US-Einreise- Bestimmungen: massive Kritik

Die von der Bush-Regierung vorgeschlagenen neuen Einreisebestimmungen für HIV-Positive sind auf massive Kritik gestoßen.

Seit 1993 (Jesse-Helms-Act) ist die Einreise in die USA für Menschen mit HIV und Aids äußerst restriktiv geregelt – die bisher immer noch geltenden Regelungen kommen fast einem de facto Einreiseverbot gleich. Trotz zahlreicher internationaler Proteste waren bisher alle US-Regierungen bei diesen Regelungen geblieben.

Ende 2006 hatte dann etwas überraschend die Bush-Regierung eine Änderung der Einreise-Bestimmungen angekündigt. Erst vor kurzem waren dann Entwürfe für diese Neuregelung seitens des DHS (Department of Homeland Security) veröffentlicht worden.

Die Vorschläge erhielten schnell Kritik von Seiten zahlreicher Aids-Aktivisten. Bis zum 6. Dezember standen die Vorschläge für die Neu-Regelung im Internet zur Diskussion. Und es hagelte weitere Kritik.

Die International Aids Society (Ausrichterin u.a. der Welt-Aids-Konferenzen und bekannt für eine dezidierte Haltung in Sachen Reise-Restriktionen für Menschen mit HIV und Aids) betonte in ihrer Stellungnahme, die neue Regelung sei unverändert äußerst diskriminierend und fördere eine Politik, die weder in Wissenschaft, Medizin noch öffentlicher Gesundheit fundiert sei (pdfs mit Stellungnahmen hier und hier). Die neuen Vorschläge würden nur eine alte diskriminierende Politik verstärken.
Die IAS hatte bereits nach der Konferenz von 1990 in San Francisco beschlossen, keine weiteren Welt-Aids-Konferenzen mehr in den USA stattfinden zu lassen, solange die restriktiven Einreisebestimmungen des Hellms-Act bestehen.

Aber auch zahlreiche andere Organisationen und Fach-Gesellschaften kritisierten die Vorschläge für eine Neu-Regelung. So betonte die hiv medicine association, hiermit werde eine schlechte Regelung noch schlechter gemacht. Und Dr. Paul Volberding, Medizinischer Direktor des VA Medical Center in San Francisco, stellte klar, dass zwar US-Bürger auch mit HIV in fast alle Staaten der Welt reisen könnten, die USA selbst aber Schranken errichteten. Elemente der neuen Regelung würde er als ‚lachhaft‘ bezeichnen, wenn es nicht so traurig wäre. Die ursprünglich angekündigte Vereinfachung der Regelung sie dieser Entwurf nicht.

Das DHS verteidigte den Entwurf.

Aktivisten betonten, diese Bestimmungen seien völlig kontraproduktiv. Nur 13 Staaten auf der Welt hätten ähnlich restriktive Einreisebestimmungen wie die USA. Erst jüngst hatte China angekündigt, selbst von heimkehrenden Staatsbürgern einen HIV-Test zu verlangen, wenn sie sich länger als ein Jahr im Ausland aufgehalten haben.

weitere Informationen:
USA: Kritik an neuen Einreise-Regelungen für HIV-Positive
Ändern USA HIV-Einreiseverbot?
aktualisierte Übersicht über Reise- und Einreisebestimmungen nach Staaten
die Einreisebestimmungs-Übersicht auch als pdf-Download auf hiv-wechselwirkungen.de

18 Gedanken zu „US-Einreise- Bestimmungen: massive Kritik“

  1. Wie ist das denn nun mit der geplanten Abfrage der sexuellen Orientierung? Ich habe dazu nichts Eindeutiges gefunden. Mal heißt es, es würde danach gefragt, mal heißt es, es würde irgend etwas zum Sexualverhalten gespeichert, dann wieder, es solle sich um Daten handeln, die Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung ermöglichen. Weiß jemand genaues?

  2. @ Stefan:
    ich weiss leider zu dem thema welche daten weitergegeben werden auch nichts neues 🙁 hast du ansatzpunkte für ne recherche?

  3. O je, da ist wohl einiges an mir vorbei gelaufen…. Die geplante Neuregelung der Einreisebestimmungen in Bezug auf HIV/AIDS hat nichts mit der demnächst erweitert vorzunehmenden Datenübermittlung durch die Fluggesellschaften zu tun. Die sexuelle Orientierung wird danach nicht standardmäßig abgefragt. Geregelt ist in der Vereinbarung zwischen EU und USA, was mit Daten zu geschehen hat, aus denen sich Rückschlüsse auf das Sexualleben ergeben können.

    vgl

    http://www.bmi.bund.de/Internet/Content/Common/Anlagen/Gesetze/Entwurf__PNR2007,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Entwurf_PNR2007.pdf

    und diese Übersicht mit Abkürzungserläuterungen

    http://www.tagesschau.de/ausland/meldung8686.html

    I’m sorry for any inconvenience my query may have caused.

    LG,

    Stefan

  4. @ Stefan:

    du bist ein fleissiger recherchierer, wenn ich mir diese anmerkung erlauben darf.
    klar hat das eine (fluggastdaten-weitergabe) mit dem anderen (evtl neue hiv-einreisebestimmungen) nichts zu tun

    dennoch hab ich bei den weitergegebenen informationen so meine bedenken … ganz einfach zb – wenn unter punkt 10 bei reisebüro „gay travel homo cologne“ stünde, ob das glpcklich macht bei der einreise? oder wenn dort vielleicht durch einen dummen fehler gar „aidfshilfe reisebüro“ stünde? nur so spekulationen … und dann diese person vielleicht auch noch neben einer weiteren person sitzt, die auch ähnlich seltsame fluggastdaten hat?
    sicher, das sind worst-case-spekulationen … aber warum sollte man es nicht für möglich halten?

    vor allem aber: die angebliche schutzbestimmungen bei daten zur sexuelle orientierung der person – da steht (s.12), dass das DHS die Daten automatisch herausfiltert und nicht nutzt. soll man das glauben? die haben daten, die sie im zweifelsfall nicht nutzen? wer will das kontrollieren? warum werden die dann überhaupt übermittelt?

    sicher, die vorkehrungen sind verbessert – dennoch ist mir nicht klar, warum daten übermittelt werden müssen, die evtl rückschluss auf das sexualleben einer person zulassen. m.e ist da vorsicht angeraten …

    lg ulli

  5. Ich wollte auch keineswegs Entwarnung geben. Ich bin nur erstmal beruhigt, weil das umher wabernde Gerücht, es würde nach der sexuellen Orientierung gefragt, falsch ist (und das hätte ich schon viel früher und viel leichter heraus finden können).

    Aber was kann passieren? Zunächst einmal muss die Information ’schwul‘ in den Computer gelangen. Dass kann natürlich, zB über den Reisebüronamen passieren. Oder Mann äußert beim Buchen oder Einchecken den Wunsch, nur von einem gutaussehenden Flugbegleiter bedient zu werden, weil Mann schwul sei, und das wird dann als besonderer Service-Wunsch gespeichert. Und dann? Ich glaube nicht, dass bei DHS/TSA einfach so Schwule anders behandeln werden, als andere Passagiere. Ich habe mich gestern, bei meiner verzweifelten Suche nach Infos zum Thema, ein wenig auf den Seiten von DHS und TSA umgeschaut, und da wird an jeder Stelle betont, wie wichtig Anti-Diskriminierung sei und dass man Diskriminierung weder durch/gegenüber Mitarbeiter noch durch/gegenüber ‚Kunden‘ hinnehme. Die USA sind ja nun auch kein Land, dass durch staatliche Schwulenverfolgung aktuell von sich reden macht. Insofern gehe ich davon aus, dass noch etwas hinzutreten muss, bevor das DHS sich für die sexuelle Orientierung der Fluggäste interessiert. Es könnte, ich halte das zwar für abwegig, sich herausstellen, das Terroristen vorzugsweise schwul sind. Oder, schon naheliegender, es könnte sich herausstellen, das schwule Männer eventuelle HIV-Infektionen verschweigen, um nicht den Einreisebeschränkungen zu unterliegen (alles Konjunktiv!). Und dann hätte die TSA einen Grund, schwule Passagiere bei der Einreise besonders zu kontrollieren. Abgesehen von dieser an sich schon sehr problematischen Sonderbehandlung wird es dann schwierig, wenn Mann HIV+ ist und dieses nicht angegeben hat. Es zeigt sich damit aber auch, dass das Kernproblem in der idiotischen Einreiseregelung (alte wie beabsichtigte neue Regelung) für HIVpositive Menschen liegt.

    Ganz generell zeigt sich hier mal wieder, das unter dem Deckmäntelchen der Terrorismusbekämpfung Daten erhoben werden, die ganz leicht auch für andere Zwecke verwendet werden können (diesmal kein Konjunktiv).

    Wie schnell Servicewünsche zu Spezialbehandlungen führen, habe ich in diesem Jahr in NY erlebt. Beim Flug nach Deutschland wollten ich und mein Freund wegen der Körpergröße desselben (ich stehe halt auf große Männer ;)) an einem Notausgang des Flugzeugs sitzen. Dieser Wunsch führte sofort dazu, dass wir eine verschärfte Sicherheitskontrolle über uns ergehen lassen mussten. Aber das war ganz unterhaltsam. Es führte nicht nur zur Vertiefung der Sprachkenntnisse, aber nicht meiner, sondern der des Sicherheitspersonals – die stellen da manchmal Leute hin, das ist unglaublich – und erweiterte mein Wissen über forensische Sprengstoffspurensuche. Und es war eine wunderbare Demonstration der Sinnlosigkeit solcher Sonderbehandlungen. Denn derjenige, der etwas zu verbergen hat, verhält sich unauffällig und äußert keine Sonderwünsche.

  6. @ Stefan:
    ich sehe du verstehst, warum ich bei dhs und datenübermittlungen so meine vorsichtigen bedenken habe …
    zudem kommt hinzu, dass bei der geplanten neuen hiv-einreiseregelung viel in die obliegenheit der us-einreisebehörde (bzw. zuständigen botschafts-abteilung) gestellt werden soll, bei der man/frau das visum beantragt. da ist dann einerseits viel lokale willkür denkbar, andererseits auch die frage, was denn mit den dort erhobenen daten geschieht. wer da angibt, er sei hiv-positiv, ich vermute der sollte besser nicht glauben die daten würden anschließend direkt wieder gelöscht …
    spannendes thema, das sich weiter zu beobachten lohnt …
    lg

  7. Hm, klar wird es Willkürentscheidungen geben. Gib‘ den Menschen ein bisschen Macht über andere Menschen, um sie werden diese Macht zur Befriedigung niederer Instinkte mißbrauchen.

    Aber gerade in den USA ist immer wieder zu beobachten, dass die Gerichte (und an guten Tagen auch die Medien) solche Willkürentscheidungen nicht mitmachen. Hin und wieder blitzen die alten amerikanischen Werte, die heute republikanisch verdeckt und eingenebelt sind, endrucksvoll wieder auf.

    Vielleicht empfiehlt es sich, den us-amerikansichen Zielflughafen mit Bedacht auszuwählen.

  8. @ Stefan:
    stimmt, hin und wieder …
    nebenbei, diese werte, die da ja aufblitzen, sind m.e. gerade ‚republikanische‘ werte (nicht parteipolitisch gedacht, sondern im sinne werte einer republik). schade dass diese werte derzeit dermaßen von einigen politikern verdeckt (beschmutzt?) werden

    was die idee mit den zielflughäfen angeht – früher funktionierte das ganz gut, jfk galt als kritisch, newark hingegen weniger, miami und chicago galten als eher easygoing …
    aber das ist auch lange her … seit dhs für vieles zuständig ist, soll sich da (in sachen dieser regionalen unterschiede) einiges zum schlechtern verändert haben

  9. @ Stefan:

    oops- dann hab ich dich völlig mißverstanden, ich dachte du meinst den (früher sehr unterschiedlichen) umgang von us-flughäfen mit den einreisebestimmungen …

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