GKV-Finanzierungsgesetz benachteiligt Menschen mit Behinderung

Das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz) benachteiligt Menschen mit Behinderung. Aus diesem Grunde hat der Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, Dr. Martin Danner, am 14. September 2010 einen Brief an Hubert Hüppe, den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, geschrieben. Darin fordert Dr. Danner den Behindertenbeauftragten auf, sich dafür einzusetzen, dass Menschen mit Behinderung von der Entrichtung von Zusatzbeiträgen ausgenommen werden.

Mit dem GKV-Finanzierungsgesetz sucht die Bundesregierung den Einstieg in eine durch Zusatzbeiträge finanzierte gesetzliche Krankenversicherung. Menschen mit einem geringen oder gar keinem Einkommen sollen einen automatischen Sozialausgleich erhalten. Dieser soll letztendlich dadurch erfolgen, dass Sozialleistungsträger die Zusatzbeiträge an die gesetzliche Krankenversicherung überweisen. Der Sozialausgleich soll jedoch auf einen jährlich vorab bestimmten durchschnittlichen Zusatzbeitrag beschränkt sein.

Tatsache ist, dass sehr viele Menschen mit Behinderung auf Transferleistungen wie die Eingliederungshilfe oder ALG II angewiesen sind. Für diese Menschen wären die nun vorgesehenen Regelungen nicht nur diskriminierend, sondern hätten auch unzumutbare Konsequenzen hinsichtlich ihrer Versorgung. Da die Beitragszahlung auf den durchschnittlichen Zusatzbeitrag beschränkt wäre, hätten diese Menschen aufgrund ihrer Behinderung keinen Zugang mehr zu allen gesetzlichen Krankenkassen. Zudem ändert sich das Niveau der Zusatzbeiträge ständig. Dies hat zur Folge, dass Menschen mit Behinderungen unter Umständen jährlich die Krankenkasse wechseln müssen, was gerade bei komplexen Krankheitsbildern zu gravierenden Nachteilen und zu einem unzumutbaren Papierkrieg führen würde.

Weiter wäre Menschen mit Behinderung der Zugang zu kassenspezifischen Angeboten aus Rabattverträgen, kassenindividuellen Hilfsmittelverträgen, Verträgen der integrierten Versorgung, bestimmten Reha-Einrichtungen und zu Satzungsleistungen bestimmter Kassen verschlossen. Dies ist insbesondere deshalb unangemessen, weil gerade solche Krankenkassen behinderungsadäquate Leistungen anbieten werden, die im Kassenwettbewerb auf Versorgungsqualität und nicht auf einen Billigbeitrag setzen.

Schließlich ist zu befürchten, dass die Kostenträger, insbesondere die Kommunen, diejenigen Beträge nicht mehr für die Versorgung und Förderung von Menschen mit Behinderungen ausgeben werden, die sie für die Bereitstellung der Beiträge für die GKV aufwenden müssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt droht eine erhebliche Verschlechterung der Versorgungssituation von Menschen mit Behinderungen.

Aus den vorstehenden Gründen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bislang die entsprechenden Passagen des GKV-Finanzierungsgesetzes für die anstehenden Kabinettsberatungen nicht mitgetragen. Der Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE bat Hubert Hüppe in dem Schreiben vom 14. September dringend, sich in seiner Position als Behindertenbeauftragter der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass Menschen mit Behinderungen von der Entrichtung von Zusatzbeiträgen ausgenommen werden oder dass zumindest die Kostenträger verpflichtet werden, nicht nur den durchschnittlichen Zusatzbeitrag, sondern den kassenindividuellen Zusatzbeitrag zu entrichten. Die Kommunen müssten jedoch dann entsprechende Kompensationsleistungen erhalten, erklärte Dr. Martin Danner.

(Pressemitteilung der BAG Selbsthilfe)