USA: seit 12.1.2009 online-Einreiseerlaubnis erforderlich – mit HIV-Frage (akt.)

Bei Flug- und Schiffs-Reisen in die USA ist seit 12.01.2009 eine vorherige Online-Reiseerlaubnis (ESTA) Pflicht. Diese umfasst auch die Frage ob eine HIV-Infektion vorliegt. De facto wird das (eigentlich aufgehobene) HIV-Einreiseverbot immer noch angewandt.

Seit Montag, 12. Januar 2009 ist vor einer Einreise in die USA per Schiff oder Flugzeug (nicht bei Land-Einreise aus Mexiko oder Kanada) eine Online-Reiseerlaubnis (ESTA) Pflicht. Diese beinhaltet die gleichen Fragen, die auch schon von den Einreisekarten (‚I-94W‘) bekannt sind, die früher an Bord des Flugzeugs vor der Landung verteilt wurden.

Die Online-Einreiseerlaubnis, die nun vor Flugantritt eingeholt werden muss, umfasst u.a. personenbezogene Daten wie der Name, das Geburtsdatum und die Reisepassnummer sowie auf freiwilliger Basis Angaben über den Abflugort, die Reisedaten und das Ziel in den USA.

Online-Einreiseerlaubnis ESTA (Screenshot ondamaris.de, Ausschnitt)
Online-Einreiseerlaubnis ESTA (Screenshot ondamaris.de, Ausschnitt)

Doch das ist nicht alles. Das Formular beinhaltet auch sieben „Sicherheitsfragen“. Unter ihnen befindet sich neben Einreise-Grund oder Kriminalität und Sabotage auch die Frage nach ansteckenden Krankheiten:

„A) Leiden Sie an einer ansteckbaren Krankheit, an einer körperlichen oder geistigen Erkrankung, oder betreiben Sie Drogenmissbrauch oder sind drogenabhängig?“

Die Erläuterungen zu „ansteckende Krankheiten“ machen deutlich, worum es geht. So heißt es dort u.a. „Ansteckende Krankheiten: Nach geltendem U.S.-Recht gehören zu den ansteckenden Krankheiten, die ein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung darstellen: … * Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) …“.

Damit wird das eigentlich abgeschaffte HIV-Einreiseverbot auch bei der Online-Einreiseerlaubnis immer noch angewandt.

1987 erließen die USA (u.a. auf Bestrebungen des jüngst verstorbenen Jesse Helms hin) erstmals Bestimmungen, die Menschen mit HIV die Einreise verweigern. Dieses HIV-Einreiseverbot ist eigentlich (formaljuristisch) mit der Unterzeichnung des PEPFAR-Gesetzes durch US-Präsident Bush am 24. Juli 2008 aufgehoben worden. Doch die entsprechende erforderliche Änderung der Durchführungsbestimmungen lässt weiterhin auf sich warten. De facto befindet sich (wie auch jetzt bei der Online-Einreiseerlaubnis wieder ersichtlich) das HIV-Einreiseverbot administrativ weiterhin in Anwendung. Als Zwischenlösung können die US-Botschaften US-Visa für HIV-Positive erteilen (wenn diese dies vorher angeben).

Immer wieder war es auch in jüngster Zeit zu Protesten gegen das HIV-Einreiseverbot der USA gekommen. UNAIDS und IAS haben eine internationale Arbeitsgruppe zu HIV-Einreiseverboten eingesetzt.

Für die Umsetzung des PEPFAR (President’s Emergency Plan for Aids Relief) ist der ‚globale Aids-Koordinator‘ verantwortlich, seit August 2006 Mark Dybul, offen schwul lebend, der zunächst auch unter der neuen Regierung Obama im Amt bleiben soll.

Die Online-Reiseerlaubnis muss auch von Bundesbürgern für touristische oder Geschäftsreisen bis 90 Tagen ausgefüllt werden, obwohl Deutschland im Programm ‚Visumfreies Reisen‘ der USA läuft – sie ist eine zusätzliche Maßnahme über das (für Deutsche i.d.R. nicht erforderliche) Visum hinaus. Ohne vorhandene Online-Reiseerlaubnis ist es nicht möglich, ohne Visum in die USA zu reisen.

Spätestens 72 Stunden vor Abflug müssen die Daten dem US-System vorliegen. Nach Eingabe der Daten wird meistens sofort eine Antwort (Einreiseerlaubnis) erteilt, spätestens jedoch innerhalb von 72 Stunden. Gültig bleibt ein ‚okay‘ für einen Zeitraum von zwei Jahren.

Die Daten werden via Internet auf ein System der US-Regierung eingegeben – die Daten unterliegen damit den US-Bestimmungen (auch des Datenschutzes). Presseberichten zufolge werden die Daten 15 Jahre gespeichert.

Datenschützer wiesen darauf hin, dass neben den bisher schon manuell erfassten Daten nun auch Telefonnummer und Email-Adresse angegeben werden müssen. Zudem seien die Daten, da alle elektronisch erfasst, nun wesentlich leichter zu verknüpfen und auszuwerten.

weitere Informationen:

Seite des kostenlosen „Elektronischen Reisegenehmigungssystems“ ESTA (Electronic System for Travel Authorization, deutsch)

hivtravel.org zu HIV-Einreisebestimmungen der USA

Nachtrag
13.01.2009: Die EU-Kommission hat am Dienstag, 13.01.2009 die US-Regierung aufgefordert, die Frage nach einer HIV-Infektion abzuschaffen.
23.01.2009: Barack Obama hat sich einem Bericht des ‚Washington Blade‘ zufolge entschieden, Mark Dybul von seinem Posten als Aids-Koordinator abzuberufen.
30.01.2009: New York Times: After Departure, No Leader for U.S. Aids Program.
Pinknews 20.04.2009: People with HIV ’still being refused entry to US‘
Sehr lesenswert: Andrew Sullivan im ‚Atlantic‘ 13.05.2009: „The Fierce Urgency Of Whenever“

Auch weiterhin gilt für Menschen mit HIV und Aids, die in die USA einreisen wollen: sich rechtzeitig vorher informieren und  vorbereiten kann Probleme vermeiden helfen.

Dass die USA auch nach nahezu einem halben Jahr noch nicht in der Lage sind, die Aufhebung des Einreiseverbots auch in Verwaltungspraxis umzusetzen, befremdet. Es ist zu befürchten, dass diese Grauzone der Unsicherheit für HIV-Positive noch einige Zeit andauert …

7 Gedanken zu „USA: seit 12.1.2009 online-Einreiseerlaubnis erforderlich – mit HIV-Frage (akt.)“

  1. Die amerikanischen Behörden behalten sich vor, die Einreise vor Ort zu verweigern (Tagesthemen von gestern). Also bedeutet eine erteilte Online-Reiseerlaubnis nicht, dass man auch automatisch einreisen darf. Es bleibt weiterhin die Gefahr, dass man zurück geschickt wird.

  2. Ich empfinde das ESTA-Verfahren als wesentlich bequemer wie die alten grünen Pappkarten. Es hat den Vorteil, das eventuelle Fragen im Vorfeld geklärt werden können. Die Angabe von Telefonnummern und eMail-Adressen ist freiwillig.

    „sie ist eine zusätzliche Maßnahme“

    Das ist so nicht richtig. Für bestimmte Staatsangehörige, zB Deutsche, ist es eine Voraussetzung (!) für visafreies Einreisen.

    „Damit wird das eigentlich abgeschaffte HIV-Einreiseverbot auch bei der Online-Einreiseerlaubnis immer noch angewandt.“

    Auch das ist so nicht richtig. Im Rahmen des ESTA-Verfahrens kommt es nicht zu Einreiseverboten. Richtig ist, dass allein das ESTA-Verfahren für HIVpositive Menschen nicht zum Ziele führt. Das ist selbstredend diskriminieren. Hier sollte man vielleicht der neuen Regierung etwas Zeit geben, bis sie sich im Amt gefestigt hat, und wenn sich in zwei oder drei Monaten nichts getan hat, erneut Druck ausüben.

    Anmerken möchte ich noch, dass ich von den Beschäftigen der us-amerikanischen Einreise- und Zollbehörden bisher immer äußerst korrekt und höflich behandelt wurde. Den entsprechenden deutschen Behörden kann ich das leider überhaupt nicht bescheinigen.

  3. @ TheGayDissenter:
    nun, für positive ist das neue verfahren keine erleichterung. denn sie müssten danach dann mit der ablehnung zur botschaft und doch ein visum beantragen …
    deswegen fordert ja auch die eu, dass die usa diese frage abschaffen

    was die umsetzung der abschaffung des einreiseverbots angeht, die stammt ja (ein wenig überrasachend) von dme noch in amt befidnlichen george w.. und es ist die verwaltung, die das blockiert, das dhs (department of homeland security). die bundespolitischen akte sind vollzogen – allein die verwaltung ‚mauert‘ (nebenbei, ein vorgang der aus köln nicht ganz unbekannt sien könnte …)

  4. Nö! Ich wiederspreche Dir ja bekanntlich ungern. Was fehlt, ist eine executive order ( etwa: Durchführungsverordung, Verwaltungsverordnung), also eine Anweisung an (!) die Verwaltung, wie im Rahmen des Visa Waiver Programms HIV betrachtet werden soll.

    Köln? Worauf spielst Du an?

  5. @ TheGayDissenter:
    nun, nach berichten von us-kollegen gibt es einfach beim dhs noch keine umsetzung dessen. die haben noch keine ahnung, wie sie hiv aus den einreisebestimmungen (kontrolle) entfernen sollen … und deswegen 8weil das alte noch gilt) stehts auch noch im esta. der engpas sei das dhs, höre ich immer wieder, nicht oval office oder ähnliches …

  6. Ich habe hierzu etwas interessantes gefunden:

    Basically the Center for Disease Control and the authorities at the Department of Homeland Security no longer consider HIV a “communicable” disease as defined in the relevant provisions of Immigration and Nationality Act.

    http://integrity-legal.com/legal-blog/us-visa-immigration/hiv-infection-will-no-longer-be-a-legal-ground-of-inadmissibility/

    Interpretiert heißt das doch, das HIV keine der Krankheiten mehr ist, die bei Einreise heißt im ESTA-Protokoll anzugeben ist, oder?

    schönen Gruß

    Angrod

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