Für eine Verpflichtung, an ‚Orten sexueller Begegnungen“ kostenlos Kondome auszulegen, gebe es keine gesetzliche Grundlage, stellt die Bundesregierung in einer Unterrichtung fest. Der Safe-Environment-Ansatz solle auf kommunaler und Länder-Ebene ausgebaut werden.
Können Betreiber von Saunen und Sex-Clubs gezwungen werden, ihren Kunden Kondome kostenlos anzubieten? Vielerorts zeigen Wirte bereits, dass die Gesundheit ihrer Kunden ihnen wichtig ist, bieten schwule Saunen und Sex-Kneipen kostenlos Kondome an. Doch – kann man Beitreiber solcher ‚Orte sexueller Begegnung‘ auch dazu zwingen? Eine Unterrichtung der Bundesregierung widmet sich der Frage, ob ein Zwang zur unentgeltlichen Bereitstellung von Kondomen eine gesetzliche Grundlage haben könnte. Auf die Frage, ob ein solcher Zwang sinnvoll und zielführend wäre, geht die Unterrichtung nicht ein.
Die Unterrichtung geht auf die Situation zu Präventions-Vereinbarungen in den Bundesländern ein:
„Der Umsetzungsstand von Präventionsmaßnahmen ist in den jeweiligen Bundesländern uneinheitlich. In einzelnen Ländern wie z. B. Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin haben sich zahlreiche Einrichtungsbetreiber zur Teilnahme an freiwilligen Präventionsvereinbarungen verpflichtet. In Hessen und Bremen ist es nach Angaben der zuständigen Landesministerien bislang nicht ausreichend gelungen, die Einrichtungsbetreiber zur Teilnahme an entsprechenden Präventionsvereinbarungen zu motivieren. In anderen Ländern wie z. B. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern existieren nach Angaben der jeweiligen Landesverwaltungen keine entsprechenden Einrichtungen.“
und analysiert die Handlungsmöglichkeiten der Bundespolitik:
„Angesichts des unterschiedlichen Umsetzungsstandes in den Bundesländern hat die Bundesregierung geprüft, ob bundesrechtliche Regelungen für den Erlass von Auflagen an Einrichtungsbetreiber zur kostenlosen Durchführung von HIV-Präventionsmaßnahmen möglich sind. Weder das Infektionsschutzgesetz (IfSG) noch die Gewerbeordnung enthalten Befugnisnormen für eine derartige Anordnung. Allenfalls nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Gaststättengesetzes (GastG) besteht die Möglichkeit Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, jederzeit Auflagen zum Schutz der Gäste gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu erteilen. Im Rahmen der Föderalismusreform ist zum 1. September 2006 die Zuständigkeit für das Gaststättenrecht auf die Länder übergegangen.“
Das Resümee der Bundesregierung:
„Eine bundesrechtliche Verpflichtung der Anbieter bzw. Betreiber von Orten sexueller Begegnung zur kostenlosen Bereitstellung von Kondomen und Gleitmitteln könnte nur durch Gesetz erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Dies ist hier zu verneinen.
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Angesichts der weiterhin hohen Zahl der HIV-Neuinfektionen innerhalb der Gruppe der MSM gilt es jedoch die Präventionsanstrengungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landes und kommunaler Ebene weiterhin fortzuführen.
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Auf Länder- und kommunaler Ebene sollte der Safe-Environment-Ansatz mit Nachdruck und flächendeckend umgesetzt werden. Die Aktivitäten einzelner Gesundheitsämter (z. B. Köln) sowie der regionalen Aidshilfen (u. a. in NRW, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Bayern) zeigen, dass durch eine intensivere Bewerbung und Kommunikation mit den Betreibern der Safe-Environment-Ansatz deutlich ausgebaut werden kann.“
Die Unterrichtung der Bundesregierung geht zurück auf den Antrag “Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV/Aids in Deutschland” (Bundestags-Drucksache 16/3615), früher als Entwurf genannt ‘Gesetz gegen fahrlässige HIV-Verbreitung‘, eine Initiative der Abgeordneten Spahn (heute gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) et al. sowie von CDU/CSU und SPD (siehe „Repressive Mottenkiste im Bundestag„).
weitere Informationen:
Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV/AIDS in Deutschland (pdf)
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