Wonnegau: Zahnarzt-Praxis lehnt HIV-Positiven ab ? (akt.)

Osthofen – eine Stadt in Wonnegau nahe Mainz. Eine Zahnarzt-Praxis soll sich geweigert haben, einen HIV-Positiven als Patient anzunehmen. Die Uniklinik Mainz könne ihm doch weiterhelfen.

Ein 38jähriger Wormser benötigt Zahnersatz, vereinbart einen Termin mit einer Praxis in Osthofen. Er wird gebeten, einen ‚zahnärztlichen Fragebogen‘ auszufüllen. Die dort enthaltene Frage nach einer HIV-Infektion beantwortet er gegenüber der Praxishelferin wahrheitsgemäß mit ‚ja‘. Ihre direkte Reaktion, nach seiner Darstellung: in diesem Fall könne man ihn als Patienten nicht annehmen – er könne sich ja an die Uniklinik im nahen Mainz wenden.

Die Landeszahnärztekammer nimmt zu dem Vorfall gegenüber der Lokalpresse Stellung – das „gehöre sich nicht“ und entspräche „nicht der Berufsordnung“. Falls der Patient Schmerzen gehabt habe, habe es sich zudem um unterlassene Hilfeleistung gehandelt, betont Dr. Rainer Lehnen von der Landeszahnärztekammer.

Die Landesärztekammer hingegen betont gegenüber der Lokalpresse, es könne „auch weitere Ausnahmen geben“.

Immer wieder werden von Menschen mit HIV Fälle berichtet, in denen Zahnärzte die Behandlung verweigern oder die Behandlung in Randzeiten verlegen, z.B. mit der Begründung eines erhöhten Hygieneaufwands.

Demgegenüber hatte das Robert-Koch-Institut erst im September 2010 in einer Stellungnahme zur Behandlung HIV-Positiver beim Zahnarzt erneut betont, dass “nach Behandlung eines Patienten mit HIV-Infektion … die routinemäßig erforderlichen Hygienemaßnahmen” genügen. Im Oktober 2010 hatten die beiden Aids-Gesellschaften dagnä und DAIG betont, bei der Behandlung HIV-Infizierter beim Zahnarzt gelten keine über Standardhygiene hinaus gehenden hygienischen Anforderungen.

Der Wormser HIV-Positive hat inzwischen einen Zahnarzt gefunden, der ihn behandelt und mit dem er zufrieden ist.

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Aktualisierung
20.07.2011, 09:40
: Der betreffende Zahnarzt hat nach erstem Schweigen nach Angaben der ‚Wormser Zeitung‘ geäußert, ihm sei der Vorgang unerklärlich. Er lehne niemanden ab, es müsse sich um eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ gehandelt haben. Die Praxishelferin habe dem HIV-positiven Patienten einen Termin in den abendlichen Randzeiten anbieten wollen, da man dann „die Hygiene besser einhalten“ könne.
Der betreffende HIV-Positive hält an seiner Version fest.

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weitere Informationen:
Wormser Zeitung 18.07.2011: Osthofener Zahnarzt lehnt HIV-positiven Patienten ab – Unterlassene Hilfeleistung?
Wormser Zeitung 20.07.2011: Osthofener Zahnarzt: Noch keinen Patienten wegen HIV-Infektion abgewiesen
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4 Gedanken zu „Wonnegau: Zahnarzt-Praxis lehnt HIV-Positiven ab ? (akt.)“

  1. Es ist höchste Zeit das nach einer Verweigerung wie im obigen Fall geschildert wie auch nach einer solchen Aussage „Die Landesärztekammer hingegen betont gegenüber der Lokalpresse, es könne “auch weitere Ausnahmen geben” eine Anzeige erstattet, mit dem Ziel eines Prozess ins Auge gefaßt werden muß.

    Die als Ausnahmen definiertne und eine Verweigerung begründeten Situationen sind und bleiben „Stigmatisierung und Diskriminierung von menschen mit HIV. Es braucht wenig Hirn und keinen Menschenverstand um Gründe als Rechtfertigung für eine Verweigerung einer Behandlung als Recht zu definieren und manifestieren. Das beweist die Geschichte – das beweist unserer Gegenwart.

  2. Wieder mal ein Fall der bestätigt, dass es besser ist seinen HIV-Status zu verheimliche. Wieder einmal ein Schlag derer die sich nicht scheuen offen mit HIV zu leben. Solche Beispiele geben denen die versteckt mit HIV leben Rückendeckung. Aber gerade deswegen ist es wichtig solche Fälle immer wieder in die Öffentlichkeit zu bringen. Dabei sollte man sich auch nicht vor der Presse scheuen.
    Muss man wirklich immer gleich nach dem Gericht rufen? Wie es den Anschein hat ja. Sonst kommt wohl nie Bewegung in diesen Bereich der Ärzteschaft.
    Es ist schlicht ein Skandal, das Hygiene Empfehlungen des RKI, dagna und DAIG in den Zahnarztpraxen noch immer nicht angekommen sind. Das der Zahnarzt dann versucht ab zu wiegeln und behauptet der Patient hätte da etwas falsch verstanden ist purer Eigenschutz, nichts anderes. Soll man als HIV+ jedes mal einen Zeugen mitnehmen wenn man plant einen neuen Arzt auf zu suchen um auch einen Rückhalt für eine Klage zu haben?
    Dann bleibt die Frage: Ist es dem Einzelnen eine Klage wert? Wer geht schon zu einem Arzt bei dem er erst die Behandlung ein geklagt hat. Dazu kommen Prozessdauer, Anwalt und Gerichtskosten. Über nehmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten einer solchen Klage?

  3. @Diego

    Es ist in der Tat mit viel Streß, Arbeit und möglicherweise auch Kosten verbunden. Es ist ein wie ich finde dennoch sinnvoller Weg den es an der Zeit ist zu beschreiten. Eben weil es nicht mehr nur „Ausnahmen“ sind. Es gibt genügend Untersuchungen – Ergebnisse. So können die meisten AIDS Hilfen dir Adressen von Ärzten geben die mit HIV kein problem haben. Toll sagt sich da mancher. Schaut man aber mal genauer hin so sind es von 100 % vielleicht 20 % Ärzte die kein Problem mit uns haben. Und das nach 30 Jahren HIV in Deutschland. Das ist schlichtweg eine Schande.

    Mittlerweile sind wir auch Medial gut vernetzt. Ich denke es ist an der Zeit das wir uns unsere Vernetzung bedienen, das wir anfangen mal nach unseren Spielregeln zu spielen . . .

  4. Lass sie nach unseren Spielregeln spielen. Stellen wir jeden einzelnen an den medialen Pranger. Machen wir die Namen der Ärzte öffentlich. Ich möchte nur wissen mit welchen Klagen wir dann von der Ärzteschaft überschüttet werden.
    Aber es ist schon richtig wir müssen die Vernetzung und mediale Macht ausnutzen. Stellen wir die 20% die mit uns keine Probleme haben positiv heraus und nutzen Ärztebeurteilungsportale für unsere Zwecke.
    Leider trauen sich die meisten nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.

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