New York: Kontroverse um Safer Use

Risiken minimieren, HIV-Infektionen vermeiden – auch beim Drogengebrauch? In New York hat sich eine kontroverse um eine safer use – Kampagne entzündet.

Die Stadtverwaltung von New York legte eine Broschüre für Drogengebraucher/innen auf. Ziel sei es, so die Stadt, Menschen die intravenös Drogen konsumieren zu helfen soweit möglich Schäden zu vermeiden.

In der Broschüre informiert die Stadt unter anderem über gesundheitliche Themen im Zusammenhang mit dem intravenösen Gebrauch von Drogen, auch über HIV und Aids. Und darüber, wie durch Techniken des ’safer use‘, des sichereren Drogenkonsums, gesundheitliche Probleme vermindert, u.a. auch das Risiko einer HIV-Übertragung deutlich reduziert werden kann.

Die Stadt New York (bzw. deren Department of Health and Mental Hygiene) ließ im Rahmen einer größeren Kampagne 70.000 Exemplare der 16-seitigen Broschüre „Take Charge, Take Care – 10 Tips for safer use“ drucken, für insgesamt 32.000$. Sie wurde gezielt bei drogengebrauchenden Menschen verteilt.
Die Broschüre wurde einem Bericht von CNN zufolge bereits 2007 erstellt, gerät aber erst jetzt in die Kritik.

Safer Use - Broschüre der Stadt New York
Safer Use - Broschüre der Stadt New York

Derartige Informationen, um beim Drogengebrauch Risiken zu minimieren, sind im Rahmen von harm reduction international erfolgreich und auch in Deutschland längst akzeptiert. Die Neu-Infektionszahlen mit HIV bei Drogengebraucher/innen wären vermutlich wesentlich höher, gäbe es nicht Kampagnen zu safer use, Spritzentausch und Gesundheitsförderung.

Doch nicht so in den USA. Was selbst UNAIDS empfiehlt, muss nicht in den USA akzeptiert werden, wie die Stadt New York nun merkt: Vertreter der staatlichen Drogenbehörde DEA argumentieren in Medien gegen die Broschüre. Sie hielte niemanden davon ab, Drogen zu konsumieren – die Broschüre sei im Gegenteil eine Art „Gebrauchsanweisung für Drogenkonsum“, so der höchste New Yorker DEA-Vertreter. Die Boulevard-Presse springt bereitwillig auf, mit ‚Argumenten‘ wie ‚Verschwendung von Steuergeldern‘ oder ‚Erziehung zum Heroinspritzen‘, agitiert mit Schlagzeile wie ‚Heroin für Dummies‘.

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg verteidigte die Broschüre; die Gesundheitsverwaltung müsse ein Interesse daran haben, dass bestimmte Dinge die eh stattfinden so gesundheitsverträglich wie möglich erfolgten. Es gebe keinen sicheren Weg, Heroin zu konsumieren, aber es gebe weniger gefährliche Wege bestimmte Dinge zu tun.

Nachtrag: die Broschüre der Stadt New York, einst online als pdf unter der Adresse http://www.nyc.gov/html/doh/downloads/pdf/basas/drug_use_take_care.pdf, ist inzwischen nicht mehr online verfügbar.

32.000 Dollar – wenn diese pragmatische Kampagne geeignet ist, Leben zu retten, Gesundheit zu verbessern, ist dieser Preis geradezu ein Schnäppchen.
Doch – nicht für dogmatische Ideologen.

Das erfolgreiche Konzept harm reduction, zu dem auch safer use – Kampagnen gehören, wird immer noch bekämpft – nicht nur in Russland, auch in den USA. Die Vertreter einer Abstinenz-Politik erheben immer wieder ihre Stimme – einer Abstinenz-Politik auf dem Rücken der Menschen. Einer Abstinenz-Politik, die mit ihrem Dogmatismus Risiko läuft, zusätzliche HIV-Infektionen und gesundheitliche Schäden zu riskieren – allein um der ‚reinen Lehre‘ willen.

weitere Informationen:
Stadtverwaltung New York: drug use – take care (pdf)
New York Post 03.01.2010: Heroin for dummies
CNN 04.01.2010: NYC heroin pamphlet — is it a help or a how-to guide?
Boing Boing 04.01.2010: Guide to shooting smack published by City of New York
POZ 06.01.2010: Safe Injection Pamphlet for New York City Drug Users Raises Controversy
harm reduction coalition: getting off right – a safety manual for injecting drug users (pdf)
Deutsche Aids-Hilfe: Safer Use (Direkt-Link zur online-Bestellung)
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