Die französische Sozialistischer Partei wird nicht von Bertrand Delanoë geführt. Nach turbulenten Diskussionen zog er seine Kandidatur zurück. Am Donnerstag entscheidet nun die Basis zwischen den verbliebenen drei Kandidaten.
Auf ihrem 75. Parteitag, der vom 14. bis 16.11.2008 in Reims stattfand, wollten sich die französischen Sozialisten am Donnerstag, 20. November auf einen neuen Parteivorsitz einigen. Und konnten doch keine Einigung finden – nun entscheidet die Basis am 20.11.2008.
Für Nachfolge für den nicht mehr kandidierenden Francois Hollande gab es zahlreiche Interessenten und Kandidaten, darunter Martine Aubry (Bürgermeisterin von Lille), Ségolène Royal, Benoît Hamon sowie ursprünglich Bertrand Delanoë (Bürgermeister von Paris). Sie alle wollten die Sozialisten in die nächsten Präsidentschaftswahlen gegen Nikolas Sarkozy im Jahr 2012 führen.
Und es gab Streit, reichlich Streit. Vor allem um sie, um Ségolène Royal. Royal, die 2007 zwar achtbare Wahlergebnisse erzielte, aber die Präsidentschaftswahl im Mai 2007 doch deutlich gegen Nikolas Sarkozy verlor, zog Widerspruch und Proteste nicht nur des Partei-Establishments auf sich – obwohl sie bei einer Probe-Abstimmung der Parteimitglieder klar vorne lag.
Nach streitreichen Debatten war letztlich am Wochenende nur eines klar – Delanoë kandidiert nicht mehr. Am Donnerstag muss die Basis entscheiden – 233.000 Parteimitglieder haben dann die Wahl zwischen Royal, Aubry und Hamon. Delanoë rief unterdessen doch zur Unterstützung von Aubry auf.
Bertrand Delanoë, Bürgermeister von Paris, stellt sich selbst als ‚linken Reformer‘ und Pro-Europäer vor. Erst im vergangenen März war Delanoë deutlich als Pariser Bürgermeister wiedergewählt worden.
Der 58jährige Delanoë ist als Politiker seit November 1998 offen schwul. Damals erwähnte er seine Homosexualität in einer französischen Fernsehshow auf ‚M6‘- und brach eines der unausgesprochenen Gesetze, nämlich dass das Privatleben eines Politikers privat bleiben solle. Freunde hätten ihm von einem Coming-Out abgeraten, erzählte er 2004 in seiner Autobiographie ‚La vie, passionnément‘, aber ihm sei wichtig gewesen, selbst mit einem kleinen Schritt dazu beizutragen, dass andere weniger Last der Heimlichtuerei zu tragen hätten.
Delanoë ist selbst nicht in der Schwulenbewegung aktiv. In der Zeit seiner Bürgermeisterschaft wurde die finanzielle Unterstützung für das Pariser Schwulen- und Lesbenzentrum sowie einige Schwulen- und Lesben- sowie Aids-Aktions-Gruppen der Stadt deutlich erhöht. Er verfasste das Vorwort zum von Louis-George Tin herausgegebenen ‚dictionnaire de l’homophobie‘.
Delanoë, der betont er verstehe sich als Sozialist und Liberaler, unterstützt Forderungen nach gleichen Rechten für Schwule und Lesben, einer Homo-Ehe sowie einem Adoptionsrecht für Homosexuelle.
2001 wurde Delanoë als erster Sozialist zum Bürgermeister von Paris gewählt. Am 5. Oktober 2002 war er Ziel eines homophoben Angriffs – während einer Kulturveranstaltung (‚Nuit blanche‘), deren Ehrenvorsitz er hatte, wurde er durch einen Messerstich im Bauchraum verletzt und verbrachte zwei Wochen im Krankenhaus. Der Täter wurde von der Polizei verhaftet; er bekannte er hasse Schwule.
Im August 2008 hatte Delanoë in einem Gespräch mit Le Monde angekündigt, er wolle sich als Parteivorsitzender der Sozialisten zur Wahl stellen.
Nachtrag 25.11.2008: mit 102 Stimmen Vorsprung zur ‚Siegerin‘ erklärt: Martine Aubry