen. Damit unterschätzt sie die solidarische Vernunft und das Verantwortungsbewußtsein vieler Positiver aber bei weitem.
Da die organisierten Interessenvertreter von Positiven selbst zu einem nicht geringen Teil auf Geld der DAS hoffen (oder gar darauf angewiesen sind), wurde die notwendige Kritik an der Stiftung meist nur kleinlaut vorgetragen (falls überhaupt).
So kommt es, daß die Menschen, für die die Aids-Stiftung eigentlich da ist, bis heute nichts in ihr zu sagen haben.

Aber vielleicht ist die Zeit ja mittlerweile reif.
Was spricht dagegen, durch die Positiven-„Vollversammlung“ (die „Positiven Begegnungen 2010“ in Bielefeld) vier oder fünf Menschen mit HIV auszuwählen, die in diesem Sinne in einem Gremium der Stiftung für zwei Jahre ehrenamtlich mitarbeiten?
Die Stiftung kann dadurch nur gewinnen: zusätzlichen Sachverstand und Kompetenz, und eine Verbesserung ihres lädierten Ansehens unter Positiven. Beides wird auch ihr öffentliches Ansehen heben. Und wenn dann durch höhere Glaubwürdigkeit auch noch die Spendenbereitschaft steigt, ist allen gedient.

Da die Deutsche Aids-Stiftung offenbar nicht in der Lage ist, diese längst überfälligen Schritte zu etwas mehr Transparenz und Mitbestimmung alleine zu gehen, braucht sie dazu wohl Hilfe von außen.
Aidshilfe- und Positiven-Bewegung sollten es nicht unterlassen, ihr diese Hilfe zu gewähren.

Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive

Die Deutsche AIDS-Stiftung will zukünftig ihre Unterstützung für HIV-Positive deutlich reduzieren. Stattdessen sollen vermehrt Projekte unterstützt werden.

Weniger Geld für HIV-Positive, mehr Mittel für Projekte – die Deutsche Aids-Stiftung setzt „neue Schwerpunkte“ in ihrer Arbeit. Dies teilte die Stiftung am 22. Juni 2009 mit.

"Seit 19897 hilft die deutsche AIDS-Stiftung Menschen mit HIV und Aids"
"Seit 19897 hilft die deutsche AIDS-Stiftung Menschen mit HIV und Aids"

„Ziel ist eine noch effektivere Vergabe der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel“, erklärt die Stiftung diese für Menschen mit HIV gravierende Kürzung im Bereich der so genannten Einzelfallhilfen, und konkretisiert, diese Effizienzsteigerung solle erreicht werden

“ etwa durch stärkere Budgetierung der individuellen Hilfen und eine Verlagerung auf Projektangebote in den Bereichen Betreutes Wohnen, Arbeit und Qualifizierung sowie Versorgung, betreute Krankenreisen, Projekte für alleinerziehende Frauen sowie für Migrant/innen. Weiterhin werden auch modellhafte Hilfsprojekte im südlichen Afrika gefördert.“

Die fallweise Unterstützung durch die Deutsche Aids-Stiftung ist bisher für viele Menschen mit HIV und Aids der letzte Rettungsanker, wenn sie in finanziellen Nöten sind: ob Geld für eine Heizkosten-Nachzahlung, die Teilnahme an einem Positiventreffen, eine krankengerechte Matratze oder den notwendigen Zahnersatz, gerade für HIV-Positive, die von Grundsicherung oder HartzIV leben, war dies bisher ohne die Einzelfall-Hilfe der Deutschen Aids-Stiftung nicht leistbar.

Die neue Entwicklung bei der zukünftigen Mittelvergabe trotz gestiegenen Spendenaufkommens  sei auch Folge der internationalen Finanzkrise, so die Stiftung:

„Die Stiftung konnte ihre Nettoerträge aus Spenden und ähnlichen Zuwendungen im Jahr 2008 gegenüber dem Vorjahr zwar um 295.000 € erhöhen, gleichzeitig gingen die Kapitalerträge aber um rund 275.000 € zurück.“

2008 habe sich ein Defizit von 780.000 € aufgrund von Aktien-Abschreibungen ergeben, erläuterte DAS-Geschäftsführer Dr. Ulrich Heide gegenüber Medien.

Bereits Anfang 2009 hatte sich ein Sparkurs bei der Deutschen Aids-Stiftung angekündigt. “Ab sofort und bis auf weiteres [würden] keine Bewilligungen mehr für Reisen” ausgesprochen, teilte die Stiftung bereits im Februar 2009 mit. “Auch bei anderen Antragsgegenständen ist mit deutlichen Reduzierungen in den Bewilligungssummen bzw. einer zurückhaltenden Bewilligungspraxis zu rechnen.”

Die finanzielle Situation vieler Menschen mit HIV und Aids ist schon seit Jahren schlecht, wenn nicht prekär. Ob niedrige Einkommen, niedrige Renten oder Leben von Hartz IV – Leben mit HIV und Aids ist oftmals von knappen Mitteln und schleichender Verarmung gekennzeichnet. „Finanzkrise2 – dieses Wort kennen viele Menschen mit HIV schon seit Jahren.

„Bei HIV und AIDS ist die materielle Not der Betroffenen besonders ausgeprägt“, dies weiß auch die deutsche Aids-Stiftung, die in den vergangenen Jahren immer wiederauf die schwierige Lebenssituation HIV-Positiver hinweist. Zitat weiter: „Es wundert daher nicht, dass 78,5 Prozent der bei der Stiftung Hilfesuchenden ihren Lebensunterhalt durch staatliche Hilfsleistungen (Sozialhilfe/Grundsicherung, Arbeitslosengeld II oder Wohngeld) bestreiten mussten.“

Die als „neue Schwerpunktsetzung“ deklarierte Kürzung der Mittel für Einzelfallhilfen für HIV-Positive, die die deutsche AIDS-Stiftung nun ankündigte, könnte sich nun für viele HIV-Positive als schwerer Schlag erweisen. Was früher schon nur noch mit Hilfe der Stiftung möglich war, steht für sie nun gänzlich in den Sternen.

weitere Informationen:
Deutsche AIDS-Stiftung 22.06.2009: Deutsche AIDS-Stiftung setzt neue Schwerpunkte bei Hilfen
queer.de 22.06.2009: Einsparungen bei deutscher AIDS-Stiftung
DAH-Blog 25.06.2009: Einzelfallhilfe in der Krise
DAH-Blog 24.07.2009: Diskussion über Einzelfallhilfe: “Wir müssen das Kapital anknabbern”
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Forderungskatalog: die nicht-medizinischen Belange HIV-positiver Menschen

Menschen mit HIV haben Bedürfnisse und …, die weit über wirksame Medikamente und gute Therapien hinaus reichen. Englische Organisationen haben nun einen Forderungskatalog veröffentlicht.

Medizinisch gesehen hat sich die Situation von Menschen mit HIV und Aids in den vergangenen 10, 15 Jahren deutlich verbessert, besonders in den Industriestaaten, aber zunehmend auch in weniger entwickelten Staaten.

Doch die Situation von Menschen mit HIV wird nicht nur durch die medizinische Situation, durch Medikamente und Behandlungen bestimmt.

Für viele HIV-Positive ist ihr Leben auch geprägt von Sorgen ob ihrer finanziellen Situation (von Verarmung bis Hartz IV). Andere sorgen sich um ihre Wohnsituation, oder um ihre berufliche Zukunft. Manche haben Probleme, sich adäquat und ihrer Situation entsprechend zu ernähren. Oder leiden unter Problemen mit ihrer psychischen Gesundheit, oder unter sexuellen Problemen.

Der Umfang von nicht-medizinischen Faktoren, die die Lebensbedingungen von Menschen mit HIV beeinträchtigen können, ist groß.

Englische Organisationen aus dem Aids-Bereich wollen dies nun nicht weiter hinnehmen, sondern konzertiert dagegen vorgehen. Ihr erster Schritt: ein gemeinsamer Forderungskatalog, in dem sie die Probleme sichtbar machen und auf 17 Gebieten Ziele benennen:

FRAMEWORK FOR BETTER LIVING WITH HIV IN ENGLAND
FRAMEWORK FOR BETTER LIVING WITH HIV IN ENGLAND

Das „Framework for better Living with HIV in England“ wurde gemeinsam erstellt von mehreren englischen HIV- und Aids-Organisationen: African HIV Policy Network, Black Health Agency, George House Trust, NAM (National Aids Manual), NAT (National Aids Trust) und Positively Women.

Ziel des Forderungskatalogs soll es nach Aussage einer der Initiatorinnen auch sein, eine Vision zu erstellen, auf die zukünftig hingearbeitet werden könne, und so einen Rahmen für einzelnen Aktivitäten abzustecken.

weitere Informationen:
aidsmap 03.06.2009: Meeting the non-medical needs of people with HIV in England: document sets ambitious goals
Framework for better Living with HIV in England (pdf)
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Sparkurs bei der Aids-Stiftung

Die deutsche Aids-Stiftung, die bisher auch in Notlagen zahlreiche Menschen mit HIV und Aids unterstützt, leidet unter deutlich zurück gehendem Spendenaufkommen. Ein Sparkurs mit Reduzierungen und Einschränkungen bei Bewilligungen ist die Folge.

Die Deutsche Aids-Stiftung, 1996 hervorgegangen aus einer Fusion der 1987 gegründeten Deutschen Aids-Stiftung ‚Positiv leben‘ und der ebenfalls 1987 gegründeten Nationalen Aids-Stiftung, ist gerade für finanziell weniger gut gestellte Menschen mit HIV und Aids ein wichtiger, oftmals der einzige Ansprechpartner in finanziellen Notlagen.

Ob Geld für eine Heizkosten-Nachzahlung, die Teilnahme an einem Positiventreffen, eine krankengerechte Matratze oder den notwendigen Zahnersatz, gerade für HIV-Positive, die von Grundsicherung oder HartzIV leben, ist die Einzelfall-Hilfe der Deutschen Aids-Stiftung oftmals der letzte Rettungsanker.

Deutsche Aids-Stiftung
Deutsche Aids-Stiftung

Doch nun kommt die Stiftung selbst in finanzielle Bedrängnis.

„Wir haben leider sehen müssen, dass das freie Spendenaufkommen der Deutschen AIDS-Stiftung im zurückliegenden Jahr deutlich hinter den notwendigen Ergebnissen zur Aufrechterhaltung aller bisherigen Hilfsleistungen zurück geblieben ist“, schrieb die Stiftung Mitte Januar 2009 in einem Brief an alle Aids-Beratungsstellen.

Leider sei auch für 2009 „keine seriöse Prognose über das freie Spendenaufkommen“ möglich, so die Stiftung weiter. Erst im vierten Quartal des Jahres würden wieder (Spendenaufkommen-trächtige) Benefizze stattfinden. Bis dahin müsse die Stiftung daher „mit einem deutlichen Sparkurs auch in der Mittelvergabe auf die unsichere Situation reagieren“.

Was dies für Menschen mit HIV bedeutet, erläutert die Stiftung ebenfalls: „ab sofort und bis auf weiteres [würden] keine Bewilligungen mehr für Reisen“ ausgesprochen. „Auch bei anderen Antragsgegenständen ist mit deutlichen Reduzierungen in den Bewilligungssummen bzw. einer zurückhaltenden Bewilligungspraxis zu rechnen.“

Zudem diskutiere die Stiftung derzeit weitere Einschränkungen, so z.B. „regionale Schwerpunktsetzungen entlang der Zustiftungsentscheidungen der Länder“.

Stiftungen finanzieren üblicherweise einen überwiegenden Teil ihrer Ausgaben aus Zinserträgen des angelegten Stiftungsvermögens (das selbst nicht angetastet werden darf). Ob auch die Deutsche Aids-Stiftung in der Anlage ihres Stiftungsvermögens von Auswirkungen der internationalen Finanzkrise betroffen ist, teilte die Stiftung nicht mit.

Weitere Informationen:
Deutsche Aids-Stiftung
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positiv 2008 – länger leben, aber verarmt?

Die Lebenssituation vieler Menschen mit HIV hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Hierzu trugen und tragen viele Faktoren bei, von der Einführung von Hartz IV über Veränderungen (Verschlechterungen) bei Erwerbsminderungsrenten und sehr niedrigen Rentenerhöhungen in den vergangenen Jahren bis zur Streichung früher bei Sozialhilfe gewährten Mehrbedarfs.

Die Folge: überall in Deutschland lebt ein nennenswerter Anteil der Menschen mit HIV in Armut oder nahe an der Armutsgrenze.

Aus Bremen berichtet jetzt die regionale Ausgabe der taz genaueres über die ökonomische Situation von Menschen mit HIV und Aids im Stadtstaat:

„Als „schwierig“ bezeichnet der Senat die soziale Situation von Aidskranken in Bremen. Probleme mit „ökonomischen Druck und unzureichender Tagesstruktur“ hätten zwar die meisten chronisch Kranken, die mit wenig Geld auskommen müssten, so der Senat in einer Antwort auf eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“. Für Aidskranke beziehungsweise HIV-Positive habe sich aber die Situation in den letzten Jahren wegen der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten verschärft. Die PatientInnen würden heute länger leben bei „relativ stabiler Gesundheit“, so der Senat. Die Folge: „Das Zeitfenster vergrößert sich, in dem die Kranken mit relativ geringem Einkommen leben müssen.““

Klingt das zynisch? Nun leben sie länger, und dann in Armut? Nein, meint der Vertreter der örtlichen Aidshilfe.

„Ein solcher Satz sei nicht zynisch, sondern Realität, sagt Thomas Fenkl von der Aidshilfe Bremen, die seit 2003 keine öffentlichen Mittel mehr bekommt. Viele Betroffene hätten sich sehr jung angesteckt, deshalb hätten sie kaum Rücklagen noch ausreichend Ansprüche aus den Sozialversicherungen erworben.“

(beide Zitate taz Bremen vom 16.10.2008).
Der Bremer Senat hatte geantwortet auf eine Kleine Anfrage  der Fraktion Die Linke ‚Soziale Situation von Menschen mit HIV und Aids‘ vom 1.9.2008 (Text der Anfrage der Fraktion Die Linke hier, der Antwort des Bremer Senats als pdf hier).

In seiner Antwort führt der Bremer Senat weiterhin aus:

„Ökonomischer Druck und unzureichende Tagesstruktur sind für viele PatientInnen ein häufig genanntes Problem. … Die finanziellen Probleme wachsen und werden sehr schnell spürbar …“

Bundesweit liegen leider wenige schlüssige Daten zur Armut bei HIV vor. Die Deutsche Aids-Stiftung, eine der wichtigsten Anlaufstellen Positiver für Unterstützung, berichtet:

„Bei HIV und AIDS ist die materielle Not der Betroffenen besonders ausgeprägt. Dies hat vor allem mit dem Alter – oder besser gesagt mit der Jugend – der Menschen zu tun, die an AIDS erkranken. Die Mehrzahl der HIV-positiven Menschen sind zum Zeitpunkt der AIDS-Diagnose jünger als 40 Jahre. … Die Gesundheitsreform, das Hartz IV-Gesetz und dessen Folgegesetze haben auf die Bezieher von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung negative Auswirkungen.“

In den Anträgen an die Stiftung (DAS) , in denen um Einzelfall-Hilfe ersucht wird, spiegelt sich die verschärfte ökonomische Situation. Seit dem Verabschieden von Gesundheitsreform und Hartz IV steigt die Zahl der Anträge auf Einzelfallhilfe deutlich. Der Abschied von der bedarfsorientierten Nothilfe hat die Situation weiter verschärft.
Erst jüngst beim Meeting ‚HIV kontrovers‘ berichtete die DAS darüber, dass sich aus den Anträgen an die Stiftung geradezu ein Trend ergebe, dass die Stiftung für negative Folgen der Gesundheits- und Sozialreformen einspringen müsse.

Eine Verbesserung, ein Wille zur Änderung scheint derzeit politisch nicht in Sicht.

Im Gegensatz zu Staaten z.B. südlich der Sahara ist Aids in Deutschland keine Erkrankung der Armen. Aber auch hierzulande ist HIV eine Erkrankung, die oft arm macht.
Schon 2002 warnte die deutsche Aids-Stiftung „AIDS wurde aber für etliche Erkrankte zu einer Krankheit, die arm macht. Durch geplante Änderungen am System der sozialen Sicherung könnte sich diese Tendenz noch verstärken.“
Die damals kritisierten Änderungen sind vorgenommen worden. Der „Trend zur Armut“ hat sich verschärft. Es wird Zeit, dass Aidshilfen und Politik sich dieses Themas annehmen.

AIDS und Armut – ein vernachlässigter Zusammenhang!

Im Folgenden als Dokumentation ein Text des ‚Netzwerk plus e.V. – Das bundesweite Netzwerk der Menschen mit HIV und Aids‘ zum Thema Aids und Armut:

Von HIV und Aids betroffen zu sein bedeutet, wie bei kaum einer anderen Infektionskrankheit, ein überdurchschnittliches Risiko, einen wirtschaftlichen Abstieg hinnehmen und von Sozialtransfer-Leistungen leben zu müssen.

Die Mehrzahl der Menschen mit HIV und Aids wird von der Krankheit in jungen Jahren getroffen, in denen Gesunde Vermögen aufbauen und für ihr Alter vorsorgen. Dank der verbesserten Lebenserwartung steigt auch die Zahl älterer Menschen mit HIV und Aids. Viele HIV-Positive werden bis an ihr Lebensende auf Hartz IV oder Grundsicherung angewiesen sein. Die Bemessung dieser Leistungen fällt jedoch immer rigoroser aus, trotz steigender Lebenshaltungskosten und immer neuer Kürzungen im Gesundheitssystem. Die Mehrbedarfszuschläge für Ernährung, Hygiene und Kondome sind – wenn sie denn überhaupt in Anspruch genommen werden – seit über zehn Jahren nicht mehr angehoben worden. Nicht einmal ein Inflationsausgleich wurde vorgenommen.

Angesichts dieser Lage verzichten viele Betroffene schon seit Jahren auf kleine Extras wie eine Reise oder eine besondere Anschaffung. Die überwiegende Mehrheit lebt allein. Zur Armut kommt dann oft noch die soziale Isolation hinzu. Wenige der Betroffenen haben die Energie, für ihre Bedürfnisse mit politischen Forderungen einzutreten.

Es gibt kaum genaue Zahlen darüber, wie stark Menschen mit HIV und Aids von materieller Not betroffen sind, aber sicher ist: Leben mit der HIV-Infektion geht häufig einher mit Armut und sozialer Ausgrenzung. Netzwerk plus erwartet deshalb von der Deutschen AIDS-Hilfe, dass sie sich künftig intensiver mit den wirtschaftlichen Folgen von HIV und Aids für die davon betroffenen Menschen befasst und darauf in der Öffentlichkeit stärker aufmerksam macht. Eine konkrete Hilfe wäre es beispielsweise, die Arbeit der regionalen Aidshilfen zur Linderung von sozialen Notlagen zu erfassen und zu dokumentieren.