HIV in den USA

Über 1,1 Millionen Menschen leben in den USA mit HIV. Die Zahl der Neu-Infektionen mit HIV ist in den vergangenen Jahren vergleichsweise stabil geblieben. Dies geht aus einer neuen Übersicht der CDC hervor.

Schätzungsweise 1.106.400 Menschen lebten 2006 in den USA mit HIV. 2006 ist das letzte Jahr, für das nationale Schätzungen der HIV-Prävalenz vorliegen. Gegenüber der letzten vorigen Schätzung aus dem Jahr 2003 sei dies ein Anstieg um 11%. Dies sei u.a. darauf zurück zu führen, dass Menschen mit HIV länger leben, sowie dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen höher sei als die Zahl der Menschen, die an den Folgen von Aids sterben.

HIV in den USA 1977 - 2007 (Quelle: CDC)
HIV in den USA 1977 - 2007 (Quelle: CDC)

Grafik Erläuterungen: blaue Linie = geschätzte Anzahl der insgesamt in den USA mit HIV lebenden Menschen; graue Linie = geschätzte Anzahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen

Jüngsten Schätzungen der HIV-Inzidenz zufolge hätten sich in den letzten 10 Jahren jährlich etwa 56.000 Menschen neu mit HIV infiziert, betont das „HIV/AIDS fact sheet“ der US-Gesundheitsbehörde CDC Centers for Disease Control. Der Wert sei seit 1990 vergleichsweise stabil. Neue Schätzungen für die HIV-Inzidenz werden die CDC noch 2010 veröffentlichen.

Nicht in allen US-Bundesstaaten existiert ein einheitliches Berichtssystem über neu diagnostizierte HIV-Infektionen. In den 37 Staaten, die ein langjähriges (seit 2005) vertrauliches namentliches (!) HIV-Meldesystem haben, wurden 2008 41.269 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet.

Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), hätten eine 40fach höhere HIV-Diagnose-Rate als andere Männer, bei einem Bevölkerungsanteil von 2% (so das fact sheet). Etwa die Hälfte aller jährlichen HIV-Neuinfektionen in den USA erfolgten bei MSM; MSM seien die einzige Gruppe mit jährlich steigenden HIV-Neuinfektionen.
Eine jüngst präsentierte Studie war zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (in den letzten 5 Jahren), bei 6.921 von 100.000 Männern eine HIV-Infektion diagnostiziert ist (Schätzung).

Seit Beginn der Epidemie sind bis 2007 in den USA über 576.000 Menschen an den Folgen von Aids verstorben.

weitere Informationen:
HIV in the United States: An Overview. CDC HIV/AIDS fact sheet, June 2010 (pdf)
CDC / MMWR 03.10.2008: HIV Prevalence Estimates — United States, 2006
CDC: Diagnoses of HIV infection and AIDS in the United States and Dependent Areas, 2008. HIV Surveillance Report, Volume 20
CDC: abstract: Calculating HIV and Syphilis Rates for Risk Groups: Estimating the National Population Size of Men Who Have Sex with Men. Latebreaker #22896, Presented March 10, 2010, 2010 National STD Prevention Conference; Atlanta, GA

Zu Begrifflichkeiten (Neuinfektionen, Neudiagnosen, Inzidenz, Prävalenz) siehe auch HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen
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HIV-Testung – Begrifflichkeiten und Eckdaten

Auf der Expertenanhörung  „HIV-Testungsansatz im deutschen Gesundheitswesen“ am 22. Oktober 2009 in Hannover präsentierte Dr. Ulrich Marcus (RKI) Eckdaten. Der Versuch einer Zusammenfassung auf Basis der Präsentation Dr. Marcus:

Begrifflichkeiten

Klienten-initiierte Testung (CIT, client-initiated test): KlientIn entscheidet sich nach eigener Einschätzung für einen Test und sucht eine Testungsstelle auf
Anbieter-orientierte Testung (PIT, provider initiated test): Der Test wird eine/m PatientIn von Seiten des Behandlers angeboten (Beispiel für deutsche Regelungen: Schwangerenvorsorge, bei Vorliegen einer STI, TB oder Hepatitis B oder C)
opt-in: KlientIn / PatientIn willigt explizit (und nach Beratung) in den HIV-Test ein
opt-out: KlientIn / PatientIn lehnt HIV-Test explizit ab und verhindert dadurch dessen Durchführung

Wo wird getestet, wo sollte getestet werden?

Die größte Zahl an HIV-Tests wird in Deutschland bei niedergelassenen Ärzten durchgeführt (client initiated oder provider initiated). Zusätzlich besteht die Möglichkeit anonymer HIV-Tests in Gesundheitsämtern und bei niedrigschwelligen Testeinrichtungen (client initiated voluntary testing with counseling)
Ein routinemässiges Testangebot (provider initiated testing, mit informed consent) sollte gemacht werden bei Schwangeren (Mutterschutzrichtlinie), STD-Patienten (Deutsche STD-Leitlinien), Tuberkulose-Patienten (Leitlinien des DZK) sowie bei Patienten mit chronischer Hepatitis B bzw. Hepatitis C.
Eine unklare Situation (bundesländerspezifische Regelungen) besteht bei Testangeboten für Asylbewerber und Häftlinge.

Geschätzte HIV-Prävalenz

In der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands (15 bis 60 Jahre; 51 Mio.) liegt die HIV-Prävalenz bei 0,12%.
Unter MSM (im Alter von 20 bis 60 Jahren; ca. 750.000 entspr. knapp 3% der männlichen Bevölkerung der Altersgruppen) liegt die HIV-Prävalenz bei 5,3% (wobei sie in Großstädten bei bis zu 10 bis 15% liegen kann). Unter iv-Drogengebrauchern (ca. 200.000 ?) wird eine HIV-Prävalenz von ca. 4% geschätzt (Basis: neuere Daten Gefängnisstudie); unter Migranten aus dem westlichen Subsahara-Afrika ca. 2 bis 4%.
Unter der heterosexuellen Allgemeinbevölkerung zwischen 15 und 60 Jahren, ohne MSM, iv-Drogengebraucher und Migranten aus Hochprävalenz-Ländern (HPL) liegt die HIV-Prävalenz bei 0,02% (bei Blut-Erstspendern unter 0,01%).

Test-Häufigkeit

Von allen MSM ohne positiven HIV-Vortest haben bisher 66% jemals einen HI)V-Test durchführen lassen, darunter 25% in den letzten 12 Monaten. Bei MSM mit hohem Risiko bzw. von der Praxis rekrutierten MSM liegen die Raten deutlich höher (jemals: 89 bis 97%, in den letzten 12 Monaten 47 bis 49%)
Bei MSM mit bestehendem Vor-Test lag der Abstand zum letzten vor dem aktuellen Test vorgenommenen HIV-Test bei durchschnittlich 2,5 Jahren, bei iv-Drogengebrauchern (IVDA) bei 1,8 Jahren. Bei angegebenem Transmissionsrisiko ‚heterosexuell‘ oder ‚HPL‘ hingegen lag der zeitliche Abstand zum letzten Vor-Test bei über 3 Jahren. Dr. Marcus ergänzte, dass es sich bei den Angaben sicher um eine Unter-Schätzung handele, da Angaben zum Vor-Test oftmals nicht vorliegen.

Der Begriff ‚late presenter‘

Dr. Marcus wies darauf hin, dass nicht jede Person, die sich erst sehr spät im Infektionsverlauf in einer Klinik oder Schwerpunktpraxis vorstellt, auch tatsächlich erst spät von ihrem positiven HIV-Status erfährt. Oft kann (in unbekanntem zeitlichem Abstand) schon vorher ein (ggf. z.B. anonymer) HIV-Test (z.B. in einem Gesundheitsamt) liegen, sowie bzw. oder bei einem niedergelassenen Arzt (ohne HIV-Schwerpunkt).
Nur von einem geringen Anteil aller HIV-Erstdiagnosen in Deutschland liegen Angaben zur CD4-Zellzahl bei Test vor (unter 20 bis zu 30% je nach Infektionsrisiko). Die auf diesem geringen Anteil aller Erstdiagnosen basierenden Werte auf alle Erstdiagnosen zu übertragen erscheint zumindest fraglich. Bei denjenigen Menschen, für die Angaben zur CD4-Zellzahl vorliegen, liegt der Anteil derjenigen mit unter 200 CD4-Zellen (stark erhöhtes Risiko opportunistischer Infektionen) bei knapp über 20% (MSM), ca. 25% (IVDA), knapp 40% (hetero), ca 45% (HPL) und über 50% (keine Angabe zum Transmisssionsrisiko).
Der Anteil rezenter Infektionen (Infektion frischer als 6 Monate) liegt bei IVDA bei 37,1%, bei MSM bei 36,4%, hetero 30,7% und HPL 14,9%.

Späte HIV-Diagnose

Eine späte HIV-Diagnose (CDC-Stadium B oder C; 2/3 Anteil an ‚late presentation‘) ist häufiger bei Menschen mit den Infektionsrisiken ‚hetero‘ oder ‚Herkunft aus Hochprävalenz-Regionen‘, am häufigsten bei Personen ohne Angabe zum Infektionsrisiko.
Der Anteil später HIV-Diagnose nimmt mit steigendem Lebensalter zu (unter 30 Jahre ca. 20%, über 60 Jahre ca. 60%). Die Wohnort-Größe hat (mit Ausnahme der Gruppe ohne Angabe zum Infektionsrisiko) keinen erkennbaren Einfluss auf den Diagnose-Zeitpunkt. Die Herkunftsregion hat keinen erkennbaren Einfluß auf den Diagnose-Zeitpunkt, Ausnahmen sind Herkunft aus Subsahara-Afrika sowie Frauen aus Südostasien.

Später Behandlungsbeginn (CD4 unter 200)

Etwa 2% aller in Deutschland mit HIV lebenden Menschen (1.300 bis 1.500) begeben sich erstmals in qualifizierte ärztliche Behandlung, wenn ihr Immunsystem weniger als 200 CD4-Zellen aufweist. Dies entspricht 30% der Neuvorstellungen und 50% der jährlichen HIV-Neudiagnosen.
Ein später Behandlungsbeginn erfolgt bei vermutlich 2 bis 3% der noch unbehandelten aber medizinisch betreuten Menschen mit HIV (400 / 15.000) und bei ungefähr 5% der bis dahin undiagnostizierten Menschen mit HIV ( 1.000 / 20.000). Ein verzögerter Behandlungsbeginn ist häufiger bei IVDA.

Testbarrieren

Testbarrieren werden vor allem gesehen in fehlendem Risikoempfinden, Angst vor v.a. sozialen Konsequenzen, Angst vor Behandlungs-Nebenwirkungen, fehlender Kommunikation zwischen Arzt und Patient über Risiken sowie bei Migranten einem anderen Gesundheitsverständnis, einem Nicht-Vertrautsein mit dem deutschen Gesundheitssystem, konkurrierenden Problemen sowie fehlendem Krankenversicherungsschutz.

HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen

Im Vorfeld des alljährlichen Welt-Aids-Tags am 1. Dezember werden demnächst wieder die Zahlen zu den HIV-Neudiagnosen in die Diskussion geraten. Was steckt hinter diesen Zahlen? Wie kommen sie zustande, und was sagen sie aus? Einige Hintergrund-Informationen …

HIV-Neudiagnosen

HIV-positive Testergebnisse müssen in Deutschland von Laboren und Ärzten pseudonymisiert an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet werden (Meldung gemäß §7(3) Infektionsschutzgesetz). Anhand der Pseudonymisierung werden Doppel-Meldungen (z.B. Labor und Arzt melden den gleichen Patienten an das RKI) weitgehend bereinigt.
Dies bedeutet: die Zahl der HIV-Neudiagnosen wird gezählt!

Die Zahl der HIV-Neudiagnosen wird vom RKI regelmäßig publiziert im ‚Epidemiologischen Bulletin‘ (z.B. der Jahresbericht ‚HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland‘ 2007 im Epidemiologischen Bulletin Sonderausgabe A / 2008, 2. Mai 2008).

HIV-Infektion und HIV-Diagnose können zeitlich weit auseinander liegen. Aus diesem Grund erlaubt die Zahl der HIV-Neudiagnosen keinen direkten Rückschluss auf das aktuelle Infektionsgeschehen. Zudem wird die Zahl der HIV-Neudiagnosen z.B. beeinflusst von Faktoren wie das Meldeverhalten der Ärzte oder Angebot und Inanspruchnahme von HIV-Tests (ein massives Bewerben des HIV-Tests in Schwulenszenen einiger Städte führt z.B. fast ’natürlich‘ auch zu einem Anstieg der Tests und damit der Neudiagnosen).

Für Deutschland wurden dem RKI für das Jahr 2007 (Stand 01.03.2008) 2.752 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet (für 2006: 2.643; Zunahme 2007 zu 2006: 4%). Die Zahl der HIV-Neudiagnosen publiziert das RKI im April (gesamt Vorjahr). Der bisher jeweils im Oktober vorgelegte Halbjahresbericht entfällt seit diesem Jahr; allerdings wird das RKI auch dieses jahr wieder ein Welt-Aids-Tag – Bulletin veröffentlichen  (im November; siehe ‚HIV-Neuinfektionen‘).

Im Gegensatz zu HIV-positiven Testergebnissen (pseudonymisierte Meldepflicht) wird die Zahl der Aids-Erkrankungen und Aids-Todesfälle nur freiwillig weitergegeben und vom RKI in einem zentralen Fallregister ausgewertet.

Bei weitem nicht alle Staaten weltweit zählen ihre HIV-Neudiagnosen. Aus diesem Grund werden von internationalen Organisationen wie UNAIDS (der Aids-Organisation der Vereinten Nationen) oftmals keine Daten zu HIV-Neudiagnosen veröffentlicht.

HIV-Neuinfektionen

Das eigentliche Ziel der Überwachung von Infektionskrankheiten ist weniger das Zählen neuer Diagnosen, als das Erkennen aktueller Entwicklungen. Das aktuelle Infektionsgeschehen spiegeln die Zahlen der HIV-Neudiagnosen aus verschiedenen Gründen (s.o.) jedoch nicht direkt wieder.
Da es für die Zahl der HIV-Neuinfektionen keine Zahlen gibt (geben kann), kann diese nur geschätzt werden. Das RKI schreibt selbst hierzu: „Die Bestimmung der Anzahl der HIV-Neuinfektionen pro Zeiteinheit (HIV-Inzidenz) ist methodisch schwierig und aufwändig.“
Dies bedeutet: die Zahl der HIV-Neuinfektionen wird geschätzt!

Anlässlich des Welt-Aids-Tags 2007 berichtete das RKI im November 2007 über Stand und Entwicklung der HIV-Infektion in Deutschland und schätzte damals die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland für das Jahr 2007 auf „etwa 3.000“ (Epidemiologisches Bulletin Nr. 47/2007).
Die Schätzung der HIV-Neuinfektionen 2008 wird das RKI etwa Ende November 2008 veröffentlichen.

HIV-Prävalenz

Die HIV-Prävalenz gibt die Gesamtzahl der lebenden HIV-Infizierten an.
Mitte der 1990er Jahre hatte sich in Sachen HIV-Prävalenz eine Art ‚Gleichgewichtszustand‘ etablierte: die Zahl der Aids-Neumanifestationen und -Todesfälle hielt sich in etwa die Waage mit der Zahl der HIV-Neuinfektionen. Die Einführung hochwirksamer Therapien beendete dieses ‚Gleichgewicht‘. Die Zahl der Aids-Neumanifestationen und -Todesfälle sinkt; seit etwa 2000 steigt zudem die Zahl der HIV-Neuinfektionen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass seit 1995 die Zahl der mit HIV lebenden Menschen in Deutschland langsam zunimmt. Für Ende 2007 schätzt das RKI die Zahl der in Deutschland lebenden HIV-Positiven auf „um 59.000“ (Epidemiolog. Bulletin Nr. 47/2007, s.o.). Die Schätzung für 2008 wird etwa Ende November 2008 veröffentlicht werden.
Diese Schätzung beinhaltet auch die so genannte ‚Dunkelziffer‘ (diejenigen Menschen, die noch nichts von ihrer HIV-Infektion wissen).

HIV-Inzidenz

Die HIV-Inzidenz gibt die Zahl der HIV-Neudiagnosen pro Zeiteinheit an (s.o.).

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Nachtrag
03.12.2008: Bei den Daten zur HIV-Prävalenz ist zu beachten, dass diese nicht direkt zwischen den Jahren vergleichbar sind. Das Robert-Koch-Institut hat die Zahl der HIV-Infektionen in den 1990er Jahren im Jahr 2008 neu berechnet und nachkorrigiert. Dadurch wurden die Zahlen nach oben korrigiert – diese erhöhten Zahlen sind in die Zahlen zur Prävalenz 2008 mit eingeflossen. Aus diesem Grund fällt die Prävalenz 2008 höher aus als die Prävalenz 2007.