Kurz notiert … Mai 2011

26. Mai 2011: Erstmals ist die Kombination AZT plus Lamivudin (von ViiV vermarktet unter dem Handelsnamen Combivir) in den USA als Generikum zugelassen worden.
Mit 1,9 Millionen Euro erbrachte der Life Ball 2011 in Wien ein Rekord-Ergebnis.

25. Mai 2011: Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO beschloss am 24. Mai 2011 eine neue Strategie im Kampf gegen Aids bis 2015.

20. Mai 2011: Die US-amerikanische Medikamenten-Behörde FDA hat am 20.5.2011 den NNRTI Rilpivirine zugelassen. Er wird in den USA von der Johnson & Johnson – Tochter Tibotec unter dem Handelsnamen Edurant vermarktet.

Zwei Drittel der HIV-Neudiagnosen auf den Kanarischen Inseln waren 2009 bei Männern, die Sex mit Männern haben (110 von insgesamt 181 Neu-Diagnosen).

19. Mai 2011: Ein 32jähriger HIV-positiver Mann wurde am 13.5. vom Landgericht Landau zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Ein experimenteller Impfstoff gegen SIV (Affen) schützt entgegen den Erwartungen nicht gegen eine Infektion – führt aber bei der Hälfte der Affen zu Viruslast unter der Nachweisgrenze.

18. Mai 2011: Die International Labor Organisation ILO veröffentlicht ihren Bericht „Gleichheit bei der Arbeit: Die andauernde Herausforderung – Gesamtbericht im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“ (pdf)

HIV-Superinfektionen sind selten, stellt eine Studie in Amsterdam fest.

16. Mai 2011: Bereits am 1. Mai 2011 wurde ein Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren am Institut für Medizinische Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen etabliert.

13. Mai 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA erteilt die Zulassung für den Hepatitis-C-Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®).

10. Mai 2011: Der 34jährige Daniel Bahr soll neuer Bundesgesundheitsminister werden, wünscht sich die FDP. Bahr ist bisher Staatssekretär im BMG.

06. Mai 2011: „30 Jahre Aids“ ‚würdigt‚ das ‚Smithsonian‘, das US- National Museum of American History in Washington, ab 3. Juni mit einer Ausstellung.

04. Mai 2011: Der HIV-Proteasehemmer Lopinavir tötet gezielt Zellen ab, die mit HPV (Humanes Papillomavirus) infiziert sind, stellten britische Forscher fest. Sie hoffen, auf dieser Basis neue Therapien gegen das Zervix-Karzinom (das durch HPV mit verursacht wird) entwickeln zu können.

01. Mai 2011: Die Organisation ‚Ärzte ohne Grenzen‘ fordert den Pharmakonzern Johnson&Johnson auf, Lizenzen für seine Aids-Medikamente für den UNITAID-Patentpool zur Verfügung zu stellen.

Ein Beratungs-Gremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Zulassung des Hepatitis-C – Proteasehemmers Boceprevir empfohlen. Eine Entscheidung der FDA wird für Mai erwartet.

Nur wenig später hat das Gremium auch die Zulassung eines zweiten HCV-Proteasehemmers, Telaprevir, befürwortet.

Superinfektion: keine Hinweise bei Sex ohne Kondom zwischen langjährigen Partnern

Eine Studie bei langjährigen HIV-positiven Paaren, die beim Sex keine Kondome benutzen, hat keine Hinweise auf HIV-Superinfektionen erbracht. Im Gegenteil, eine häufige Auseinandersetzung mit dem Virus des Partners stand in klarer Beziehung zu einer deutlichen Immunantwort gegen dieses Virus.

Seit langem ist eine der Gefahren, mit denen sich HIV-Positive konfrontiert sehen, die Gefahr einer Superinfektion. Superinfektion bedeutet, dass zu der schon vorhandenen HIV-Infektion noch eine Infektion mit einem weiteren HIV hinzu kommt. Neben einer zusätzlichen Schwächung des eigenen Immunsystems könnte hier eine besondere Gefahr darin liegen, dass mit der zusätzlichen HIV-Infektion auch Resistenzen gegen Medikamente ‚übertragen‘ werden.

Superinfektion – was ist dran?, fragen sich immer wieder Positive.

Doch immer mehr Daten deuten darauf hin, dass diese Superinfektion für viele HIV-Positive nicht viel mehr als eine vermeintliche, theoretische aber nicht reale  Gefahr ist.

Zwar berichten Wissenschaftler gelegentlich über Fälle von Superinfektionen, sowohl bei frischer erster HIV-Infektion, als auch bei chronischer HIV-Infektion. Hierbei scheint es sich jedoch -gerade wenn es um die Konstellation einer chronischen HIV-Infektion geht- um Einzelfälle zu handeln. Allerdings gab es bisher kaum zuverlässige Daten darüber, in welchen Konstellationen es wie häufig Superinfektionen kommt (geschweige denn, wie riskant die Auswirkungen in der Praxis sind).

Dies hat sich nun geändert.

Studie zu Superinfektion (Screenshot: ondamaris)
Studie zu Superinfektion (Screenshot: ondamaris)

In der Ausgabe der online-Fachzeitschrift Plos Pathogens (24. Oktober 2008) berichten Willberg und seine Mitarbeiter (University of California, San Francisco) über eine Studie, in der sie an 49 HIV-Positiven, die alle aufgrund erfolgreicher antiretroviraler Therapie eine Viruslast unter der Nachweisgrenze hatten, deren HIV-spezifische Immunantwort untersuchten.

Die (kleine) Gruppe wurde für die Datenanalyse unterteilt: in eine von 29 HIV-Positiven, bei denen auch der Partner eine Viruslast unter der Nachweisgrenze hatte, und eine Gruppe von 20 Positiven, bei deren Partner Viruslast nachweisbar war. Hinsichtlich Beziehungsdauer, Alter, Infektionsdauer, Zeit antiretroviraler Behandlung und CD4-Wert bestand zwischen beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied.

Es gab  bei der Analyse keine Zeichen einer Superinfektion. Allerdings konnte in der Gruppe der Positiven, die einen Partner mit Viruslast hatten, eine deutlich stärkere Immunantwort gegen HIV-Bausteine festgestellt werden. Dabei war die Immunantwort um so ausgeprägter, je häufiger Sex ohne Kondom stattfand, insbesondere je häufiger rezeptive Aufnahme erfolgte (sprich: er der ‚passive‘ Sexpartner war).

Die Autoren der Studie vermuten, dass die verbesserte Immunantwort darauf zurückzuführen sei, dass zwar eine gewisse Form von Superinfektion stattfinde (die dann die Auseinandersetzung des Immunsystems mit HIV mit sich bringe), diese sich aber auf die Schleimhäute beschränke.

Die Studie scheint nahezulegen, dass selbst bei Personen mit nachweisbarer Viruslast und mit  HIV, das Medikamentenresistenzen hat, das Risiko, den HIV-positiven Partner mit diesem ‚resistenten HIV‘ zu infizieren (Superinfektion) sehr gering ist, selbst wenn dieser der ‚passive‘ Sexpartner ist, resümiert aidsmap.

Ob die Studienergebnisse auch bei wechselnden Sex-Partnern gelten, dazu gebe es keine Informationen. Die Forscher vermuteten, dass für die beobachtete Immunantwort die häufige Auseinandersetzung mit dem gleichen HIV (des Partners) verantwortlich sei.

Der Studie kommt besondere Bedeutung auch zu angesichts der häufigen Praxis des Serosortings – Menschen suchen sich einen Sexpartner mit gleichem HIV-Status, um dann Sex ohne Kondom haben zu können.

Willberg CB et al. „Immunity to HIV-1 is influenced by continued natural exposure to exogenous virus.“ PLoS Pathogens 4 (10): e1000185, 2008.
Artikel (in englischer Sprache) gratis online hier

Superinfektion mit HIV – was ist dran?

‚Superinfektion‘ – immer wieder wird dieses Thema gerne reißerisch dargestellt, zur großen Gefahr für HIV-Positive aufgebaut. Was ist dran am Risiko, sich erneut mit HIV zu infizieren? Und für wen?

Superinfektion, das bedeutet im Kontext HIV zunächst, dass ein Mensch, der bereits mit HIV infiziert ist, sich erneut mit einem weiteren HI-Virus ansteckt.
‚Hat er ja schon, ist er halt doppelt positiv, aber was solls‘, mag man zunächst denken.

Doch es gibt verschiedene HIV -Stämme, die auch unterschiedlich virulent sein können. Und es gibt Resistenzen – HIV kann sich so verändern, dass Medikamente nicht mehr wirksam sind. Bei einer Superinfektion könnte also auch ein weiteres HIV übertragen werden, die (super-) infizierte Person plötzlich Therapie-Optionen verlieren.
Schon aufgrund dieses Risikos ist die Frage einer Superinfektion immer wieder Diskussionsthema unter Positiven, nicht nur in Bareback-Debatten.

Aber – wie konkret ist dieses Risiko?
Immer wieder berichten Wissenschaftler von Einzelfällen, in denen eine Superinfektion beobachtet wurde. Nachdem mehrere Studien Anlass zu der Vermutung gegeben hatten, dass eine Superinfektion vermutlich nur in einem relativ frühen Infektionsverlauf erfolgen kann, wurde nun auch über HIV-Superinfektionen bei chronisch HIV-infizierten Positiven berichtet.

Doch – für wen besteht ein Risiko einer Superinfektion?
Wenn eine erfolgreiche Therapie (Viruslast unter der Nachweisgrenze) die Infektiosität senkt, müsste dies auch für die Frage der Superinfektion relevant sein. Das Risiko einer HIV-Superinfektion müsste bei erfolgreich durchgeführter antiretroviraler Therapie vermutlich niedriger sein, oder?

Keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs‚, hatte die Schweizer Aids-Kommission erst jüngst festgestellt. Gilt dies also auch für die Frage der Super-Infektion?
Prof. Heribert Kentenich zu dieser Frage:

„Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine Superinfektion in der chronischen Phase der Infektion wahrscheinlich selten. Wenn beide Partner erfolgreich antiretroviral behandelt werden, kann eine Superinfektion als extrem unwahrscheinlich eingeschätzt werden.“ (‚Erfahrungen des Reproduktionsmediziners‘, in: MedReport Nr. 4, 32. Jg. 2008)

Auch Prof. Hirschel, einer der Autoren des Schweizer Beschlusses, hat sich dazu auf thewarning in einem Interview geäußert:

Kann man die Aussage, dass das HIV-Übertragungsrisiko unter den Bedingungen Viruslast unter der Nachweisgrenze und keine STDs vernachlässigbar gering ist, auch darauf ausdehnen, dass ein HIV-Positiver (unter den genannten Bedingungen) einen ebenfalls HIV-Positiven Sexpartner nicht superinfizieren kann (unabhängig davon ob dieser selbst eine erfolgreiche Therapie durchführt oder nicht), fragte thewarning, und Hirschel antwortet kurz und eindeutig „Ja“.

Entsprechend betont die Deutsche Aids-Hilfe für den umgekehrten Fall:

„Menschen mit HIV, die noch keine Therapie machen oder gerade in einer Therapiepause sind, können sich beim ungeschützten Sex mit einem HIV-positiven Partner mit einer weiteren Virusvariante anstecken (‚Superinfektion‘) …“ (Deutsche Aids-Hilfe e.V., „therapie? 2008 – Basis-Informationen zur Behandlung der HIV-Infektion“)