Lange Zeit wurden in Südafrika hochwirksame Aids-Medikamente verteufelt und zahlreichen Positiven vorenthalten. Eine Politik, die mindestens 330.000 Südafrikaner mit dem Leben bezahlten, so eine Publikation von Harvard-Forschern.
Der Preis ist hoch, den eine verfehlte Aids-Politik fordert. Am Beispiel der südafrikanischen Aids-Politik der Jahre 2000 bis 2005 haben Forscher die Ausmaße der tragischen Konsequenzen der Aids-Leugner zu quantifizieren versucht: 330.000 Tote.
Die im Dezember 2009 verstorbene ehemalige Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang war während ihrer Amtszeit als Gesundheitsministerin (1999 – 2008) höchst umstritten. In ihrer Zeit fiel Südafrika im Kampf gegen Aids weit zurück. Wegen ihrer seltsamen Aussagen zu HIV und Aids wurde Manto Tshabalala-Msmimang auch “Dr. Rote Beete” genannt – sie hatte jahrelang von antiretroviraler Therapie gegen HIV abgeraten und stattdessen jahrelang Zitronensaft, Olivenöl, Knoblauch und Rote Beete empfohlen.
Wirksame Medikamente gegen HIV hielt sie für ‘Teufelszeug des Westens’. Die Folge: hunderttausende Positive in Südafrika erhielten keinen oder nur sehr schwer Zugang zu wirksamer antiretroviraler Therapie. Und HIV-positiven Schwangeren wurde auf Weisung der Regierung die Möglichkeit der Medikamenten-Einnahme zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung (teils trotz unentgeltlich zur Verfügung gestellter Medikamente) vorenthalten. Erst Gerichtsklagen konnten eine Veränderung dieser Haltung erzwingen.
Für Hunderttausende Aids-Tote in Südafrika trage sie die Verantwortung, warfen ihr Kritiker nicht nur von TAC vor. Manto Tshabalala-Msmimang stand dabei für eine Reihe von Aids-Leugnern, die die südafrikanische Aids-Politik jahrelang prägten – mit Wissen, jahrelanger Billigung und Unterstützung des damaligen (1999 – 2008) Staatspräsidenten Thabo Mbeki. Mbeki selbst hatte 2000 eine Kommission eingesetzt zur Klärung der Frage, ob HIV überhaupt die Ursache von Aids sei – und in diese Kommission den wohl bekanntesten Aids-Leugner Peter Duisberg berufen.
Diese Politik der Aids-Leugner forderte einen hohen Tribut: zwischen 2000 und 2005 starben 330.000 Südafrikanerinnen und Südafrikaner vorzeitig an den Folgen von Aids, und ca. 30.000 Kinder wurden mit HIV infiziert (bereits 2008 waren zwei Untersuchungen zu ähnlichen Zahlen gekommen, s.u.). Diese Zahlen publizierten Pride Chigwedere und M. Essex von der Harvard School of Public Health in der Fachzeitschrift „AIDS and Behaviour“ (online-Vorab-Veröffentlichung, s.u.):
„Factoring in the efficacy of ARVs, we concluded that from 2000 to 2005 at least 330,000 South Africans died prematurely and 35,000 babies were infected with HIV as a result of Mbeki’s policies.“
Die Autoren analysieren in ihrem Bericht (der eine Reaktion auf Kritiken von Aids-Leugnern an ihrem ersten Bericht darstellt) ausführlich die Thesen der Aids-Leugner, gehen dezidiert auf die Frage ein, ob HIV Aids verursache, analysieren intensiv ob antiretrovirale Medikamente zur Behandlung der HIV-Infektion sowie zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung sinnvoll und wirksam sind, und betrachten erst darauf basierend die Bevölkerungs-Entwicklung sowie die Zahl der Aids-Toten. Sie kommen letztlich zu dem Resümee
„When AIDS denialism enters public health practice, the consequences are tragic“,
fragen aber auch nach der Verantwortlichkeit – ist solche Politik kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Wer trägt die Verantwortung? Wer wird zur Rechenschaft gezogen?
Danke an Udo für den Hinweis!
weitere Informationen:
Pride Chigwedere, M. Essex: „AIDS Denialism and Public Health Practice“, online-Vorab-Veröffentlichung in … am 08.01.2010 (pdf), auch online bei natap
Science Daily 19.01.2010: More Proof That Withholding HIV Treatments Led to Thousands of Deaths in South Africa
Chigwedere P, Seage GR 3rd, Gruskin S, Lee TH, Essex M.: Estimating the Lost Benefits of Antiretroviral Drug Use in South Africa. J Acquir Immune Defic Syndr. 2008 Oct 16 (abstract)
Nicoli Nattrass: AIDS and the Scientific Governance of Medicine in Post-Apartheid South Africa. African Affairs 2008 107(427):157-176 (abstract)
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