Die Kürzungen der Deutschen Aids-Stiftung im Bereich der Einzelfallhilfen (siehe Artikel Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive sowie Kommentar Matthias Hinz Unterlassene Hilfeleistung – Lässt die Aids-Stiftung Positive im Stich? haben zu vielen Diskussionen geführt.
Im Folgenden als Dokumentation ein Text der Deutschen Aids-Stiftung, um dessen Wiedergabe diese mich gebeten hat:
Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung
Die Deutsche AIDS-Stiftung weist durch ihr Vorstandsmitglied Dr. Ulrich Heide seit Jahren bei bundesweiten Konferenzen auf die sozial und materiell schwierige Lage vieler HIV-positiver Menschen hin. So geschehen unter anderem bei der Bundespositivenversammlung in Leipzig im Juli 2006 oder auf dem Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress in Frankfurt 2007. In dieser Diskussion hat die Stiftung einerseits eine ausreichende soziale Sicherung für dauerhaft arbeitsunfähige HIV-positive Menschen gefordert sowie Betroffene wie AIDS-Hilfen zur politischen Einflussnahme aufgerufen. Seit mindestens vier Jahren hat sie in den genannten Zusammenhängen auf die Gefahr weiterer finanzieller Verschlechterungen für Menschen mit HIV und AIDS hingewiesen, die Transferleistungen erhalten; hier insbesondere auf die Gefahr des Wegfalls von Mehrbedarf. Die AIDS-Stiftung hat ebenfalls seit Jahren darauf hingewiesen, dass sie finanziell überfordert wäre, wenn eine große Zahl HIV-positiver Menschen sich in dauerhaften Notlagen befände und sich mehrfach an die Stiftung wenden müsse. Genau diese Situation gilt aber faktisch seit Jahren: Die Mehrzahl der Antragstellenden befinden sich in einer dauerhaft angespannten finanziellen Situation und nicht in einer einmaligen. Aufgrund ihrer finanziellen Lage und auch unter Hinweis auf die Satzung kann die AIDS-Stiftung individuelle Hilfe aber nur in Härtefällen leisten.
Die Deutsche AIDS-Stiftung ist seit ihrer Gründung 1987 in der Einzelhilfe dafür eingetreten HIV-positiven Menschen ein Mehr an Lebensqualität zu erfüllen, als durch die staatliche Grundsicherung abgedeckt wird. Hinzu kam Einzelhilfe in einmaligen, akuten Notsituationen (Verbesserung der Wohnung, Einrichtungsgegenstände, Erholungsreisen, Übernahme von Energiekosten etc.). Dank der neuen Therapien stieg seit 1996 die Überlebenszeit mit dem Virus. Damit aber auch die Zeit, die HIV-positive Menschen in Armut leben müssen. Die einmaligen Hilfen der Stiftung wurden immer öfter angefordert.
Mit der Möglichkeit der Kombinationstherapie hat sich die Gruppe der HIV-positiven Menschen ausdifferenziert. Einer großen Zahl HIV-Positiver geht es mit den Therapien gesundheitlich besser. Dieses Bild bestimmt die öffentliche Wahrnehmung. Im Verlauf der Therapie nimmt nach unserer Beobachtung und der der AIDS-Hilfen allerdings die Zahl von Nebenwirkungen und ersten Begleiterkrankungen bei HIV-positiven Menschen zu. Dies gilt vor allem für ältere Patienten. Sie können unsere individuellen Hilfsangebote nicht mehr annehmen und benötigen strukturelle Hilfe bzw. müssen Hilfsprojekte wie zum Beispiel begleitete Reisen in Anspruch. Zweitens benötigen vielen betroffene Menschen in Verlauf der Erkrankung medizinische Hilfen und Hilfsmittel, zu denen sie Eigenanteile leisten sollen. Dies ist ihnen oft nicht möglich. Die Antragszahlen und Bewilligungen zu diesen Notlagen sind seit 2004 kontinuierlich gestiegen.
Da in den Medien seit einigen Jahren immer häufiger Experten zitiert werden, die AIDS als chronische Krankheit bezeichnen, mit einer Lebenserwartung der Betroffenen, die fast die normale Lebenserwartung erreicht, wird die Spendeneinwerbung für HIV-positive Menschen in Deutschland immer schwerer. Sowohl unsere Spender wie auch Förderer von Events sprechen sich immer stärker für andere Verwendungszwecke bei den Hilfen aus (Projekte in Deutschland, internationale Hilfen).
Damit sind die materiellen und inhaltlichen Gründe für die veränderten Zielsetzungen der Stiftungshilfen vorgegeben:
(1) Die Stiftung kann nur mit dem Geld helfen, welches ihr von Spenderinnen und Spendern zu freien Zwecken oder Zweckbestimmt für Hilfen in Deutschland gegeben wird. Wenn diese Beträge zurückgehen, kann die Stiftung weniger helfen.
(2) Die Stiftung konzentriert sich mit der Einzelhilfe bei begrenzten Mitteln auf die Notfälle, in denen z.B. mit medizinischen Hilfen unmittelbar Lebensqualität erhalten werden kann. Erholungsreisen müssen in dem Fall leider zurückstehen.
(3) Wenn viele besonders stark von HIV und AIDS betroffene Menschen ihre Lebensqualität eher über Hilfsprojekte erhalten können, wird die Stiftung auch mehr für Hilfsprojekte wie z.B. betreutes Wohnen oder betreute Kranken(gruppen)reisen ausgeben. Diese Menschen sind unter allen HIV-positiven Menschen dann die Bedürftigsten.
„Die Deutsche AIDS-Stiftung ist seit ihrer Gründung 1987 in der Einzelhilfe dafür eingetreten HIV-positiven Menschen ein Mehr an Lebensqualität zu erfüllen, als durch die staatliche Grundsicherung abgedeckt wird.“
Und genau aus dieser Einzelhilfe zieht sich die DAS jetzt heraus.
„Die Mehrzahl der Antragstellenden befinden sich in einer dauerhaft angespannten finanziellen Situation und nicht in einer einmaligen. Aufgrund ihrer finanziellen Lage und auch unter Hinweis auf die Satzung kann die AIDS-Stiftung individuelle Hilfe aber nur in Härtefällen leisten.“
RICHTIG – DIESE Situation wie es die DAS bezeichnet, ist politisch gewollt, ist das Ergebnis einer politischen Entscheidung: Kürzungen im sozialen Bereich die im SGB II durch Leistungsstreichung ihren Niederschlag finden.
Seit HARTZ IV werden Leistungen wie z.b. Strom und Heizungskosten Nachzahlungen nicht mehr von den Sozialämtern übernommen. Zuzahlungen zu Zahnersatz, eine neue Brille und mögliche Reparaturen für eine defekte Waschmaschine sind gestrichen da dies alles im Regelsatz enthalten ist. Hygienezuschläge sind als Mehrbedarf gestrichen worden und „können“ wenn überhaupt dann nur noch im Einzelfall auf Antrag des behandelnten HIV Facharztes gewährt werden.
„Da muß man sich eben vom monatlichen überwiesenen Regelsatz etwas für solche Notfälle schlechte Zeiten zurücklegen“.
Es geht nicht um Reisen sondern um die Bewältigung des ganz normalen alltäglichen Alltages von HIV positiven Menschen die auf finanzielle Mittel in Höhe von Hartz IV oder ALG 2 angewiesen sind und Tagein Tagaus ihr Leben zu bewätigen versuchen, damit leben müssen. Das ist politische Realität – politischer gewollter Alltag.
Wenn meine Waschmaschine heute kaput ist dann kann ich keine Wäsche mehr waschen sondern muß den nächsten Waschsalon aufsuchen. Nebenwirkungen der Medis bzw HIV bedingt es das dieser Gang mehr als nur beschwerlich wenn nicht gar unmöglich ist.
Strom – Heizkostennachzahlungen die heute nicht mehr übernommen werden bedingen das HIV Positive – falls die Bank da mitspielt – ihr Konto gegen Wucherzinsen überziehen müssen und das ja auch wieder ausgeglichen werden muß, was zur Folge har das man im nächsten Monat noch weniger Geld zur Verfügung hat. Selbst das simple Besohlen von Schuhen wird zu einem Problem da dieses Geld dann für Lebensmittel fehlt.
Was zum Teufel hat also die hier beschriebene Ursache mit der Situation dem Alltag wie viele HIV Positive leben müssen mit der Entscheidung der DAS zu tun, die sich aus der Einzelfallhilfe rauszieht und ihr Engagement verlagert? Die DAS bestimmt wofür sie ihr Geld ausgeben will und möchte.
„Wenn viele besonders stark von HIV und AIDS betroffene Menschen ihre Lebensqualität eher über Hilfsprojekte erhalten können, wird die Stiftung auch mehr für Hilfsprojekte wie z.B. betreutes Wohnen oder betreute Kranken(gruppen)reisen ausgeben. Diese Menschen sind unter allen HIV-positiven Menschen dann die Bedürftigsten.“
Das heißt dann im Kartext: Lieber HIV Positiver. Wir sehen das es Dir schlecht geht, aber halte durch bis genügend Wohnprojekte bezugsfertig sind. Dann empfangen wir Dich mit offenen Armen – dann hat Deine Not ein Ende. Hier unsere Projekte über die Du dich schon mal freuen kannst. Du wirst sehen – die Freude wird deine Löcher in deinen Schuhen überdecken, deinen Hunger den Du ab dem 20. eines jeden Monats hast wird sich in Luft auflösen.
9 Appartements im Jean-Claude-Letist-Haus in Köln-Weidenpesch – Grundsteinlegung im Juli 2009
9 Personen im Wohnprojekt Günter-Fischer-Haus in Essen
23 Personen in einem Projekt in der Reichenberger Straße Berlin
Also halte durch . . . und denke daran AUCH DU kannst einer der 41 Glücklichen Bewohner in unseren Projekten sein. Die restlichen zig Tausend HIV Positiven die von und mit HARZT IV leben müssen haben unser Mitgefühl. Also haltet durch und beißt Eure nicht vorhandenen Zähne zusammen.
Wir werden Euch ein ehrenhaftes Andenken bewahren.
Soviel Zynismus ist kaum noch zu übertreffen.
@alivenkickn
gut getroffen.
eine perspektive möchte ich anfügen:
weil heute ein bild von aids und menschen mit hiv/ads gezeichnet wird, das wahrscheinlich der realität einer großen anzahl (nicht aller) menschen mit hiv/aids entspricht, bekommt die stiftung keine spenden mehr. die ursache nicht sein, dass sich eventuell auch die wahrnehmung vom spender/innen verändert hat und mit einer ansprache über drama sich niemand mehr ernst genommen fühlt? mich erschüttert, wie apodiktisch diese weltsicht vorgetragen wird.
ich meine, ein vermitteltes bild, das reale probleme zeichnet und nachvollziehbar macht, ist für viele leute auch heute immer noch wert, zu spenden. und die gesellschaftlichen probleme vieler menschen mit hiv/aids werden von der stiftung gut beschrieben. armut, ausgrenzung auch isolation.
p.s. schön, dass die stiftung jetzt über ondamaris mit menschen mit hiv redet. da ist noch mehr drin…. 🙂