IQWIG: Pharma-krititischer Chef wird gegangen (akt.2)

Zukünftig mehr Pharmanähe gewünscht? Der Vertrag des bisherigen Chefs des Medikamenten-Prüfinstituts IQWIG, Prof. Sawicki, wird nicht verlängert.

2004 wurde es gegründet, das ‚Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen‘ IQWIG. Seit seiner Gründung Direktor des Instituts: Prof. Dr. Peter Sawicki (52).Das IQWIG ist nach eigenem Bekunden „ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.“

In den vergangenen fünf Jahren erwarb das Institut sich einen Ruf als unabhängiger „Medikamenten-TÜV“ und Pharma-Kontrolleur. Das Institut ging gegen ‚Pseudoinnovationen‘ vor und untersuchte kritisch, ob neue kostenintensive Medikamente auch mit erweitertem medizinischen Nutzen für die Patienten verbunden sind. Basis war die ‚evidenzbasierte Medizin‘ – ein Medikament muss in klinischen Studien am Menschen beweisen, dass es besser ist als bereits erhältliche Arzneimittel. Immer wieder ging das IQWIG auch gegen das Verschweigen von Studien-Daten vor.

Das IQWIG und Sawicki waren seit Beginn der Arbeit deutlicher Kritik ausgesetzt – seitens der Pharmaindustrie, aufgrund der kritischen Haltung gegenüber Arzneimittelherstellern.

Prof. Peter Sawicki, bisher Leiter des IQWIG (Foto: IQWIG)
Prof. Peter Sawicki, bisher Leiter des IQWIG (Foto: IQWIG)

Vorstand und Stiftungsrat des IQWIG beschlossen jetzt am Freitag, 22. Januar 2010, dass Sawickis Vertrag Ende August 2010 ausläuft und nicht verlängert wird. Ab September wird das Institut unter neuer Leitung stehen.

Sawickis Kündigung erfolgte, so Presseberichte, auf Druck von Medizinvertretern (Vertreter der Ärzteschaft und Deutsche Krankenhausgesellschaft) und mit Billigung von Gesundheitsminister Rösler. Patientenvertreter sind in die Entscheidungsgremien des IQWIG nicht eingebunden.
Als offizieller Grund für die Kündigung werden Ungereimtheiten bei der Abrechnung von Dienstwagen-Kosten angegeben. Experten gehen jedoch davon aus, das die Entlassung eher politisch motiviert sein dürfte, der wahre Grund eher in Sawickis kritischer Haltung gegenüber der Pharmaindustrie liege.

Rösler und die FDP hatten bereits seit längerem deutliche Kritik an Sawicki geäußert. Rösers Staatssekretär Stefan Kapferer sitzt im Vorstand des IQWIG.

Erst vor wenigen Monaten hatten die Bundesländer (damals mit Beteiligung Röslers als niedersächsischer Wirtschaftsminister) gefordert, Sawicki müsse auch „die Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere der heimischen pharmazeutischen Unternehmen“ als Kriterium in die Arbeit seines Instituts einbeziehen – ein Ansinnen, das Sawicki weit von sich gewiesen haben dürfte.

Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und FDP festgelegt

„Die Arbeit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) werden wir auch unter dem Gesichtspunkt stringenter, transparenter Verfahren überprüfen und damit die Akzeptanz von Entscheidungen für Patientinnen und Patienten, Leistungserbringer und Hersteller verbessern.“

SpON kommentiert dazu: „Minister Rösler sieht die Aufgabe des IQWiG offenbar darin, den Pillenabsatz in Deutschland anzukurbeln, und das sollte allen Patienten zu denken geben, wenn ihnen der Doktor beim nächsten Mal ein Medikament verordnet.“

Als neuer Chef des IQWIG ist einem Bericht des ‚Stern‘ zufolge Leo Hansen von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Gespräch.

Nachtrag 24.01.2010: Bundesgesundheitsminister Rösler kündigte unterdessen gegenüber SpON an, die Stellung des IQWIG im Gesundheitswesen solle zukünftig gestärkt werden.

Eine Pharma-kritische Stimme an wichtiger Position ist mundtot gemacht. Ein weiteres Lehrstück von Klientel-Politik à la FDP. Pharmaindustrie und Ärzteschaft werden sich freue. Für Patient/innen und Verbraucher hingegen dürfte der Rückzug Sawickis und die Stärkung der Interessen der Pharmalobby nichts Gutes bedeuten. Nicht nur, dass eine kritische Bewertung der Sicherheit und Nutzen von Arzneimitteln geschwächt wird – auch die Kosten im Gesundheitswesen dürften durch den Beschluss und seine Folgen nicht gerade nach unten tendieren.

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weitere Informationen:
SZ 22.01.2010: Sawicki – Dorn im Auge der Industrie: Pharmawächter muss gehen
SpON 22.01.2010: IQWiG-Chef Sawicki – Vorstand entlässt Institutsleiter
SpON 23.01.2010: FDP-Gesundheitspolitik – Triumph der Lobbykratie
SpON 24.01.2010: Kriselndes Gesundheitssystem – Rösler will Arzneikosten gesundschrumpfen
SpON 15.03.2010: Affären – Operation Hippokrates
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Behandlungs-Pauschale für HIV-Positive beschlossen

Die Spitzenverbände der Ärzte und der Krankenkassen haben sich auf neue Abrechnungs-Modalitäten für HIV-Patienten geeinigt.

Ärzte erhalten nach einer entsprechenden Änderung des EBM zukünftig festgelegte Beträge für die Behandlung von HIV-positiven Patientinnen und Patienten.

Laut Meldung der Ärztezeitung

„wird vom 1. Juli [2009, d.Verf.] an  ein neuer Abschnitt 30.10 [Ziffer 30 = spezielle Versorgungsbereiche, d.Verf.] für Leistungen der spezialisierten Versorgung HIV-infizierter Patienten in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen. Darunter fällt unter anderem eine Zusatzpauschale für die qualitätsgesicherte Behandlung von HIV-Patienten in Höhe von 45,50 Euro.“

Für antiretroviral behandelte Patienten können zukünftig weitere 30,63€ abgerechnet werden. Für HIOV-assoziierte Erkrankungen oder Ko-Infektionen wurde ebenfalls eine Regelung gefunden.

Mit der Neu-Regelung, die vor allem finanzielle Sicherheit für HIV-Schwerpunktpraxen bedeutet, ist nun erstmals auch eine bundeseinheitlich gültige Regelung gefunden. Bis 2008 hatten die Bundesländer (bzw. KVen) unterschiedliche, teils auch keine Sonder-Regelungen für die Behandlung von HIV-Patienten.

weitere Informationen:

Ärzteblatt 18.06.2009: HIV/Aids: Ärzte und Kassen einigen sich auf einheitliche Behandlungsstandards
Presseportal 18.06.2009: GKV-Spitzenverband und KBV sind sich einig
Qualifizierte ärztliche Betreuung von Menschen mit HIV/Aids bundesweit geregelt
DAH-Blog 19.06.2009: HIV-Ärzte erhalten Fallpauschalen
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Zukünftige Honorierung der Versorgung von HIV-Patienten

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ab 1. April 2009 die Versorgung von HIV-Patienten neu gesichert ist. Sie soll über eine spezielle neue Position im EBM abgerechnet werden können.

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erkundigte sich in einer Kleinen Anfrage (16/11122) im Dezember 2008 nach der künftigen Honorierung von Ärzten, die HIV- und Aids-Patienten behandeln

Am 14.01.2009 wurde die Antwort der Bundesregierung publik. Der Bundestag / Parlamentskorrespondenz betont „Die Bundesregierung unterstützt die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen auf Bundesebene in dem Bemühen, die ambulante Versorgung von HIV/AIDS-Patienten in Schwerpunktpraxen künftig durch bundeseinheitliche Regelungen mit Wirkung ab April 2009 besonders zu fördern.“

Auf dem Welt-Aids-Tags-Empfang der Deutschen Aids-Hilfe am 13.11.2008 hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt betont (Video Rede Ulla Schmidt), die Versorgung HIV-Positiver würde sich nicht verschlechtern.

Die Bundesregierung betont nun in ihrer Antwort, die Zusage „gründet sich auf entsprechende Zusagen der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen auf Bundesebene“.

Die Bundesregierung begrüße „die Einigung der Partner im Bewertungsausschuß, mit Wirkung ab 1. April 2009 einen neuen Abschnitt mit speziellen Gebührenpositionen zur Versorgung von HIV/Aids-Patienten in den EBM aufzunehmen“. Sie gehe davon aus, dass entsprechende Regelungen zum 1. April 2009 in Kraft treten.

In einer Anlage berichtet die Bundesregierung (auf Basis einer Zusammenstellung der KBV Kassenärztlichen Bundesvereinigung) detailliert über die Situation bisheriger Verträge in den einzelnen Bundesländern sowie etwaige Übergangsregelungen für das erste Quartal 2009.

weitere Informationen:
Zukünftige Honorierung der Versorgung von HIV-Patienten
Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage
Drucksache 16/11345
elektronische Vorab-Fassung als pdf hier

Grüne fragen nach Honorierung von HIV-Schwerpunkt-Ärzten

Nach der künftigen Honorierung von Ärzten, die HIV- und Aids-Patienten behandeln, erkundigt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (16/11122).

Hintergrund ist laut Anfrage die Zusicherung der Bundesregierung, die Patienten hätten trotz der Umstellung der Arzthonorare auf den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM 2008) ab 2009 keine Einschränkungen bei der Behandlung zu befürchten.

Auf dem Welt-Aids-Tags-Empfang der Deutschen Aids-Hilfe am 13.11.2008 hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt betont (Video Rede Ulla Schmidt), die Versorgung HIV-Positiver würde sich nicht verschlechtern.

Kleine Anfrage der Fraktion Die Grünen (16/11122, vorläufige elektronische Fassung) als pdf hier