2012: Internationale Aids-Konferenz trotz Einreiseverbot in den USA?

Findet die Welt-Aids-Konferenz 2012 trotz des HIV-Einreiseverbots in den USA statt? Offizielle der IAS führen bereits Gespräche, diskutieren mögliche Konferenzorte.

Seit 1987 ist in den USA die Einreise für Menschen mit HIV und Aids verboten. Dies hatte zu internationalen Protesten geführt.

Die International Aids Society IAS, Veranstalterin der Internationalen Aids-Konferenzen, hatte bereits nach der Konferenz von 1990 in San Francisco beschlossen, keine weiteren Welt-Aids-Konferenzen mehr in den USA stattfinden zu lassen, solange die restriktiven Einreisebestimmungen des Helms-Act bestehen. Die Internationalen Aids-Konferenzen der IAS sind mit ca. 265.000 TeilnehmerInnen die größten Aids-Kongresse weltweit.

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Die USA erließen 1987 (u.a. auf Bestrebungen des im Juli 2008 verstorbenen Jesse Helms hin) erstmals Bestimmungen, die Menschen mit HIV die Einreise verweigern. Das  so genannte “Helms Amendment” wurde im Juli 1987 eingeführt (durch das Helms-Amendment wurde HIV in die Ausschluß-Liste der Einreiseregelungen des US Public Health Service aufgenommen). Es wurde 1993 Gesetz.

Dieses HIV-Einreiseverbot wurde eigentlich (formaljuristisch) mit der Unterzeichnung des PEPFAR-Gesetz es durch den ehemaligen US-Präsident Bush am 24. Juli 2008 aufgehoben. Doch die Umsetzung dieser Aufhebung lässt weiterhin auf sich warten – de facto besteht das Einreiseverbot bisher weiterhin. Auch bei der neuen online-Einreiseerlaubnis ESTA wird nach HIV gefragt.

Spätestens seit 2007 ist es offizielle Politik der IAS International Aids Society, die Internationalen Aids-Konferenzen nicht in Staaten abzuhalten, die die kurzzeitige Einreise HIV-Positiver untersagen oder eine Offenlegung des HIV-Status verlangen:

„The IAS has appreciated the international policy implications and strategic importance of travel restrictions against PLHIV since 1989 when Dutch HIV-prevention expert Hans Paul Verhoef was jailed for four days in Minneapolis en route to an AIDS meeting in San Francisco after AZT was discovered in his suitcase, with subsequent demonstrations and mass boycott at the 1990 International AIDS Conference (IAC) in San Francisco.
The development of U.S. discriminatory travel laws and policies against PLHIV therefore subsequently resulted in relocating the 1992 IAC from Boston to Amsterdam. The IAC has not been held in the U.S. for 17 years.
A formal written policy was approved by IAS Governing Council on 21 July 2007, confirming that the IAS will not hold its conferences in countries that restrict short term entry of PLHIV, and/or require prospective HIV-positive visitors to declare their HIV status on visa application forms or other documentation required for entry into the country.“

Doch jun scheint diese Haltung aufgeweicht zu werden.

Am 27. März 2009 traf sich eine Delegation der International Aids Society in den USA mit hochrangigen Vertretern der Aids-Organisation ‚Aids Healthcare Foundation‘ (AHF).Die AHF ist der auf dem Aids-Bereich größte „Health Care Provider“ der USA.

AHF-Offizielle forderten von der IAS, die 19. Internationale Aids-Konferenz 2012 solle in den USA stattfinden. Im Gegenzug, so bot AHF an, wolle man sich bei der Obama-Regierung für eine baldige Aufhebung des Einreiseverbots einsetzen.
Als mögliche Austragungsorte 2012 wurden auf dem Treffen bereits Washington und Los Angeles diskutiert.

Die 18. Internationale Aids-Konferenz findet 2010 in Wien statt.

Die Internationalen Aids-Konferenzen sind die größten der Welt – und sind bisher immer auch dadurch gekennzeichnet, dass neben Forschern, Behandlern, Sozialwissenschaftlern auch HIV-Positive selbst und ihre Organisationen eine bedeutende Rolle spielen – nicht nur als Teilnehmer, sondern auch in Vorbereitung und Durchführung der Konferenz. Diese Kooperation, dieser Dialog ist eines der Wesenselemente der Internationalen Aids-Konferenzen.

Der Bann der IAS als Veranstalterin der Internationalen Aids-Konferenzen gegen die USA aufgrund ihres HIV-Einreiseverbots entstand nicht ohne Grund – und auch nach der Erfahrung massiver Beeinträchtigungen einer Konferenz durch eben diese Einreiseverbote (siehe obiges Zitat).

Diesen Bann nun aufzuheben, ohne dass das HIV-Einreiseverbot der USA auch de facto, in der realen Umsetzung bei Visa, beim Immigration Officer bei der Einreise aufgehoben ist,erscheint absurd.

Die Abschaffung der Einreiseverbote zu fordern (wie es die IAS richtigerweise tut) und gleichzeitig doch den wichtigsten Kongress ausgerechnet im weltweit größten Staat mit HIV-Einreiseverbot abhalten – wie passt das zusammen?

Solange das Einreiseverbot besteht und praktisch angewendet wird, sollten auch weiterhin keine Internationalen Aids-Konferenzen in den USA stattfinden. Andernfalls verliert die IAS ihre Glaubwürdigkeit.

Informationen:
Aids Healthcare Foundation 31.03.2009: AHF To IAS: Return Int’l AIDS Conference To U.S. In 2012
International Aids Society: IAS Policy Paper ‚Banning Entry of People Living with HIV/AIDS‘ (pdf)
Die Folgen des HIV-Einreiseverbots der USA zeigt eindrücklich auch ein Bericht von GMHC (März 2009): „Undermining Public Health and Human Rights: The United States travel and imigration ban“ (pdf)
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5 Gedanken zu „2012: Internationale Aids-Konferenz trotz Einreiseverbot in den USA?“

  1. So wie Du es ausgedrückt hast geht eben nicht klar hervor ob man als HIV + nach Beantwortung der Frage auf dem Einreiseformular mit JA in die USA einreisen darf oder nicht. Oder geht es Dir darum das diese Frage nach dem Status jetzt nichts mehr zu suchen hat? Das is unklar.

    „Diesen Bann nun aufzuheben, ohne dass das HIV-Einreiseverbot der USA auch de facto, in der realen Umsetzung bei Visa, beim Immigration Officer bei der Einreise aufgehoben ist,erscheint absurd.
    Die Abschaffung der Einreiseverbote zu fordern (wie es die IAS richtigerweise tut) und gleichzeitig doch den wichtigsten Kongress ausgerechnet im weltweit größten Staat mit HIV-Einreiseverbot abhalten – wie passt das zusammen?
    Solange das Einreiseverbot besteht und praktisch angewendet wird, sollten auch weiterhin keine Internationalen Aids-Konferenzen in den USA stattfinden. Andernfalls verliert die IAS ihre Glaubwürdigkeit.“

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