Kurz notiert … Dezember 2011

29. Dezember 2011: Ärzte im US-Bundesstaat Maryland haben eine erste vorläufige Riochtlinie erarbeitet zur Verwendung von HCV-Proteasehemmern bei mit HIV und Hepatitis C ko-infizierten Personen.

23. Dezember 2011: Das US-Wissenschaftsmagazin ‚Science‘ erklärtHIV-Therapie als Prävention‚ zum wissenschaftlichen Durchburch des Jahres.

20. Dezember 2011: Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat eine flüssige Formulierung von Darunavir (Handelsname Prezista®) zugelassen.

Der Pharmakonzern Gilead hat auch bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA die Zulassugn einer neuen Kombi-Pille (Quad) aus Elvitegravir, Cobicistat, Emtricitabine und Tenofovir beantragt.

16. Dezember 2011: Der Pharmakonzern Gilead soll bei der US-Arzneimittelbehörde beantragt haben, die Kombinationspille aus Tenofovir und Emtricitabine (Truvada®)  für die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) zuzulassen.

„Wer Krebs oder AIDS hat, war einfach geistig nicht gut genug drauf“ – ist die Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚PiratenAnhängerin von Aids-Leugnern? Die Fraktion sieht darin kein Problem.

Das US-Unternehmen Salix bemüht sich um die US-Zulassung für ein neues Durchfall-Medikament. Cofrelemer soll, so der Zulassungs-Antrag, bei HIV-assoziierten Durchfällen eingesetzt werden.

Eine 32jährige Frau aus Betzdorf wurde zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Sie hatte einen Polizisten gebissen – der sich zudem aufgrund eines falschen Test-Ergebnisses fürchtete, mit HIV infiziert zu haben.

14. Dezember 2011: 114 Millionen US-$ brachte der Verkauf der Juwelen der im März 2011 verstorbenen US-Schauspielerin Elizabeth Taylor. Ein Teil des Erlöses kommt der Elizabeth Taylor Aids Foundation ETAF zugute.

07. Dezember 2012: Cobicistat, eine Substanz zum Boosten des Wirkstopffspiegels anderer Substanzen, hat sich in einer Phase-III-Studie laut Hersteller Gilead als nicht Ritonavir unterlegen erwiesen.

06. Dezember 2011: Die Pharmakonzerne Bristol-Myers Squibb (BMS) und Johnson & Johnson (J&J) vereinbaren eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung der Hepatitis C.

01. Dezember 2011: Die International Aids Society IAS wählt Melbourne (Austtralien) als Austragungsort der XX. International Aids Conference.

Am 30. November 2011 stirbt der Pastor und Klinik-Seelsorger Bert van der Post. 1985 gründete er an der Universitätsklinik Köln die erste Betreuungsgruppe für Aids-Patienten.

Mit Pluto und Neptun gegen Aids? Die seltsamen Gedanken der Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘ (akt. 6)

Die Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘ mag Esoterik  – und gar die umstrittenen ‚Germanischen Neuen Medizin‘? -Zudem äußert sie sehr seltsame Ansichten zu Aids.

Die Politologin und Heilpraktikerin Daniela Scherler ist Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘. Die 39-Jährige sorgt mit seltsamen Ansichten über Krankheit und Tod für Aufsehen – und Unruhe in der Partei. Zahlreiche Formulierungen lassen den Eindruck entstehen, sie weise (wie der Esoteriker und Befürworter der ‚Neuen Germanischen Medizin‘ Rüdiger Dahlke (‚Krankheit als Weg‘), auf den sie sich beruft) Kranken eine Mitschuld an ihrer Erkrankung zu.

‚Spiegel online‘ zitiert ihre Haltung zu Aids:

„Bei der Krankheit Aids steht die Bereitschaft zur Hingabe an das ganze Leben, einschließlich seiner dunklen Seiten, im Vordergrund. Zu integrierende Lernaufgaben sind meist die Fähigkeit, sich auf einen Menschen wirklich einzulassen, oder Verbindlichkeit mit all ihren Konsequenzen in Beziehungen zu leben. Gefordert ist die Integration der Urprinzipien Pluto und Neptun.“

Soll heißen? Sind HIV-Infizierte oder Aids-Kranke also „selbst schuld“?
Und wenn die ‚Schulmedizin‘ (wie Scherler zu meinen scheint) verhindere, dass wir uns unseren „Lernthemen“ stellen – was soll das heißen für antiretrovirale Medikamente?

Der Astronom und Journalist Florian Freistätter kritisiert die ‚elitäre Weltsicht‘ und weist auf Konsequenzen hin:

„Dieses Elite-Denken findet man in der Esoterik-Szene recht oft. Wer Probleme hat, ist selbst schuld. Wer krank ist, ist selbst schuld. Wer auf die „richtige“ Art und Weise denkt, wer dem „richtigen“ Guru folgt, wer der „richtigen“ Gemeinschaft angehört, der hat keine Probleme mehr im Leben. Und die anderen müssen selbst schauen wo sie bleiben. Wenn sie keine Lust haben, „richtig“ zu denken, dann brauchen sie sich auch nicht wundern, wenn es ihnen schlecht geht.“

Er zitiert Jörg Ewers, der in einem Kommentar im sozialen Netzwerk Google + betont

„Es geht darum, das sie explizit gefährlichen Schwachsinn verbreitet. Das fängt damit an Grippe als aufgestaute innere Anspannungen darzustellen, weil man irgendwem nichts husten kann.Geht aber auch relativ nahtlos weiter, das z.B Krebs Ausdruck von aufgestautem geistig-seelischem Wachstum sei oder AIDS Ausdruck eines Lernstaus sei, weil Menschen nicht in der Lage seien sich wirklich einzulassen und Verbindlichkeiten mit all ihren Konsequenzen zu leben.
Das ist mit Verlaub großer Bullshit, den sie laut ihrer Homepage in Seminaren und Gesprächen vornehmlich an Schüler, Jugendliche und Auszubildende weiterverbreitet.
Und da kommen die Piraten ins Spiel, wo immer wieder implizit mitschwingt, es ginge nicht nur um die Form, sondern auch um moralische Integrität.Wie moralisch integer ist es solche Menschen zu beschäftigen?“

Und Richard Joos kommentiert Scherlers Buch und ihre Reaktionen

„Nebenbei argumentiert sie wie die klassische Virenleugnerin und quatscht über AIDS in ihrem Buch, in dem wiederum die Begriffe “Viren”, “Ansteckung” oder “Infektion” nicht einmal vorkommen. Sie wendet sich damit an Jugendliche! (…)
Nun ist der Scherler die Geschichte offenbar selber peinlich, denn die “Links” unter anderem zum lobenswerten Dahlke, die sie auf ihrer HP bereithielt, sind inzwischen verschwunden. Aus ihren Buchpublikationen kriegt sie den Dahlke aber nicht raus, der ist prominente Literaturangabe (Seite ist nicht bei Google verfügbar, stattdessen im hier gelinkten Amazon Preview, S. 241 schauen.)“[Links siehe Original-Artikel, unten bei ‚weitere Informationen‘]

Die Piraten reagieren bisher gelassen. Sie sehen „keinen Interessenkonflikt“ und werden „keine personellen Konsequenzen“ ziehen. Sie betonen zu den Aussagen und Haltungen ihrer Geschäftsführerin in Reaktionen auf Kommentare immer wieder „Sie hat kein politisches Amt“. In der Stellungnahme heißt es

„Daniela Scherler ist als FGF [Fraktionsgeschäftsführerin; d.Hg.] der Piratenfraktion angestellt und solange ihre persönlichen Ansichten ihre Arbeit für die Fraktion nicht behindern, spielen diese für uns auch keine Rolle.“

Martin Delius, Piraten- Abgeordneter und parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, kommentiert (16.12., 16:50) „wenn Daniela sich dabei an die Beschlüsse und Implikationen des Parteiprogrammes halten kann“ wäre „auch die Einstellung als wissenschaftliche Referentin … möglich“. Und er (16:48) ergänzt „Es ist nicht die Aufgabe der Piratenfraktion moralische Bewertungen über Menschen, Ansichten oder nebenberufliche Tätigkeiten anderer anzustellen.“

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Aktualisierung
16.12.2011, 18:40
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Die Haltung der ‚Piraten‘ sei nicht unproblematisch, betont ein Kommentator („medman“, 18:22 Uhr) und weist auf mögliche konkrete Probleme in Berlin und der lokalen Aids-Politik hin:

„Wie steht denn die Fraktion zur HIV Aufklärung und Prävention? Kann man sich darauf verlassen, dass eine solche FGF alle notwendigen Informationen für Entscheidungen in diesem Bereich weiterreicht – gerade in Berlin eine nicht unwichtige Frage.“

17.12., 10:30: EsoWatch weist auch vor dem Hintergrund der Argumentation des ‚Piraten‘ Abgeordneten und parlamentairschen Geschäftsführers Martin Delius (s.o.)  auf einen Hinter-Grund für die Debatten hin:

„Blöd an der Sache ist, dass die Piraten bis heute kein offizielles Programm zu Medizin und Gesundheitswesen verabschiedet haben. Sie sollten diesen Fall als dringenden Ansporn nehmen, damit potentielle Wähler bei diesem wichtigen Thema wissen, woran sie sind. Eine entsprechende Formulierung wie das Bekenntnis zu einer wissenschaftsbasierten Medizin dürfte nicht allzu schwer zu formulieren sein.“

18.12., 15:00: Kritiker verweisen auf die Einlassung, Scherler bekleide „kein politisches Amt“, auf die Stellenausschreibung zur Fraktionsgeschäftsführung vom 10.10.2011. Dort wird unter ‚Aufgaben‘ unter anderem genannt: „Beratung der Fraktion in politisch- strategischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen“.

18.12., 17:45: Der Berliner ‚Tagesspiegel‘ kommentiert das bisherige Verhalten der Partei unter dem Titel „Wertepluralismus falsch verstanden“ mit den Worten „die Parteispitze verweigert sich jeder Kritik“. Und ergänzt „Dem emphatischen Demokratieverständnis der Piraten stünde hier eine Einsicht gut an: dass der bei den Piraten geächtete Totalitarismus nicht erst dort beginnt, wo Menschen an einer demokratischen Wahl nicht teilnehmen dürfen. Sondern dort, wo – und sei es mit dem besten Willen – ein unmenschlicher Druck auf menschliche Seelen aufgebaut wird. “

18.12., 19:20: Johannes Sponader (s.u.) betont, es sei nun wichtig, dass Scherler erklärt, wie sie sich „zu Hamer und seiner fragwürdigen Ideologie verhält“. Insgesamt bemerkt er, „eine abschließende Bewertung sollte allerdings frühestens dann versucht werden, wenn sich Daniela Scherler zu der Kritik selbst geäußert hat.“

19.12., 09:30: Die Fraktionsgeschäftsführerin reagierte inzwischen mit eimem ‚Offenen Brief‘ (a.u.). Darin betont sie u.a. „Ich war nie und bin auch heute keine Anhängerin der Neuen Germanischen Medizin.“ Im Kontext Lebensführung und Kranklheit verwende sie „nicht den Begriff Schuld, sondern Verantwortung“ und wolle damit deutlich machen, daß „jeder von uns für sein Leben in hohem Maß Eigenverantwortung trägt“. Welchen Zusammenhang Aids und HIV hierzu haben, erläutert sie nicht. Sie werde ihre „Arbeit als Fraktionsgeschäftsführerin der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus engagiert fort[setzen]“.

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weitere Informationen:
Piratenfraktion Berlin 16.12.2011: Fragen zur Fraktionsgeschäftsführerin
EsoWatch: Daniela Scherler
SpON 16.12.2011: Berlin – Leitende Piraten-Mitarbeiterin irritiert mit Esoterik-Thesen
scienceblogs 15.12.2011: Die Berliner Piraten und die Esoterik
Marc Scheloske 15.12.2011: Kein Spaß – Die seltsame Esoterik-Welt der Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner Piraten
Richard Joos: Warum Daniela Scherler als FraktionsGF durchaus eine Piratenpersonalie ist
Tagesspiegel 16.12.2011: Krude Esoterik – Die Piraten haben den Wertepluralismus falsch verstanden
Johannes Sponader 17.12.2011: Zur Versachlichung der Diskussion um Daniela Scherler und die „Esoterik“
Piratenfraktion Berlin 19.12.2011: Offener Brief der Fraktionsgeschäftsführerin
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Bielefeld: Zahnarzt darf weiter behaupten, Aids werde nicht durch HIV ausgelöst.

Aids sei eine „Milieu – Erkrankung“ und werde nicht durch HIV ausgelöst. Mit dieser Äußerung sorgte ein  Bielefelder Zahnarzt in der Öffentlichkeit für Diskussionen – und darf es auch weiterhin, so das Verwaltungsgericht Münster.

Auch für Zahnärzte gilt die Meinungsfreiheit. So begründete das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Münster sein Urteil, es sehe keinen Grund für ein berufsgerichtliches Verfahrern gegen einen Bielefelder Zahnarzt. Dieser hatte sich in einem Interview mit einem Lokalblatt unter dem Titel „AIDS ist keine HIV-Erkrankung“ sowie in einem Leserbrief geäußert. Aids sei nicht übertragbar, sondern eine nicht übertragbare Stoffwechselstörung. Vielmehr sei Aids eine „Milieu-Erkrankung“. Anlass der Äußerungen des Zahnarztes waren Medienberichte zur Verhaftung einer Pop-Sängerin wegen des Verdachts der HIV-Infektion.

Nachdem sich mehrere Zahnärzte beschwert hatten, klagte die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe gegen ihr Mitglied. Er habe gegen die Berufsordnung verstoßen und Aids verharmlost.

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit decke die Äußerungen des Zahnarztes. Ein Verstoß gegen die Berufsrodnung bestehe nicht. Zu dieser Einschätzung kam nun das zuständige Berufsgericht.

Immer wieder sorgt der Umgang von Zahnärzten mit dem Thema HIV / Aids sowie mit HIV-Positiven für Aufsehen und Probleme. Zahlreiche Positive berichten von Diskriminierungen und Behandlunsgverweigerungen (wie erst Anfang September 2011 ein HIV-positiver Mann in Berlin). Bundesgesundheitsminister Bahr hat Ende Oktober 2011 Ärzte und Zahnärzte in Deutschland für diskriminierenden Umgang mit HIV-Positiven gerügt und dieses Verhalten als erschreckend bezeichnet. Er kündigte Gespräche mit den Berufsverbänden an.

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weitere Infiormationen:
Neue Westfälische 01.11.2011: Streit um HIV-Äußerungen
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Österreich: Mutter eines HIV-positiven Kindes erneut vor Gericht

Eine 41jährige Frau aus Graz steht in Österreich erneut vor Gericht. Sie hatte ihr Kind gegen Rat und Warnung  der Ärzte ohne Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Begründung der HIV-positiven Frau: sie fühle sich nicht krank.

Die Frau, die laut Medien seit 20 Jahren HIV-positiv sein soll, steht in Österreich vor Gericht, weil ihr vorgeworfen wird, ihr Kind durch ihre Verweigerung des Kaiserschnitts mit HIV infiziert zu haben. Das heute zweieinhalb Jahre alte Kind ist mit HIV infiziert und inzwischen an Aids erkrankt.

Bereits Anfang Juli 2010 wurde die Frau wegen Körperverletzung an ihrer Tochter zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt. Auf ihre Berufung hin hob das Oberlandesgericht das Urteil auf. Vor dem Grazer Straflandesgericht findet nun die neue Verhandlung statt.

Das Kind des Ehepaares war Anfang 2010 gegen den Willen der Eltern auf Anordnung der Behörden antiretroviral behandelt worden, nachdem es an einer Lungenentzündung litt.  Das Mädchen lebt inzwischen in einem Kinderdorf.

Der ebenfalls HIV-infizierte Vater war im Mai 2010 gestorben.

Bereits kurz nach Prozessbeginn wurde die Fortsetzung des Verfahrens auf Herbst 2011 vertagt. Mehrere zeugen waren nicht vor Gericht erschienen.

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weitere Informationen:
ORF 25.07.2011: Mutter infizierte Baby mit HIV: Neuer Prozess
ORF 06.07.2010: Mutter infizierte Baby mit HIV – verurteilt
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Deklaration von Durban

„Der Nachweis, dass AIDS von HIV-1 oder HIV-2 verursacht wird, ist klar, erschöpfend und eindeutig“ – mit diesem zentralen Satz stelle im Jahr 2000 die Durban Declaration klar, dass HIV die Ursache von Aids ist – und die Thesen der so genannten ‚Aids-Leugner‘ keine Grundlage haben. „Es ist ein Unglück, dass eine Handvoll lautstarker Protagonisten nicht müde wird, die Beweise zu bestreiten. Diese Position wird unzählige Menschenleben kosten.“

Die ‚Durban Declaration‘, entworfen von einer Arbeitsgruppe aus über 250 Wissenschaftlern, wurde am 6. Juli 2000 im Wissenschaftsmagazin ‚Nature‘ erstveröffentlicht. Über 5000 Personen unterzeichneten die Erklärung, darunter 11 Nobelpreisträger sowie die Direktoren oder Präsidenten internationaler Forschungs- Organisationen wie der National Academy of Science (USA), der britischen Academy of Medical Sciences, das Institute Pasteur, oder die Max-Planck-Institute. Wissenschaftler aus der Pharmaindustrie waren an Entstehen und Unterzeichnung der Durban Declaration nicht beteiligt.

Als Dokumentation die „Durban Declaration“, entstanden anlässlich der 13. Internationalen Aids-Konferenz, die im Juli 2000 in Durban / Südafrika stattfand:

Deklaration von Durban

Siebzehn Jahre nach der Entdeckung des menschlichen Immunschwäche-Virus HIV treffen sich Tausende von Menschen aus der ganzen Welt in Durban, Südafrika, um an der 13. Internationalen Aids-Konferenz teilzunehmen.

Zum Beginn des neuen Jahrtausends leben weltweit schätzungsweise 34,3 Millionen Menschen mit HIV oder Aids, davon 24,5 Millionen in Afrika südlich der Sahara (1). Allein im letzten Jahr sind 2,8 Millionen Menschen an Aids gestorben. Das ist die höchste Rate seit dem Ausbruch der Epidemie.

Wenn der aktuelle Trend sich fortsetzt, werden Süd- und Südostasien, Südamerika sowie Gebiete der früheren Sowjetunion in den nächsten zwei Jahrzehnten eine schwere Last zu tragen haben.

Aids verbreitet sich wie viele andere Krankheiten, die wie Tuberkulose und Malaria besonders in unterprivilegierten und verarmten Gemeinschaften zu Siechtum und Tod führen, durch Infektion.
Bei HIV-1, das für die AIDS-Pandemie verantwortlich ist, handelt es sich um ein Retrovirus, das in enger Beziehung zu einem Affen-Immunschwächevirus (SIV) steht, das Schimpansen infiziert.
HIV-2, das in Westafrika prävalent ist und sich bis nach Europa und Indien ausgebreitet hat, ist kaum zu unterscheiden von einem SIV, das Schwarze Mangaben infiziert.

Obwohl HIV-1 und HIV-2 zunächst als Zoonosen in Erscheinung traten (2), d.h. Infektionen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden, verbreiten sich beide heute unter Menschen durch sexuellen Kontakt, von der Mutter auf das Kind und über kontaminiertes Blut.

Ein tierische Quelle für eine Infektion ist keine Besonderheit von HIV. Ratten brachten die Pest und Vögel die Grippe. Das neue Nipah-Virus in Südostasien erreichte den Menschen über das Schwein.
Fälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Großbritannien waren identisch mit dem ‚Rinderwahnsinn‘.

Als HIV erst einmal im Menschen war, passte es sich bald an dessen Gewohnheit und Mobilität an. Wie viele andere Viren auch kennt HIV keine sozialen, politischen oder geografischen Grenzen.

Der Nachweis, dass AIDS von HIV-1 oder HIV-2 verursacht wird, ist klar, erschöpfend und eindeutig und entspricht höchsten wissenschaftlichen Standards (3-7). Die Daten erfüllen genau die gleichen Kriterien wie die über andere Viruserkrankungen wie Polio, Masern und Pocken:

  • Patienten mit dem erworbenen Immunschwäche-Syndrom sind unabhängig davon, wo sie leben, mit HIV infiziert (3-7).
  • Unbehandelt zeigen die meisten Menschen mit einer HIV- Infektion innerhalb von 5-10 Jahren Zeichen von Aids (6, 7). Der Nachweis von HIV im Blut erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern, von Gen-Sequenzen oder durch eine Isolierung von Viren. Diese Tests sind genauso zuverlässig wie beliebige, zum Nachweis anderer Virus-Infektionen angewendete Tests
  • Personen, die HIV-kontaminiertes Blut bzw. Blutprodukte erhalten, bilden Aids aus, während dies bei Personen, die nicht verseuchtes bzw. kontrolliertes Blut erhalten, nicht der Fall ist (6).
  • Die meisten Kinder, die Aids ausbilden, wurden von HIV-infizierten Müttern geboren. Je höher die Viruslast in der Mutter, desto größer ist das Risiko für das Kind, infiziert zu werden (8).
  • Im Labor infiziert HIV genau die Art von weißen Blutzellen (CD4-Lymphozyten), die sich bei Menschen mit Aids erschöpft (3-5).
  • Medikamente, die die Replikation von HIV im Reagenzglas hemmen, reduzieren auch die Viruslast im Menschen und halten das Fortschreiten der Infektion zu Aids auf. Die Behandlung hat dort, wo sie verfügbar ist, die Aids-Sterblichkeit um mehr als 80% reduziert (9).
  • Affen, denen geklonte SIV-DNA injiziert wurde, infizierten sich und bildeten Aids aus (10).

Weitere unwiderlegbare Daten sind verfügbar (4). HIV verursacht Aids (5). Es ist ein Unglück, dass eine Handvoll lautstarker Protagonisten nicht müde wird, die Beweise zu bestreiten. Diese Position wird unzählige Menschenleben kosten.

In verschiedenen Regionen der Welt kann HIV/Aids veränderte Ausbreitungsmuster und Symptome aufweisen. In Afrika beispielsweise ist die Wahrscheinlichkeit für mit HIV infizierte Personen, innerhalb von 5 Jahren zu sterben, elfmal so hoch wie bei nicht infizierten Personen (7), und das Risiko, ein Kaposi-Sarkom auszubilden, d.h. eine Krebsart, die in Beziehung zu einem anderen Virus steht, ist bei ihnen sogar 100-mal höher (11).

Wie bei anderen chronischen Infektionen ist das Erkrankungsrisiko von verschiedenen Faktoren abhängig. Unterernährte oder ältere Menschen, die bereits an anderen Infektionen leiden, neigen dazu, anfälliger für eine schnelle Ausbildung von Aids als Folge einer HIV-Infektion zu sein. Keiner dieser Faktoren schmälert jedoch die wissenschaftlichen Beweise, dass HIV die alleinige Ursache der Aids-Epidemie ist.

In dieser globalen Krise muss der Verhütung von HIV-Infektionen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit im Weltmaßstab oberste Priorität eingeräumt werden. Das Wissen und die Mittel, Infektionen zu verhüten, stehen zur Verfügung. Der sexuellen Weiterverbreitung von HIV kann durch wechselseitige Monogamie, Abstinenz oder durch die Verwendung von Kondomen Einhalt geboten werden. Einer Übertragung durch Blut kann durch das Screening von Blutprodukten und durch Einweg-Nadeln vorgebeugt werden. Eine Übertragung von der Mutter auf das Kind lässt sich durch eine Kurzzeit-Therapie mit antiviralen Medikamenten um die Hälfte oder sogar mehr reduzieren (12, 13).

Begrenzte Ressourcen und die erdrückende Last der Armut in vielen Teilen der Welt bilden für die Beherrschung der HIV-Infektion gewaltige Probleme. Bereits infizierten Menschen kann durch eine Behandlung mit lebensrettenden Medikamenten geholfen werden, doch die hohen Kosten dieser Medikamente lassen sie für den größten Teil der Welt unerschwinglich werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, neue antivirale Medikamente zu entwickeln, die leichter einzunehmen sind, weniger Nebenwirkungen haben und wesentlich kostengünstiger sind, so dass Millionen von Menschen in ihren Genuss kommen können.

Es gibt viele Methoden, die entscheidenden Informationen über HIV/Aids zu vermitteln, und was sich in einem Land am besten bewährt, kann in einem anderen völlig ungeeignet sein. Doch um die Krankheit zu bezwingen, muss jeder zuerst einmal verstehen, dass HIV der Feind ist.

Forschung und keine Mythen werden zur Entwicklung von effektiveren und billigeren Behandlungsmethoden und, so bleibt zu hoffen, eines Impfstoffs führen. Einstweilen muss der Schwerpunkt jedoch auf die Verhinderung der sexuellen Übertragung gelegt werden.

Ein Ende der Aids-Pandemie ist nicht in Sicht. Indem wir zusammenarbeiten, haben wir jedoch die Kraft, sie zurückzudrängen.
Die Wissenschaft wird eines Tages über Aids triumphieren, so wie sie auch die Pocken besiegt hat. Die Eindämmung der Weiterverbreitung von HIV ist der erste Schritt dazu. Bis dahin müssen Vernunft, Solidarität, politischer Wille und Mut unsere Partner sein.

Quellennachweis

1. UNAIDS. AIDS epidemic update. Dezember 1999. www.unaids.org/hivaidsinfo/documents.html

2. Hahn, B. H., Shaw, G. M., De Cock, K. M., Sharp, P. M. (2000). AIDS as a zoonosis: scientific and public health implications. Science, 287, 607-614.

3. Weiss R.A und Jaffe, H.W. (1990). Duesberg, HIV and AIDS. Nature, 345, 659-660.

4. NIAID (1996). HIV as the cause of AIDS. www.niaid.nih.gov/spotlight/hiv00/default.html

5. O’Brien, S.J. und Goedert, J.J. (1996). HIV causes AIDS: Koch’s postulates fulfilled. Current Opinion in Immunology, 8, 613-618.

6. Darby, S.C. et al., (1995). Mortality before and after HIV infection in the complete UK population of haemophiliacs. Nature, 377, 79-82.

7. Nunn, A.J. et al., (1997). Mortality associated with HIV-1 infection over five years in a rural Ugandan population: cohort study. BMJ, 315, 767-771.

8. Sperling, R. S. et al., (1996). Maternal viral load, zidovudine treatment, and the risk of transmission of human immunodeficiency virus type 1 from mother to infant. N. Engl. J. Med. 335, 1678-80.

9. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). HIV/AIDS Surveillance Report 1999; 11, 1-44.

10. Liska, V. et al., (1999). Viremia and AIDS in rhesus macaques after intramuscular inoculation of plasmid DNA encoding full-length SIVmac239. AIDS Research & Human Retroviruses, 15, 445-450.

11. Sitas, F. et al., (1999). Antibodies against human herpesvirus 8 in black South African patients with cancer. N. Engl. J. Med., 340, 1863-1871.

12. Shaffer, N. et al., (1999). Short course zidovudine for perinatal HIV-1 transmission in Bangkok Thailand: a randomised controlled trial. Lancet, 353, 773-780.

13. Guay, L. A. et al., (1999). Intrapartum and neonatal single-dose nevirapine compared with zidovudine for prevention of mother-to-child transmission of HIV-1 in Kampala, Uganda: HIVNET 012
randomised trial. Lancet, 354, 795-802.

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siehe auch Original-Text Nature 06.07.2000: The Durban Declaration

‚Der Traum ist schöner als das Leben‘

Salvatore, Steinmetz-Lehrling, melancholisch und mit einer gehörigen Portion Fernweh versehen, sucht und findet das Leben als Matrose, wird später Steuermann und Navigator. In Ernst Gradls Roman „Salvatores Traum“ bringt ein Schiff aus Tunis nicht nur seine Chance zur See zu fahren, sondern auch die Pest – auch in das Leben von Salvatore, „wie ein Schatten, schwärzer und unheilvoller, als alles, was je zuvor die Sonne verdunkelt hatte“.

Der Hafen der Stadt wird gesperrt. Die Gildemeister der Stadt beschließen, der „Ursache dieser Pest“ auf den Grund zu gehen. Denn das Unheil kommt „von schwarzen Priestern … aus den Tiefen Afrikas“, wo „Frauen die Herrscherinnen sind“. Vier Schiffe sollen auf die Reise gehen, die Ursache dieses Unheils „auszumerzen“. Als Matrose heuert Salvatore auf einem dieser Schiffen an – nicht ahnend, worauf er sich einlässt. „Wir ahnten schon, dass dies etwas war was wir fürchten sollten, und da ist es besser, nicht zu fragen.“
Doch die Reise beginnt … und führt zu Erlebnissen an den Pyramiden und im Paradies. Und wird bald zu einer „Reise durch ahnungsvolles Nichtwissen“.

Gradls Roman kann als Abenteuer-Roman gelesen werden, als fiktives Erlebnis in der Zeit der Renaissance. Oder – ist der ganze Roman eine große Metapher? Ein eigenartiges Vexierspiel, dessen wahrer Sinn sich nicht sofort erschließt?

Es gibt vermutlich viele (auch sehr persönliche) Subtexte in diesem Buch, die dem flüchtigen Leser nicht leicht zugänglich sind. Der Verleger weist in seinem Vorwort darauf hin, Gradl verarbeite in seinem Erstlingswerk „die Geschichte seines Umfelds und seiner Krankheit“. Er überlebte extrem geschwächt eine HIV-bedingte Kryptokokken-Meningoenzephalitis, beschloss ein Buch zu schreiben.

Ernst Gradl war einst Initiator von HEAL Deutschland / Nürnberg, propagierte „die uralte Geschichte von der Überwindung einer Krankheit durch eigene Kraft“. Inzwischen distanziert er sich nach eigenen Worten davon, sieht HEAL und die Aids-Leugner als „Irrweg“.

Autor und Verlag „wollen Menschen die Möglichkeit geben etwas Gutes zu tun, indem sie sich mit dem Kauf des Buches direkt an unserem hauseigenen Benefizprojekt beteiligen“. „Der Erlös dieses Buches unterstützt HIV- und AIDS-betroffene Kinder in der Dritten Welt.“ Worum es sich bei dieser ‚hauseigenen Initiative‘ handelt, ist leider für den Leser nicht leicht zu erfahren. Nach einigem Suchen und Klicken findet man indirekt (z.B. über die vom Verlag betriebene ‚Aids-Info Ortenau‘) Hinweise auf das Projekt ‚HOKSIA‘ von Lutz van Dijk. Auf den Internetseiten von HOKSIA sind Verlag, Verleger oder Autor jedoch nicht als „friends and supporters“ genannt. Ein wenig mehr Klarheit täte dem guten Ansinnen sicher gut.

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Ernst Albert Gradl: „Salvatores Traum“
mit einem Nachwort von Udo Schüklenk
Schutter Verlag

Wikileaks: US-Depeschen zu HIV und Aids – von Banalem bis Korruption (akt.)

Zehn der bisher von Wikileaks veröffentlichten Depeschen des Diplomatischen Dienstes der USA beschäftigen sich mit HIV und Aids. Thematisiert werden Scheitern in der Aids-Politik, Korruption bei Aids-Organisationen oder Carla Brunis Bemühungen um einen Aids-Event.

Zwischen Banalitäten und deutlicher Kritik an der Aids-Politik mancher Regierungen bewegt sich die Bedeutung derjenigen Depeschen, die Wikileaks bisher publizierte und die sich mit HIV/Aids beschäftigen (Dank an John S. James / ATN für das mühsame Aufstöbern!).  Eine südafrikanische Ministerin gibt zu, Südafrika habe in der Vergangenheit Fehler in seiner Aids-Politik gemacht. Gibt es Korruption bei UNAIDS? Uganda hat Probleme mit seiner Aids-Politik. Und der chinesische Vize-Präsident kennt einen Dokumentarfilm einer Exil-Chinesin über chinesische Aids-Waisen.

Alle Depeschen wurden eingesehen über einen Schweizer Spiegel der Wikilekas-Site.

10LUANDA84
2010: Vermerk über mögliche Kooperationen der USA und Chinas, u.a. bei HIV/Aids-Programmen.

09PRETORIA2245
2009: Detaillierter Bericht über ein Erstgespräch des US-Botschafters mit der südafrikanischen Ministerin für Internationale Beziehungen und Kooperation Maite Nkoana-Mashabane, die u.a. Fehler bei der HIV-Aids-Politik Südafrikas in der Vergangenheit zugebe.
Präsident Zuma werde zum Welt-Aids-Tag ein bedeutendes Statement abgeben, zukünftig wolle das Land eine führende Rolle im Kampf gegen Aids einnehmen. Die Ministerin betont ihr großes Interesse, in größerem Umfang Generika einsetzen zu können, um Kosten zu sparen.
Der US-Botschafter äußert den US-Wunsch zu Kooperation beim Tthema Gewalt gegen Frauen, das u.a. Bezüge zum Bereich HIV/Aids habe. Die Ministerin teilt die Bewertung der Bedeutung des Themas.

09KAMPALA1197
2009: Bericht u.a. über die HIV/Aids-Situation in Uganda – das Land drohe seine einst führende Rolle im Kampf gegen Aids zu verlieren. Viele ugandische erfolge gegen Aids seien seien in Wirklichkeit Erfolge des us-amerikanischen Prepfar-Programmes. Prepfar wachse allerdings sehr schnell und schaffe Abhängigkeiten. Uganda müsse seine Aids-Politik neu justieren.

09LONDON2005
2009: Die US-Botschaft in London berichtet, die Gattin des französischen Staatspräsidenten Sarkozy, Carla Bruni, plane bei der UN-Vollversammlung einen Event zu HIV/Aids. Der britische Premierminister Brown plane zum gleichen Anlass eine Veranstaltung zu Mutter-Kind-Gesundheit, Großbritannien bemühe sich diese konfliktträchitge Situation zu entschärfen.

09STATE80163
2009: Sehr ausführliche Depesche zu zahlreichen Themen / Volltext der ‚National HUMINT Collection Directive‘ (NHCD) der Vereinten Nationen. Dabei als Themen erwähnt u.a. Zugang zu antiretroviraler Therapie sowie Korruption bei internationalen Gesundheits-Organisationen, u.a. bei UNAIDS und dem Globalen Fond zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, sowie Management-Stil und Einfluss wichtiger Personen im Gesundheitsbereich, u.a. des Direktors von UNAIDS.

09STATE37561
2009: Depesche ebenfalls über HUMINT (s.o.), als Themen erwähnt u.a. Regierungspolitiken zu HIV / Aids sowie Medikamenten-Resistenzen.

09STATE37566
2009: Depesche ebenfalls über HUMINT (s.o.), als Themen erwähnt u.a. Auswirkungen von HIV/Aids auf Militär, Regierungen und wirtschaftliche Situation in Burkina Faso, Kapverdische Inseln, Tschad, Gambia, Mali, Mauritanien, Niger und Senegal.

08STATE116392
2008: Depesche ebenfalls über HUMINT (s.o.), als Themen erwähnt u.a. Situation der HIV-Infektion in Palästina.

07BEIJING1840
2007: Bericht über Gespräche des US-Botschafters mit Xi Jinping (inzwischen seit 2008 Vizepräsidenten der Volksrepublik China, seit Oktober 2010 zusätzlich stellvertretender Vorsitzender der Zentralen Militärkommission). Erwähnt wird kurz ein Dokumentarfilm einer Exil-Chinesin über Aids-Waisen, der gerade einen Oscar als bester Kurz-Dokumentarfilm gewonnen habe [Anmerkung: gemeint sein dürfte der Film „The Blood of Yingzhou District“ von Ruby Yang und Thomas Lonnon].

01PRETORIA1173
(von ATN genannt, trotz Suchen nicht identifizierbar)
2001: Dünnhäutig sei er, Südafrikas Präsident Tabo Mbeki, berichtet der südafrikanische US-Botschafter. Ein erneuter Hinweis, dass Mbekis Urteilsvermögen in Frage zu stellen sie, sei sein Verhalten zu Aids. Sein Zögern, zu akzeptieren dass HIV Aids auslöse, sei international und in Südafrika erstaunt zur Kenntnis genommen worden. Sein früherer Sprecher Parks Mankahlana sei an einer Krankheit gestorben, von der viele annähme es sei Aids gewesen, auch wenn Mbeki dies niemals zugeben würde. Im Gegenteil, er halte weiterhin z.B., seiner Gesundheitsministerin die Treue, die im gesamten Kabinett große Menegne eines Buches eines Aids-Leugners verteilt habe.
Selbst als auch in Südafrika in Wissenschaft und öffentlicher Meinung zunehmend die Verbindung zwischen HIV und Aids anerkannt wurde, habe Mbeki statt einer klaren Äußerung einfach betont, er ziehe sich aus der Debatte zurück. Es gehe der Opposition nur darum, dass sie meckern könne, in Südafrika geschehe unter seiner Regierung Schlechtes.
Der Botschafter versuche, einen Draht zu Mbeki zu etablieren und auf ihn einzuwirken, dass er seine Ton in Sachen Aids mäßige.

[Hinweis auf die Cables via Aids Treatment News]

Kurz notiert … November 2010

29. November 2010: Die südlichen US-Bundesstaaten haben eine ausgeprägte HIV-Epidemie, jedoch ineffizienten Aids-Politik – sie verweigern sich anerkannten Präventions-Methoden, kritisiert Human Rights Watch.

25. November 2010: Der Pharmakonzern Gilead hat in den USA einen Antrag auf Zulassung einer Kombinations-Pille aus drei Wirkstoffen (Emtricitabine, Tenofovir und Rilpivirine) gestellt.

23. November 2010: Vatikan-Sprecher Federico Lombardi konkretisiert die Papst-Aussagen; das „gelockerte Kondom-Verbot“ gelte für weibliche, männliche und transsexuelle Prosituierte.

21. November 2010: In „begründeten Einzelfällen“ will der Papst die Verwendung von Kondomen auch nach katholischer Lehre ‚zulassen‚.

20. November 2010: Nach eine Besuch der Oppositions-Politikerin Suu Kyi schließt Birmas Militärjunta eine Aids-Klinik.

18. November 2010: Die Rock-Musikerin Patti Smith wird mit dem US – National Book Award ausgezeichnet für ihr Buch über den 1989 an den Folgen von Aids verstorbenen Photographen Robert Mapplethorpe.

16. November 2010: Eine iPhone-App der Universität Liverpool informiert über Wechselwirkungen von HIV-Medikamenten mit anderen Substanzen.

15. November 2010: Auf ihrem Jahresempfang 2010 nimmt die Deutsche Aids-Hilfe am 11. November Cori Obst und Bernd Aretz als Ehrenmitglieder auf.

9. November 2010: Das EKAF-Statement (keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs) scheint in der Schweiz Einfluss auf das Sex-Verhalten HIV-Positiver zu haben: Forscher berichten über einen vermutlichen Zusammenhang zwischen erfolgreicher HIV-Therapie (Viruslast unter der Nachweisgrenze) und kondomfreien Sex (im aidsmap-Artikel fälschlicherweise pauschal als „ungeschützter Sex“ bezeichnet).

8. November 2010: Bei Leberkrebs sind die Dreijahres-Überlebensraten bei HIV-Negativen und HIV-Positiven ähnlich, zeigt eine US-Studie.

Ein neuer experimenteller (auf Basis einer südamerikanischen pflanze entwickelter) Wirkstoff zur Behandlung von Durchfällen (‚Cofrelemer‘)soll sich in Studien als wirksam erwiesen haben, berichtet POZ.

7. November 2010: Das Oberhaupt der katholischen Kirche Belgiens, Bischof Léonard, bekam während eines Gottesdienstes von einem Unbekannten eine Torte ins Gesicht. er hatte u.a. Aids als „eine immanente Gerechtigkeit für den Missbrauch der Liebe“ bezeichnet.

6. November 2010: Forscher entschlüsselten, warum einige Menschen natürlich immun gegen eine Infektion mit HIV sind.

3. November 2010: „Jesus war HIV-positiv„, mit dieser Aussage in seinen Predigten will ein südafrikanischer Pastor darauf hinweisen, dass HIV-Positiver immer noch stigmatisiert werden.

Das oberste US-Gericht (Supreme Court) hat eine Klage der Stanford University gegen den Pharmakonzern Hoffmann-La Roche akzeptiert. Stanford will erneut gegen eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern aus dem Jahr 1989 vorgehen, insbes. um die Rechte an einem verfahren zur Bewertung von Aids-Medikamenten.

2. November 2010: Wie hängen Stigma und HIV-Test zusammen? Menschen, die stigmatisierende Vorstellungen von HIV haben, machen mit deutlich niedrigerer Wahrscheinlichkeit einen HIV-Test. Und Menschen, die einen HIV-Test gemacht haben, haben signifikant seltener negative Einstellungen zu und Vorstellungen von Menschen mit HIV. Dies stellte eine Studie in Südafrika fest.

Schweiz: Auf Basis der ersten neun Monate rechnet das Bundesamt für Gesundheit mit ca. 600 bis 640 HIV-Neudiagnosen 2010. 2010 sind bisher (bis 30.9.2010) 18 Menschen an den Folgen von Aids gestorben.

1. November 2010: Der auf politischen Druck gegangene Ex-IQWIG-Chef Prof. Peter Sawicki wechselt ab November 2010 an das Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) der Uni Köln. Sawickis (indirekter) Chef dort: Prof. Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD – und Institutsleiter seit 1998, seit 2005 aufgrund seiner Abgeordneten-Tätigkeit beurlaubt. Sawickis Nachfolger als Chef des IQWIG ist seit 1.9.2010 Prof. Jürgen Windeler.

Korruption bei Ärzten? Bei Umsatz Scheck – erstmals wurden vom Amtsgericht Ulm zwei Mediziner verurteilt, die von einem Pharma-Unternehmen Schecks erhielten – die Höhe jeweils abhängig von der Menge der verordneten Präparate des Herstellers.

Eine hohe Sterblichkeitsrate sowie eine niedrigere Erfolgsrate der Hepatitis-C-Therapie stellten französische Forscher bei mit HIV und Hepatitis-C-Virus ko-infizierten Patienten fest.

Einer der ‚führenden‘ ‚Aids-Leugner‚ Südafrikas, Dr. Anthony Mbewu, ist von seinem Posten als Direktor des ‚Global Forum for Health Research‘ zurückgetreten. Er war für diesen Posten trotz Kritik seitens vieler Aids-Aktivisten vor 10 Monaten ernannt worden.

Kurz notiert … Juli 2010

29. Juli 2010: ‚Berlin Patient‚: „Das Verfahren ist nicht allgemein auf andere HIV-Positive übertragbar. Dazu ist die Therapie zu gefährlich und nebenwirkungsreich. Aber in der Charité scheint die erste Heilung eines HIV-Patienten gelungen zu sein.“ So kommentiert die Deutsche Aids-Hilfe aktuelle Berichte zum ‚Berlin Patient‚.
Wie strategisch weiter umgehen mit der Kriminalisierung der HIV-Infektion? Roger Pebody berichtet auf aidsmap über verschiedene Ansätze: „Three tactics to stem the tide of criminal prosecutions

26. Juli 2010: Tibotec (Tochter von Johnson&Johnson) hat am 26.7.2010 die US-Zulassung des NNRTI Rilpivirine (TMC278) beantragt.

23. Juli 2010: Die Pharmakonzerne Merck (MSD), Tibotec und Gilead verhandeln mit UNITAID, der internationalen Einrichtung zum Erwerb von Medikamenten gegen HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose, über einen Patent-Pool zu HIV-Medikamenten für sich entwickelnde Staaten.  ViiV, Joint Venture von Pfizer und GSK, scheint sich nicht beteiligen und eher alleine gezielt lizenzieren zu wollen (siehe 18.7.20109.

18. Juli 2010: Ist eine Heilung von HIV möglich? Medizin-Nobelpreisträgerin Francois Barré-Sinoussi ist skeptisch, hält das völlige Entfernen von HIV aus dem Körper eines Infizierten für „sehr schwer bis unmöglich„.
Auf den Einfluss rechter christlicher (US-)Kirchenkreise auch auf internationale Aids-Bekämpfung weisen Sean Cahill und Lyndel Urbano auf The Body hin: „The Christian Right: Wrong on AIDS
Der Pharmakonzern ViiV (eine Bündelung der Aids-Sparten von Pfizer und GlaxoSmithKline) kündigte an, sein gesamtes HIV/Aids-Portfolio (einschließlich Pipeline) Generika-Herstellern in der sog. Dritten Welt unentgeltlich verfügbar machen zu wollen. Die Medikamenten-Versorgung in den ärmsten Staaten der Welt solle so verbessert werden. Diese Initiative gelte für 69 Staaten.

17. Juli 2010: HIV breitet sich in Osteuropa und Zentralasien besonders bei Kindern, Jugendlichen und Frauen weiter aus. „HIV trifft vor allem Kinder am Rande der Gesellschaft“

16. Juli 2010: Aus Anlass der Wiener Welt-Aids-Konferenz bespricht „Spoiler Art“ HIV & Aids in Superhelden-Comics.

15. Juli 2010: Merck (MSD) stoppt die gesamte weitere Entwicklung des CCR5-Hemmers Vicriviroc. Grund seien enttäuschende Daten aus einer Phase-II-Studie, teilte der Hersteller mit.

13. Juli 2010: UNAIDS fordert eine radikale Therapie-Vereinfachung. Damit sollen die Nutzen für die Prävention optimiert werden.

9. Juli 2010: Die Weltbank hat David Wilson zum Leiter ihres globalen HIV/Aids-Programms benannt. Wilson stammt aus Zimbabwe und hat seit 2003 im Auftrag der Weltbank u.a. die Regierungen von Südafrika, Vietnam und China bei ihren Aids-Programmen beraten.

8. Juli 2010: US-Wissenschaftler finden Antikörper, die in der Lage sind, die meisten HIV-Stämme am Eindringen in Zellen zu hindern. Die Entdeckung dieser sehr breit neutralisierenden Antikörper weckt neue Hoffnungen auf die Möglichkeit, wirksame HIV-Impfstoffe entwickeln zu können.

Ein US-Bundesgericht hat entschieden, mit dem US-weiten Verbot von Homo-Ehen (Defense-of-Marriage-Act, DOMA) habe sich der Gesetzgeber zu sehr in Angelegenheiten der US-Bundesstaaten eingemischt, das Verbot sei verfassungswidrig.

7. Juli: Das Bundeskabinett hat die „Arzneimittel-Härtefall-Verordnung“ (pdf) verabschiedet. „Ziel der Verordnung ist es, den Zugang für Schwerstkranke zu neuen Arzneimittelbehandlungen, die sich noch in der Entwicklung befinden, durch ein unbürokratisches und rasches Verfahren zu verbessern.“

6. Juli 2010: Elf Monate alt war Muriel, ein HIV-infiziertes junges Mädchen, das kurz vor Weihnachten 2009 in der Grazer Kinderklinik im LKH lag. Es wurde mit einer Lungenentzündung eingeliefert, in lebensbedrohlichem Zustand. Beide Eltern waren Anhänger eines „Wunderheilers“. Die Mutter ist in Graz am 6. Juli 2010 zu Monaten bedingter Haft verurteilt worden, weil sie ihr Baby mit HIV angesteckt haben soll.

Zahnärzte seien „die am schlechtesten über HIV und Aids informierte Berufsgruppe im medizinischen Bereich“, kritisiert die Deutsche Aids-Stiftung.

4. Juli 2010: Das Landhaus von Jean Cocteau und Jean Marais in Milly-la-Forêt südlich von Paris ist seit Anfang Juli 2010 als Museum umgebaut der Öffentlichkeit zugänglich.

Während insbesondere in Großstädten die Massen zu CSDs strömen und munter feiern, gerät oft in Vergessenheit, dass auch anderes in Deutschland vorkommt: in Schwerin wird der CSD beschimpft und bedroht.

2. Juli 2010: Nadja Benaissa steigt bei der Pop-Band ‚No Angels‘ aus. Benaissa ist seit einigen Wochen krank geschrieben, Mitte August beginnt ihr Prozess. Laut Medienberichten musste sie inzwischen Privatinsolvenz anmelden.

USA: eigene Universität ermittelt gegen Aids-Leugner Duesberg

Seit Jahren gilt er als einer der ‚Kronzeugen‘ der Aids-Leugner, der US-Professor für Molekularbiologie Peter Duesberg. Nun ermittelt seine eigene Universität gegen ihn.

Er gilt seinen Anhängern als eine Ikone – anderen als das Symbol der Aids-Leugner: Peter Duesberg. Seine eigene Universität Berkeley ermittelt nun gegen ihn wegen des Aufstellens falscher Behauptungen.

Peter Duesberg wurde am 2. Dezember 1936 geboren. Er studierte Medizin in Würzburg, Basel und München und promovierte 1963 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 1973 ist Duesberg ordentlicher Professor am Department of Molecular & Cell Biology der University of California, Berkeley.

Peter Duesberg (Foto: wikimedia commons)
Peter Duesberg (Foto: wikimedia commons)

Duesberg vertritt die These, dass HIV nicht Aids auslöst. Zwar existiere HIV, Ursache von Aids sei aber anderes (von Lebensstil- und Umwelt-Faktoren bis Drogenmissbrauch und Poppers-Benutzung). Antiretrovirale Therapie mit hochwirksamen Aids-Medikamenten hält Duesberg nicht für eine Lösung im Kampf gegen Aids, vielmehr würden einige Medikamente (vor allem Zidovudin) erst Aids auslösen.

Die Thesen Duesbergs und generell der Aids-Leugner fanden zeitweise viele Anhänger, sowohl in den USA und Europa, aber auch besonders in Südafrika. Die im Dezember 2009 verstorbene ehemalige Gesundheitsministerin Tshabalala Msmimang gehörte zu den Aids-Leugnern, ebenso wie der ehemalige Staatspräsident Tabo Mbeki. Kritiker werfen ihnen vor, für den Tod Tausender HIV-positiver in Südafrika verantwortlich zu sein, weil ihnen hochwirksame Medikamente vorenthalten wurden.

Die Thesen Duesbergs wurden seit ihrem Aufkommen angegriffen. Seit langem gelten sie in Fachkreisen als widerlegt und HIV als Ursache von Aids als anerkannt.

Die Universität von Berkeley, Kalifornien hat nun mitgeteilt, sie ermittle gegen Duesberg wegen des Aufstellens falscher Behauptungen sowie des Verschweigens eines Interessenkonflikts eines Kollegen. Frühere Warnungen habe Duesberg ignoriert.
Dem Verhaltens-Codex der Universität zufolge könnte Duesberg bei Feststellen von Fehlverhalten als Strafe ein scharfer Verweis bis zum Verlust seiner Position an der Fakultät drohen.

Duesberg selbst betonte gegenüber der US-Presse, er würde sich in der Sache nicht äußern, solange die Ermittlungen laufen. Die Universität Berkeley selbst äußerte sich nicht zu dem Verfahren, weder mit Bestätigung noch Dementi der Ermittlungen.

weitere Informationen:
Science Insider 16.04.2010: Exclusive: AIDS Scientist Investigated for Misconduct After Complaint
nature news 04.05.2010: AIDS contrarian ignored warnings of scientific misconduct – Peter Duesberg was told publication of paper carried risk of charges
POZ 05.05.2010: AIDS Denialist Ignored Scientific Misconduct Warnings
Robert-Koch-Institut (o.J.) : Stellungnahme zu Hypothesen der sog. Perth-Group zu Isolation und Nachweis von HIV, zum Zusammenhang
zwischen HIV und AIDS und zur Wirkung und Wirksamkeit von Nukleosidanaloga bei der antiretroviralen Therapie
National Institute of Allergies and Infectious Diseases (NIAID/NIH): The Evidence That HIV Causes AIDS
John S. James, AIDS Treatment News: AIDS Treatment Improves Survival: Answering the „AIDS Denialists“
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Südafrika: Vorenthalten wirksamer Therapie verursachte 330.000 Aids-Tote

Lange Zeit wurden in Südafrika hochwirksame Aids-Medikamente verteufelt und zahlreichen Positiven vorenthalten. Eine Politik, die mindestens 330.000 Südafrikaner mit dem Leben bezahlten, so eine Publikation von Harvard-Forschern.

Der Preis ist hoch, den eine verfehlte Aids-Politik fordert. Am Beispiel der südafrikanischen Aids-Politik der Jahre 2000 bis 2005 haben Forscher  die Ausmaße der tragischen Konsequenzen der Aids-Leugner zu quantifizieren versucht: 330.000 Tote.

Die im Dezember 2009 verstorbene ehemalige Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang war während ihrer Amtszeit als Gesundheitsministerin (1999 – 2008) höchst umstritten. In ihrer Zeit fiel Südafrika im Kampf gegen Aids weit zurück. Wegen ihrer seltsamen Aussagen zu HIV und Aids wurde Manto Tshabalala-Msmimang auch “Dr. Rote Beete” genannt – sie hatte jahrelang von antiretroviraler Therapie gegen HIV abgeraten und stattdessen jahrelang Zitronensaft, Olivenöl, Knoblauch und Rote Beete empfohlen.

Wirksame Medikamente gegen HIV hielt sie für ‘Teufelszeug des Westens’. Die Folge: hunderttausende Positive in Südafrika erhielten keinen oder nur sehr schwer Zugang zu wirksamer antiretroviraler Therapie. Und HIV-positiven Schwangeren wurde auf Weisung der Regierung die Möglichkeit der Medikamenten-Einnahme zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung (teils trotz unentgeltlich zur Verfügung gestellter Medikamente) vorenthalten. Erst Gerichtsklagen konnten eine Veränderung dieser Haltung erzwingen.

Für Hunderttausende Aids-Tote in Südafrika trage sie die Verantwortung, warfen ihr Kritiker nicht nur von TAC vor. Manto Tshabalala-Msmimang stand dabei für eine Reihe von Aids-Leugnern, die die südafrikanische Aids-Politik jahrelang prägten – mit Wissen, jahrelanger Billigung und Unterstützung des damaligen (1999 – 2008) Staatspräsidenten Thabo Mbeki. Mbeki selbst hatte 2000 eine Kommission eingesetzt zur Klärung der Frage, ob HIV überhaupt die Ursache von Aids sei – und in diese Kommission den wohl bekanntesten Aids-Leugner Peter Duisberg berufen.

der ehemalige südafrikanische Staatspräsident Thabo Mbeki 2003 (Foto: wikipedia)
der ehemalige südafrikanische Staatspräsident Thabo Mbeki 2003 (Foto: wikipedia)

Diese Politik der Aids-Leugner forderte einen hohen Tribut: zwischen 2000 und 2005 starben 330.000 Südafrikanerinnen und Südafrikaner vorzeitig an den Folgen von Aids, und ca. 30.000 Kinder wurden mit HIV infiziert (bereits 2008 waren zwei Untersuchungen zu ähnlichen Zahlen gekommen, s.u.).  Diese Zahlen publizierten Pride Chigwedere und M. Essex von der Harvard School of Public Health in der Fachzeitschrift „AIDS and Behaviour“ (online-Vorab-Veröffentlichung, s.u.):

„Factoring in the efficacy of ARVs, we concluded that from 2000 to 2005 at least 330,000 South Africans died prematurely and 35,000 babies were infected with HIV as a result of Mbeki’s policies.“

Die Autoren analysieren in ihrem Bericht (der eine Reaktion auf Kritiken von Aids-Leugnern an ihrem ersten Bericht darstellt) ausführlich die Thesen der Aids-Leugner, gehen dezidiert auf die Frage ein, ob HIV Aids verursache, analysieren intensiv ob antiretrovirale Medikamente zur Behandlung der HIV-Infektion sowie zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung sinnvoll und wirksam sind, und betrachten erst darauf basierend die Bevölkerungs-Entwicklung sowie die Zahl der Aids-Toten. Sie kommen letztlich zu dem Resümee

„When AIDS denialism enters public health practice, the consequences are tragic“,

fragen aber auch nach der Verantwortlichkeit – ist solche Politik kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Wer trägt die Verantwortung? Wer wird zur Rechenschaft gezogen?

Danke an Udo für den Hinweis!

weitere Informationen:
Pride Chigwedere, M. Essex: „AIDS Denialism and Public Health Practice“, online-Vorab-Veröffentlichung in … am 08.01.2010 (pdf), auch online bei natap
Science Daily 19.01.2010: More Proof That Withholding HIV Treatments Led to Thousands of Deaths in South Africa
Chigwedere P, Seage GR 3rd, Gruskin S, Lee TH, Essex M.: Estimating the Lost Benefits of Antiretroviral Drug Use in South Africa. J Acquir Immune Defic Syndr. 2008 Oct 16 (abstract)
Nicoli Nattrass: AIDS and the Scientific Governance of Medicine in Post-Apartheid South Africa. African Affairs 2008 107(427):157-176 (abstract)
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HIV-positives Kind von Aids-Leugnern wird gegen Willen der Eltern behandelt (akt.2)

Österreich: ein elf Monate altes lebensgefährlich erkranktes HIV-positives Mädchen wird in der Steiermark behandelt – auf Anweisung der Behörden, gegen den Willen der Eltern

Elf Monate alt ist Muriel, das junge Mädchen, das kurz vor Weihnachten in der Grazer Kinderklinik im LKH liegt. Es wurde mit einer Lungenentzündung eingeliefert, in lebensbedrohlichem Zustand.

Das junge Mädchen ist HIV-positiv, genau wie beide Eltern. Die HIV-Infektion des Kindes wurde erst bei der Einlieferung am 22.12.2009 wegen der Lungenentzündung festgestellt. Die Ärzte der Grazer Kinderklinik vermuten, das Kind habe sich beim Stillen infiziert. Bereits im Sommer 2009 wurde das Mädchen im Grazer Kinderkrankenhaus behandelt, durfte nach einer Verbesserung seiner Gesundheitssituation mit Genehmigung der Behörden zurück zu seinen Eltern.

Die Eltern des Kindes verweigern ihre Zustimmung zur Behandlung des Kindes. In der Boulevard-Presse wird der Vater des Kindes zitiert mit der Ansicht „Aids gibt es gar nicht“. Aids sei nur eine Allergie, und erst die Medikamente würden ihr Kind krank machen, so ihre Ansicht. Sie sollen, so der ORF, Anhänger eines bekannten „Wunderheilers“ sein. Aids sei „nichts Anderes als eine Allergie nach einer traumatischen Erfahrung mit Geschlechtssekret“: auf ihrer Internetseite heißt es „‚HIV-positiv‘ ist nichts anderes als ein Allergienachweis auf das männliche Smegma“. Schulmedizinische Behandlungen seien nicht zielführend.

Die Eltern verweigerten jetzt ihre Zustimmung zur Behandlung der Lungenentzündung und der HIV-Infektion ihres Kindes, auch auf intensives Bitten der behandelnden Ärzte. Die Lungenentzündung, eine bei schwerem Immundefekt auftretende PcP (Pneumocystis carinii Pneumonie), ist lebensbedrohlich. Die zuständigen Grazer Behörden entschlossen sich daraufhin, die Ärzte zur Behandlung des Kindes anzuweisen – gegen den Willen der Eltern. Zuvor hatte der zuständige Bezirkshauptmann die Obsorge für Behandlung und Unterbringung des Kindes beantragt und zugewiesen bekommen.

Die Eltern verweigerten dem ORF eine Stellungnahme.  Auf ihrer eigenen Internetseite sprechen sie wegen der Zwangsbehandlung ihres Kindes von „Verbrechen gegen die Menschheit“. Sie erstatteten Anzeige gegen die Ärzte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen die Eltern wegen Verdachts der schweren Körperverletzung und der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten.

Nachtrag 27.01.2009:
Nach Stabilisierung des Besundheitszustands des Mädchens wurde dies von den zuständigen Behörden Presseberichten zufolge „in die Obsorge einer Jugendwohlfahrtseinrichtung übergeben“.

Eine ‚klassische‘ Frage, die wie weit das Fremd-Bestimmungs-Recht der Eltern über ein Kind, reicht. Und doch – weit mehr als eine klassische Frage.

Es ist die immer wieder kehrende Frage, wie mit Aids-Leugnern umzugehen ist – und den Konsequenzen ihres Tuns. Wohin Negierung von HIV und Aids, oder Leugnen der positiven Wirkungen der antiretroviralen Therapien führen, hat jahrelang die jüngst verstorbene ehemalige südafrikanische Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang gezeigt.

Es ist bitter, im eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis zu erleben, wie Menschen ihre Gesundheit ruinieren, schließlich ihr Leben auf’s Spiel setzen – im Glauben an die fatalen Gedanken mancher Aids-Leugner.

Solange jemand die Entscheidung, diesen Gedanken anzuhängen, wirksame Therapien nicht zu nutzen, für sich persönlich trifft, ist diese Entscheidung, wenn sie informiert und bewusst getroffen wird, letztlich zu akzeptieren respektieren. Aber – geht diese persönliche Freiheit auch so weit, um der wahren Lehre willen das Leben einer anderen Person, eines Kindes zu riskieren?

weitere Informationen:
der standard 08.01.2010: „Aids gibt es gar nicht“
kleine zeitung 08.01.2010: Familientragödie rund um schwer krankes Kind
ORF 09.01.2010: Aids: Kind wird gegen Elternwillen behandelt
oe24 09.10.2010: Baby mit Aids zwangsbehandelt
Kurier 09.01.2010: In den Fängen eines „Heilers“
oe24 09.01.2010: Drama um zwangsbehandeltes HIV-Baby
Die Presse 11.10.2010: Zweiter „Fall Olivia“?: Wenn der Staat zum „Vater“ wird
Krone 27.01.2010: HIV-infiziertes Mädchen kommt in Pflegefamilie
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Nachtrag 06.07.2010: „Mutter infizierte Baby mit HIV: Verurteilt„, berichtet der ORF über den Ausgang des Verfahrens.

Südafrika: Ex-Gesundheitsministerin gestorben

Manto Tshabalala-Msimang, die ehemalige Gesundheitsministerin Südafrikas, ist tot.

Tshabalala-Msimang starb Presseberichten zufolge am 16.12. an den Spätfolgen einer Lebertransplantation.

Tshabalala-Msimang war als Gesundheitsministerin höchst umstritten. In ihrer Zeit fiel Südafrika im Kampf gegen Aids weit zurück. Wirksame Medikamente gegen HIV hielt sie für ‚Teufelszeug des Westens‘. Für Hunderttausende Aids-Tote in Südafrika trage sie die Verantwortung, warfen ihr Kritiker nicht nur von TAC vor.

Wegen ihrer seltsamen Aussagen zu HIV und Aids wurde Tshabalala-Msmimang auch „Dr. Rote Beete“ genannt – sie hatte jahrelang von antiretroviraler Therapie gegen HIV abgeraten und stattdessen jahrelang Zitronensaft, Olivenöl, Knoblauch und Rote Beete empfohlen.

Im November 2008 war Barbara Hogan als neue Gesundheitsministerin und Nachfolgerin von Tshabalala-Msmimang ernannt worden. Sie leitete unverzüglich eine neue Aids-Politik des Landes ein.

Professor Francois Venter, Präsident der südafrikanischen HIV-Ärzte-Vereinigung, sagte der Familie solle die Möglichkeit zu stiller Trauer gegeben werden, öffentliche Trauerbezuegungen sollten sich jedoch angesichts der unzähligen Toten auf ein Minimum beschränken:

„The family should be allowed to grieve in privacy. Equally, political leaders should keep eulogizing to a bare minimum, to respect the large number of people who died unnecessarily of HIV or who suffered at the hands of a decimated health system.“

weitere Informationen:
Mail & Guardian 16.12.2009: Manto Tshabalala-Msimang dies
allafrica.com 16.12.2009: Manto Tshabalala-Msimang is Dead
SAPA16.12.2009: Manto’s death: All the reaction
HIV, Aids and HOPE 17.12.2008: Manto and her legacy …
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