RKI: HIV-Neudiagnosen 2010 annähernd konstant, Anstieg der HIV-Inzidenz bei jungen Schwulen

Die Zahl der neu diagnostizierten HIV-Infektionen ist in Deutschland auch 2010 annähernd konstant geblieben. Dies berichtet das Robert-Koch-Institut. Eine Zunahme gibt es allerdings bei jungen Schwulen.

Im aktuell veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin Nr. 21/2011 berichtet das Robert-Koch-Institut über die Entwicklung der HIV-Neudiagnosen in Deutschland. 2010 gab es insgesamt im Vergleich zum Vorjahr keine wesentliche Veränderung – 2.918 HIV-Neudiagnosen wurden 2010 gemeldet, 2.885 im Jahr zuvor.

Unterschiede gab es allerdings, betrachtet man die einzelnen Gruppen. Bei Menschen mit heterosexuellem Risiko (2010: 411 HIV-Neudiagnosen), iv-Drogengebraucher/innen (93) sowie Menschen aus Hochprävalenz-Ländern (273)  sank von 2009 auf 2010 die Zahl der HIV-Neudiagnosen geringfügig. Bei Männern, die Sex mit Männern haben, stieg sie hingegen geringfügig an (um 2% von 1.646 im Jahr 2009 auf 1.684 im Jahr 2010).

„So kleine Veränderungen bei den gemeldeten Diagnosen sind aber kein Hinweis auf einen Anstieg der Neuinfektionen in dieser Gruppe“, kommentiert Axel J. Schmidt vom RKI laut DAH-Blog.
2010 stellten Männer, die Sex mit Männern haben, einen Anteil von 67% der HIV-Neudiagnosen.

Besonders weist das RKI auf die Entwicklung bei jungen Schwulen bis 25 Jahre hin. Zwar machen HIV-Neudiagnosen in absoluten Zahlen hier nur einen geringen Teil der Gesamt-Neudiagnosen aus. Die Mehrzahl der HIV-Neudiagnosen erfolgte bei den Altersgruppen 30 bis 39 sowie 40 bis 49 Jahre.

Dies sind allerdings die beiden Altersgruppen mit „geburtenstarken Jahrgängen“.  Berechnet man die Inzidenz bezogen auf 100.000 Männer jeweils der gleichen Altersgruppe, erhält man einen Wert (‚Diagnoseinzidenz‘), der etwas aussagt über das spezifische Risiko Angehöriger jeweils dieser Altersgruppe, sich mit HIV zu infizieren. Diese ‚altersgruppen-spezifische Inzidenz‘ zeigt: in der Gruppe der jungen Schwulen bis 25 Jahre steig die Inzidenz sowohl 2009 als auch 2010 im Vergleich der Altersgruppen am stärksten an.

Das RKI diskutiert im aktuellen Epidemiologischen Bulletin Hintergründe und mögliche Ursachen dieser Entwicklung und nennt dabei mögliche Gründe für den Anstieg:

  • erhöhte Testbereitschaft in dieser Altersgruppe
  • ein erhöhter Anteil (noch) nicht antiretroviral behandelter HIV-Positiver in dieser Altersgruppe (mit der damit verbunden höheren „Wahrscheinlichkeit, dass ein infizierter Partner auch infektiös ist“)
  • eine höhere Inzidenz bakterieller sexuell übertragbarer Erkrankungen in dieser Altersgruppe (und deren Auswirkungen auf die HIV-Übertragbarkeit).

Dirk Sander, Schwulen-Referent der Deutschen Aids-Hilfe, nennt einen weiteren möglichen Grund:

„Jüngere sind noch nicht so erfahren im Umgang mit Kondomen und sexuellen Situationen. Es kann sein, dass es ihnen schwerer fällt als Älteren, ihr Schutzbedürfnis erfolgreich in die Tat umzusetzen.“

Das RKI kommentiert den Anstieg

„Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um einen realen Anstieg handelt. …
Zusammenfassend sprechen die im Rahmen der EMIS-Studie erhobenen Verhaltensbefunde nicht dafür, dass der beschleunigte Anstieg der Inzidenz neudiagnostizierter HIV-Infektionen bei jungen MSM in den letzten Jahren auf einer spezifischen Zunahme von Risikoverhalten in dieser Altersgruppe beruht. …
Allerdings zeigt die unter jungen MSM stärker verbreitete Annahme, dass ihre Sexualpartner nicht infiziert seien, verbunden mit einer geringeren HIVTesthäufigkeit auch, dass sie verstärkt gezielte  und Aufklärung zu Infektionen mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Erregern benötigen.“

Das RKI macht im Bericht 2010 auch detailliertere Angaben zu Schwulen und Männern die Sex mit Männern haben und einen Migrations-Hintergrund haben:

„Der Anteil der MSM, bei denen eine andere Herkunftsregion als Deutschland angegeben wurde, lag 2010 bei 15 % (216/1.486). Bei 12 % der Meldungen lagen keine Angaben über die Herkunft vor. Wichtigste ausländische Herkunftsregionen für in Deutschland neu mit HIV diagnostizierte MSM sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung Zentraleuropa (3,8 %), Westeuropa (3,5 %), Lateinamerika (2,2 %), Südostasien (1,5 %) und Osteuropa (0,8 %). Erworben wurde die HIV-Infektion in mehr als 90 % der Fälle in Deutschland.“

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(Zu Neu-Diagnosen – Neu-Infektionen – Prävalenz – Inzidenz siehe „HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen„).

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weitere Informationen:

Robert-Koch-Institut: HIV-Infektionen und Aids-Erkrankungen in Deutschland – Bericht zur Entwicklung im Jahr 2010 aus dem Robert-Koch-Institut, in: Epidemiologisches Bulletin 21/2011

DAH-Blog 30.05.2011: Zahl der HIV-Neudiagnosen weiterhin fast konstant

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HIV in den USA

Über 1,1 Millionen Menschen leben in den USA mit HIV. Die Zahl der Neu-Infektionen mit HIV ist in den vergangenen Jahren vergleichsweise stabil geblieben. Dies geht aus einer neuen Übersicht der CDC hervor.

Schätzungsweise 1.106.400 Menschen lebten 2006 in den USA mit HIV. 2006 ist das letzte Jahr, für das nationale Schätzungen der HIV-Prävalenz vorliegen. Gegenüber der letzten vorigen Schätzung aus dem Jahr 2003 sei dies ein Anstieg um 11%. Dies sei u.a. darauf zurück zu führen, dass Menschen mit HIV länger leben, sowie dass die Zahl der HIV-Neuinfektionen höher sei als die Zahl der Menschen, die an den Folgen von Aids sterben.

HIV in den USA 1977 - 2007 (Quelle: CDC)
HIV in den USA 1977 - 2007 (Quelle: CDC)

Grafik Erläuterungen: blaue Linie = geschätzte Anzahl der insgesamt in den USA mit HIV lebenden Menschen; graue Linie = geschätzte Anzahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen

Jüngsten Schätzungen der HIV-Inzidenz zufolge hätten sich in den letzten 10 Jahren jährlich etwa 56.000 Menschen neu mit HIV infiziert, betont das „HIV/AIDS fact sheet“ der US-Gesundheitsbehörde CDC Centers for Disease Control. Der Wert sei seit 1990 vergleichsweise stabil. Neue Schätzungen für die HIV-Inzidenz werden die CDC noch 2010 veröffentlichen.

Nicht in allen US-Bundesstaaten existiert ein einheitliches Berichtssystem über neu diagnostizierte HIV-Infektionen. In den 37 Staaten, die ein langjähriges (seit 2005) vertrauliches namentliches (!) HIV-Meldesystem haben, wurden 2008 41.269 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet.

Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), hätten eine 40fach höhere HIV-Diagnose-Rate als andere Männer, bei einem Bevölkerungsanteil von 2% (so das fact sheet). Etwa die Hälfte aller jährlichen HIV-Neuinfektionen in den USA erfolgten bei MSM; MSM seien die einzige Gruppe mit jährlich steigenden HIV-Neuinfektionen.
Eine jüngst präsentierte Studie war zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (in den letzten 5 Jahren), bei 6.921 von 100.000 Männern eine HIV-Infektion diagnostiziert ist (Schätzung).

Seit Beginn der Epidemie sind bis 2007 in den USA über 576.000 Menschen an den Folgen von Aids verstorben.

weitere Informationen:
HIV in the United States: An Overview. CDC HIV/AIDS fact sheet, June 2010 (pdf)
CDC / MMWR 03.10.2008: HIV Prevalence Estimates — United States, 2006
CDC: Diagnoses of HIV infection and AIDS in the United States and Dependent Areas, 2008. HIV Surveillance Report, Volume 20
CDC: abstract: Calculating HIV and Syphilis Rates for Risk Groups: Estimating the National Population Size of Men Who Have Sex with Men. Latebreaker #22896, Presented March 10, 2010, 2010 National STD Prevention Conference; Atlanta, GA

Zu Begrifflichkeiten (Neuinfektionen, Neudiagnosen, Inzidenz, Prävalenz) siehe auch HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen
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HIV & Aids in Deutschland 2009 – HIV-Neudiagnosen stabil (akt.)

2.856 Menschen haben sich im Jahr 2009 neu mit HIV infiziert. Dies geht aus dem ‚Jahresbericht 2009 zu HIV und Aids in Deutschland‘ hervor, den das Robert-Koch-Institut soeben veröffentlicht hat.

„Keine nennenswerte Veränderung bei der Gesamtzahl der HIV-Neudiagnosen“ meldet das Robert-Koch-Institut. 2.856 Menschen haben sich im Jahr 2009 neu mit HIV infiziert (2008: 2.843); bei 489 Menschen wurde 2009 eine Neu-Erkrankung  an Aids berichtet (mehrere Diagnosejahre) .
Der umfangreiche „Jahresbericht 2009 zu HIV und Aids in Deutschland“ wurde im Epidemiologischen Bulletin Nr. 22 /2010 des Robert-Koch-Instituts (RKI) veröffentlicht.

„Der Jahresbericht im Epidemiologischen Bulletin 22/2010 beschreibt die Entwicklung und die Situation bei den HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen im Jahr 2009. Tabellarische und grafische Übersichten ergänzen und veranschaulichen die Auswertungen aus den Meldedaten.“

Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) stellen unverändert die größte Gruppe unter den HIV-Neudiagnosen. Zur Verteilung auf die unterschiedlichen Gruppen vermeldet das RKI

„Betrachtet man die Entwicklung der HIV-Neudiagnosen in den verschiedenen Betroffenengruppen, so steigt die absolute Zahl der HIV-Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr (2008) geringfügig um 3,3 % an (von 1.575 auf 1.629); die Zahl der Personen mit Angabe eines heterosexuellen Infektionsrisikos (HET) nimmt ebenfalls um 3,2 % zu (von 410 auf 423). Bei Konsumenten intravenös verabreichter Drogen (IVD) ging die Zahl neu diagnostizierter HIV-Infektionen um 20 % zurück (von 125 auf 100), bei Migranten aus Hochprävalenzländern (HPL) um 6,3 % (von 300 auf 281). Die Zahl der HIV-Neudiagnosen, bei denen keine Angabe zum Infektionsrisiko vorliegt (k. A.), bleibt praktisch konstant (417 vs. 412).
Die Absolutzahl der HIV-Neudiagnosen bei Frauen in Deutschland (n = 461) hat sich gegenüber dem Vorjahr (n = 465) nicht verändert, die Zahl der HIVNeudiagnosen bei Männern steigt leicht von 2.348 auf 2.377 an“.

Zur regionalen Entwicklung der HIV-Neudiagnosen sowie der Altersverteilung bei MSM bemerkt das RKI

„Die größten Veränderungen wurden in Hamburg (Anstieg von 91 auf 137), Rheinland-Pfalz (Anstieg von 32 auf 49), Berlin (Rückgang von 338 auf 313) und Mecklenburg-Vorpommern (Rückgang von 19 auf 10) registriert.“

„Berücksichtigt man die rückläufige Größe der jüngeren Alterskohorten, ergibt sich im Jahr 2009 die höchste Zahl an HIV-Neudiagnosen pro 100.000 Männer in der Altersgruppe der 25- bis 29-jährigen MSM, gefolgt von den 30- bis 39-jährigen und dann bereits von den 21- bis 24-jährigen.“

Der Jahresbericht geht auch auf die (gezielt an MSM gerichteten) ‚iwwitTestwochen‚ (September bis November 2009) ein:

„Bundesweit wurden 63 Testangebote in 51 Städten und allen 16 Bundesländern realisiert … Die Testwochen hatten insgesamt knapp 3.000 Teilnehmer, davon ca. 57 % MSM. … Insgesamt 66 bestätigt positive HIV-Tests wurden im Rahmen der Testwochen berichtet. Bezogen auf die Gesamtzahl der 2.535 berichteten durchgeführten HIV-Tests bedeutet dies eine Positivenrate von 2,6 %.“

Das RKI sieht „keine Anhaltspunkte dafür, dass sich im Zeitraum der Testwochen …die Anzahl von gemeldeten HIV-Erstdiagnosen verglichen mit den vorangegangenen Jahren wesentlich verändert hat“.

Das RKI veröffentlicht auch erste Daten der „HIV Inzidenz-Studie“, die Aufschluss darüber liefern soll, wie hoch der Anteil der kürzlich (vergangene fünf Monate) erworbenen HIV-Infektionen unter den HIV-Neudiagnosen ist. Aufgrund der Daten einer ersten Zwischenauswertung (Zeitraum 1.3.2008 bis 28.2.2009; 1.512 Proben von gesicherten Erstdiagnosen, Proben „weitgehend repräsentativ für alle HIV-Neudiagnosen in Deutschland“) stellt das RKI fest

„Der Anteil kürzlich erworbener („rezenter“) HIV-Infektionen betrug bei Probanden aus der Gruppe MSM 36 %, bei i. v. Drogengebrauchern 37 %, bei Menschen mit heterosexuellem Transmissionsrisiko 31 % und 15 % bei Personen, die aus Hochprävalenzregionen stammen.
Erhöhte Anteile rezenter HIV-Infektionen wurden vor allem bei jüngeren Probanden (< 30 Jahre) gemessen (z. B. 54 % rezente Infektionen bei MSM < 30 Jahre in Berlin).“

Die Daten des Jahresberichts (außer Inzidenzstudie) basieren auf Meldungen an das RKI bis zum 01.03.2010.

Update 07.06.2010 22:30 Uhr: Die DAH sieht sich in ihrer Arbeit bestätigt:

„Wir begrüßen, dass sich seit 2007 der in den Jahren davor beobachtete Anstieg der HIV-Neudiagnosen deutlich verlangsamt hat. Die Zahl der Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben, ist im Berichtszeitraum nur geringfügig um 3,3 Prozent angestiegen,“ so Jörg Litwinschuh, Pressesprecher der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wir sehen den Erfolg unserer Konzepte der strukturellen Prävention bestätigt – insbesondere unserer zielgruppenspezifische Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU zur Intensivierung der HIV-Prävention und Gesundheitsförderung bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM): www.iwwit.de.“

weitere Informationen:
HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland
Jahresbericht zur Entwicklung im Jahr 2009 aus dem Robert Koch-Institut
in: Epidemiologisches Bulletin 22/2010
aidshilfe.de 07.06.2010: HIV/AIDS-Jahresbericht: keine nennenswerte Veränderung bei HIV-Neudiagnosen

Virus-Mythen 9: die Infektionszahlen in Deutschland seien so hoch

Immer wieder wird kolportiert, in Deutschland seien die HIV-Infektionszahlen so hoch, die Aids-Zahlen am Steigen. Wie sieht die Realität aus? Anders …

Fragen wir ‚EuroHIV‘, das ‚European Centre for the Epidemiological Monitoring of AIDS‘, eine offizielle Einrichtung der Europäischen Union.

Die Antwort fällt sehr eindeutig aus. Hier zwei Grafiken, beide © EuroHIV und aus der Analyse ‚ The HIV/AIDS epidemic in the WHO European Region at end 2006 – Western Europe‘:

HIV in Western Europe (c) EuroHIV
HIV in Western Europe (c) EuroHIV
AIDS in Western Europe (c) EuroHIV
AIDS in Western Europe (c) EuroHIV

Ein Vergleich der HIV-Inzidenz-Daten Europäischer Staaten bei der WHO ergibt dieses Bild (Datenabfrage 13.09.2009):

HIV-Inzidenzt ausgewählter Europäischer Staaten 1998 - 2006 (c) WHO
HIV-Inzidenz ausgewählter Europäischer Staaten 1998 - 2006 (c) WHO

Zahlreiche weitere Zahlen sind bei EuroHIV sowie bei der Weltgesundheitsorganisation WHO recherchierbar (siehe Links unten).

Ob mangels besseren Wissens, oder gar wider besseres Wissen, die Aussagen,
– in Deutschland seien die HIV-Infektionszahlen besonders hoch oder stark gestiegen,
– in Deutschland stürben besonders viele Menschen an den Folgen von Aids,
– oder gar die Deutsche Aids-Prävention sei gescheitert,
zeigen hier ihre Haltlosigkeit: sie lassen sich argumentativ aus den vorhandenen Fakten nicht untermauern. Sie sind grundlos. Sie sind wahrheitswidrig. Sie sind nicht zutreffend.

Im Gegenteil:
– zwischen 1999 und 2006 hat Deutschland laut Vergleich von EuroHIV in West-Europa durchgängig die niedrigste Rate an HIV-Neudiagnosen pro Millionen Einwohner, und
– zwischen 1988 und 2006 hat Deutschland, ebenfalls laut EuroHIV, in West-Europa die niedrigste Zahl an Aids-Diagnosen pro Millionen Einwohner, und
– im Vergleich wichtiger EU-Staaten (EU vor Erweiterung) hat Deutschland mit 3,24 HIV-Fällen pro eine Million Einwohner die niedrigste Inzidenz.
Zahlen, die eher auf eine insgesamt erfolgreiche Aids-Politik hindeuten …

weitere Informationen:
HIV Europe
dort z.B. ‚Slides set The HIV/AIDS epidemic in the WHO European Region at end 2006‘ (pdf)
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HIV-Inzidenzstudie

Wie viele Menschen infizieren sich in Deutschland jährlich mit HIV? Bisherige Zahlen basieren auf Schätzungen – mit einer derzeit laufenden Studie will das Robert-Koch-Institut Daten zu frischen HIV-Infektionen sammeln.

Wie viele Menschen infizieren sich jährlich mit HIV? Zwar publiziert das Robert-Koch-Institut jährlich Fragen hierzu, diese basieren jedoch auf Schätzungen.

Gemessen wird bisher, wie viele HIV-Infektionen in einem Jahr neu diagnostiziert werden. Dies sagt jedoch zunächst nichts darüber aus, wann sich die Person mit HIV infiziert hat (sondern nur über den Zeitpunkt des positiven HIV-Tests). Gemessen werden die Neu-Diagnosen, nicht die Neu-Infektionen.
Eine interessante Basis zur Beurteilung der Situation, aber auch für die HIV-Prävention wäre jedoch auch eine bessere Kenntnis des aktuellen Infektionsgeschehens – sprich der Zahl derjenigen Menschen, die sich in einem Zeitraum frisch mit HIV infizieren (HIV-Neuinfektionen). Die  Zahl der HIV-Neudiagnosen pro Zeiteinheit wird als HIV-Inzidenz bezeichnet.

Das Robert-Koch-Institut führt hierzu seit November 2007 eine Studie zur Bestimmung der Inzidenz von HIV-Infektionen in Deutschland durch. Ziel dieser HIV-Inzidenz-Studie ist insbesondere die „Ermittlung des Anteils frischer (inzidenter) HIV-Infektion unter den neu diagnostizierten HIV-Infektionen über einen Zeitraum von zweimal 12 Monaten in Deutschland“.

Diese HIV-Inzidenz-Studie wird seit dem 1. November 2007 durchgeführt. Sie wird durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Die Laufzeit der Studie beträgt drei Jahre. Der jetzigen HIV-Inzidenz-Studie ging eine Pilotphase voran, die von November 2005 bis Februar 2007 in Berlin stattfand.

Zum Hintergrund der Inzidenzstudie erläutert das RKI:

„Diese Fallmeldungen der neu diagnostizierten HIV-Infektionen spiegeln jedoch nicht die tatsächliche HIV-Inzidenz, also die Anzahl der neu erworbenen Infektionen wieder, sondern sie stellen die Summe aus frischen und länger zurückliegenden, erstmalig diagnostizierten HIV-Infektionen dar. Die Qualität dieser Daten hängt vom Meldeverhalten der Labore und Ärzte ab. Weitere Faktoren, die die Meldedaten beeinflussen können, sind das Angebot von Testmöglichkeiten und die Inanspruchnahme solcher Testangebote. Insbesondere Veränderungen dieser Parameter im Zeitverlauf können die Interpretation der Daten erschweren.

Die Anzahl frisch erworbener Infektionen (inzidenter Fälle) ist ein sehr aktueller Indikator, der auf eine veränderte epidemiologische Situation hinweisen kann und dadurch eine zeitnahe Anpassung von Präventionsprogrammen ermöglicht. Durch Bestimmung der Inzidenz kann z.B. das Übertragungsniveau und dessen Änderung bzw. Dynamik in bestimmten Risiko- oder Altersgruppen erfasst werden.“

Das RKI über die Studie:

„Nach Abschluss einer Pilotphase in Berlin sollen jetzt in der HIV-Inzidenzstudie bundesweit Daten zum Anteil frischer HIV-Infektionen und zu Wissen, Einstellungen, Verhalten und Praktiken bezüglich HIV/AIDS gesammelt werden. Die Datensammlung erfolgt anonym und unverbunden. Die Studie wird in Kooperation mit etwa 90 Laboren sowie Praxen, Kliniken, Gesundheitsämtern und Beratungsstellen in sechs Regionen in Deutschland durchgeführt.“

Weitere Informationen:
Epidemiologisches Bulletin 47 / 2006: RKI-Pilotstudie zu inzidenten HIV-Infektionen in Berlin
Epidemiologisches Bulletin 1/2008: Zur Bestimmung der Inzidenz von HIV-Infektionen in Deutschland
Robert-Koch-Institut: HIV-Inzidenzstudie
ondamaris: HIV-Neuinfektionen – Hintergrundinformationen

HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen

Im Vorfeld des alljährlichen Welt-Aids-Tags am 1. Dezember werden demnächst wieder die Zahlen zu den HIV-Neudiagnosen in die Diskussion geraten. Was steckt hinter diesen Zahlen? Wie kommen sie zustande, und was sagen sie aus? Einige Hintergrund-Informationen …

HIV-Neudiagnosen

HIV-positive Testergebnisse müssen in Deutschland von Laboren und Ärzten pseudonymisiert an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet werden (Meldung gemäß §7(3) Infektionsschutzgesetz). Anhand der Pseudonymisierung werden Doppel-Meldungen (z.B. Labor und Arzt melden den gleichen Patienten an das RKI) weitgehend bereinigt.
Dies bedeutet: die Zahl der HIV-Neudiagnosen wird gezählt!

Die Zahl der HIV-Neudiagnosen wird vom RKI regelmäßig publiziert im ‚Epidemiologischen Bulletin‘ (z.B. der Jahresbericht ‚HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland‘ 2007 im Epidemiologischen Bulletin Sonderausgabe A / 2008, 2. Mai 2008).

HIV-Infektion und HIV-Diagnose können zeitlich weit auseinander liegen. Aus diesem Grund erlaubt die Zahl der HIV-Neudiagnosen keinen direkten Rückschluss auf das aktuelle Infektionsgeschehen. Zudem wird die Zahl der HIV-Neudiagnosen z.B. beeinflusst von Faktoren wie das Meldeverhalten der Ärzte oder Angebot und Inanspruchnahme von HIV-Tests (ein massives Bewerben des HIV-Tests in Schwulenszenen einiger Städte führt z.B. fast ’natürlich‘ auch zu einem Anstieg der Tests und damit der Neudiagnosen).

Für Deutschland wurden dem RKI für das Jahr 2007 (Stand 01.03.2008) 2.752 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet (für 2006: 2.643; Zunahme 2007 zu 2006: 4%). Die Zahl der HIV-Neudiagnosen publiziert das RKI im April (gesamt Vorjahr). Der bisher jeweils im Oktober vorgelegte Halbjahresbericht entfällt seit diesem Jahr; allerdings wird das RKI auch dieses jahr wieder ein Welt-Aids-Tag – Bulletin veröffentlichen  (im November; siehe ‚HIV-Neuinfektionen‘).

Im Gegensatz zu HIV-positiven Testergebnissen (pseudonymisierte Meldepflicht) wird die Zahl der Aids-Erkrankungen und Aids-Todesfälle nur freiwillig weitergegeben und vom RKI in einem zentralen Fallregister ausgewertet.

Bei weitem nicht alle Staaten weltweit zählen ihre HIV-Neudiagnosen. Aus diesem Grund werden von internationalen Organisationen wie UNAIDS (der Aids-Organisation der Vereinten Nationen) oftmals keine Daten zu HIV-Neudiagnosen veröffentlicht.

HIV-Neuinfektionen

Das eigentliche Ziel der Überwachung von Infektionskrankheiten ist weniger das Zählen neuer Diagnosen, als das Erkennen aktueller Entwicklungen. Das aktuelle Infektionsgeschehen spiegeln die Zahlen der HIV-Neudiagnosen aus verschiedenen Gründen (s.o.) jedoch nicht direkt wieder.
Da es für die Zahl der HIV-Neuinfektionen keine Zahlen gibt (geben kann), kann diese nur geschätzt werden. Das RKI schreibt selbst hierzu: „Die Bestimmung der Anzahl der HIV-Neuinfektionen pro Zeiteinheit (HIV-Inzidenz) ist methodisch schwierig und aufwändig.“
Dies bedeutet: die Zahl der HIV-Neuinfektionen wird geschätzt!

Anlässlich des Welt-Aids-Tags 2007 berichtete das RKI im November 2007 über Stand und Entwicklung der HIV-Infektion in Deutschland und schätzte damals die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland für das Jahr 2007 auf „etwa 3.000“ (Epidemiologisches Bulletin Nr. 47/2007).
Die Schätzung der HIV-Neuinfektionen 2008 wird das RKI etwa Ende November 2008 veröffentlichen.

HIV-Prävalenz

Die HIV-Prävalenz gibt die Gesamtzahl der lebenden HIV-Infizierten an.
Mitte der 1990er Jahre hatte sich in Sachen HIV-Prävalenz eine Art ‚Gleichgewichtszustand‘ etablierte: die Zahl der Aids-Neumanifestationen und -Todesfälle hielt sich in etwa die Waage mit der Zahl der HIV-Neuinfektionen. Die Einführung hochwirksamer Therapien beendete dieses ‚Gleichgewicht‘. Die Zahl der Aids-Neumanifestationen und -Todesfälle sinkt; seit etwa 2000 steigt zudem die Zahl der HIV-Neuinfektionen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass seit 1995 die Zahl der mit HIV lebenden Menschen in Deutschland langsam zunimmt. Für Ende 2007 schätzt das RKI die Zahl der in Deutschland lebenden HIV-Positiven auf „um 59.000“ (Epidemiolog. Bulletin Nr. 47/2007, s.o.). Die Schätzung für 2008 wird etwa Ende November 2008 veröffentlicht werden.
Diese Schätzung beinhaltet auch die so genannte ‚Dunkelziffer‘ (diejenigen Menschen, die noch nichts von ihrer HIV-Infektion wissen).

HIV-Inzidenz

Die HIV-Inzidenz gibt die Zahl der HIV-Neudiagnosen pro Zeiteinheit an (s.o.).

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Nachtrag
03.12.2008: Bei den Daten zur HIV-Prävalenz ist zu beachten, dass diese nicht direkt zwischen den Jahren vergleichbar sind. Das Robert-Koch-Institut hat die Zahl der HIV-Infektionen in den 1990er Jahren im Jahr 2008 neu berechnet und nachkorrigiert. Dadurch wurden die Zahlen nach oben korrigiert – diese erhöhten Zahlen sind in die Zahlen zur Prävalenz 2008 mit eingeflossen. Aus diesem Grund fällt die Prävalenz 2008 höher aus als die Prävalenz 2007.