Hessen: Justizminister weist Kritik an Staatsanwaltschaft als unbegründet zurück (akt.2)

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft habe sich bei der Verhaftung einer Sängerin wegen Verdachts auf HIV-Infektion korrekt verhalten und auch korrekt darüber berichtet, äußerte der hessische Justizminister bei einer Anhörung heute  im Rechtsausschuss des Hessischen Landtags.

Nach der Verhaftung einer Sängerin war der Hessische Justizminister unter Druck geraten. Grund war unter anderem das fragwürdige Verhalten der Staatsanwaltschaft Darmstadt.

Doch – da sei nichts fragwürdig, meint der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn, wie die FR meldet:

„Bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Sängerin und dem Recht der Medien auf Information habe in diesem Fall der Anspruch der Medien Vorrang, sagte Hahn am Mittwoch bei einer Sitzung des Landtags- Rechtsausschusses in Wiesbaden.“

Weder in der Arbeit der Darmstädter Staatsanwaltschaft, noch in der Berichterstattung der Darmstädter Staatsanwaltschaft sehe er Fehler, betonte Hahn. Vielmehr bezeichnete er die Vorgehensweise laut FAZ als „rechtlich zulässig und fachlich geboten“.

Demgegenüber hatten sowohl die Grünen am 22.4.2009 als auch die SPD am 28.4.2009 betont, hier seien Persönlichkeitsrechte nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Hahn gab in der Anhörung u.a. an, bereits am Donnerstag vor Ostern von dem Fall und der bevorstehenden Aktion informiert worden zu sein. Die Verhaftung erfolgte am darauf folgenden Samstag. Hahn sagte, er habe zu keinem Zeitpunkt Veranlassung gehabt, einzugreifen.

Andreas Jürgens, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, betonte

„Es bleibt dabei, dass wir die Sache unterschiedlich werten. Nach unserer Auffassung ist die Staatsanwaltschaft mit ihrer Informationspraxis über das Ziel hinausgeschossen, es wurden Persönlichkeitsrechte verletzt. Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass in diesem frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens diese nicht wieder rückholbaren Informationen an die Öffentlichkeit hätten gegeben werden dürfen.“

Heike Hoffmann, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, äußerte die Ansicht, im Hinblick auf das Verbot einer unnötigen Bloßstellung sei die von der Staatsanwaltschaft Darmstadt herausgegebene Information über eine HIV-Infizierung kritisch zu betrachten.

Unterdessen bestätigte das Berliner Landgericht, dass am 19. Mai die Pressekammer mündlich über den Widerspruch des Axel-Springer-Verlags gegen die Anordnung des Landgerichts verhandeln wird, nicht über das Ermittlungsverfahren gegen die Sängerin zu berichten.
Aktualisierung: Das Landgericht Berlin teilte am 18.5.2009 ohne Angabe von Gründen mit, dass der Verhandlungstermin „kurzfristig vom 19. Mai 2009 auf den 28. Mai 2009, 13.30 Uhr, Saal 143 verleg“ wurde.

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weitere Informationen:
ondamaris 26.04.2009: Die Patientenakte und der Staatsanwalt
FR 29.04.2009: Hahn stellt sich hinter Staatsanwalt
FAZ 29.04.2009: Minister: Justiz handelte korrekt im Fall Benaissa
Grüne Hessen 29.04.2009: Rechtsausschuss zum Fall Nadja B. – GRÜNE sehen weiterhin Verletzung der Persönlichkeitsrechte
SPD Hessen: Auch bei Ermittlungsverfahren gegen Prominente müssen die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden
alivenkickin 29.04.2009: HIV Positive für vogelfrei erklärt
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11 Gedanken zu „Hessen: Justizminister weist Kritik an Staatsanwaltschaft als unbegründet zurück (akt.2)“

  1. Damit sind alle HIV Positiven der Willkür, des Blockwart und des Denunziantentums ausgesetzt.

    Völlig neben der Spur . . . .

  2. “Bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Sängerin und dem Recht der Medien auf Information habe in diesem Fall der Anspruch der Medien Vorrang ….“
    Unfassbar. Schockierend !
    Was ist die Person noch wert?

  3. einer der wichtigsten sätze ist für mich die aussage, dass der justizminister schon zwei tage vorher von der geplanten aktion wusste. das bedeutet, dass er sie billigte – und damit trägt er die politische verantwortung.

    schade, dass grüne und spd nicht aktiver sind in dem bemühen, an diesem punkt wieter zu arbeiten – hahn trägt m.e. die poltische verantwortung für das vorgehen der staatsanwaltschaft – da könnte man ansetzen.

  4. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich finde den Hinweis darauf, dass die Vorgehensweise „fachlich geboten“ gewesen sei auch sehr interessant und erklärungsbedürftig. Welches Fach meint er wohl. Das Handschuhfach? Das Eisfach? Ich kann da kein Fach erkennen. Habt Ihr ne Idee, Freundinnen und Freunde der Nacht?

  5. @ alf:
    vielleicht meine er kein fach, sondern ne kammer, die abstellkammer? 😉

    und: dass das letzte wort da noch nicht gesprochen ist, hoffe ich aber.
    ich hoffe dass die ahs in hessen an dem thema dran sind?

  6. Vielleicht auch Schublade, alllerunterste? Da werden garantiert noch einige Wörtchen mit den Herrschaften gesprochen werden. Aber das muss vorbereitet werden.

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