XIX. International Aids Conference 2012: Rolands Washington-Tagebuch, Tag -5: Flug und Einreise

Die XIX. International Aids Conference 2012 findet vom 22. bis 27. Juli 2012 in Washington, USA statt. Roland, ein HIV-positiver Mann, nimmt (durch ein Scholarship der Deutschen Aids-Hilfe) zum ersten Mal an einer Welt-Aids-Konferenz teil. Für ondamaris berichtet Roland in den kommenden Tagen über die XIX. International Aids Conference 2012 und seine Reiseeindrücke täglich live aus Washington.

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Tag 1: XIX. International Aids Conference 2012 – Flug und Einreise

Die Anreise verläuft gut. In Berlin bin ich 40 Minuten verspätet abgeflogen – aber das verkürzt einem die Wartezeit in Amsterdam. KLM hat auf dem Flug nach Washington ein sehr schräg anmutendes Kabinenteam im Einsatz … irgendwie Trans – irgendwie in vielen Programmpunkten in DC enthalten. Alle arbeiten fleißig und dann ist es auch nicht schlimm, daß wir 2 Stunden später abfliegen als geplant.

Im Flugzeug sitze ich neben Barbara und wir nutzen die Zeit und die Ruhe des Wartens zum ausführlichen Gespräch. Sie wohnt auf dem „Land“ nahe der Hauptstadt, liest gern Bücher, ist Rentnerin und arbeitet zur Aufbesserung der Rente noch in einer Bibliothek … Sie befürchtet, das Obama im Herbst die Wahl verliert und ist etwas erstaunt, als ich erkläre, daß viele Ausländer ihren Präsidenten einen prima Kerl finden, den man als Präsidenten behalten sollte. Ich glaube der würde auch die Merkel ablösen können – wenn der ab Herbst dann wirklich arbeitslos ist, sollte man ihm ein entsprechendes Angebot als Kanzlerkandidat machen … das würde vermutlich vielen „Menschen“ (wem auch sonst?) im Land viel mehr Spaß machen.

Wir sitzen für unseren Plausch im Flugzeug das den Namen „Dam – Amsterdam“ trägt. Es handelt sich beim Dam um einen zentralen Platz in der besagten Stadt, an dem zu Beginn der Ausbreitung von HIV noch stark mit Drogen gehandelt wurde. Nun fliege ich zu meiner ersten Welt-AIDS-Konferenz mit einem Vogel der nach einer alten Ikone der Drogenszene benannt ist. (Ich liebe symbolische Deutungen).

Viel später am Abend dann Einreise in die USA. Lange Zeit durfte man als HIV Positiver nicht in Gods own Country einreisen. Wer es trotzdem gemacht hat, beging ein Einreisedelikt, auch wenn es nicht aufgeflogen ist. Damit ist dann aber mit einer legalen Einreise in die USA ein für alle Mal vorbei.

Ich war nie getestet und bin seit meinem Testergebnis noch nicht wieder in die USA gereist und kann daher nun seit der Gesetzesreform wieder legal einreisen. Diese Politikänderung unter dem von mir sehr geschätzten Nachfolger von Herrn Bush hat dann ja auch mit dazu geführt, daß die Welt AIDS Konferenz endlich mal wieder in den USA stattfindet.

Eine solche Veranstaltung geht ja nicht gut ohne richtige Positive!

Sexworker (egal ob positiv oder negativ) dürfen übrigens immer noch nicht einreisen …. deshalb tagen die dann auch dieses Mal nicht in Washington sondern in Kalkutta wo man scheinbar mit solch einem Beruf lockerer einreisen darf.

Ich wollte bei der Paßkontrolle aber mal ausprobieren was passiert wenn man einfach die Wahrheit sagt – meine junge neue Liebe zu dem Land (Barbara sei Dank) sollte nicht gleich durch eine billige Lüge Schaden nehmen. Auf die Frage des Beamten was ich im Land wolle, habe ich gesagt, dass ich ein Scholarship für die XIX. International Aids Conference 2012 habe und mich auf die Teilnahme sehr freue.

Ein kleiner Schritt für die meisten Positiven – ein großer Schritt in meinem Coming Out.

Der Beamte hat dann wieder viele geheimnisvolle Computereingaben gemacht und sicherheitshalber auch noch gleich Fingerabdrücke und Gesichtsfoto abgenommen. Da das aber auch das eher biedere Paar vor mir mitmachen mußte, denke ich war das nicht praktizierte HIV-Diskriminierung.

Trotzdem ist man ja nun als potentieller Täter beim Berühren von HIV-negativen Sexpartnern mit nackten Händen viel leichter zu überführen.

An der Zollkontrolle wollte niemand mehr meine Medikamente sehen – diese muss man nach offizieller Lesart bei der Einreise deklarieren und sie müssen in der Originalverpackung eingeführt werden. Vorsichtshalber habe ich da dann gleich die ungeöffneten Monatspackungen Viramune und Truvada und eine Rezeptkopie eingesteckt … aber der Mann war freundlich, interessierte sich nicht für meine Details und es dauerte für den ganzen Zoll dann nicht länger als wenn man in der EU unterwegs ist. (Bei meiner letzten Einreise mußte ich noch einen richtigen Schnüffeldackel durch meinen Koffer spazieren lassen – der dort nach versteckten Lebensmitteln suchte).