Rheinland-Pfalz: kündigt Spezial-Klinik HIV-Positivem Behandlungs-Verweigerung an?

Eine Spezial-Klinik in Rheinland-Pfalz kündigt einem HIV-positiven Patienten nach dessen Aussagen an, ihn im Fall eines erforderlich werdenden Eingriffs nicht behandeln zu wollen – aus „arbeitsrechtlichen Gründen“.

Behandlung verweigert aufgrund der HIV-Infektion – nicht möglich, nicht 2010, nicht in Deutschland? Die Realität scheint gelegentlich anders auszusehen. Ein aktueller Fall aus Rheinland-Pfalz wirft viele Fragen auf. Ein vorläufiger Bericht über den Fall aus Sicht des Betroffenen:

Ein HIV-positiver Mann besucht eine Venen-Klinik, um eine Vorsorge-Untersuchung durchführen zu lassen. Seine Venen sind infolge des Lipodystrophie-Syndroms stark hervorgetreten, zudem besteht eine Beschwerde, die abgeklärt werden soll.

Wie im Formular erfragt, gibt er im Aufnahmebogen die eingenommenen Medikamente an (die seiner antiretroviralen Kombi-Therapie). Es erfolgt keine weitere Nachfrage. Bei der Eingangsuntersuchung gibt er zudem an, die Venen seien stark hervorgetreten, vermutlich aufgrund von Lipodystrophie durch HIV-Medikamente. Erst hier wird der untersuchende Arzt hellhörig, fragt nach und bittet, die HIV-Infektion auf der Patientenkarte vermerken zu dürfen. Die Vorsorge-Untersuchung wird durchgeführt.

Bei der Besprechung des Untersuchungsergebnisses allerdings kommt der Klinikleiter hinzu. Ein Termin für die nächste Vorsorge-Untersuchung wird vereinbart – allerdings verbunden mit der Ankündigung, eine etwaig erforderlich werdende Behandlung könne man in der Klinik nicht vornehmen.

Der Patient erfährt vom Ärztlichen Direktor (!) der Klinik

„Wenn bei Ihnen ein Eingriff nötig werden sollte, kann der in unserem Haus aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Sollte sich jemand vom Personal beim Eingriff verletzen, hätten wir die Notfallmedikamente nicht im Haus.“

Die von einem privaten Träger geführte Klinik hat in Vergleichen extrem wenige Behandlungsfehler aufzuweisen, die Komplikationsquote liegt stark unter dem Bundes-Durchschnitt. Die Klinik wirbt explizit mit dieser niedrigen Komplikationsquote.

Der Patient spricht seine Krankenkasse auf den Vorfall an. Diese reagiert sofort. Die Krankenkasse bekommt die Angaben des Patienten vom Assistenzarzt der Klinik mündlich bestätigt und fordert eine kurzfristige schriftliche Äußerung an.
Dem Betroffenen kündigt die Kasse an, das Verhalten der Klinik nicht tolerieren zu wollen. Der Betroffene beabsichtigt, sich zudem an Landes-Ärztekammer und Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft (DKG) zu wenden

Gelegentlich wird die Frage gestellt, ob heute, in Zeiten wirksamer Aids-Medikamente, Menschen mit HIV überhaupt noch große Probleme hätten, sich Diskriminierungen ausgesetzt sähen. Kurze Antwort: Ja – wie dieser Fall wieder einmal beispielhaft zeigt.

Gehen die Uhren an der Mosel anders?, mag man sich zunächst fragen, ist dort 1980, nicht 2010? Aber – ein derartiges Vorgehen schiene nicht nur heute, sondern jederzeit bizarr …

Eine beinahe unfassbare Situation. Arbeitsrechtliche Gründe anzugeben erscheint schon bizarr genug. Die Begründung, man habe die ‚Notfallmedikamente‘ nicht im Haus, ist nicht minder absurd. Schließlich dürften auch in Rheinland, Eifel und anderen Provinzen wirksame Medikamente verfügbar sein – zudem, sollten sie tatsächlich benötigt werden und kein anderer Weg möglich sein, der Patient dürfte sie ja haben.

So erwecken beide Begründungen den Eindruck einer Ausrede, um nicht offen Diskriminierung von HIV-Positiven zugeben zu müssen.

Und eine weitere Frage steht im Raum:
Gerade HIV-Positive werden aufgrund ihres geschwächten Immunsystems hohen Wert auf eine gute und komplikationsfreie Behandlung legen – und auch ihre Kliniken nach entsprechenden Kriterien wählen. Erst jüngst hatte das RKI „Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten“ formuliert (auch wenn diese auf die Spezifika HIV-Infizierter nicht gesondert eingehen).
Wird hier gerade denjenigen Patienten, die am meisten auf eine hochqualitative Behandlung angewiesen sind, genau diese vorenthalten? Und das womöglich gar aus dem Grund, sich nicht mit eher „komplikations-trächtigen Fällen“ die (doch so werbeträchtige) Statistik zu versauen?

Immerhin – in seiner Krankenklasse hat der betroffene Patient derzeit einen kompetenten und engagierten Ansprechpartner gefunden, der sich für ihn einsetzt.

Fortsetzung folgt … hier: Wir operieren Sie selbstverständlich gerne … HIV-Positiver doch als Patient willkommen

3 Gedanken zu „Rheinland-Pfalz: kündigt Spezial-Klinik HIV-Positivem Behandlungs-Verweigerung an?“

  1. @Uli
    Das der betreffende Patient bei seiner KK auf „offene Ohren“ stößt, ist sehr zu begrüßen. Und die Tatsache, das ein Assistentzarzt diesen Sacherverhalt der KK gegenüber bestätigt hat, ist „bemerkenswert“. Falls der Patiente Dir bekannt sein soll und dieser Vorfall noch „frisch“ , dann ist es ratsam ein „Gedächtnisprotokolll“ anzufertigen. Zum einen sind die Eindrücke noch sehr frisch, zum anderen – mit der Zeit verblaßt das eine und das andere. Und es ist auch nicht ausgeschlossen, das der „Assistenzarzt“ möglicherweise ein Black Out aben könnte. Was allerdings schwer fallen dürfte da ja der KK gegenüber seitens des Arztes die Angaben des Patienten bestätigt worden sind.

    Die Argumentation im Ufalls Fall bzgl der Verfügbarkeit der entsprechen PEP Medikamente nun das ist ein Aussage die man besser nicht hätte zum Ausdruck bringen sollen.

    Eine ablehnende Haltung bzgl der Behandlung von HIV Positiven kommt leider immer wieder vor. Inwieweit diese vermehrt in den letzten Jahren auftreten – vermag ich nicht abzuschätzen. Allerdings habe ich einen ähnlichen Fall einer „Verweigerung“ in der Schubalde liegen. Da es sich in diesem Fall um ein schwebendes Verfahren handelt, warte ich noch auf das OK des Betreffenden ihn zu veröffentlichen.

    Unabhängig vom sachverhalt – hier vermisse ich Engagement der Medien. Wenn es sich um Situatione handelt die HIV Positiven zum Nachteil gereichen bzw den Anschein haben, dann stürzen sich die Medien insbesondere der Boulevard auf solche „Geschichten“ wie der Teufel auf die arme Seele. In solch einem Fall hält man es nicht für Notwendig dies auch nur zu erwähnen.

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