Das Kompetenznetz HIV/Aids sucht neue Wege der Finanzierung. Ein begehrter ‚Partner‘: die Pharmaindustrie, deren Einfluss im Kompetenznetz zunehmend steigt.
Es ist ruhiger geworden in den letzten Monaten um das Kompetenznetz HIV/Aids. Noch 2006 und 2007 wurde intensiv über laxen Umgang mit Patientendaten, über Kohortenstudie und Datenschutz-Probleme diskutiert, und Ende 2008 über die ominöse ‚Rektalstudie‘.
Inzwischen herrscht weitgehend Ruhe beim Thema ‚Kompetenznetz‘. Eine Ruhe, aus der man schließen könnte, alle Probleme seien gelöst, alle offenen Fragen beantwortet.
Doch – die Debatten wurden noch nicht zuende geführt. Viele Fragen sind noch offen. Und neue Fragen hinzu gekommen. Nicht nur interne wie die des Datenschutzes, sondern auch extern – die nach den Partnern. Besonders die nach der Rolle der Pharma-Industrie im Kompetenznetz HIV/Aids.
Heute „Kompetenznetz HIV – der steigende Einfluss der Pharmaindustrie“, am Freitag folgt der zweite Teil zur Frage, welche Rolle die DAH im Kompetenznetz hat.
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Die neue Rolle der Pharmaindustrie im Kompetenznetz HIV/Aids
Im Jahr 2008 hat das Kompetenznetz eine organisatorische Änderung erfahren, die zukünftig weitreichende Konsequenzen haben könnte: erstmals wurden Pharmaunternehmen aufgenommen.
Hierzu wurde das Konstrukt einer ‚Fördermitgliedschaft‘ neu eingeführt.
2008 wurden bereits die Pharmakonzerne Abbott und MSD Mitglied mit einem jährlichen ‚Förderbeitrag‘ in Höhe von je 10.000€, 2009 wurden zudem Boehringer Ingelheim und Essex als ‚Fördermitglied‘ aufgenommen.
Doch der Arm der Pharma-Industrie reicht inzwischen weiter hinein in das Kompetenznetz HIV. Nicht nur in Form von ‚Fördermitgliedschaften‘ ist die Pharmaindustrie beteiligt, sondern seit Kurzem auch direkt finanziell in Projekte und die Nutzung von Ergebnissen eingebunden:
Zum Kompetenznetz-Projekt ‚Resistenzdatenbank‘ vermeldet das Kompetenznetz selbst Ende 2008:
„Nun konnte das Kompetenznetz selbst mit der Firma Virco einen Partner finden, der das Projekt mitfinanziert.“
Virco, ein 1995 gegründetes Unternehmen, das Verfahren zur Interpretation von Resistenztests entwickelt und anbietet, ist ein Teil des 1994 gegründeten Unternehmens Tibotec (u.a. HIV-Medikamente Prezista®, Intelence®). Tibotec wiederum ist (über Janssen-Cilag) seit April 2002 Bestandteil des internationalen Pharmakonzerns Johnson & Johnson.
Der Preis für die Unterstützung Vircos?
„Als Gegenleistung für die Finanzierung der Resistenzdatenbank erhält Virco die pseudonymisierten Sequenzdaten sowie einen eingeschränkten Satz relevanter klinischer Daten“, berichtet ‚Kompl@t‘, der Newsletter des Kompetenznetzes.
Die Pharmaindustrie ist also inzwischen weit mehr als „nur“ Fördermitglied, die Pharmaindustrie gelangt vielmehr längst in der Rolle eines bedeutenden Finanziers von Projekten. Zudem partizipiert sie direkt an den Ergebnissen.
Diese Entwicklung vollzieht sich nicht grundlos. Hintergrund dieser Entwicklungen ist das Bemühen des Kompetenznetzes HIV, den Anteil der Drittmittel-Förderung auszubauen.
Dieses Bemühen des Kompetenznetzes HIV/Aids um Drittmittel war notwendig geworden, nachdem der Bund ankündigte, nach Ablauf der dritten Förderperiode 2010 keine weiteren öffentlichen Mittel bereit zu stellen. Zwar enthielt erst jüngst ein Antrag der FDP-Bundestagsfraktion (21. Januar 2009) zur Aids-Forschung auch einen Appell, die zukünftige Förderung des Kompetenznetzes durch das Forschungsministerium sicherzustellen. Diesem Begehren wird derzeit aber nur geringe Aussicht auf erfolg eingeräumt.
Angesichts der Mittel-Situation wird die Pharmaindustrie zukünftig ein noch begehrterer Partner des Kompetenznetzes HIV werden. Ein Partner, der weit mehr sein wird als nur Fördermitglied. Ein Partner, der wesentlich zur Finanzierung des Kompetenznetzes HIV beitragen wird. Ein Partner, der zunehmend an den Ergebnissen der Projekte teilhaben wird. Und ein Partner, der zunehmend versuchen dürfte, auch auf die Ausrichtung des Kompetenznetzes und seiner Forschungsprojekte Einfluss zu nehmen.
Dies ist eine Entwicklung, die sicher auch die Bundesregierung verursacht durch ihr Beharren auf einem Auslaufen der öffentlichen Förderung.
Es ist jedoch in jedem Fall eine Entwicklung, die so nicht im Interesse der Menschen mit HIV und Aids sein dürfte. Ein stärkerer Einfluss der Pharmaindustrie dürfte immer auch bedeuten, dass Interessen an kommerzieller Verwertbarkeit der Ergebnisse stärkere Bedeutung gewinnen. Dass dies nicht unbedingt Patienteninteressen entspricht, zeigen allein schon die zahlreichen Beispiele von Substanzen, deren Erforschung nicht oder nur unter äußerst erschwerten Umständen möglich war – weil eine Patentierbarkeit unmöglich, eine lukrative kommerzielle Verwertung unwahrscheinlich war – obwohl eine Erforschung im Interesse von HIV-Positiven gewesen wäre.
Ein Kompetenznetz HIV/Aids, in dem die Pharmaindustrie eine immer stärkere Rolle einnimmt – kann das im Interesse von Menschen mit HIV sein? Und wie müssten, sollten sie sich daran beteiligen – oder nicht?
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Teil 2 am Freitag, 27.2. beschäftigt sich mit der Rolle der DAH im Kompetenznetz
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Auf meinem Schreibtisch liegt schon seit längeren ein Zusatz zu den Einwilligungen und wartet auf meine Unterschrift.
In diesem Dokument wird auch auf die mögliche Wirkung von prädiktiven Gentests hingewiesen.
Es kann sein, dass es in der Zukunft eine Auskunftspflicht gegenüber Versicherungen geben kann.
Da es in Deutschlang momentan Bemühungen gibt, die Krankenkassen zu privatisieren, habe ich „Bauchschmerzen“ meine Unterschrift zu leisten.
Eine kleine Sammlung von links zum Thema habe ich angefertigt. Bei Bedarf sende ich diese gerne zu.