„Der Nachweis, dass AIDS von HIV-1 oder HIV-2 verursacht wird, ist klar, erschöpfend und eindeutig“ – mit diesem zentralen Satz stelle im Jahr 2000 die Durban Declaration klar, dass HIV die Ursache von Aids ist – und die Thesen der so genannten ‚Aids-Leugner‘ keine Grundlage haben. „Es ist ein Unglück, dass eine Handvoll lautstarker Protagonisten nicht müde wird, die Beweise zu bestreiten. Diese Position wird unzählige Menschenleben kosten.“
Die ‚Durban Declaration‘, entworfen von einer Arbeitsgruppe aus über 250 Wissenschaftlern, wurde am 6. Juli 2000 im Wissenschaftsmagazin ‚Nature‘ erstveröffentlicht. Über 5000 Personen unterzeichneten die Erklärung, darunter 11 Nobelpreisträger sowie die Direktoren oder Präsidenten internationaler Forschungs- Organisationen wie der National Academy of Science (USA), der britischen Academy of Medical Sciences, das Institute Pasteur, oder die Max-Planck-Institute. Wissenschaftler aus der Pharmaindustrie waren an Entstehen und Unterzeichnung der Durban Declaration nicht beteiligt.
Als Dokumentation die „Durban Declaration“, entstanden anlässlich der 13. Internationalen Aids-Konferenz, die im Juli 2000 in Durban / Südafrika stattfand:
Deklaration von Durban
Siebzehn Jahre nach der Entdeckung des menschlichen Immunschwäche-Virus HIV treffen sich Tausende von Menschen aus der ganzen Welt in Durban, Südafrika, um an der 13. Internationalen Aids-Konferenz teilzunehmen.
Zum Beginn des neuen Jahrtausends leben weltweit schätzungsweise 34,3 Millionen Menschen mit HIV oder Aids, davon 24,5 Millionen in Afrika südlich der Sahara (1). Allein im letzten Jahr sind 2,8 Millionen Menschen an Aids gestorben. Das ist die höchste Rate seit dem Ausbruch der Epidemie.
Wenn der aktuelle Trend sich fortsetzt, werden Süd- und Südostasien, Südamerika sowie Gebiete der früheren Sowjetunion in den nächsten zwei Jahrzehnten eine schwere Last zu tragen haben.
Aids verbreitet sich wie viele andere Krankheiten, die wie Tuberkulose und Malaria besonders in unterprivilegierten und verarmten Gemeinschaften zu Siechtum und Tod führen, durch Infektion.
Bei HIV-1, das für die AIDS-Pandemie verantwortlich ist, handelt es sich um ein Retrovirus, das in enger Beziehung zu einem Affen-Immunschwächevirus (SIV) steht, das Schimpansen infiziert.
HIV-2, das in Westafrika prävalent ist und sich bis nach Europa und Indien ausgebreitet hat, ist kaum zu unterscheiden von einem SIV, das Schwarze Mangaben infiziert.
Obwohl HIV-1 und HIV-2 zunächst als Zoonosen in Erscheinung traten (2), d.h. Infektionen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden, verbreiten sich beide heute unter Menschen durch sexuellen Kontakt, von der Mutter auf das Kind und über kontaminiertes Blut.
Ein tierische Quelle für eine Infektion ist keine Besonderheit von HIV. Ratten brachten die Pest und Vögel die Grippe. Das neue Nipah-Virus in Südostasien erreichte den Menschen über das Schwein.
Fälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Großbritannien waren identisch mit dem ‚Rinderwahnsinn‘.
Als HIV erst einmal im Menschen war, passte es sich bald an dessen Gewohnheit und Mobilität an. Wie viele andere Viren auch kennt HIV keine sozialen, politischen oder geografischen Grenzen.
Der Nachweis, dass AIDS von HIV-1 oder HIV-2 verursacht wird, ist klar, erschöpfend und eindeutig und entspricht höchsten wissenschaftlichen Standards (3-7). Die Daten erfüllen genau die gleichen Kriterien wie die über andere Viruserkrankungen wie Polio, Masern und Pocken:
- Patienten mit dem erworbenen Immunschwäche-Syndrom sind unabhängig davon, wo sie leben, mit HIV infiziert (3-7).
- Unbehandelt zeigen die meisten Menschen mit einer HIV- Infektion innerhalb von 5-10 Jahren Zeichen von Aids (6, 7). Der Nachweis von HIV im Blut erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern, von Gen-Sequenzen oder durch eine Isolierung von Viren. Diese Tests sind genauso zuverlässig wie beliebige, zum Nachweis anderer Virus-Infektionen angewendete Tests
- Personen, die HIV-kontaminiertes Blut bzw. Blutprodukte erhalten, bilden Aids aus, während dies bei Personen, die nicht verseuchtes bzw. kontrolliertes Blut erhalten, nicht der Fall ist (6).
- Die meisten Kinder, die Aids ausbilden, wurden von HIV-infizierten Müttern geboren. Je höher die Viruslast in der Mutter, desto größer ist das Risiko für das Kind, infiziert zu werden (8).
- Im Labor infiziert HIV genau die Art von weißen Blutzellen (CD4-Lymphozyten), die sich bei Menschen mit Aids erschöpft (3-5).
- Medikamente, die die Replikation von HIV im Reagenzglas hemmen, reduzieren auch die Viruslast im Menschen und halten das Fortschreiten der Infektion zu Aids auf. Die Behandlung hat dort, wo sie verfügbar ist, die Aids-Sterblichkeit um mehr als 80% reduziert (9).
- Affen, denen geklonte SIV-DNA injiziert wurde, infizierten sich und bildeten Aids aus (10).
Weitere unwiderlegbare Daten sind verfügbar (4). HIV verursacht Aids (5). Es ist ein Unglück, dass eine Handvoll lautstarker Protagonisten nicht müde wird, die Beweise zu bestreiten. Diese Position wird unzählige Menschenleben kosten.
In verschiedenen Regionen der Welt kann HIV/Aids veränderte Ausbreitungsmuster und Symptome aufweisen. In Afrika beispielsweise ist die Wahrscheinlichkeit für mit HIV infizierte Personen, innerhalb von 5 Jahren zu sterben, elfmal so hoch wie bei nicht infizierten Personen (7), und das Risiko, ein Kaposi-Sarkom auszubilden, d.h. eine Krebsart, die in Beziehung zu einem anderen Virus steht, ist bei ihnen sogar 100-mal höher (11).
Wie bei anderen chronischen Infektionen ist das Erkrankungsrisiko von verschiedenen Faktoren abhängig. Unterernährte oder ältere Menschen, die bereits an anderen Infektionen leiden, neigen dazu, anfälliger für eine schnelle Ausbildung von Aids als Folge einer HIV-Infektion zu sein. Keiner dieser Faktoren schmälert jedoch die wissenschaftlichen Beweise, dass HIV die alleinige Ursache der Aids-Epidemie ist.
In dieser globalen Krise muss der Verhütung von HIV-Infektionen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit im Weltmaßstab oberste Priorität eingeräumt werden. Das Wissen und die Mittel, Infektionen zu verhüten, stehen zur Verfügung. Der sexuellen Weiterverbreitung von HIV kann durch wechselseitige Monogamie, Abstinenz oder durch die Verwendung von Kondomen Einhalt geboten werden. Einer Übertragung durch Blut kann durch das Screening von Blutprodukten und durch Einweg-Nadeln vorgebeugt werden. Eine Übertragung von der Mutter auf das Kind lässt sich durch eine Kurzzeit-Therapie mit antiviralen Medikamenten um die Hälfte oder sogar mehr reduzieren (12, 13).
Begrenzte Ressourcen und die erdrückende Last der Armut in vielen Teilen der Welt bilden für die Beherrschung der HIV-Infektion gewaltige Probleme. Bereits infizierten Menschen kann durch eine Behandlung mit lebensrettenden Medikamenten geholfen werden, doch die hohen Kosten dieser Medikamente lassen sie für den größten Teil der Welt unerschwinglich werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, neue antivirale Medikamente zu entwickeln, die leichter einzunehmen sind, weniger Nebenwirkungen haben und wesentlich kostengünstiger sind, so dass Millionen von Menschen in ihren Genuss kommen können.
Es gibt viele Methoden, die entscheidenden Informationen über HIV/Aids zu vermitteln, und was sich in einem Land am besten bewährt, kann in einem anderen völlig ungeeignet sein. Doch um die Krankheit zu bezwingen, muss jeder zuerst einmal verstehen, dass HIV der Feind ist.
Forschung und keine Mythen werden zur Entwicklung von effektiveren und billigeren Behandlungsmethoden und, so bleibt zu hoffen, eines Impfstoffs führen. Einstweilen muss der Schwerpunkt jedoch auf die Verhinderung der sexuellen Übertragung gelegt werden.
Ein Ende der Aids-Pandemie ist nicht in Sicht. Indem wir zusammenarbeiten, haben wir jedoch die Kraft, sie zurückzudrängen.
Die Wissenschaft wird eines Tages über Aids triumphieren, so wie sie auch die Pocken besiegt hat. Die Eindämmung der Weiterverbreitung von HIV ist der erste Schritt dazu. Bis dahin müssen Vernunft, Solidarität, politischer Wille und Mut unsere Partner sein.
Quellennachweis
1. UNAIDS. AIDS epidemic update. Dezember 1999. www.unaids.org/hivaidsinfo/documents.html
2. Hahn, B. H., Shaw, G. M., De Cock, K. M., Sharp, P. M. (2000). AIDS as a zoonosis: scientific and public health implications. Science, 287, 607-614.
3. Weiss R.A und Jaffe, H.W. (1990). Duesberg, HIV and AIDS. Nature, 345, 659-660.
4. NIAID (1996). HIV as the cause of AIDS. www.niaid.nih.gov/spotlight/hiv00/default.html
5. O’Brien, S.J. und Goedert, J.J. (1996). HIV causes AIDS: Koch’s postulates fulfilled. Current Opinion in Immunology, 8, 613-618.
6. Darby, S.C. et al., (1995). Mortality before and after HIV infection in the complete UK population of haemophiliacs. Nature, 377, 79-82.
7. Nunn, A.J. et al., (1997). Mortality associated with HIV-1 infection over five years in a rural Ugandan population: cohort study. BMJ, 315, 767-771.
8. Sperling, R. S. et al., (1996). Maternal viral load, zidovudine treatment, and the risk of transmission of human immunodeficiency virus type 1 from mother to infant. N. Engl. J. Med. 335, 1678-80.
9. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). HIV/AIDS Surveillance Report 1999; 11, 1-44.
10. Liska, V. et al., (1999). Viremia and AIDS in rhesus macaques after intramuscular inoculation of plasmid DNA encoding full-length SIVmac239. AIDS Research & Human Retroviruses, 15, 445-450.
11. Sitas, F. et al., (1999). Antibodies against human herpesvirus 8 in black South African patients with cancer. N. Engl. J. Med., 340, 1863-1871.
12. Shaffer, N. et al., (1999). Short course zidovudine for perinatal HIV-1 transmission in Bangkok Thailand: a randomised controlled trial. Lancet, 353, 773-780.
13. Guay, L. A. et al., (1999). Intrapartum and neonatal single-dose nevirapine compared with zidovudine for prevention of mother-to-child transmission of HIV-1 in Kampala, Uganda: HIVNET 012
randomised trial. Lancet, 354, 795-802.
.
siehe auch Original-Text Nature 06.07.2000: The Durban Declaration