Deutsche AIDS-Hilfe fordert sofortigen Stopp der Aids-Kampagne mit Hitler-Spot

Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) fordert den sofortigen Stopp der Kampagne „Aids ist ein Massenmörder – schütz dich selbst“, die von der Hamburger Werbeagentur „das comitee“ für den Regenbogen e.V. entwickelt wurde. Es ist eines der schlimmsten Kampagne seit dem Ausbruch der HIV-Epidemie. So wird in einem Spot der Diktator Adolf Hitler beim Geschlechtsverkehr mit einer Frau gezeigt. Dieser Spot soll u.a. im Fernsehen und im Kino gezeigt werden.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH:
„Die Deutsche AIDS-Hilfe verurteilt den Spot des Vereins Regenbogen auf das Schärfste. Wir fordern den sofortigen Stopp der Kampagne. Dieser widerliche Spot mit einem Adolf-Hitler-Imitator verhöhnt alle Opfer des Nationalsozialismus und setzt HIV-positive Menschen mit Massenmördern gleich. Das äußert provozierende Video setzt auf dumpfe Angst. Diese Kampagne schadet der HIV-Prävention, sie hat keine Botschaft, wie man sich vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen schützen kann. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene ist sie völlig ungeeignet. Wir fordern die Medien und Kinobetreiber auf, diese Kampagne nicht auszustrahlen. Unser Appell geht auch an die Gesundheitspolitiker, sich von dieser Kampagne zu distanzieren. Dem Verein Regenbogen sollte die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, da es hier offensichtlich um Panikmache auf dem Rücken von Menschen mit HIV und Aids geht. Wir prüfen rechtliche Schritte gegen den Verein. Die prominenten Unterstützerinnen und Unterstützer des Regenbogen e.V. sollten sich fragen, ob sie ihren guten Namen für eine solche Kampagne hergeben wollen – wir fordern sie auf, sich zu distanzieren.“

Dr. Dirk Sander, Referent für strukturelle Prävention der DAH:
„Aus fachlicher Sicht ist dieses Kampagne im Hinblick auf die angegebenen Ziele wirkungslos, überflüssig und kontraproduktiv. Es geht hier nur um billige Effekthascherei – allerdings auf besonderes ekelerregende und infame Weise. Der Spot ist eine fürchterliche Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen. Die erfolgreiche HIV-Prävention der Deutschen AIDS-Hilfe (www.aidshilfe.de, www.iwwit.de) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA (www.machsmit.de) informieren sachlich über die Gefahren einer HIV-Infektion und motivieren zum Schutz mit Kondomen. Unsere Kampagnen arbeiten mit alters- und zielgruppengerechten Botschaften und wirksamen Präventionsmaßnahmen, die Menschen mit und ohne HIV unterstützen, sich und andere vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen.“

(Pressemitteilung der deutschen Aids-Hilfe vom 08.09.2009)

Deutsche AIDS-Hilfe zieht Beteiligung am SÖDAK zurück

Deutsche AIDS-Hilfe zieht Beteiligung am SÖDAK zurück

Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) wird sich in diesem Jahr nicht am Deutsch-Österreichischen-Schweizer Aids-Kongress (SÖDAK) in Sankt Gallen/Schweiz beteiligen und stellt die Mitarbeit am Kongress mit sofortiger Wirkung ein.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Bundesvorstand der Deutschen AIDS-Hilfe e.V.: „Unserer Entscheidung ist ein gründlicher Abwägungsprozess vorangegangen: Die DAH sieht die Grundlagen der diesjährigen Konferenzausrichtung, wie sie seit 1998 erfolgreich im sog. Genfer Prinzip auf internationaler und mit dem Essener Prinzip (1999) auf nationaler Ebene eingeführt wurden, als nicht gegeben an. Die DAH bedauert insbesondere, dass die Einbindung von Menschen mit HIV/Aids nicht im notwendigen Maße stattgefunden hat. Nicht über, sondern mit den Menschen mit HIV/Aids und deren Communities als die Experten in eigener Sache zu sprechen, halten wir für ein unverzichtbares Qualitätskriterium für eine zukunftsfähige Präventionsarbeit.“

Die DAH befürwortet den solidarisch geschlossenen Rücktritt des SÖDAK 2009 Community Board (CB) von der Mitarbeit am SÖDAK und schließt sich dieser Konsequenz an. Mit dem Rückzug verbindet der Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe zugleich die Forderung, dass bei zukünftigen Kongressen wieder an die bewährte Zusammenarbeit nach dem Genfer Prinzip angeknüpft und eine Teilnahme der Menschen mit HIV/Aids aktiv – zum Beispiel durch eine höhere Investitionsbereitschaft für Stipendien – ermöglicht wird.

Die DAH wird die zukünftige Kongressorganisation gerne dabei unterstützen, ein Konzept zu entwickeln, das den Rahmenbedingungen, Bedürfnissen und Erwartungen aller Beteiligten Rechnung trägt.

Informationen zum Genfer Prinzip

(Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe vom 28.04.2009)

Wie positHIV sind wir eigentlich? Über „die Kraft, mit Brüchen im Leben zu stehen“

Ein Workshop der ‚Positiven Begegnungen 2009‘ befasste sich mit identity politics – mit der Frage „wie positHIV sind wir eigentlich?“

Identity politics sei ein Mittel gesellschaftlicher Gruppen, um sowohl gesellschaftliche Verhältnisse zu verändern als auch zur Emanzipation beizutragen, erläuterte Carsten Schatz zu Beginn des Workshops.
Dabei gelte es, nicht zu einer erneuten Normierung zu kommen. Inwieweit führt die Verweigerung von normen zum Schaffen neuer Normen und daraus neuer Ausgrenzung? Diese Position der Kritiker der identity politics gelte es zu bedenken.

„Heute sind wir Menschen mit HIV und Aids ein bunter Haufen, eine heterogene Gruppe und die Herausforderungen und Chancen ergeben sich gerade aus unserer Vielfalt der kulturellen Hintergründe, des Eigensinns und Anders-Seins einer und eines Jeden.Die Gemeinsamkeit ergibt sich eigentlich ’nur‘ aus der Angst und dem damit verbundenen Stigma. … Einerseits möchten wir gleichwertig sein, integriert und akzeptiert, in der Norm verankert und andererseits ist unsere Vielfalt auch unser Reichtum und wir schätzen Eigensinn, Anders-Sein und die Kraft, mit Brüchen im Leben zu stehen. … Wie schaffen wir nicht neue normative Zwänge, sondern stärken uns an der Vielfalt?“ (aus der Workshop-Ausschreibung)

Die Grundhaltung, Vielfalt als Chance und Stärke zu erkennen, Unterschiedlichkeiten und die daraus resultierenden Auseinandersetzungen als notwendig und als Bereicherung zu erfahren ist so neu nicht – sie spiegelt sich neben sozialen Bewegungen auch in Management-Konzepten wie dem der ‚diversity‘.

Gibt es (bezüglich HIV) eine ‚positive Identität‘ nur, wenn die Person offen mit ihrer Infektion lebt? Oder gibt es auch so etwas wie eine ‚verborgene positive Identität‘?

Aufschlüsse dazu gab schon eine Arbeit in vier Gruppen: die bemerkenswerten Ergebnisse der Eigen- und Fremdwahrnehmung. „Wie nehmt ihr euch selbst, wie ‚die anderen‘ wahr?“, war die Frage an vier Gruppen, jeweils zwei von offen und zwei von nicht offen positiv lebenden Menschen.

In der Eigenwahrnehmung nicht offen positive lebender HIV-Positiver dominierten ‚Ängste‘, ‚Schuld‘, ‚Karrierekiller vermeiden‘ oder ‚Umfeld schützen‘ – aber auch die Chance ‚ohne Einschränkung frei leben‘, ‚keine Rechtfertigung‘ oder ‚problemloser‘.
Offen lebende Positive wurden als selbstbewusst, mutig, authentisch bezeichnet, teils ‚bewundert‘, aber auch negativ assoziierte Begriffe wie ‚Berufs-Positiver‘ oder ‚HIV-Tourismus‘ fielen. Offen mit HIV leben wurde mit ‚Großstadt‘ assoziiert.

In der Eigenwahrnehmung offen lebender HIV-Positiver überwogen Formulierungen wie ’sich selbst ehrlich sehen‘, ‚weniger Angst‘, ’nicht erpressbar‘ oder ‚mehr Selbstbewusstsein‘, während nicht offen lebende Positive als ‚gefangen sein‘, ’sich Chancen nehmen‘ ‚leiden im stillen Kämmerlein‘ oder ‚Leben nicht so frei‘ bezeichnet wurden.

Schon diese Beispiele zeigen, wie sehr Identität (auch positive Identität) nicht nur aus eigener Selbst-Zuschreibung resultiert, sondern genauso auch aus Zuschreibungen von außen (‚der lebt mit HIV‘) – und auch Zuschreibungen aus ‚der eigenen Gruppe‘ der HIV-Infizierten (‚der lebt ja /nicht offen mit sienem HIV‘), mit allen daran hängenden Bildern.

Und schon die Beispiele der Arbeitsgruppen zeigen, wie sehr beide Modelle (offen oder nicht offen mit der eigenen HIV-Infektion zu leben) jeweils mit durchaus verschiedenfarbigen, positiven wie auch negativen Gefühlen und Bildern assoziiert sind.

Jede Entscheidung ist zu akzeptieren – offen mit HIV zu leben, nicht offen mit HIV zu leben, oder auch angepasst an jeweilige Situationen verschiedene Offenheits-Strategien zu haben (z.B. im Privaten offen, am Arbeitsplatz nicht).

Bericht über den Workshop „Wie positHIV sind wir eigentlich? – Identitätspolitik oder:  ‚Ich bin wie du‘ – wie langweilig …“ am 30. Januar 2009 bei den ‚Positive Begegnungen 2009‘ in Stuttgart, Leitung Michèle Meyer und Carsten Schatz

(Anmerkung: ich konnte leider an dem nachmittags anschließenden Thementreff zum Workshop nicht teilnehmen – wäre aber für Ergänzungen übner diesen teil dankbar …)

weitere Informationen:
Diversity-Konzept der Universität Wien ‚Vielfalt bildet! Bildet Vielfalt!‘
Dossier der Heinrich-Böll-Stiftung zu Diversity Management
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‚ich weiss, was ich tu!‘ ist ein Meilenstein – Rede Carsten Schatz

‚Die Kampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung der HIV- und STD-Prävention in Deutschland“. Darauf wies Carsten Schatz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Aidshilfe (DAH) bei der Vorstellung der Kampagne am 13. Oktober 2008 in ‚Clärchens Ballhaus‘ in Berlin hin.

Schatz danke der BzgA für die gute Zusammenarbeit und das Vertrauen in das Knowhow und die Fähigkeiten der Deutschen Aidshilfe. Er betonte:  „Vorab-Tests der Kampagne durch die Freie Universität Berlin bestätigten, dass unsere Kampagne von hoher Qualität, großer Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit ist. Wir haben nichts anderes erwartet.“

Die Kampagne, so Schatz, sei auch unter Einbeziehung der Zielgruppen, und auch von HIV-Positiven geplant und entwickelt worden. „Wir nehmen unseren Auftrag als Interessenvertretung der von HIV bedrohten und betroffenen Männer ernst“, so Schatz. Deswegen scheue die DAH auch zukünftig keine Auseinandersetzung darüber, mit welchen Inhalten und Bildern die Zielgruppe angesprochen werde.

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Video: Rede Carsten Schatz (Vorstandsmitglied DAH) anlässlich des Starts der Kampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘

(Video, Dauer 5:31 min.)

Deutsche Aids-Hilfe: neuer Vorstand gewählt (akt.)

Auf der Mitgliederversammlung der Deutschen Aids-Hilfe wurde ein neuer Vorstand gewählt.

DAH Vorstand nach Wahl am 5. Oktober 2008
DAH Vorstand nach Wahl am 5. Oktober 2008 (Foto: DAH)

Vor 25 Jahren, am 23. September 1983, wurde die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) als erste AIDS-Selbsthilfe-Einrichtung in Deutschland gegründet. Inzwischen haben sich 120 Mitgliedsorganisationen unter dem Dach der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (Aids- und Drogenhilfen, Präventionsprojekte, Schwulen- und Lesbenzentren, Wohn- und Pflegeprojekte) zusammengeschlossen.

Am 4. und 5. Oktober 2008 fand in Erfurt die jährliche Mitgliederversammlung der Deutschen Aids-Hilfe e.V. statt. Turnusgemäß wurde für eine Amtszeit von drei Jahren auch ein neuer Vorstand gewählt, die Vorstandsmitglieder nach der Neuwahl sind (in der Reihenfolge der Höhe der erhaltenen Stimmen):
– Carsten Schatz (Berlin)
– Sylvia Urban (Dresden)
– Winfried Holz (Berlin)
– Hansmartin Schön (München)
– Tino Henn (Köln)

Dem vorherigen Vorstand (Maja Czajka, Sylvia Urban, Sven-Christian Finke) wurde einstimmig keine Entlastung erteilt.

Im Verlauf der Mitgliederversammlung sollte auch das so genannte EKAF-Statement (‚keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs‚) diskutiert werden.

ich weiss, was ich tu!
ich weiss, was ich tu!

Nachtrag 07.10.2008: „Die Deutsche Aidshilfe will künftig verstärkt gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von HIV-positiven Menschen am Arbeitsplatz kämpfen“, sagt Neu-Vorstand Carsten Schatz laut dpa-medlung auf krankenkassen.de.
„Stellvertretend für den neuen Vorstand erklärt Carsten Schatz: ‚Der neue Vorstand will die DAH als politische Vertretung der von HIV und Aids Bedrohten und Betroffenen stärken. Als Fachverband werden wir die Leitlinien und lebenspraktischen Empfehlungen für die HIV-Prävention und den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten weiterentwickeln – z.B. in Bezug auf differenzierte Botschaften für die verschiedenen Zielgruppen.'“ (Pressemitteilung DAH)