Aids-Forscher, Epidemiologen, Gesundheits-Politiker, Pharma-Industrie – sie alle diskutieren zunehmend und zunehmend begeistert ein neues Präventions-Konzept, ‚treatment as prevention‘. „treatment as prevention. Die Erfolge von HPTN052 wurden diskutiert; was sind die nächsten Schritte?“, wird schon begeistert auf der 6. Internationalen Konferenz der IAS in Rom gefragt (was manchem Beobachter zynisch erscheinen mag, wenn gleichzeitig Millionen HIV-Positiver weltweit die Aids-Medikamente, die sie dringend benötigen, nicht erhalten).
‚treatment as prevention‘ ist eine Umsetzung des EKAF-Statements und seiner Konsequenzen auf die Prävention: wenn bei HIV-Positiven durch eine erfolgreiche antiretrovirale Therapie (ART) die Infektiosität drastisch sinkt – müsste es dann nicht möglich sein, durch eine möglichst weitreichende und umfassende Behandlung aller HIV-Positiven die Zahl der HIV-Neuinfektionen nahe Null zu bringen?
Für die Pharma-Industrie scheint ein Traum wahr zu werden – Gesunde nehmen Medikamente. Und auch in Positiven- und Aidshilfe-Kreisen werden dieses Konzept und seine potentiellen Konsequenzen diskutiert. Eine dringend notwendige Debatte. Darf man aus Nebenwirkungen der ART „präventives Kapital“ schlagen?, fragte das DAH-Blog vor einigen Tagen. Corinna Gekeler und Karl Lemmen vertraten pro und contra, versuchten jeweilige Argumente aufzuzeigen.
Ein Gedanke wird meines Erachtens in der Debatte bisher zu wenig, und von Menschen mit HIV zu wenig beachtet: wohnt dem Konzept „treatment as prevention“ gravierende Beschränkung von Freiheitsrechten inne?
Warum dies?
Damit „treatment as prevention“ wirklich funktionieren kann (sprich: die Zahl der HIV-Neuinfektionen deutlich gesenkt wird), sind zahlreiche Prämissen zu erfüllen:
- die Rate an HIV-Tests muss deutlich gesteigert werden, und
- die Zahl der nicht als solche diagnostizierten Menschen mit einer HIV-Infektion muss auf ein Minimum reduziert werden, und
- die Menschen, bei denen eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, müssen möglichst alle und möglichst sofort an HIV-Behandlungszentren angebunden werden, und
- sie müssen alle möglichst zügig antiretrovirale Therapie erhalten, und
- sie müssen sämtlich angehalten werden, diese Medikamente auch entsprechend den Richtlinien einzunehmen, und
- ihre Gesundheit und Werte müssen regelmäßig überwacht werden, um sicherzustellen, dass ihre Viruslast unter der Nachweisgrenze bleibt.
Wenn nur eine dieser Prämissen nicht erfüllt werden kann, gerät das Ziel einer deutlichen Senkung der HIV-Neuinfektions-Rate bereits in’s Wanken: wenn nur eine Bedingung suboptimal erfüllt ist, wird die Zahl der HIV-Positiven, die aufgrudn von ART nicht-infektiös sind, zu deutlich sinken.
Nur wenn alle oben genannten Prämissen erfüllt sind, wird sich mit „treatment as prevention“ die Zahl der HIV-Neuinfektionen deutlich senken lassen.
Doch – zu welchem Preis?
Was wird aus
- dem Recht, als HIV-Positiver selbst zu entscheiden, ob ich eine Therapie beginnen will?
- dem Recht, eine Therapie erst dann zu beginnen, wenn sie medizinisch erforderlich ist – und nicht, wenn und wann es „der Volksgesundheit dient“?
- dem Recht, eine Therapie zu unterbrechen (unabhängig von medizinischer Sinnhaftigkeit – was wird aus dem Recht, es aus welchen Gründen auch immer als Patient zu tun)?
- dem Recht, vor dem beginn einer ART zunächst andere Verfahren z.B. aus dem Bereich der alternativ-komplementären Medizin ‚auszuprobieren‘?
- um nur einige Beispiele zu nennen …
Und wenn ‚treatment as prevention‘ salonfähig wird, sich breit durchsetzt – was wird aus denjenigen HIV-Positiven, die sich widersetzen? Die nicht oder noch nicht Medikamente nehmen wollen? Werden sie zu den neuen Parias der HIV-Epidemie?
Die Freiheit droht bei diesem Konzept auf der Strecke zu bleiben – insbesondere auch Freiheiten, die für Positive heute eine Selbstverständlichkeit scheinen.
Dies sind nur einige erste Fragen an das Konzept ‚treatment as prevention‘, und vermutlich nicht die letzten.
Schon diese ersten Fragen zeigen eines:
es ist in massivem Interesse von uns HIV-Positiven, sich mit diesem Konzept auseinander zu setzen, Positionen zu diskutieren und finden und sie zu vertreten – bevor andere vollendete Tatsachen schaffen.
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siehe auch
Der Teilzeitblogger 26.07.2011: Therapiezwang: Volksgesundheit vs. Entscheidungsfreiheit!
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treatment as prevention’ ist eine Umsetzung des EKAF-Statements und seiner Konsequenzen auf die Prävention: wenn bei HIV-Positiven durch eine erfolgreiche antiretrovirale Therapie (ART) die Infektiosität drastisch sinkt – müsste es dann nicht möglich sein, durch eine möglichst weitreichende und umfassende Behandlung aller HIV-Positiven die Zahl der HIV-Neuinfektionen nahe Null zu bringen?
Prof Vernazza wird ja nicht müde auf den Inhalt des EKAF Statementes immer wieder und wieder hinzuweisen. So langsam löst dies bei mir zumindest unbehagen aus.
ca 8 monate nachden u.a. von der WHO lauthin vernehmbaren Mahnungen sich vor der schweinegrippe schutzimpfen zu lassen, hat man sich mal die mahner in dem expertengremium der WHO die sich für die schutzimpfung stark gemacht haben, näher betrachtet. man stellte fest das es sich zum großen teil um ärzte, forscher handelte die ein eigenes institut hatten, oder in einem beschäftigt waren deren institute, forschungseinrichtungen allesamt vom hersteller des serums großzügige finanzielle unterstützung erfahren haben.
econconcept
Forschung zu Sexual Health / STI: Übersicht und Möglichkeiten der Förderung
http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=12&ved=0CCcQFjABOAo&url=http%3A%2F%2Fwww.bag.admin.ch%2Fhiv_aids%2F05464%2F05465%2F07563%2Findex.html%3Flang%3Dde%26download%3DNHzLpZeg7t%2Clnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCJdoF2fWym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A–&rct=j&q=kantonsspital%20st.%20gallen%20infektiologie%20%2B%20finanzielle%20unterst%C3%BCtzung&ei=UZgpTpW6E8yq-gaK8KjzBg&usg=AFQjCNGzHAZyGtnqmcBouqCUNThxmwoIzA&cad=rja . . .
3.1 Privatwirtschaftliche Forschung zu Sexual Health/STI – Seite 9 – 11 ff
Ein Schelm wer böses dabei denkt . . .
Ulli die Nr 1 Prämisse hast Du außer acht gelassen bzw wie es Deine Art ist unter den beiden erst genannten Punkten
# die Rate an HIV-Tests muss deutlich gesteigert werden, und
# die Zahl der nicht als solche diagnostizierten Menschen mit einer HIV-Infektion muss auf ein Minimum reduziert werden,
geschickt verborgen:
Welcher Personenkreis – Kreise oder um sich des prähistorischen Wortes „Rand-Risikogruppen“ gehört/gehören bzw rechnet man dazu.
Und wie will man es im Kontext zu einer „Risikominimierung“ sicherstellen das so wenig wie möglich durch die Maschen schlüpfen . . .
Da kündigt sich schon ein gehöriges Magengrummeln an . . . .
Die Rate der HIV-Tests steigern? Nun, dann machen wir doch ein Screening und dies nach einem Stufenplan:
1. alle schwule Männer
2. alle DrogenkonsumentInnen
4. alle Sexworker/-innne
5. alle Heterosexuelle Singles
6. alle die in Urlaub fliegen
….
zum Schluss die gesamtbevölkerung
Gauweiler lässt grüßen.
Und das vor dem Hintergrund, dass nicht jede/r, der/die eine Therapie benötigt, keine bekommt.
Und was ist mit Sex? Wie gross ist denn der „Zwang, nicht mehr infektiös zu sein“? Wer geht denn noch mit jemanden in die Kiste der auf den grünen Seiten ein VL von 300.000 angibt und 150 T4er hat? Ist das nicht jemand, dem alles egal ist und der sich nicht kümmert? Hose runter.. wer machts? Also auch ich komme ins straucheln. Ich möchte auch nur noch Sex mit Positiven unter EKAF-Kriterien – ich hab keine Lust auf STD´s so sich das vermeiden lässt. Und dann soll ich „Freiheit“ fordern? ja..auch das tue ich! Aber zusammenpassen tut das nicht……