„Warum sollte sich ein Kranker für seine Krankheit schämen?“ – erstmals berichtet ein HIV-Positiver in Ägypten

„Heute habe ich die Kraft gefunden, vor Ihnen ohne Angst oder Scham zu stehen und zu sagen: ich bin HIV-positiv. Warum sollte sich ein Kranker für seine Krankheit schämen?“ Mit diesen Worten trat erstmals in Ägypten ein HIV-Positiver an die Öffentlichkeit.

Majid, ein 31jährige Mann aus Alexandria sprach Ende Mai 2011 auf einer Pressekonferenz anlässlich eines ‚Forums zur Bekämpfung von Diskriminierung und Stigmatisierung HIV-Positiver“. Der 31jährige frühere Personal-Manager eines Telekomunikations-Unternehmens ist heute Projekt-Koordinator der ‚Association of Friends of Life‘.

Das Treffen war die erste Zusammenkunft von 14 Organisationen und Gruppierungen in Ägypten zu diesem Thema in Ägypten. Das Forum hatte sich im Jahr zuvor gegründet.

Unter dem Titel „Letters from Egypt – HIV/Aids Testimonials of Stigma and Discrimination“ hat Ashraf Amin, Mitglied des Forums und verantwortlich für den Wissenschafts-Teil der Zeitung ‚Al Ahram‘ jüngst ein Buch veröffentlicht, in dem er Berichte über die Situation HIV-Positiver in Ägypten sammelt.

Diskriminierung und Stigmatisierung stellen tatsächlich die größten Hindernisse auf dem Weg zu einer effizienten Aids-Bekämpfung und HIV-Prävention in Ägypten dar, betont Dr Amani Massoud, stellvertretender Direktor des ‚Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) Right to Health Program‘, gegenüber der Presse:

„The stigma and discrimination associated with HIV/AIDS is, in fact, the biggest obstacle we have in facing the virus and preventing it from spreading.“

Weitere Probleme vieler HIV-Positiver in Ägypten: Selbst-Stigmatisierung und Selbst-Isolierung. Einem Bericht des Forums zufolge fühlen sich 51,6% der ägyptischen HIV-Positiven stigmatisiert, und 66,7% isolieren sich selbst.

Majid bestätigt: Viele HIV-Positive haben Angst, dass ihre Infektion bekannt wird. Oft würden sie sich sogar weigern Medikamente zu nehmen, aus Angst dadurch entdeckt zu werden.

Bis Ende 2009 wurden in Ägypten 3.919 HIV-Infektionen gemeldet, davon 2.920 bei Ägyptern. Ägypten hat auf Ebene der Gesamt-Bevölkerung derzeit eine niedrige HIV-Prävalenz. Die Zahl der HIV-Neudiagnosen steigt (2001 bis 2005: 1.040 Neudiagnosen, 2006 bis 2009 1.255 Fälle). Per Ende 2008 schätzten UNAIDS und die WHO die Zahl der insgesamt in Ägypten mit HIV infizierten Menschen auf zwischen 7.100 und 19.000.

Das Regime des inzwischen gestützten Präsidenten Mubarak bedeutete für HIV-Positive Verfolgung und Gewalt. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder (insbesondere 2007/2008) zu Verfolgung und Verhaftung von HIV-Positiven. Gesetze und Regelungen, die zur Kriminalisierung Homosexueller eingeführt wurde, werden auch zur Verfolgung von HIV-Positiven instrumentalisiert.

.

weitere Informationen:
egypt.com 01.06.2011: Egypts Unwanted: HIV/AIDS carriers
allvoices.com 02.06.2011: Top 10 Stories On AIDS in Egypt

al jazeera 09.06.2011: Breaking the silence on HIV in Egypt
.

[via forumhiv]