Der Datenschutz-Skandal beim Kompetenznetz HIV/Aids ist immer noch nicht geklärt, strukturelle Probleme des Datenschutzes nicht gelöst – und doch wird nun auch eine europäische Harmonisierung gewünscht.
„Ein heikler Punkt ist immer wieder der Datenschutz. Hier ist es dringend an der Zeit, dass ein einheitliches europäisches Datenschutzkonzept geschaffen wird …“, schreibt das Kompetenznetz HIV/Aids in seinem neuen (übrigens laut Impressum von ‚publicis‘, einer großen auch Nestlé betreuenden PR-Agentur verantworteten) Newsletter.
Wohl wahr, möchte man ihm antworten, der Datenschutz ist wirklich ein wichtiges Thema. Gerade wenn man daran denkt, wie das Kompetenznetz HIV/Aids bisher mit dem Schutz von Patienten-Daten umgegangen ist.
Die Patienten, deren (nicht anonymisierte, sondern nur pseudonymisierte) Daten und Blutproben wie berichtet ohne deren Wissen, geschweige denn deren vorheriges Einverständnis ins Ausland geliefert wurden, sind bis heute offensichtlich nicht informiert worden.
Deutliche Probleme mit den Datenschutz bestehen selbst wenn man nicht so weit gehen mag wie die ‚Zeitschrift für sexuelle Emanzipation‘ „Gigi“ in ihrer Ausgabe Nr. 49. Dort berichtet der Autor des Artikels über derzeitige gesetzgeberische Planungen im Kontext von Barebacking (Infos dazu u.a. hier und hier), und versucht, die Datenschutz-Probleme des Kompetenznetzes HIV/Aids auch aus dem Blickwinkel zu beleuchten, welche „Schützenhilfe schließlich das Kompetenznetz HIV/Aids bei der Ausforschung HIV-Infizierter vielleicht unbeabsichtigt übernehmen könnte“. Nicht ganz von der Hand zu weisen, dieser Gedanke, denn, wie der Autor resümiert, schließlich „könnte auch die deutsche Justiz an diesem Datenpool interessiert sein, in dem ein Drittel der Positiven des Landes sich freiwillig und gutgläubig erfassen ließ.“
Auch wenn dieses Szenario überzogen erscheinen mag, es fragt sich doch, welche Hilfe sich das Kompetenznetz HIV/Aids von einem europäischen Datenschutzkonzept verspricht, wenn schon der eigene Umgang mit dem Thema so umstritten ist. Oder geht es hier doch eigentlich nur darum, eine ‚legale‘ Basis zu haben, um möglichst viele Patientendaten breit und vor allem auch international zu nutzen?
Schlimmer noch, wenn man die Datenschutz- Bestimmungen in Europa vergleicht, steht zu befürchten, dass eine etwaige Harmonisierung in Richtung des jetzt (nicht nur vom Kompetenznetz) geforderten europäischen Datenschutz-Konzeptes wieder einmal nur eine Harmonisierung hin zum kleinsten gemeinsamen Nenner wäre – und somit ein de facto Abbau des deutschen Datenschutz-Standards zu befürchten stünde.
Aber – geht es dem Kompetenznetz überhaupt um den Datenschutz, um den Schutz sensibler Daten HIV- Infizierter? Wenn man auf die Vorgänge um den jüngsten Datenschutz-Skandal blickt, kann man Zweifel bekommen.
Nein, ganz in Gegenteil, Ideologie vieler deutscher HIV-Forscher (die im Kompetenznetz teilweise an prominenter Stelle engagiert sind) scheint zu sein „Datenschutz behindert doch nur wichtige Forschung“. Wer sich für die Interessen der Patienten engagiert, kritisch nachfragt, bekommt gerne entgegen gehalten, er solle doch bitte die wichtigen Forschungsbemühungen nicht unnötig behindern.
Wessen Interessenlage hier im Vordergrund steht, dürfte klar sein. Die der Positiven scheinbar jedenfalls nicht …
Und – ein ‚Vorzeigeprojekt‘ jedenfalls, als das das Kompetenznetz HIV/Aids sich selbst bezeichnet, sieht anders aus …