Unabhängigkeit der Selbsthilfe: Monitoring- Ausschüsse legen 2. Jahresbericht vor

Vielen auf dem Gebiet der Gesundheit aktiven Organisationen stellt sich die Frage, wie mit Mitteln Dritter, besonders der Pharma-Industrie umzugehen sei. Finanzierungsbedarf und Forderung nach Unabhängigkeit können leicht in Konflikt geraten (siehe auch Kommentar „Selbsthilfe oder Propaganda? Über Schleichwege des Pharma-Marketings„).

BAG Selbsthilfe und der Paritätische Wohlfahrtsverband haben Leitsätze erarbeitet zum Umgang mit Pharma-Geldern (siehe Dokumentation „Leitsätze der Selbsthilfe für die Zusammenarbeit mit Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Organisationen und Wirtschaftsunternehmen, insbesondere im Gesundheitswesen“). Ihre Einhaltung wird in einem Monitoring-Verfahren gesichert. Dazu die folgende Presseerklärung der BAG Selbsthilfe:

2. Jahresbericht zum Monitoring- Verfahren der BAG SELBSTHILFE und des FORUMs chronisch kranker und behinderter Menschen im PARITÄTISCHEN GESAMTVERBAND veröffentlicht

Unabhängigkeit und Neutralität sind seit Jahren ein wichtiges Thema bei den Mitgliedsverbänden der BAG SELBSTHILFE und des FORUMs chronisch kranker und behinderter Menschen im PARITÄTISCHEN Gesamtverband. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit der Pharmaindustrie. Aus diesem Grunde haben die BAG SELBSTHILFE und das FORUM im PARITÄTISCHEN Leitsätze erarbeitet, die die Grenzen des Zulässigen aufzeigen. Die Einhaltung dieser Leitsätze wird durch das sogenannte Monitoring- Verfahren gesichert, in dem mögliche Verstöße überprüft werden. Um zukünftige Verstöße zu vermeiden, beraten die Monitoring-Ausschüsse zudem die Mitgliedsverbände.

Die Eigenmittel der chronisch kranken und behinderten Menschen, die die Selbsthilfeorganisationen tragen, reichen oftmals nicht aus, die Vielzahl ihrer Aktivitäten zu finanzieren. Von daher sind die Organisationen häufig auf Spenden und Förderungen angewiesen. Auch Wirtschaftsunternehmen fördern Selbsthilfeprojekte. Die Annahme dieser Fördermittel birgt aber die Gefahr, dass sich die Selbsthilfeverbände bewusst oder unbewusst an den Anliegen der Wirtschaftsunternehmen orientieren, oder dass die Unternehmen gezielt versuchen, auf die Willensbildungsprozesse der Selbsthilfe Einfluss zu nehmen.

Es ist unabdingbar, dass die Selbsthilfeverbände als Anlaufstellen von ratsuchenden Menschen ihre Neutralität und Unabhängigkeit bewahren. Um dies zu gewährleisten, gibt es seit 2005 das sogenannte Monitoring-Verfahren, das der Beratung und Information der Mitgliedsverbände dient, mit dem aber auch die Leitsätze weiterentwickelt und Verstöße gegen diese Leitsätze sanktioniert werden sollen. Der Monitoring-Ausschuss nimmt dabei selbst initiativ Prüfungen problematischer Fälle vor. Weiter bringen die Mitgliedsorganisationen eigene Fälle ein, wenn sie einen Verstoß gegen die Leitsätze befürchten. Aber auch Dritte – wie beispielsweise Krankenkassen – können sich an die Monitoring-Prüfstelle wenden, wenn sie bei Verbänden den Verdacht auf einen Verstoß gegen die Selbsthilfe-Leitsätze vermuten. Die Ausschüsse haben im vergangenen Jahr 13 Fälle entschieden, weitere Verfahren sind derzeit noch in der Bearbeitung.

Das Monitoring Verfahren soll jedoch nicht nur dazu dienen, vergangene Verstöße festzustellen, sondern auch neue zu verhindern. So wurde etwa ein Muster zur Selbstauskunft für Wissenschaftliche Beiräte entwickelt. Denn viele Selbsthilfeorganisationen werden von ihren wissenschaftlichen Beiräten in medizinischen Fragen beraten und möchten wissen, ob es hier Kontakte zu Wirtschaftsunternehmen gibt und wie diese aussehen. Zur Erläuterung der Leitsätze hat der Monitoring-Ausschuss zudem die Arbeitshilfe aktualisiert, die den Verbänden die Leitsätze anhand praktischer Beispiele und entschiedener Fälle konkret nahe bringen soll. „Die Arbeitshilfe ist eine sehr gute inhaltliche Ergänzung zu den Leitsätzen, so dass die Selbsthilfeorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen eine noch größere Handlungssicherheit im Umgang mit Wirtschaftsunternehmen erhalten“, fasst Dr. Martin Danner, Geschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, das Arbeitsergebnis zusammen. „Die Verbände können jetzt noch einfacher als bislang konkrete Vorhaben anhand der Arbeitshilfe überprüfen und einschätzen“, urteilt Burkhard Stork, Leiter der Bundesgeschäftstelle der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. und Vorsitzender des Monitoringausschusses.

Die BAG SELBSTHILFE e.V. – Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen – ist die Vereinigung der Selbsthilfeverbände behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen in Deutschland. Sie ist Dachverband von 109 bundesweit tätigen Selbsthilfeorganisationen, 14 Landesarbeitsgemeinschaften und 5 Fachverbänden. Über ihre Mitgliedsverbände sind in der BAG SELBSTHILFE mehr als eine Million Menschen mit körperlichen, seelischen und geistigen sowie Sinnes-Behinderungen und Menschen mit unterschiedlichsten chronischen Erkrankungen zusammengeschlossen.

Das „Forum chronisch kranker und behinderter Menschen“ wurde im Jahre 1986 als ein übergreifender Zusammenschluss von 37 der 92 bundesweit agierenden Selbsthilfeorganisationen und zugleich Mitgliedsverbänden des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes gegründet. Das FORUM vertritt die Interessen chronisch kranker und behinderter Menschen im PARITÄTISCHEN nach innen (Mitglieder, Verbandsrat, Vorstand, Hauptgeschäftsstelle) und außen. Der PARITÄTISCHE Gesamtverband unterstützt diese Aktivitäten auf Bundesebene und durch seine 15 Landesverbände.

(Pressemitteilung der BAG Selbsthilfe)