Rolands Washington-Tagebuch, Tag -1: Aids 2012 – Indigenious Youth is the Present … weil sie schon angefangen haben die Welt zu verändern

Heute morgen bin ich erst mal ins Delegationshotel umgezogen. Liegt gut zum Kongresszentrum der ‚Aids 2012‘ und hat wohl auch etwas Urbanität um sich herum.

Dann husch durch den Regen wieder zur den Indigenen (International Indigenious Conference). Für die American Indians wurden unter anderem folgende Fakten präsentiert:

  • Höchste Selbstmordrate unter Jugendlichen
  • Über 27% ohne Krankenversicherung
  • 4 mal mehr Fälle von AIDS bei Frauen im Vergleich zu Non-Indianer-Frauen

Der Gesundheitszustand der ganzen Gruppe ist unterdurchschnittlich. HIV ist nur eines unter vielen Problemen.

Dann ein schneller, verschwitzter Wechsel zum Gay Men´s Health Summit. Auch hier der zweite Tag.

Der Titel klang wieder einmal sehr vielversprechend: „ It´s Not Racism, It´s a Preference“ – Ein Dialog über Rasse und Klasse. Das interessiert mich auch persönlich und ich habe bereits schon einige Gespräche dazu geführt.

Leider erfüllte auch dieser Block nicht meine Erwartungen. Einer der Trainer forderte uns langatmig auf frei und offen zureden, woraufhin sein Kollege lange Geschichten erzählte und dann die beiden miteinander redeten und 2 Vielredner auch noch dauernd zu Wort kamen. Der Erkenntniswert der Beiträge blieb überschaubar. Meist redeten Weiße miteinander über Farbige – selbst nachdem ein Teilnehmer auf dieses Problem hingewiesen hat. Auch der Chef der Veranstaltung redete immer engagiert mit … was nicht richtig besprochen wurde waren heikle Fragen zum Rassismus.

In den USA ist die Situation nach meinem Eindruck sehr festgefahren. Die Parteien stehen sich unversöhnlicher gegenüber als anderswo. Das führt möglicherweise zu einem für einen Europäer merkwürdigen Diskussionsstil und –inhalt.

Danach habe ich den Gay Men´s Health Summit einfach und unbemerkt verlassen… der Begriff „Summit“ wird wohl in den USA (wie auch in Deutschland) derzeit für alles mögliche verwendet.
Ich wollte meine Zeit nun nicht weiter in dieser Veranstaltung vertun und sauste entgegen meiner ursprünglichen Tagesplanung wieder zurück zu den Indigenen.

Nachmittags gab es dort in einem Panel Präsentationen von frisch und stark inhaltlich orientierten Jugendlichen. Diese 4 flotten Menschen wurden dabei durch die Moderatorin einer straffen Befragung zu u.a. Präventionsansätzen, Heilung, Community und eigenen Vorstellungen zur Arbeit unterzogen. Zu hören gab es tolle Antworten und Statements.

Zur Frage nach einer Arbeit über die eigene Zielgruppe hinaus fielen Sätze wie:

  • “Do not create an agenda for us … we need to be included …. Listen to us!”
  • „Lass uns eine Diskussion zu Sex über alle Altersgruppen hinweg führen“
Aids 2012: Indigenious Preconference
Aids 2012: Indigenious Preconference

Im letzten Block wurden dann Arbeitsgruppen gebildet. Ich habe mich für „Inklusion“ entschieden und spitzte fleißig meine Ohren.

Aids 2012: Indigenious Preconference
Aids 2012: Indigenious Preconference

Am Ender der Veranstaltung stand eine lange Verabschiedung. Es wurden sehr viele Geschenke verteilt. Als ich kurz überlegte schon mal zu gehen, wurde dann ein „Representative from Germany“ aufgerufen – Blick links, Blick rechts … keiner da – also bin ich dann auf die Bühne und habe stellvertretend für die Deutschen (hier kam ich mir ungerechtfertigt vor wie der Präsident) von Elton Naswood von den Navajo Indianern ein Geschenk entgegengenommen. Das hat mich zusammen mit den anderen Zeremonien wie Abschiedsgesängen und Gebeten sehr bewegt. Ich finde es lohnt sich zukünftig auf diese Gruppe mehr zu achten – hier kann man was lernen.

Abends gab es dann noch eine wilde Feier nahe dem Eastern Market mit Trommeln und Tanz.

Aids 2012: Indigenious Preconference
Aids 2012: Indigenious Preconference

Da konnte ich aber nur kurz bleiben, weil dann unsere erste große Zusammenkunft der ganzen Delegation rief. Beim Mexikaner an der Ecke trafen sich das Team der DAH und die meisten Scholarshipperinnen, um den Einsatz für den morgigen ersten offiziellen Konferenztag abzustimmen.

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In ‘Rolands Washington-Tagebuch’ ist bisher erschienen:
ondamaris 18.07.2012: XIX. International Aids Conference 2012: Rolands Washington-Tagebuch, Tag -5: Flug und Einreise
ondamaris 18.07.2012: Rolands Washington-Tagebuch, Tag -4: Einladung bei Barack Obama
ondamaris 20.07.2012: Rolands Washington-Tagebuch, Tag -3: Obama spricht nicht
ondamaris 21.07.2012: Rolands Washington-Tagebuch, Tag -2: Kriminalisierung der HIV-Infektion … und … der Präsident … rauscht vorbei
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RKI: HIV-Neudiagnosen 2010 annähernd konstant, Anstieg der HIV-Inzidenz bei jungen Schwulen

Die Zahl der neu diagnostizierten HIV-Infektionen ist in Deutschland auch 2010 annähernd konstant geblieben. Dies berichtet das Robert-Koch-Institut. Eine Zunahme gibt es allerdings bei jungen Schwulen.

Im aktuell veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin Nr. 21/2011 berichtet das Robert-Koch-Institut über die Entwicklung der HIV-Neudiagnosen in Deutschland. 2010 gab es insgesamt im Vergleich zum Vorjahr keine wesentliche Veränderung – 2.918 HIV-Neudiagnosen wurden 2010 gemeldet, 2.885 im Jahr zuvor.

Unterschiede gab es allerdings, betrachtet man die einzelnen Gruppen. Bei Menschen mit heterosexuellem Risiko (2010: 411 HIV-Neudiagnosen), iv-Drogengebraucher/innen (93) sowie Menschen aus Hochprävalenz-Ländern (273)  sank von 2009 auf 2010 die Zahl der HIV-Neudiagnosen geringfügig. Bei Männern, die Sex mit Männern haben, stieg sie hingegen geringfügig an (um 2% von 1.646 im Jahr 2009 auf 1.684 im Jahr 2010).

„So kleine Veränderungen bei den gemeldeten Diagnosen sind aber kein Hinweis auf einen Anstieg der Neuinfektionen in dieser Gruppe“, kommentiert Axel J. Schmidt vom RKI laut DAH-Blog.
2010 stellten Männer, die Sex mit Männern haben, einen Anteil von 67% der HIV-Neudiagnosen.

Besonders weist das RKI auf die Entwicklung bei jungen Schwulen bis 25 Jahre hin. Zwar machen HIV-Neudiagnosen in absoluten Zahlen hier nur einen geringen Teil der Gesamt-Neudiagnosen aus. Die Mehrzahl der HIV-Neudiagnosen erfolgte bei den Altersgruppen 30 bis 39 sowie 40 bis 49 Jahre.

Dies sind allerdings die beiden Altersgruppen mit „geburtenstarken Jahrgängen“.  Berechnet man die Inzidenz bezogen auf 100.000 Männer jeweils der gleichen Altersgruppe, erhält man einen Wert (‚Diagnoseinzidenz‘), der etwas aussagt über das spezifische Risiko Angehöriger jeweils dieser Altersgruppe, sich mit HIV zu infizieren. Diese ‚altersgruppen-spezifische Inzidenz‘ zeigt: in der Gruppe der jungen Schwulen bis 25 Jahre steig die Inzidenz sowohl 2009 als auch 2010 im Vergleich der Altersgruppen am stärksten an.

Das RKI diskutiert im aktuellen Epidemiologischen Bulletin Hintergründe und mögliche Ursachen dieser Entwicklung und nennt dabei mögliche Gründe für den Anstieg:

  • erhöhte Testbereitschaft in dieser Altersgruppe
  • ein erhöhter Anteil (noch) nicht antiretroviral behandelter HIV-Positiver in dieser Altersgruppe (mit der damit verbunden höheren „Wahrscheinlichkeit, dass ein infizierter Partner auch infektiös ist“)
  • eine höhere Inzidenz bakterieller sexuell übertragbarer Erkrankungen in dieser Altersgruppe (und deren Auswirkungen auf die HIV-Übertragbarkeit).

Dirk Sander, Schwulen-Referent der Deutschen Aids-Hilfe, nennt einen weiteren möglichen Grund:

„Jüngere sind noch nicht so erfahren im Umgang mit Kondomen und sexuellen Situationen. Es kann sein, dass es ihnen schwerer fällt als Älteren, ihr Schutzbedürfnis erfolgreich in die Tat umzusetzen.“

Das RKI kommentiert den Anstieg

„Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um einen realen Anstieg handelt. …
Zusammenfassend sprechen die im Rahmen der EMIS-Studie erhobenen Verhaltensbefunde nicht dafür, dass der beschleunigte Anstieg der Inzidenz neudiagnostizierter HIV-Infektionen bei jungen MSM in den letzten Jahren auf einer spezifischen Zunahme von Risikoverhalten in dieser Altersgruppe beruht. …
Allerdings zeigt die unter jungen MSM stärker verbreitete Annahme, dass ihre Sexualpartner nicht infiziert seien, verbunden mit einer geringeren HIVTesthäufigkeit auch, dass sie verstärkt gezielte  und Aufklärung zu Infektionen mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Erregern benötigen.“

Das RKI macht im Bericht 2010 auch detailliertere Angaben zu Schwulen und Männern die Sex mit Männern haben und einen Migrations-Hintergrund haben:

„Der Anteil der MSM, bei denen eine andere Herkunftsregion als Deutschland angegeben wurde, lag 2010 bei 15 % (216/1.486). Bei 12 % der Meldungen lagen keine Angaben über die Herkunft vor. Wichtigste ausländische Herkunftsregionen für in Deutschland neu mit HIV diagnostizierte MSM sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung Zentraleuropa (3,8 %), Westeuropa (3,5 %), Lateinamerika (2,2 %), Südostasien (1,5 %) und Osteuropa (0,8 %). Erworben wurde die HIV-Infektion in mehr als 90 % der Fälle in Deutschland.“

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(Zu Neu-Diagnosen – Neu-Infektionen – Prävalenz – Inzidenz siehe „HIV-Neuinfektionen – Hintergrund-Informationen„).

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weitere Informationen:

Robert-Koch-Institut: HIV-Infektionen und Aids-Erkrankungen in Deutschland – Bericht zur Entwicklung im Jahr 2010 aus dem Robert-Koch-Institut, in: Epidemiologisches Bulletin 21/2011

DAH-Blog 30.05.2011: Zahl der HIV-Neudiagnosen weiterhin fast konstant

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Gehirn & HIV: Schäden wesentlich seltener als vermutet?

Schädigungen des Gehirns treten bei HIV-Positiven wesentlich seltener auf, als bisher vermutet wurde. Darauf deuten zwei neuere britische Studien hon.

„Mehr als die Hälfte aller Menschen mit HIV weist Schädigungen des Gehirns auf“, zu diesem Ergebnis kamen noch 2009/2010 Forscher im Rahmen der großen prospektiven HIV und Gehirn – Studie ‚CNS HIV Antiretroviral Therapy Effects Research‘ (CHARTER). 52,4% der 1.526 Positiven in ihrer Kohorte haben zumindest leichte Beeinträchtigungen bei Denken, Gedächtnis und Koordination, berichteten die Forscher auf der 5. International AIDS Society (IAS) Conference on HIV Pathogenesis, Treatment and Prevention im südafrikanischen Kapstadt sowie der CROI 2010.

Doch nun kommen zwei britische Studien zu einem völlig anderen Ergebnis. Sie geben Entwarnung: Schädigungen des Gehirns und seiner Funktionen seien bei Menschen mit HIV nur unwesentlich häufiger als in der Kontrollgruppe mit HIV-Negativen. Beide Studien wurden auf der 17. Konferenz der British HIV Association Anfang April in London vorgestellt.

In der ersten Studie wurden 101 HIV-positive Erwachsene in London untersucht. 19% von ihnen hatten zumindest milde Beeinträchtigungen von Hirnfunktionen, stellten die Forscher fest. In der britischen Gesamtbevölkerung liegt die Rate mit 16% nur unwesentlich niedriger.

Die zweite Studie widmete sich Jugendlichen, die bereits seit Geburt mit HIV infiziert sind. Die Forscher verglichen die Hirnfunktionen von 31 HIV-positiven Teenagern und jungen Erwachsenen (zwischen 16 und 25 Jahren) mit der ihrer 14 HIV-negativen Geschwister. Bei zwei Tests, die sich auf objektive Messungen von Gehirnbeeinträchtigungen beziehen, wurden keine Unterschiede festgestellt. Nur bei einer weiteren Untersuchung (ein Fragebogen u.a. mit Selbsteinschätzungen) zeigten sich bei den HIV-positiven Teilnehmern mehr Beeinträchtigungen.

Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die hohe Rate von Gehirn-Beeinträchtigungen, die in der Charter-Studie festgestellt worden war, von ihnen nicht gefunden wurde, und vielleicht auf andere Ursachen als HIV zurück zu führen sei. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Charter-Studie wesentlich mehr Teilnehmer umfasste als die beiden vergleichsweise kleinen britischen Studien.

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weitere Informationen:
aidsmap 11.04.2011: Brain impairment in people with HIV may not be as common as we thought
aidsmeds 11.04.2011: Brain Impairment Might Be Less Common in People With HIV Than Originally Suspected
aidsmeds 23.07.2009: More Than Half of People With HIV Might Have Cognitive Impairment
aidsmap 28.02.2010: Higher risk of neurocognitive problems in patients with lower CD4 nadirs
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Junge Positive: mitreden bei der UN-Generalversammlung zu HIV/Aids

Die Ideen, Erfahrungen und Probleme junger Menschen mit HIV einbringen in die UN-Vollversammlung zu HIV, die im Juni 2011 stattfindet – dies will eine derzeit stattfindende online-Umfrage erreichen.

Vom 8. bis 10. Juni 2011 findet in New York eine Generalversammlung der Vereinten Nationen statt, die sich ausschließlich mit HIV und Aids beschäftigt.

GNP+ (das Global Network for People living with with HIV) und YPLHIV (Young People living with HIV) ermöglichen jungen Menschen mit HIV, bei der UN-Generalversammlung indirekt mitzureden: über eine online-Umfrage, mit der sie ihre Erfahrungen und für sie wichtigen Themen und Fragen einbringen können.

Die online-Umfrage wendet sich an junge Menschen mit HIV bis zu einem Lebensalter von 30 Jahren und steht online noch bis zum 27. März 2011 zur Verfügung.

Spezielle Generalversammlungen der Vereinten Nationen (United Nations General Assembly Special Session, UNGASS) zu HIV und Aids fanden u.a. bereits 2001, 2006 und 2008 statt. Die Generalversammlung 2011 wird aus einem Plenar-Treffen sowie 5 Panel-Diskussionen zu speziellen Themen bestehen. Ziel der Generalversammlung zu HIV und Aids 2011 ist die Verabschiedung einer neuen Deklaration, die auf den beiden bisherigen Deklarationen aufbaut und handlungsorientiert aufzeigen soll, wie der Kampf gegen Aids über 2010 hinaus weiter geführt werden soll.

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weitere Informationen:
online-Umfrage „YPLHIV have their say at the High Level Meeting“ (englisch)
„Rencontre de Haut Niveau aux Nations Unies: Faites-vous entendre!!“ (französisch)
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Umfrage: welche HIV-Prävention wollen junge Menschen ?

Was erwarten junge Menschen von guter HIV-Prävention? Welche Sichtweisen, welche Vorschläge haben sie? Die Vereinten Nationen bitten um Mitarbeit …

Viel zu wenige junge Menschen haben ausreichende Informationen über HIV und Aids. Dies zu verbessern ist Anliegen der Vereinten Nationen, die dazu im Vorfeld der Welt-Aids-Konferenz eine Befragung durchführen:

„The United Nations believes that three actions are critical to empower young people to protect themselves from HIV:
1. Increase correct knowledge about HIV among young people in and out of school, including through the provision of good quality sexuality education.
2. Promote access to and use of condoms among young people.
3. Encourage use of HIV testing and counselling services by young people, especially those most-at-risk of HIV.“

Die Umfrage „Survey of HIV prevention needs of young people“ wird in Vorbereitung auf die Welt-Aids-Konferenz in Wien (18. – 23.7.2010) von der UNESCO (United Nations Educational, Cultural and Scientific Organization), UNICEF (United Nations Children’s Fund), UNFPA (United Nations Population Fund) und der WHO (World Health Organization) durchgeführt.

Eine Auswahl der Antworten der Befragung wird auf einer Panel-Veranstaltung von Experten auf der Welt-Aids-Konferenz diskutiert. Die Reaktionen und Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht.

weitere Informationen:
UNESCO, UNICEF, UNFPA & WHO: Survey of HIV prevention needs of young people
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HIV-positives Kind von Aids-Leugnern wird gegen Willen der Eltern behandelt (akt.2)

Österreich: ein elf Monate altes lebensgefährlich erkranktes HIV-positives Mädchen wird in der Steiermark behandelt – auf Anweisung der Behörden, gegen den Willen der Eltern

Elf Monate alt ist Muriel, das junge Mädchen, das kurz vor Weihnachten in der Grazer Kinderklinik im LKH liegt. Es wurde mit einer Lungenentzündung eingeliefert, in lebensbedrohlichem Zustand.

Das junge Mädchen ist HIV-positiv, genau wie beide Eltern. Die HIV-Infektion des Kindes wurde erst bei der Einlieferung am 22.12.2009 wegen der Lungenentzündung festgestellt. Die Ärzte der Grazer Kinderklinik vermuten, das Kind habe sich beim Stillen infiziert. Bereits im Sommer 2009 wurde das Mädchen im Grazer Kinderkrankenhaus behandelt, durfte nach einer Verbesserung seiner Gesundheitssituation mit Genehmigung der Behörden zurück zu seinen Eltern.

Die Eltern des Kindes verweigern ihre Zustimmung zur Behandlung des Kindes. In der Boulevard-Presse wird der Vater des Kindes zitiert mit der Ansicht „Aids gibt es gar nicht“. Aids sei nur eine Allergie, und erst die Medikamente würden ihr Kind krank machen, so ihre Ansicht. Sie sollen, so der ORF, Anhänger eines bekannten „Wunderheilers“ sein. Aids sei „nichts Anderes als eine Allergie nach einer traumatischen Erfahrung mit Geschlechtssekret“: auf ihrer Internetseite heißt es „‚HIV-positiv‘ ist nichts anderes als ein Allergienachweis auf das männliche Smegma“. Schulmedizinische Behandlungen seien nicht zielführend.

Die Eltern verweigerten jetzt ihre Zustimmung zur Behandlung der Lungenentzündung und der HIV-Infektion ihres Kindes, auch auf intensives Bitten der behandelnden Ärzte. Die Lungenentzündung, eine bei schwerem Immundefekt auftretende PcP (Pneumocystis carinii Pneumonie), ist lebensbedrohlich. Die zuständigen Grazer Behörden entschlossen sich daraufhin, die Ärzte zur Behandlung des Kindes anzuweisen – gegen den Willen der Eltern. Zuvor hatte der zuständige Bezirkshauptmann die Obsorge für Behandlung und Unterbringung des Kindes beantragt und zugewiesen bekommen.

Die Eltern verweigerten dem ORF eine Stellungnahme.  Auf ihrer eigenen Internetseite sprechen sie wegen der Zwangsbehandlung ihres Kindes von „Verbrechen gegen die Menschheit“. Sie erstatteten Anzeige gegen die Ärzte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen die Eltern wegen Verdachts der schweren Körperverletzung und der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten.

Nachtrag 27.01.2009:
Nach Stabilisierung des Besundheitszustands des Mädchens wurde dies von den zuständigen Behörden Presseberichten zufolge „in die Obsorge einer Jugendwohlfahrtseinrichtung übergeben“.

Eine ‚klassische‘ Frage, die wie weit das Fremd-Bestimmungs-Recht der Eltern über ein Kind, reicht. Und doch – weit mehr als eine klassische Frage.

Es ist die immer wieder kehrende Frage, wie mit Aids-Leugnern umzugehen ist – und den Konsequenzen ihres Tuns. Wohin Negierung von HIV und Aids, oder Leugnen der positiven Wirkungen der antiretroviralen Therapien führen, hat jahrelang die jüngst verstorbene ehemalige südafrikanische Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang gezeigt.

Es ist bitter, im eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis zu erleben, wie Menschen ihre Gesundheit ruinieren, schließlich ihr Leben auf’s Spiel setzen – im Glauben an die fatalen Gedanken mancher Aids-Leugner.

Solange jemand die Entscheidung, diesen Gedanken anzuhängen, wirksame Therapien nicht zu nutzen, für sich persönlich trifft, ist diese Entscheidung, wenn sie informiert und bewusst getroffen wird, letztlich zu akzeptieren respektieren. Aber – geht diese persönliche Freiheit auch so weit, um der wahren Lehre willen das Leben einer anderen Person, eines Kindes zu riskieren?

weitere Informationen:
der standard 08.01.2010: „Aids gibt es gar nicht“
kleine zeitung 08.01.2010: Familientragödie rund um schwer krankes Kind
ORF 09.01.2010: Aids: Kind wird gegen Elternwillen behandelt
oe24 09.10.2010: Baby mit Aids zwangsbehandelt
Kurier 09.01.2010: In den Fängen eines „Heilers“
oe24 09.01.2010: Drama um zwangsbehandeltes HIV-Baby
Die Presse 11.10.2010: Zweiter „Fall Olivia“?: Wenn der Staat zum „Vater“ wird
Krone 27.01.2010: HIV-infiziertes Mädchen kommt in Pflegefamilie
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Nachtrag 06.07.2010: „Mutter infizierte Baby mit HIV: Verurteilt„, berichtet der ORF über den Ausgang des Verfahrens.

Premiere des neuen ‚Jung Positiv‘ -Spots

Im Umfeld des Europäischen Aids-Kongresses wurde am 12. November in Köln der neue Präventions-Spot des Kölner Projektes ‚Jung Positiv‘ vorgestellt.

‚Jung Positiv‘ ist ein Projekt Jugendlicher und junger Erwachsener zwischen 15 und 27 Jahren, HIV-positiv und HIV-negativ, überwiegend schwul.

Der neue Spot des Projekts beschäftigt sich mit der Suche nach Sex über das Internet:

„Ein junger Mann begibt sich im Chat auf die Suche nach (sexuellen) Abenteuern. Das passiert in Deutschland täglich Tausende Male, und deswegen ist es die Ausgangssituation des neuen JuPo-Spots. Er thematisiert die virtuelle Welt des Internet mit typischen Haltungen in Bezug auf HIV, den damit verbundenen Ansteckungsrisiken sowie den Möglichkeiten, damit umzugehen. Temporeich, jugendgerecht und zielgruppenorientiert deckt der Spot Mythen und Widersprüche auf – und das alles, ohne Angst zu machen oder mit dem erhobenen Zeigefinger daher zu kommen.“

Die 2003 gegründete Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, mit Filmen Prävention bei Jugendlichen zu betreiben. Die Filme werden in Jugendzentren, Schulen oder Diskotheken gezeigt und können auf der Internetseite des Projekts auf DVD oder VHS bestellt werden.

Seit 2009 kooperiert das Projekt ‚Jung Positiv‘ mit der Kampagne „ich weiss was ich tu!“ der Deutschen Aids-Hilfe DAH.

DAH-Kampagnen-Manager Matthias Kuske dazu:

„Die Verleihung des Preises für den JuPo-Spot 2007 zeigt, wie wichtig und erfolgreich es ist, junge Schwule in die Präventionsarbeit einzubeziehen und sie erzählen zu lassen, wie sie mit dem Thema HIV heute umgehen. Das passt perfekt zu „ich weiss was ich tu!“. Auch unsere Kampagne arbeitet mit Rollenmodellen, Menschen aus dem echten Leben. Wir freuen uns darum ganz besonders über die Auszeichnung für JuPo und darüber, dass wir seit diesem Jahr mit dem Projekt kooperieren!“

‚Jung Positiv‘ wurde auch im Rahmen des Europäischen Wettbewerbs „HIV visible“ prämiert. Der Clip „Ein perfekter Tag“ aus dem Jahr 2007 wurde mit einem Preis ausgezeichnet.

weitere Informationen:
Internetseite des Projekts ‚Jung Positiv
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