In Sachsen-Anhalt sollen demnächst unter bestimmten Bedingungen HIV- und Hepatitis-Tests gegen den Willen der Betroffenen möglich sein.
So sieht es der Gesetzentwurf für ein geändertes „Gesetz über die Sicherheit und Ordnung“ vor, das am 13. Juli im Landtag des Landes in erster Lesung behandelt und an den Ausschuss für Inneres überwiesen wurde.
Die Deutsche AIDS-Hilfe lehnt diesen Gesetzentwurf als unverhältnismäßig ab. Dazu sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
„Ein solches Gesetz setzt Grundrechte außer Kraft. Es öffnet die Tür für unfreiwillige Tests und damit für einen willkürlichen Umgang mit möglicherweise HIV-positiven Menschen. Nicht ohne Grund dürfen in Deutschland medizinische Tests nur mit Einwilligung der Betroffenen und in Verbindung mit einer entsprechenden Beratung stattfinden. Dieser Anspruch ist ein hohes Gut und darf nicht leichtfertig aufgeweicht werden. Die Entscheidung für oder gegen einen Test sowie den richtigen Zeitpunkt liegt beim Individuum – und das muss auch so bleiben!“
Ein HIV-Test gegen den Willen eines Menschen ist rechtlich Körperverletzung, die Diagnose kann schwerwiegende psychische und soziale Folgen haben.
Sachsen-Anhalt plant nun, Tests zu erlauben, wenn – so heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes – Personen „einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt waren. Vor allem Polizeivollzugskräfte und Rettungshelfer können betroffen sein, wenn sie sich z.B. an Spritzen verletzen oder eigene offene Wunden mit Körperflüssigkeiten eines Festzunehmenden oder Unfallopfers in Berührung kommen (…).“
Besonders folgenschwer: Wenn die Polizei von „Gefahr im Verzug“ ausgeht, könnten die genannten Tests sogar ohne richterliche Anordnung möglich sein.
Hintergrund ist die Möglichkeit der „Postexpositionsprophylaxe“ (PEP, „Nach-Risiko-Vorsorge“). Eine umgehende Behandlung mit HIV-Medikamenten kann in den meisten Fällen die Übertragung des Virus noch verhindern. Diese Behandlung ist aber auch ohne HIV-Test möglich; nur in den seltensten Fällen ist nicht klar, ob eine Infektion vorliegt oder wahrscheinlich ist. Zudem kann ein HIV-Test in solchen Situationen auch keine sichere Information liefern, weil er erst drei Monaten nach einem Infektionsrisiko zuverlässig anzeigt, ob jemand HIV-positiv oder -negativ ist.
DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Geplant ist eine weitreichende gesetzliche Veränderung aufgrund von seltenen Einzelfällen. Dieses Gesetz ist eher großen Ängsten geschuldet als tatsächlichen Erfordernissen. Dafür ein Grundrecht auszuhöhlen, ist vollkommen unverhältnismäßig.“
Die Deutsche AIDS-Hilfe bietet sich in dieser Frage den Entscheidungsträgern in der Politik sowie den Verbänden der genannten Berufe als Gesprächspartner an. „Die Ängste von Menschen in medizinischen Berufen und im Polizeieinsatz nehmen wir sehr ernst“, sagt Carsten Schatz. „Wir helfen gerne dabei, diesen Ängsten mit hilfreichen Informationen zu begegnen.“
„Gauweiler“ bringt’s nicht. Ob in der light-Version oder Hardcore.
oder
Kriminalisierung der HIV-Übertragung stoppt die Verbreitung des Virus nicht, sondern befördert sie.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass wieder einmal ein Richter einen HIV-Positiven verurteilt hat, weil der, nach den Maßstäben des Richters, nicht ausreichend dafür gesorgt hat, seine Infektion nicht weiter zu verbreiten.
Da sind sie wieder: die unverantwortlichen Viren-Schleudern.
Genau von diesem Bild ging seinerzeit der Herr Gauweiler aus, als er den berüchtigten Bayerischen Maßnahmenkatalog vorschlug, um die HIV-Epidemie in Deutschland zu bekämpfen. Massentestungen und Absonderungen waren sein Vorschlag. Ein massiver Eingriff in die freiheitliche Verfasstheit dieser Gesellschaft, der von vielen zurückgewiesen wurde und letztlich auch besiegt werden konnte. Durchgesetzt hat sich eine Präventionspolitik, die von der Entscheidungsfähigkeit und Verantwortung von Menschen ausgeht.
Außer im Bereich der Justiz. Zeitgleich zur damals tobenden Debatte wurde auch in Deutschland ein Prozess bis zum Bundesgerichtshof durchgereicht, der schließlich höchstrichterlich eine Konstruktion auf den Weg brachte, nach der auch heute immer noch Menschen mit HIV verurteilt werden.
Der Fall um den es hier geht, ereignete sich nicht in Deutschland, sondern in unserem Nachbarland Österreich. Doch es geht uns was an.
Weil mit jeder Verurteilung ein Bild von Menschen mit HIV reproduziert wird, das uns nicht weiterhilft, im Gegenteil eher dazu führt, dass die Zahl der HIV-Infektionen nicht zurück geht, sondern zunimmt.
Warum?
Wir wissen heute, dass der Großteil neuer Infektionen in Situationen entsteht, in denen eine oder einer der Beteiligten nicht wissen, dass sie HV-positiv sind. Das schützt sie in der deutschen, aber auch in vielen Rechtsordnungen vor der Strafverfolgung. Verfolgt werden kann nur eine oder einer, der von seinem Sero-Status weiß. Nun frage ich: Wie groß ist die Motivation, sich ein Testergebnis abzuholen, das ich vermutlich schon erahnen kann, das mir jedoch eher Nachteile und im schlimmsten Fall ins Gefängnis bringt? Meine These: Nicht so groß.
Wenn wir aber andererseits heute wissen, dass es unter medizinischen Aspekten von Vorteil ist, eine frühe Diagnose zu stellen, um früh behandeln zu können und so auch die Viruslast in den Körperflüssigkeiten zu senken, um damit auch die Übertragbarkeit von HIV deutlich zu erschweren oder gar zu verhindern, dann schließt das eine das andere aus. Denn die Botschaft jeder Verurteilung ist klar: Wissen macht strafbar. Egal, was Du tust.
Nach allem, was ich über die Strafverfolgung von HIV-Übertragungen gelesen und mitbekommen habe, geht es um nichts anderes, als um den staatliche Eingriff in die Privatsphäre von Menschen, ein merkwürdig voyeuristisches Verlangen der Normierung und letztlich auch öffentlichen Anklage von sexuellen Verhaltensweisen, die nach wie vor als nicht der Norm entsprechend beurteilt werden.
Und da habe ich insgesamt noch nicht über gemeinsame Verantwortung und den berühmten Satz: „HIV bekommt man nicht, das holt man sich!“ gesprochen.
Mein Plädoyer bleibt klar: Solange die gesellschaftlichen Tabus hinter einer HIV-Infektion, Sexualität und Rausch nicht ohne Drama und Hysterie debattiert werden können, bleibt die Gefahr einer HIV-Infektion bestehen. Sie gehört auf individueller Ebene zum allgemeinen Lebensrisiko. Wir können dieses Risiko minimieren, aber nicht gänzlich ausschließen – solange HIV nicht heilbar ist, also aus dem Körper entfernt werden kann.
Was Gesellschaft – also wir alle – kann, ist Bedingungen zu schaffen unter denen Menschen verantwortlich Entscheidungen für sich treffen können, mit anderen und auch für andere. Dafür brauchen sie Wissen, Fakten und eine Umgebung, die dies befördert und ihnen nicht vorgaukelt: Mach mal, Vater Staat schützt Dich schon.
Das ist eine trügerische Sicherheit, die zu ihrer Aufrechterhaltung immer neue Exempel braucht.
Aus diesem Teufelskreis müssen wir ausbrechen und die Kriminalisierung der HIV-Transmission endlich beenden.
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Carsten Schatz ist Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Hilfe e.V.
Am 1. Dezember 2011 fand in der Frankfurter Paulskirche die Welt-Aids-Tags-Veranstaltung 2011 der Frankfurter Aidshilfe statt unter dem Motto ‚Gesundheit, lebenslänglich‘. Als Dokumentation im Folgenden die Rede, die Carsten Schatz bei dieser Veranstaltung gehalten hat:
Gesundheit braucht Solidarität. Lebenslänglich!
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
Ich möchte noch einige Momente zu meiner Vorstellung hinzufügen. Ich bin seit fast 20 Jahren HIV-positiv, also chronisch krank, wie eben dargestellt wurde, aber ich fühle mich gesund. Außerdem bin ich ich ein chronischer Weltverbesserer.
Als ich zu Beginn des Jahres eingeladen wurde, an der traditionsreichen Veranstaltungen der Frankfurter Aids-Hilfe in der Paulskirche teilzunehmen, habe ich mich sehr gefreut und nach (auch für mich) bewegten Monaten in diesem Jahr freue ich mich hier zu Ihnen sprechen zu können.
Gesundheit, lebenslänglich! ist der heutige Abend überschrieben und spielt auf Diskurse an, die seit einigen Jahren in unserer Gesellschaft geführt werden.
Dabei wird Gesundheit im Wesentlichen als ein Zustand der Abwesenheit von Krankheit betrachtet und dem Individuum die Verantwortung zugeschrieben, für diesen Zustand so lange als möglich zu sorgen. Das geschieht ganz unterschiedlich. Appellativ: Rauchen gefährdet ihre Gesundheit! auch durch Drohungen – zumindest für mich ist es eine: Rauchen lässt ihre Haut altern! oder auch durch Verweigerung gesellschaftlicher Solidarität. So wurden bereits vor einigen Jahren Folgeerkrankungen von Tätowierungen oder Piercings aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen.
Meine These dagegen ist: Gesundheit braucht Solidarität. Lebenslänglich!
Die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation WHO aus dem Jahre 1986 formulierte andererseits:
„Um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, dass sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können. In diesem Sinne ist die Gesundheit als ein wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens zu verstehen und nicht als vorrangiges Lebensziel. Gesundheit steht für ein positives Konzept, das in gleicher Weise die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit betont wie die körperlichen Fähigkeiten. Die Verantwortung für Gesundheitsförderung liegt deshalb nicht nur bei dem Gesundheitssektor sondern bei allen Politikbereichen und zielt über die Entwicklung gesünderer Lebensweisen hinaus auf die Förderung von umfassendem Wohlbefinden hin.“
Die Rede ist von
umfassenden körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefinden
von der Befriedigung individueller wie kollektiver Bedürfnisse
der Wahrnehmung und Verwirklichung von individuellen und kollektiven Wünschen und Hoffnungen,
vom Meistern der Umwelt – auch im Sinne von Veränderbarkeit
von Gesundheit als einem positiven Konzept in der Einheit von individuellen und sozialen Ressourcen
und von Gesundheit als einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe mit dem Ziel des umfassenden Wohlbefindens.
In der deutschen Gesundheitspolitik und ihren Debatten fühle ich mich oft, als gäbe es diese Erkenntnisse nicht.
Genau der Zusammenhang zwischen Individuellem und Kollektivem beschreibt Solidarität, erfordert sie und beschreibt ihre Grundlagen. Gemeinhin wird Solidarität als ein Zusammengehörigkeitsgefühl beschrieben oder als Miteinander auf der Basis von Gegenseitigkeit. Ich möchte einen Schritt weiter gehen. Solidarität ist für mich zunächst bedingungslos und uneigennützig. Sie erweist sich – wie alles – in der Praxis und nicht in Worten. Solidarität ist mehr als Mitgefühl. Solidarität bedingt Freiheit und kann nicht erzwungen werden. Solidarisch ist man oder frau nicht, solidarisch handelt man oder frau.
Nun wird nicht nur mir entgegengehalten, dass Solidarität ihre Grenzen habe. Ein junger Mann, der sich heute, mit dem Wissen der letzten 30 Jahre, mit HIV infiziere, der sei doch selbst Schuld, der verdiene keine Solidarität, noch weniger, wenn er sich vor dem Gang in die Sauna, den Darkroom – wohin auch immer – mit Drogen beneble. Er müsse das Risiko doch kennen.
Die Raucherin, die trotz der erschreckenden Mitteilung „Rauchen lässt ihre Haut altern“ zur Zigarette greift.
Der Autofahrer, die Bergsteigerin, Extremsportler, die Alkoholikerin, die Aufzählung ließe sich, je nach Perspektive unendlich fortsetzen…. nicht enthalten sind allerdings die workaholics, meist gut bezahlt, die sich zum frühen Herzinfarkt arbeiten.
Was steckt da eigentlich dahinter?
Neben – wie auch immer motivierten – Schulddiskursen ist es auch der Drang zur Normierung, auch ein Hauch Diktatur, aber vor allem die Idee, individuelles Wissen führe zu Verhaltensänderung und diese Verhaltensänderung zu mehr Gesundheit.
Am Rande: Dass dem leider nicht so ist, erleben HIV-Positive jeden Tag. Zahnärztinnen und Zahnärzte, die HIV-positiven die Behandlung verweigern, Radiologinnen und Radiologen, die für eine Röntgenaufnahme eines Positiven Gummihandschuhe anziehen. Beispiele dafür, dass Wissen, das ich bei Ärztinnen und Ärzten voraussetze, eben nicht zu einer Verhaltensänderung führt.
Der Grundfehler aus meiner Sicht liegt hier in der Betonung der individuellen Verhaltensänderung als Grundlage von Gesundheit.
Erinnern wir uns noch mal an die Ottawa-Charta, der Zusammenhang von Individuellem und Kollektiven.
Die Aids-Hilfen in Deutschland haben schon Anfang der 90er Jahre ein Arbeitskonzept entwickelt, das die strukturelle Prävention postuliert, den Zusammenhang von Verhaltens- und Verhältnisprävention, das Miteinander von Primärprävention, also der Verhinderung von HIV-Infektionen, die Sekundärprävention, Maßnahmen zur Verhinderung des Ausbruchs von Aids und der Tertiärprävention, Maßnahmen, um den Menschen so lange als möglich ein gutes Leben mit dem Vollbild Aids zu ermöglichen, ein Konzept das Freiheit, Selbstbestimmung und Solidarität verbindet und fördert.
Bernd Aretz hat dazu rückblickend formuliert:
„Gesundheit war nicht von Virenfreiheit abhängig, sondern davon, dass in der konkreten Lebenssituation ein Höchstmaß an Autonomie und Würde erhalten blieb. Dies setzte einen geänderten gesellschaftlichen Umgang und eine Förderung der individuellen Möglichkeiten voraus. Die Strukturen mussten geändert werden. Das ging von der Abschaffung des §175 zur Legalisierung der Substitution und möglichst auch des Drogengebrauchs zur rechtlichen Absicherung der Sexarbeiter/innen bis zu einem grundlegend anderen Umgang mit Migranten.“
Und in dieser Beschreibung steckt die nächste Dimension von Solidarität, einer Solidarität die in Aids-Hilfen und in der Selbsthilfe der Menschen mit HIV/Aids gewachsen ist und die wir die Solidarität der Uneinsichtigen nannten. Eine Solidarität, die uns gegenseitig stärkte und die uns half unsere Umwelt zu meistern und zu verändern.
Die Abschaffung des §175 war hier schon erwähnt, die Legalisierung von Substitution, das Prostitutionsgesetz all diese Veränderungen konnten gemeinsam erreicht werden.
Aber auch diese Solidarität muss immer neu errungen werden, fällt nicht vom Himmel. Wenn ich heute bei facebook lese, dass ein Freund von mir aus München ebendort im schwulen Distrikt von einem jungen Schwulen ob seines sichtbaren Alters angepöbelt wird, dann zeigt das, da liegt noch ne Menge Arbeit auf der Straße.
Es zeigt mir – nebenbei bemerkt – auch, dass die schwulen Communities endlich realisieren sollten, dass neben der rechtlichen Gleichstellung, die wir bis auf die Öffnung der Ehe weitgehend erreicht haben, weitere Debatten geführt werden müssen, in denen es um eine Vielfalt von Vor-Bildern auch in den schwulen Communities geht, eine Vielfalt, die den Normierungen in schwuler Szene, etwas entgegensetzt und der neuen Generation ein unbeschwerteres Leben ermöglicht.
Natürlich brauchen wir auch eine Debatte – und die haben wir – über Homophobie in der Gesellschaft, ihre Ursachen und wirksame Strategien zur Förderung sexueller Vielfalt. Beispielgebend sind hier die Bundesländer Berlin und Nordrhein-Westfalen, die Landesprogramme aufgelegt haben bzw. auflegen, übrigens unter breiter Beteiligung der Communities.
Dass es der Aids-Bewegung bis heute nicht gelungen ist, im Gegenteil zu Spanien, die Spritzenvergabe in deutschen Knästen (mit einer Ausnahme, dem Frauenknast in Berlin-Lichtenberg) durchzusetzen, schmerzt mich. Martin Dannecker nannte das auf der Präventionskonferenz der Deutschen Aids-Hilfe einen Grund sich zu empören. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Denn auch hier gilt die Achtung von Autonomie und nicht der Drang, Ideologie – der Knast wäre drogenfrei – in den Himmel zu heben. Deshalb wird es für die DAH in den nächsten Jahren ein wichtiger Schwerpunkt sein, hier deutliche Fortschritte zu erreichen.
Und – bevor die berechtigten Einwände kommen – ja, HIV/Aids hat sich verändert. Es ist zu einer chronischen Erkrankung geworden. Viele Menschen haben die Panik vor dem schnellen Tod verloren. Ich finde das nicht schlimm.
Schlimm finde ich vielmehr, dass im öffentlichen Diskurs nach wie vor auf alleinige Wissensvermittlung gesetzt wird und das andere – für mich so wichtige – Moment der Konfrontation mit Menschen mit HIV vernachlässigt wird. Ich bin froh, dass es der DAH gelungen ist, in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dem Bundesministerium für Gesundheit und der Deutschen Aids-Stiftung, seit dem vergangenen Jahr eine Kampagne zum Welt-Aids-Tag zu machen, die reale Menschen mit HIV in den Mittelpunkt stellt, Konfrontation und Solidarität ermöglicht. Leider läuft diese Kampagne eben nur zum Welt-Aids-Tag und nicht das ganze Jahr über.
Denn die Angst vor Diskrimierung und Ausgrenzung ist geblieben und ist real. Wenn vor wenigen Wochen in Berlin ein junger Mann gekündigt wurde, weil er HIV-positiv ist, wohlgemerkt, es geht nicht um einen Chirurgen, der unter Umständen, wie es ein befreundeter Chirurg ausdrückte, bis zum Ellenbogen in eines Patienten Körper steckte, nein, der junge Mann war für die Qualitätskontrolle in einem Pharma-Unternehmen zuständig. Die Begründung des Gerichts, dass die Kündigung für rechtmäßig hielt, hat übrigens nicht den konkreten Arbeitsablauf und daraus erwachsende Gefahren – die es nicht gibt – benannt, sondern darauf rekurriert, dass HIV als chronische Erkrankung nicht vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz abgedeckt sei. Nun denn, meine Damen und Herren aus den Parteien – ich nehme das auch selbst als Mitglied einer Partei mit – , dann müssen wohl chronische Erkrankungen in diesen Katalog aufgenommen werden.
Und gegen diese Diskrimierung und Ausgrenzung müssen wir Aufstehen, wann immer sie uns begegnet. Sei es in dieser Form oder in Form von Homophobie, der Kriminalisierung des Drogengebrauchs, Sexismus oder Rassismus. Und das geht eben nicht nur an den entsprechenden Tagen, wie dem 1. Dezember, dem 8.März (Welt-Frauentag – wer es nicht weiß), dem 17. Mai (dem internationalen Tag gegen Homophobie), im Juli zum Gedenktag für die Opfer des illegalisierten Drogengebrauchs, sondern das ganze Jahr über in der Straßenbahn, im Bus, in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Kneipe und im Verein.
Denn genau diese Solidarität kann – wir erinnern uns an Ottawa – dazu beitragen, körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu steigern.
Und gemeinsam müssen wir den gesellschaftlichen Diskursen entgegentreten, die uns gegeneinander ausspielen wollen, die Solidarität verhindern. Die finanzielle Zukunft der deutschen Sozialversicherungssysteme wird eben nicht durch Leistungskürzungen wiederhergestellt, sondern durch Umstellung der Mechanik der Beitragsrechnung. Die wurde im Zeitalter der industriellen Massenproduktion erfunden, auf dem damals der gesellschaftliche Reichtum basierte. Der Reichtum ist noch da, er wächst sogar stärker als je zuvor, allerdings erarbeiten ihn immer weniger Menschen. Also sollte die Finanzierungsgrundlage verbreitert werden, dann sind die solidarisch finanzierten Sozialversicherung für alle auch weiter zu finanzieren. Das klingt nach Umsturz?
Übrigens: Auch diese Erkenntnis ist nicht ganz neu. Rudolf Virchow, der berühmte Berliner Arzt, der auch ein 1848-er Revolutionär war, formulierte:
„Gegen Elend und Seuche kann nur der Umsturz helfen, der zu Freiheit und Wohlstand führt.“
Auf ihrem Jahresempfang 2011 hat die Deutsche Aids-Hilfe DAH am gestrigen 4. November Matthias Hinz und Sigrun Haagen zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Sigrun Haagen ist unter anderem Gründungsmitglied des Bundesweiten Netzwerks der Angehörigen von Menschen mit HIV und AIDS und seit vielen Jahren auch aktiv in der Vorbereitung der ‚Positiven Begegnungen‘.
Sie lebt im Sauerland, und arbeitet seit vielen Jahren im Vorstand eines ambulanten Hospizvereins (DIE BRÜCKE – Sterbe- und Trauerbegleitung e.V.).
Matthias Hinz war auf vielen Ebenen in der DAH aktiv (vom Mitarbeiter bis zum Mitglied des Delegiertenrats) und u.a. auch Mitglied von positiv e.V., dem (zusammen mit dem Waldschlößchen) Organisator der Bundesweiten Positiventreffen. Einer seiner grundlegenden Gedanken (aus der Zeit der Diskussion zum Leitbild der DAH):
„Der Wunsch, Infektionen und Krankheit zu verhindern, der Wunsch, Gesundheit und Leben zu erhalten, mögen für uns zwar die Motivation unseres Handelns sein, aber: Ziele unserer Arbeit, „Leitsterne“ von Aids-Hilfe können sie nicht sein. Warum nicht? Weil die AH-Arbeit auf Werten basiert, die wichtiger sind als unsere Wünsche, auf Werten, die uns einen handlungsleitenden Rahmen setzen – sowohl begrenzend als auch motivierend. Der oberste dieser Werte ist die Autonomie, die Selbstbestimmung des Menschen, in der sich seine Freiheit und seine Würde ausdrücken. Diese Selbstbestimmung zu achten und sie zu fördern ist in meinen Augen die wichtigste Aufgabe der Aids-Hilfe …“.
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat am Samstag auf ihrer Mitgliederversammlung in Neumünster turnusgemäß einen neuen Bundesvorstand für die nächsten drei Jahre gewählt.
Dem fünfköpfigen Führungsgremium gehören nun an:
Tino Henn (Starnberg/Essen, Inhaber und Vorsitzender Geschäftsführer der Bruno Gmünder Media Group)
Winfried Holz (Berlin, Referatsleiter in der Verwaltung des Deutschen Bundestags)
Manuel Izdebski (Geschäftsführer der AIDS-Hilfe im Kreis Unna)
Carsten Schatz (Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes der Partei Die Linke)
Sylvia Urban (Supervisorin, Vorstandsmitglieder der AIDS-Hilfe Dresden)
Tino Henn, Winfried Holz, Carsten Schatz und Sylvia Urban gehörten dem DAH-Vorstand bereits in den vergangenen drei Jahren an. Der Münchener Hansmartin Schön trat aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder an.
Der neue Vorstand will in den kommenden drei Jahren neben der HIV-Prävention einen besonderen Schwerpunkt darauf legen, über das Leben mit HIV in Zeiten der Kombinationstherapien zu informieren und damit der Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV entgegenzuwirken.
Dazu sagt DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Durch die heute verfügbaren Therapien kann man lange und gut mit HIV leben. Die Medikamente senken zugleich die Übertragungswahrscheinlichkeit erheblich. Viele Menschen setzen die HIV-Infektion aber immer noch mit schwerer Krankheit und Tod gleich und haben teilweise irrationale Infektionsängste. Um Angst und Ausgrenzung von HIV-Positiven zu vermindern, ist es heute besonders wichtig, ein realistisches Bild vom Leben mit HIV zu vermitteln. Die Deutsche AIDS-Hilfe wird sich verstärkt dafür einsetzen, die Strafbarkeit der HIV-Übertragung in Deutschland abzuschaffen. Die Kriminalisierung bürdet Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung auf und schadet damit auch der Prävention.“
Die Mitgliederversammlung in Neumünster entschied außerdem über zwei neue Ehrenmitgliedschaften. Auf dem Jahresempfang der Deutschen AIDS-Hilfe am 4. November in Berlin würdigt der Verband mit der Ehrenmitgliedschaft den HIV/Aids-Aktivisten Matthias Hinz sowie Sigrun Haagen, Gründungsmitglied des Bundesweiten Netzwerks der Angehörigen von Menschen mit HIV und Aids.
Die Deutsche AIDS-Hilfe ist der Dachverband von von 119 Aidshilfe-Organisationen, Präventions- und Versorgungsprojekten.
Kurt Hiller verdanken wir folgende Betrachtung in seinem „Eros – Leben gegen die Zeit“:
„Ich bin auf fast keine Hindernisse gestoßen. Das lag möglicherweise in der Hauptsache daran, dass ich ohne Spur von Symbolismus und Metaphorik, Indirektheit und Verschleierungstaktik, Ausweicherei und Zimperlichkeit als Jurist, Logiker und Kritiker das Kind beim Namen genannt habe. Das wurde mir honoriert. Gerade unter den Philistern dachten wahrscheinlich viele: wer so offen und unverschnörkelt spricht, meint die Sache, nicht sich. Solche Deutung meines Stils war natürlich naiv; ich meinte mich und die Sache; es existierte zwischen beiden für mein Denken kein Unterschied. Nur jenes peinlich duftende Egozentrikertum war mir fremd, das, wo das Ich interessiert ist, zu übersehen geruht, dass es ein identisch interessiertes Wir gibt. Je reicher ein Homoerotischer war, desto leichter pflegte er dieser Egozentrik zu verfallen. Ich kannte Anno Weimar und schon vorher einen etwas älteren Juristen vom Kurfürstendamm, der mit jungen Leutnants aus echt goldenen Kaffeetassen schlürfte; er verfehlte, sooft wir uns trafen, nie, mich vor der Aktivität in der Strafrechtssache zu warnen; „Nur keine Propaganda!“ lispelte er; „je mehr wir in der Öffentlichkeit von der Sache reden, desto mehr schaden wir uns!“ Ein eleganter, auch liebenswürdiger Herr, bloß doof. Hätten alle Betroffenen samt den unbetroffenen Gerechtdenkenden gehandelt, wie er verlangte, dann würde der brutale und sinnlose Paragraph noch heute in Schweden und der Schweiz, in Polen und der Techeslowakei, in England, Österreich, Deutschland gelten, genau wie er dort damals galt.“
Carsten Schatz ist der erste offen positive schwule Mann im Berliner Abgeordneten Haus. Das gibt es weder in einem anderen Landesparlament, noch im Bundestag. Erst einmal herzlichen Glückwunsch an ihn, aber auch die Stadt Berlin, selbst wenn es ihm bei den konkreten Wahlergebnissen nicht vergönnt ist, an der Regierung teil zu haben. Da hätte er bei seinen breit gefächerten politischen Interessen und Aktivitäten manchen Diskurs beleben können. Seine Tätigkeit als Abgeordneter soll und wird sicher nicht daran gemessen werden, dass er schwul und positiv ist. Aus den Erfahrungen, die wir mit ihm im Vorstand der DAH gemacht haben, wissen wir, dass er bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und bei allem Pragmatismus im Einzelfall Haltung zeigt und mit dem gesamten Vorstandsteam Veränderungen bewirkt. Das fängt bei dem für Besucher wieder spürbaren guten Betriebsklima in der DAH an, und endet dabei, dass der Verband wieder politisch sichtbar ist. An seinen politischen Fähigkeiten mangelt es nicht, so dass er auch in der Opposition ein Gewinn für die Hauptstadt-Politik sein wird.
Veränderungen geschehen in der persönlichen Begegnung. Und hier wird HIV interessant. Das hat nämlich mehrere Aspekte.
Als Antwort auf das Motto des Welt-Aids-Tages 1991 hat die DAH ein Plakat aufgesetzt: „AIDS hat ein Gesicht: Die Herausforderung sind wir“. Und auch selber waren wir vielfältig herausgefordert. Das war in einer Zeit, in der die Medizin die großen Hoffnungen nicht aufkommen ließ. Seitdem hat sich unglaublich viel verändert. Nur die alten Bilder sind noch in viel zu vielen Köpfen fest verankert. Bei jeder Wiederholung von „Philadelphia“ werden sie reaktiviert. Und auch am 16. November, wenn in der ARD die Dokumentation „Der Aids-Krieg“ von Jobst Knigge gezeigt werden wird, werden viele nicht wahrnehmen, dass die Protagonisten der Dokumentation über die Vergangenheit berichten, aber heute noch putzmunter leben. Die Rückblenden werden bei einem Bericht über vergangene Zeiten unvermeidlich diesen wichtigen Umstand überlagern. Wir brauchen neue Sichtweisen. Deswegen ist es wichtig, im pivaten und im öffentlichen Leben Gesicht zu zeigen. Heute sind nicht mehr wir die Herausforderung, sondern das Demontieren längst nicht mehr zutreffender Bilder. Und da kann die konkrete Begegnung mit einem gutaussehenden, engagierten, arbeitsfähigen Mann Einiges bewirken. Wenn er dann auch noch öffentlich exponiert ist, besteht die Chance, dass sich ein Stück Normalität in der medialen Welt wiederfindet, obwohl das Gewöhnliche eigentlich keine Nachricht wert wäre.
Neben den Bildern, die die Gesellschaft von HIV hat, haben viele HIV-Infizierte Befürchtungen, man könne in unserer Gesellschaft nicht offen positiv leben. Das innere Stigma löst sich schlecht gegen ein äußeres auf. Und natürlich ist es Fakt, dass es einen Bodensatz an Homophobie immer geben wird, an Zuschreibungen, die an Menschen mit HIV erfolgen. Aber Fakt ist ebenso, dass es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, der Diskriminierung nicht zulassen sollte. Ein offenes Leben kann also mit Widrigkeiten durchaus verbunden sein, eröffnet aber auch Freiheiten und gibt die Luft zum Atmen. Manchmal braucht es ein breites Kreuz dafür. Aber mit jedem, der HIV in seiner ganzen medizinischen Banalität sichtbar macht, wird es leichter. Manch einer wird sich gegen das „banal“ verwehren. Rheuma, Diabetes, viele Krankheiten haben größere Einschränkungen und Beschwerlichkeiten im Gepäck. Sichtbar zu machen, dass HIV weder die Arbeitsfähigkeit beschränkt, noch zum sozialen Tod führt, macht denjenigen Mut, die an der Schwelle des Going Public stehen. Deswegen ist es ein wichtiges Politikum, dass wir einen offen positiven Abgeordneten haben, der nicht auf einem Behindertenticket sondern durch politische Arbeit auf seinem Posten gelandet ist.
Als Abgeordneter ist man ja allerlei Begehrlichkeiten ausgesetzt. Und so habe auch ich eine in eigener Sache. Der Berichterstattung über die Piraten habe ich mit Freude entnommen, dass sie sich für die Legalisierung weicher Drogen einsetzen. Wenn dies sicher auch drogenpolitisch eine viel zu kurz gegriffene Forderung ist, so könnte das ja immerhin schon mal ein Anfang sein. Sicher ist das Betäubungsmittelrecht eine Bundesangelegenheit. Aber in vielen Städten ist es bei dem Kampf um Methadon und Originalstoffvergabe in der Vergangenheit zu tragfähigen kommunalen Absprachen über Toleranz an den runden Tischen zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei, Gesundheitsämtern, Drogenhilfe und Politik gekommen. Berlin mag zwar arm sein, aber sexy. Vielleicht kann es ja auch lustvoller Vorreiter in der Aufweichung einer völlig verfehlten Prohibition sein. Es könnte mir meine Berlinbesuche noch weiter verschönern.
Carsten, es ist gut, dass es Dich gibt
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Anmerkung der Redaktion:
Dieser Kommentar wurde geschrieben zu einer Zeit als es nahezu sicher schien, das Carsten Schatz ein Mandat als Abgeordneter errungen hat. Inzwischen (21.9.2011) sieht es eher so aus ist es weiterhin unklar, als ob Schatz doch kein Mandat errungen hat (näheres im aktualisierten Artikel „Berlin: offen HIV-positiver Kandidat bei Wahl zum Abgeordnetenhaus 2011 erfolgreich ?„).
„Wir brauchen neue Sichtweisen“, schriebt Bernd Artez ins einem ‚Kalenderblatt‘. Und begründet, warum. Dies ist nach wie vor aktuell. Ein Grund mehr, dass der Text weiterhin online steht.
Gibt es erstmals einen offen HIV-positiven Politiker in einem Landesparlament? Konnte Carsten Schatz, der bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 für die Linke kandidierte, sich über einen Platz der Landesliste durchsetzen? Auch 9 Tage nach der Wahl besteht noch keine Klarheit. Einer Pressemitteilung der Landeswahlleiterin vom 28.9.2011 Dem nun vorliegenden amtlichen Endergebnis zufolge nein. Endgültige Klarheit wird aber erst das amtliche Endergebnis am 6. Oktober bringen.
Hinweis: es ist weiterhin offiziell alles offen – drin oder nicht?Bis zur Verkündung des offiziellen amtlichen Endergebnisses besteht keine abschließende Klarheit – siehe Aktualisierung am Ende des Artikels
Abgeordneter? Offen HIV-positiv? Dies scheinen bisher in Deutschland kaum zu vereinbarende Gegensätze zu sein. Am 18. September 2011 hat sich dies in Berlin geändert: als erster offen HIV-positiver Politiker wurde Carsten Schatz in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt.
Drin oder nicht? Es war eine lange Zeit der Unsicherheit, mit vielen Aufs (drin) und Abs (nicht drin). Und – noch immer besteht keine endgültige Klarheit. Nach derzeitigem Stand (28.9.2011, 12:30 Uhr)) allerdings hat es Carsten Schatz nicht geschafft.
Am Montag nach der Wahl sah es zunächst aus, als zöge Schatz als Abgeordneter in das nächste Abgeordnetenhaus ein (zur aktuellen Situation fortlaufend Aktualisierungen am Ende des Artikels):
Schatz zieht nach einem spannenden Wahlabend über die Landesliste in das Berliner Abgeordnetenhaus ein. Zuvor hatte es lange so ausgesehen, als reiche sein Listenplatz nicht aus – erst weit nach Mitternacht wurde klar: er hat es geschafft – Carsten Schatz ist Abgeordneter.
Schatz war über die Landesliste hinaus auch Direkt-Kandidat für ‚Die Linke‘ im Wahlkreis 6 Berlin Treptow-Köpenick (09 06). Er erreichte 26,8% der Erststimmen, die Kandidatin der SPD setzte sich mit 31% als direkt gewählte Kandidatin im Wahlkreis durch. Bereits bei der Wahl 2006 hatte SPD-Kandidatin Harandt mit 35,3% deutlich vor dem damaligen Linke-Kandidaten Welters mit 28% gelegen. Mitbewerber/innen 2011 waren u.a. Renate Harandt (SPD, Marcus Worm (Grüne) und Maik Penn (CDU). Schatz erreichte 2011 beachtlich 398 mehr Erst-Stimmen als seine Partei Zweit-Stimmen. Er hatte sich während seiner Kandidatur insbesondere mit aktiv Fragen des Fluglärms und der Flugrouten des neuen Berliner Flughafens auseinander gesetzt.
Schatz dankte seinen Wähler/innen auf seiner Website mit den Worten
„26,8 % der Erststimmen – leider haben 917 Stimmen für das Direktmandat gefehlt. Ich bedanke mich bei allen Wählerinnen und Wählern für Ihr Vertrauen und ich gratuliere Renate Harant zum Sieg im Wahlkreis. Über die Landesliste ziehe ich für DIE LINKE in das Abgeordnetenhaus von Berlin ein und werde mich dort für ein soziales Berlin und unseren Wahlkreis 09-6 (Köpenick-Nord, Friedrichshagen, Rahnsdorf/Hessenwinkel) einsetzten.“
Carsten Schatz (Jahrgang 1970) ist seit Oktober 2008 Vorstands-Mitglied der Deutschen Aids-Hilfe und Mitglied bei Positiv e.V., dem Verein, der seit 1986 die Bundesweiten Positiven-Treffen im Waldschlößchen plant, in Zusammenarbeit mit der Akademie Waldschlößchen organisiert und durchführt. Schatz ist zudem bisher Geschäftsführer DIE LINKE Landesverband Berlin; zuvor war er Leiter des Wahlkreisbüros der Berliner Bundestagsabgeordneten Petra Pau (Die Linke).
Aktualisierungen
19.09.2011, 07:00 Uhr: Aktualisierte Fassung (akt.3) des Artikels – bis weit in die Nacht zum Montag (19.9.2011) sah es so aus, als habe Carsten Schatz es nicht geschafft. So lautetet über Nacht auch der Artikel. Seit 07:40 Uhr (19.09.11) ist die aktualisierte Fassung online. 20.09.2011, 20:00 Uhr: Drin oder nicht? Panne bei der Stimmauszählung, mit Folgen: Letzte Klarheit besteht immer noch / doch wieder nicht, ob Carsten Schatz im neuen Abgeordnetenhaus ist. Die SPD verliert aufgrund von Auszählungsfehlern in einem Stimmbezirk (107) ein Direktmandat zugunsten der Linken (Evrim Baba, bisher über Liste im Abgeordnetenhaus; siehe Artikel im ‚Tagesspiegel‘)- was auch Folgen für die Gesamt-Zahl der Abgeordnetensitze haben kann (die Linke sowie Grüne könnten je ein Ausgleichs- Überhang– Mandat verlieren; Gesamtzahl Abgeordnete dann 149 statt 152). Nachgezählt wird in mehreren Bezirken. Bis zum Feststellen des endgültigen Wahlergebnisses und der entsprechenden Sitzung des Landeswahlausschusses kann es also noch einige Tage dauern wird also noch zu warten sein.
Schatz selbst teilt auf seiner Internetseite inzwischen mit „Es wird noch einige Nachzählungen geben, wie die Mandatsverteilung konkret aussieht, werden wir am Ende wissen, wenn aus dem vorläufigen, ein amtliches Endergebnis geworden ist.“ 21. 09.2011, 15:45 Uhr: Die Landeswahlleiterin listet Schatz bisher weiterhin als (über die Landesliste) gewählten Abgeordneten. Letztlich Klarheit wird erst das amtliche Endergebnis bringen, am 6. Oktober 2011. Das neue Abgeordnetenhaus konstituiert sich am 27.10.2011. 22.09.2011, 20:00 Uhr: Einem Bericht des ‚Tagesspiegels‘ zufolge bleibt Schatz vorerst weiterhin Landesgeschäftsführer. 25.09.19:00 Uhr: Auch der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wird neu ausgezählt, wegen des knappen Ergebnisses (30 Stimmen Unterschied). Das Ergebnis wird Dienstag (27.9.) mitgeteilt. Sollte dies zu einer Veränderung beim Direktmandat führen, würde dies die Zahl der Sitze im Abgeordnetenhaus verändern. 26.09.2011, 22:45 Uhr: Auch in Lichtenberg ist es scheinbar zu einer Auszählungs-Panne gekommen. 27.09.2011, 17:00 Uhr: In Berlin-Lichtenberg hat die Kandidatin der Linken, nicht der Kandidat der SPD das Direktmandat errungen. Dadurch verliert einer der Linken-Kandidaten der Landesliste (Steffen Zillich) sein Mandat. Zillich war auf der Linken-Landesliste auf Platz 14, Carsten Schatz auf Platz 18. 28.09.2011, 12:30 Uhr: Einer Pressemitteilung der Landeswahlleiterin (pdf) zufolge wird das Abgeordnetenhaus in der kommenden Legislaturperiode aus 149 Sitzen bestehen. Abweichend vom vorläufigen Ergebnis der Wahl sei u.a. Carsten Schatz nicht gewählt. (akt.8) 06.10.2011, 18:30 Uhr: Dem amtlichen Endergebnis (das nur unter Enthaltung der 2 Beisitzer der SPD und 1 der Linke zustande kam) zufolge (pdf) ist Carsten Schatz nicht gewählt.
Schatz selbst bemerkt auf seiner Internetseite „Bedauerlich war das Agieren der Landeswahlleitung, die zwar mit der Presse, allerdings nicht mit den Betroffenen sprach. Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind m.E. gerade bei Wahlergebnissen wichtig. Beides vermisse ich an dieser Stelle.“
In New York beginnt heute die wichtige Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema HIV/Aids. Für die Deutsche AIDS-Hilfe sind Vorstandsmitglied Carsten Schatz und Geschäftsführerin Silke Klumb mit der deutschen Delegation nach New York gereist.
Dazu erklärt Carsten Schatz: „In New York müssen wichtige Weichen gestellt werden. Die Weltgemeinschaft muss endlich dafür sorgen, dass alle Menschen Zugang zu Prävention, Therapie, Versorgung und Beratung haben. Wir wissen nach 30 Jahren sehr genau, wie wir HIV wirkungsvoll begegnen können. Blockaden darf die Welt nicht weiter akzeptieren.“
Weltweit haben nach Angaben von UNAIDS rund 9 Millionen Menschen, die dringend eine HIV-Therapie benötigen, keinen Zugang zu den lebensrettenden Medikamenten. In vielen Ländern auf allen Kontinenten scheitert Prävention noch immer daran, dass sich die Regierungen weigern, Homosexualität und intravenösen Drogenkonsum zu thematisieren. Das gilt vor allem für totalitäre Länder und solche, in denen es keine klare Trennung zwischen Staat und Religion gibt. Hoch wirksame Maßnahmen wie Spritzenvergabe oder Drogenkonsumräume werden nicht einmal in Erwägung gezogen.
DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Die Welt muss in New York deutlich machen: Tabus kosten das Leben und die Gesundheit von Millionen Menschen. Auch die Strafbarkeit der HIV-Übertragung in vielen Ländern schadet der Prävention, weil sie Menschen dazu bringt, ihre Infektion zu verschweigen und die Verantwortung einseitig den HIV-Positiven zuweist. In die Abschlusserklärung der UN-Versammlung gehört ein klares Bekenntnis gegen Stigmatisierung sowie für lebensweisenazeptierende Aufklärung und die Strategie der Risikominimierung für Drogenkonsumenten.“
In New York treffen sich bis zum Freitag hochrangige Vertreter der UN-Nationen unter dem Titel „UNite for Universal Access“. Zehn Jahre nach der ersten Versammlung dieser Art wird eine neue Erklärung unterzeichnet werden, die wegweisend sein soll für den internationalen Umgang mit der HIV-Epidemie.
(Pressemitteilung der DAH)
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Hinweis ondamaris:
Die UN-Vollversammlung zu HIV/Aids („High Level Meeting on AIDS“) wird im Internet live übertragen auf ‚United Nations Webcast‘ (Television / Webcast / Kanal 3 wählen).
Seit Ende April 2011 ist das Kompetenznetz HIV/Aids Geschichte – was aber geschieht mit den Daten und Bio-Materialien der Tausenden HIV-Positiven, die an der HIV-Kohorte des Kompetenznetzes teilgenommen haben?
Kompetenznetz HIV/AIDS: Raus bevor’s ganz dicke kommt!
Alle Bemühungen um eine Fortführung der staatlichen Förderung des Kompetenznetzes HIV/AIDS und damit das Kompetenznetz selbst sind gescheitert. Mit dem Ende der Förderung Ende April dieses Jahres endet auch die Begleitung des Netzes durch die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH). Damit fällt ein wichtiger Ansprechpartner für die Studienteilnehmer/innen weg. Der Patientennewsletter, für viele die einzige Informationsquelle, ist eingestellt. Alle Informationen für Teilnehmende sind nur noch über die Schwerpunktpraxis zu bekommen. Der Patientenbeirat wird seine Arbeit lediglich ehrenamtlich weiterführen. (Wer zahlt dann eigentlich für Treffen und Arbeit des Gremiums?) Soweit der unerfreuliche Stand der Dinge.
Informationen für die Teilnehmenden gibt es nur noch über die Schwerpunktpraxen
Die Mitgliederversammlung des Kompetenznetzes hat beschlossen, die Arbeit vorerst trotz allem weiterzuführen, weil noch wichtige Studien laufen. Ich bin kein Wissenschaftler und möchte daher keine Aussagen zur Wichtigkeit dieser Studien treffen. Allerdings hat auch niemand versucht, mir diese Wichtigkeit nahe zu bringen. Fakt ist: Bis 2016 sollen Daten und Bio-Material der Teilnehmenden zentral an der Uni Bochum gelagert werden.
Der Patientenbeirat und die DAH haben an alle Teilnehmenden einen Brief geschrieben und in neutralem Ton die Möglichkeiten des Umgangs mit der Situation dargestellt:
– Nichts unternehmen. Die Daten und Proben stehen dann der Forschung bis zur Vernichtung 2016 zur Verfügung.
– Aussteigen. Die DAH bietet dazu ein Formular zum Download an, dies dem Arzt aushändigen. Die Daten werden gelöscht, das Bio-Material sofort vernichtet.
Ich persönlich plädiere ganz klar für Variante zwei. Raus, bevor’s ganz dicke kommt!
In der Gründungsphase des Kompetenznetzes habe ich im Vertrauen auf die Teilnahme der Deutschen AIDS-Hilfe im Patientenbeirat und auf die unabhängige Förderung des Staates für diese Arbeit vielen Menschen mit HIV/Aids zugeraten, sich zu beteiligen.
Schon Ende 2006 wurde der erste Skandal bekannt, Daten von Teilnehmenden waren ohne deren Einverständnis ins Ausland übermittelt worden. Dort unterliegen sie nicht dem Datenschutzstandard, den wir aus Deutschland gewohnt sind.
Schlampige Dateneingabe, mangelnde Kommunikation, falsches Vertrauen ins Arzt-Patient-Verhältnis
Mitte 2007 die nächste Hiobsbotschaft: Rund die Hälfte der ursprünglich „in die Kohorte Eingeschleusten“ (immer diese Fachwörter) fiel aus dem Netz heraus, weil bei der Dateneingabe grobe Fehler passiert waren. Informationen an die Teilnehmenden? Fehlanzeige!
Viele haben mich damals gefragt, warum sie nicht benachrichtig würden. Leider konnte ich ihnen ad hoc keine Antwort geben. Erst nach mühevoller Netzrecherche konnte ich mir das Informations-Desaster erklären: Der Patientenbeirat hatte keinen direkten Kontakt zu den Teilnehmenden – der lief im Wesentlichen über die beteiligten Arztpraxen und Behandlungszentren. Welches Interesse aber hat eine Praxis, den Patienten im Wartezimmer mitzuteilen: „Übrigens, wegen schlampiger Dateneingabe sind wir bei diesem wichtigen Forschungsprojekt nicht mehr dabei.“
An noch einem weiteren Punkt führt uns das Kompetenznetz zur Frage nach dem Arzt-Patienten-Verhältnis. Wir sollten unser Wissen ernst nehmen und nicht so tun, als ob hier alles im Lot wäre. Auf der einen Seite schulen und trainieren wir zurecht Patientinnen und Patienten, weil es für die meisten Menschen mit HIV/Aids schwierig ist, beim Arzt Probleme und Fragen loszuwerden. Da können wir doch nicht auf der anderen Seite den Leuten sagen: Bezüglich des Kompetenznetzes klärt mal einfach alles mit eurem Arzt!
Die Daten sind nicht vor Beschlagnahmung geschützt, während mancher Staatsanwalt “Virenschleudern” verfolgen möchte
Hier hatte das Netz von Beginn an einen Konstruktionsfehler. Ich habe mich damit beruhigt, dass die Leute sich an die DAH und den Patientenbeirat wenden konnten. Da das jetzt weitgehend wegfällt, sage ich ganz klar: Schluss. Jetzt raus!
Punkt zwei: Die Daten sind nicht vor Beschlagnahmung geschützt, zum Beispiel im Zuge von Strafverfahren. Das hat sowohl eine von uns in Auftrag gegebene Studie als auch eine Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur Sicherheit von Human-Bio-Banken deutlich gemacht. Solange Staatsanwälte in Deutschland herumlaufen, die meinen, über die juristische Verfolgung von „Virenschleudern“ Prävention betreiben zu können, halte ich bereits die Sammlung dieser Daten für hoch prekär – aus welchem Grund auch immer sie erfolgt.
Und wieder: Wir haben damals den Beteiligten Wissenschaftler/innen und Ärzt/inn/en gesagt: Kämpft mit uns für eine Änderung dieser Situation. Ich habe bislang aus dieser Richtung nichts vernommen, meine Hoffnung auf mehr hält sich in Grenzen. Dass die Daten nun an einem Ort gelagert werden sollen statt wie bisher dezentral, macht sie in ihrer Gesamtheit sogar noch leichter zugänglich.
Wir müssen die Dinge nun also selbst in die Hand nehmen. Die Daten und das Biomaterial müssen nachweisbar vernichtet werden. Mit anderen Worten: Schluss. Jetzt raus!
Die Aids-Hilfe hat sich überschätzt, als sie beschloss, den Tiger zu reiten
Punkt drei ist ein Punkt der Selbstkritik. Ich glaube, die Aids-Hilfe und ihr Umfeld haben sich überschätzt, als sie beschlossen, den Tiger zu reiten. Wie im Beitrag von Bernd Vielhaber angedeutet, hat das Kompetenznetz immer mit unterschiedlichen Interessen zu ringen gehabt, Spannungen gab es zum Beispiel zwischen klinischen Forschern und niedergelassenen Ärzten. Die einen haben hier gezogen, die anderen dort, von unten wurde geschoben und oben sind die Leute weggerannt.
Wir hatten in dieser Situation oft das Gefühl, fast die einzige Akteurin zu sein, die noch am Erfolg des Gesamtprojektes interessiert ist. Während es anderen oft um Kohle und Einfluss ging, haben wir versucht, die Interessen von Menschen mit HIV/Aids zu vertreten. Diesen Auftrag haben wir aber zu oft auf dem Altar der Abwägung und der Diplomatie geopfert.
In Zukunft würde uns in diesem Spiel unser wichtigster Mitspieler fehlen: die Bundesregierung. Als Finanzier ist sie der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig und durch politischen Druck beeinflussbar. Dieses Korrektiv steht nicht mehr zur Verfügung. Die Interessen der Menschen mit HIV/Aids klar und deutlich zu vertreten bedeutet darum abermals: Schluss. Jetzt raus!
Wir brauchen in Zukunft eine offene Diskussion, vorher aber eine klare Botschaft: Jetzt aussteigen!
Das Kompetenznetz ist ein wichtiges Kapitel in der Geschichte von HIV in Deutschland, daran ändert auch sein Scheitern nichts. Durch die Verschickung von Daten ins Ausland sind Fragen des Datenschutzes immerhin in den Fokus der Debatte gerückt. Es wurden Diskussionen über den Sinn von Studien geführt und Diskussionen über Interessenvertretung von Menschen mit HIV/Aids geführt.
Ich hoffe, dieser Prozess ist noch nicht beendet, denn wir brauchen diese Lektionen für die nächsten Auseinandersetzungen. Dazu gehört für mich auch, nicht hinter verschlossenen Türen zu kungeln, sondern Debatten in der Öffentlichkeit zu führen – zum Beispiel auf den Internetseiten der DAH.
Bevor wir aber weiter historisieren und diskutieren, brauchen wir eine klare Botschaft an die Menschen mit HIV/Aids in Deutschland, die den Aids-Hilfen vertrauen. Die lautet meines Erachtens: Nehmt die Dinge in die eigene Hand. Druckt den Antrag auf Löschung der Daten und Vernichtung des Biomaterials aus, und wenn ihr Fragen habt, wendet euch an Vertraute oder eure Aids-Hilfe. Legt die ausgefüllte Erklärung eurem Arzt/eurer Ärztin vor. Steigt aus!
Einen offen HIV-positiven Abgeordneten in einem Landesparlament, das gibt es in Deutschland bisher nicht. Bisher – Carsten Schatz hat die Möglichkeit, dies am 18. September 2011 zu ändern.
Politiker? Offen HIV-positiv? Dies scheinen bisher in Deutschland kaum zu vereinbarende Gegensätze zu sein. Bisher. Am 18. September 2011 könnte sich dies ändern – bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.
Die Hauptversammlung des Bezirks Treptow-Köpenick der Partei ‚Die Linke‘ nominierte am Freitag 25. März 2011 Carsten Schatz zum Direktkandidaten im Wahlkreis 6 Berlin Treptow-Köpenick.
Im Fall seiner Wahl wäre Carsten Schatz der erste offen HIV-positive Landtags-Abgeordnete in Deutschland.
Das Gebiet des Bundeslandes Berlin ist in 12 Wahlbezirke unterteilt. Der Wahlbezirk 09 Treptow-Köpenick ist mit nahezu 20% der Berliner Stadtfläche der größte der Berliner Bezirke. Der Wahlkreis Treptow-Köpenick 6 (096) umfasst das nördliche Köpenick, Friedrichshagen sowie Rahnsdorf.
Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2006 erhielt die Partei ‚Die Linke‘ in Berlin Treptow-Köpenick 29,3% der Stimmen (SPD: 34,4%, CDU 14%). Im Wahlkreis Treptow-Köpenick 6 gewann bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2006 das Direktmandat die Abgeordnete Renate Harant (SPD) mit 35,3% der Stimmen (7,3% vor dem nächstplatzierten Kandidaten).
Schatz ist zudem derzeit Geschäftsführer DIE LINKE Landesverband Berlin. Zuvor war er Leiter des Wahlkreisbüros der Berliner Bundestagsabgeordneten Petra Pau (Die Linke).
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Aktualisierung
10.04.2011, 09:00 Uhr: Die Vertreter/innen-Versammlung der Linken nominierte Carsten Schatz auch auf ihrer Landesliste (Platz 18) für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 18.9.2011.
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siehe auch:
poz&proud 29.03.2011: Hiv-positieve parlementariër in Berlijn?
Der ‘Nationale Aids-Beirat’ konstituierte sich erstmals im Dezember 1986 zu Zeiten von Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth. Sein Ziel war es, die Bundesregierung in Fragen der nationalen Aids-Politik zu beraten. Im Oktober 2010 löste Bundesgesundheitsminister Rösler den Nationalen Aids-Beirat auf (siehe ‘Nationaler Aids-Beirat – quo vadis?‘). Kurz darauf wurde eine Neu-Konstituierung des Nationalen Aids-Beirats veranlasst – der Grund für diesen Schritt blieb zunächst unklar.
Explizite Vertreter der Interessen von Menschen mit HIV und Aids / organisierter Positiven-Selbsthilfe sind im ’neuen‘ Nationalen Aids-Beirat nicht ausreichend stark vertreten. Dies war schon im Vorfeld, sowie nach der konstituierenden Sitzung des Nationalen Aids-Beirats auf Kritik gestoßen. Inzwischen wurde in Blogs und Foren eine intensive Diskussion dazu geführt. Aus Kommentaren und Stellungnahmen wurde deutlich
die Mehrzahl der Diskutanten fordert eine explizite Positiven-Interessenvertretung im Nationalen Aids-Beirat
Leben mit HIV hat viele Realitäten – von Hartz IV bis erfolgreicher Manager, von Migrant/in bis Drogengebraucher/in oder Mutter oder schwuler Mann usw.– dieses Spektrum an Lebensrealitäten abzudecken erfordert mehr als eine/n einzige/n Interessenvertreter/in HIV-Positiver, dabei sollte auch die epidemiologische Situation (z.B. Anteil an Gesamtzahl HIV-Infizierter) möglichst Berücksichtigung finden
Transparenz ist unumgänglich – z.B. durch Veröffentlichung der Sitzungs-Protokolle, möglichst auch vorab der Einladungen / zu behandelnden Themen, letztlich aber besonders auch Transparenz im Berufungs-Prozess der Mitglieder
Offenlegung von potentiellen Interessenkonflikten und wirtschaftlichen Verflechtungen
Nominierung: Im Idealfall sollten die Vertreter HIV-Positiver im Nationalen Aids-Beirat in einem möglichst transparenten Prozess bestimmt werden. Der ideale Ort hierzu sind vermutlich die ‚Positiven Begegnungen‘, die deutschland- (und europa-) weit größte Versammlung von Menschen mit HIV (dies wäre – rechtzeitige Information und Einbeziehung vorausgesetzt – theoretisch auch schon zur konstituierenden Sitzung des Nationalen Aids-Beirats möglich gewesen).
Die nächsten ‚Positiven Begegnungen‘ finden 2012 statt, und könnten dann ihre Rolle als ‚Positiven-Parlament‘ wahrnehmen und Vertreter für den Nationalen Aids-Beirat auch mit optimaler Legitimation versehen. Bis dahin sollte eine Übergangslösung gefunden werden.
Die Frage HIV-positiver Interessenvertretung wurde auch konkret diskutiert mit zahlreichen Vorschlägen, welche Inhalte eingebracht werden sollten. So wurden als Themen, die aus Sicht HIV-Positiver Eingang in die Debatten des NAB finden sollten, u.a. genannt
Integration von HIV-Positiven in die Gesellschaft
Abbau von stigmatisierenden Vorurteilen
Kriminalisierung von Menschen mit HIV
Überarbeitung und Anpassung des Strafrechts entsprechend gegenwärtigen medizinischen Standards
Prävention ohne Angst und Schrecken
Leben mit HIV im Alter
soziale und ökonomische Situation HIV-Positiver (ALG II / Hartz IV, Rente, Härtefallregelung …)
Ökonomisierung vs. Solidargedanke im Gesundheitswesen
Menschen mit HIV machen nach engagierten und erfrischend breiten Diskussionen deutlich, dass sie Interessenvertreter ihrer Lebensrealitäten im Nationalen Aids-Beirat einfordern – und dass sie hier auch Themen einzubringen haben. Nun ist das Bundesministerium für Gesundheit, als dessen Berater der Nationale Aids-Beirat fungiert, und das seine Mitglieder berufen hat, gefragt. Ist es an einer engagierten Mitarbeit HIV-Positiver Interessenvertretung interessiert? Die Debatten zeigen, dass es an HIV-Positiven nicht scheitern würde …
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weitere Informationen:
alivenkickin 10.02.2011: Nationaler AIDS Beirat
diego62 22.02.2011: Offener Brief an Minister Rösler
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In Berlin hat sich heute der Nationale AIDS-Beirat (NAB) neu konstituiert. Nach einer mehrjährigen Pause werden die darin versammelten Expertinnen und Experten künftig wieder die Bundesregierung im Umgang mit HIV/Aids beraten. Für die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) nahm Vorstandsmitglied Carsten Schatz an der Sitzung teil.
„Wir freuen uns, dass es dieses wichtige Gremium jetzt wieder gibt“, sagt Schatz „Nach unserer Auffassung gehören dem Beirat zurzeit allerdings noch zu wenige Vertreter der organisierten Selbsthilfe an. Menschen mit HIV sind unterrepräsentiert. Wir haben dies heute thematisiert und sind nach dem konstruktiven Verlauf der Sitzung sehr zuversichtlich, dass noch Selbsthilfevertreterinnen und -vertreter eingeladen werden.“
Wichtige Themen für den NAB sind aus Sicht der Deutschen AIDS-Hilfe unter anderem die Zukunft der HIV-Prävention angesichts der heute verfügbaren Therapien, Maßnahmen gegen Ausgrenzung von Menschen mit HIV, etwa in der Arbeitswelt oder in Pflege- und Altenheimen, der Zugang zu ärztlicher Versorgung für alle Menschen mit HIV in Deutschland und die andauernde stigmatisierende Kriminalisierung der HIV-Übertragung.
Die Konferenz „Positive Begegnungen“ zum Leben mit HIV und Aids, die heute in Bielefeld zu Ende gegangen ist, hat die Haltung der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH) zum skandalösen Urteil im Prozess gegen Nadja Benaissa begrüßt: Die Teilnehmenden forderten die DAH auf, sich verstärkt für die notwendigen Anpassungen im Strafrecht und eine stärkere gesellschaftliche Debatte zum Thema gemeinsame Verantwortung einzusetzen. Die Interessen und Lebensrealitäten von Menschen mit HIV und Aids, ihren Partnerinnen und Partnern müssen Eingang in die Debatte finden und aktuelle Studienergebnisse und Forschungserkenntnisse berücksichtigt werden. So zeigen internationale Studien unter anderem von UNAIDS, dass das Strafrecht kein Mittel von Prävention sein kann, im Gegenteil sogar kontraproduktiv wirkt.
Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH: „Wir fordern die Justizminister des Bundes und der Länder auf, dem österreichischen Beispiel zu folgen und anzuerkennen, dass bei funktionierender HIV-Therapie Menschen mit HIV nicht infektiös sind. Staatsanwaltschaften müssen angewiesen werden, dies zu berücksichtigen. Darüber hinaus brauchen wir in Deutschland ein Klima, in dem offen über HIV gesprochen werden kann. An diesem Klima mitzuarbeiten, ist Aufgabe von Medien, Politik und der Zivilgesellschaft. Aidshilfe wird sich dieser Aufgabe stellen.“
Das Amtsgericht Darmstadt hat am 26.8.2010 die Sängerin zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) bedauert das Urteil gegen die Sängerin Nadja Benaissa. Von dem Urteil gehen die falschen Botschaften aus, die der HIV-Prävention und der Emanzipation von chronisch Kranken in Deutschland Schaden zufügen werden.
Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH: „Ich halte dieses Urteil für falsch: Es wird der HIV-Prävention dramatischen Schaden zufügen. Wir sehen die Politik nun in der Pflicht, das Strafrecht der Lebensrealität anzupassen!“
Silke Klumb, Bundesgeschäftsführerin der DAH: „Wir alle tragen Verantwortung dafür, wie mit dem Thema HIV und Aids umgegangen wird: Daher muss jeder Einzelne dazu beitragen, dass alle Menschen über HIV sprechen und Safer Sex praktizieren können. Nur dann kann HIV-Prävention wirklich gelingen.“
Marianne Rademacher, Frauenreferentin der DAH: „Wenn die Verhütung vor allem Frauen und HIV-Positiven einseitig zugeschrieben wird, setzen wir die gemeinsame Verantwortung zweier Menschen außer Kraft.“
In Bielefeld kommen ab heute auf den „Positiven Begegnungen“ 500 Vertreterinnen und Vertreter der HIV-Selbsthilfe zur größten Konferenz in Europa zusammen.
Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) begrüßt das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Erwachsene als verfassungswidrig eingestuft hat. Seit ihrer Einführung im Januar 2005 hat die DAH die Hartz-IV-Gesetze als unsozial abgelehnt.
„Wir fordern die Politik auf, den Regelsatz für Betroffene endlich sozial gerecht zu gestalten und somit deutlich zu erhöhen, um diesen wieder eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und eine menschenwürdige Lebensführung zu ermöglichen“, so DAH-Bundesvorstand Carsten Schatz.
Für chronisch Kranke und Menschen mit HIV/Aids fordert die DAH finanzielle Leistungen über den Regelsatz hinaus: „Menschen mit chronischen Krankheiten benötigen eine höhere finanzielle Unterstützung, um die drastischen Zuzahlungen bei medizinischer Versorgung sowie die vielen weiteren krankheitsbedingten Mehrbedarfe wie z.B. erhöhte Energiekosten, Fahrtkosten zum Arzt, gesundheitsfördernde Ernährung usw. bezahlen zu können“, betont Silke Eggers, DAH-Referentin für Soziale Sicherung und Pflege.
Die DAH begrüßt zudem den Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), eine unabhängige Kommission einzurichten, die dem Gesetzgeber entsprechende Vorschläge bezüglich eines sozial gerechten Hartz-IV-Regelsatzes unterbreiten soll. Darin vertreten sein müssten neben den Gewerkschaften auch Selbsthilfeorganisationen wie die Deutsche AIDS-Hilfe, Sozial- und Wohlfahrtsverbände.
(Pressemitteilung der Deutschen Aidshilfe vom 09.02.2010)
Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen
Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen
Von September bis November 2009 finden im Rahmen der „ICH WEISS WAS ICH TU“- Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH) bundesweite HIV-Testwochen statt: Während dieses Zeitraums werden durch fast 90 Projekte Test- und Beratungsangebote zu HIV und teilweise auch zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STDs) beworben und durchgeführt. Diese Testwochen richten sich gezielt an schwule, bisexuelle und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Erreicht werden sollen vor allem HIV-Infizierte, die noch nichts von ihrer Infektion wissen, Männer mit erhöhtem Risikoverhalten sowie Männer, die Testangebote bisher eher nicht in Anspruch genommen haben. Von den ca. 63.500 HIV-Infizierten in Deutschland weiß laut Expertenschätzung jeder Dritte nicht von seiner Infektion und ist dadurch für die Botschaften der HIV-Prävention nicht ausreichend erreichbar.
Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Ziel der Testwochen ist es, Männer zu motivieren, sich Klarheit zu verschaffen, ob sie HIVnegativ oder HIV-positiv sind. Wenn wir nun durch unsere konzertierte Aktion helfen, bisher verdeckte Infektionen aufzudecken, dann ist das ein großer Erfolg im Rahmen unserer langfristigen und nachhaltigen Strategien in der Prävention: Je früher die eigene HIV-Infektion bekannt ist, desto effektiver kann schweren Folgen einer HIV-Infektion begegnet werden. Die modernen Therapien können das HI-Virus gut in Schach halten, vor allem, wenn sie rechtzeitig eingesetzt werden. Durch die zunehmende Bereitschaft in der Zielgruppe, sich mit einem positiven HIV-Test auseinanderzusetzen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Anstieg der beim Robert Koch Institut (RKI) gemeldeten Neudiagnosen kommen. Dies wäre kein Misserfolg, sondern im Gegenteil ein Erfolg unserer Arbeit: Denn wer über seine Infektion Bescheid weiß, kann sich und andere besser schützen und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie beginnen. So können wir nachhaltig und langfristig die Infektionszahlen senken.“
Matthias Kuske, DAH-Kampagnenmanager: „An der Umsetzung der in Europa bisher einmaligen HIV-Testwochen sind insgesamt 86 Organisationen beteiligt: Dies sind 48 Aidshilfen, 38 Gesundheitsämter und Vereine der schwulen Selbsthilfe sowie Landesverbände der Aidshilfen. In vielen dieser Einrichtungen wird der sogenannte HIV-Schnelltest angeboten, der bereits innerhalb von wenigen Minuten ein Ergebnis ermöglicht. Insgesamt gibt es während der IWWIT-Testwochen bundesweit 533 einzelne Veranstaltungen, in denen der Test einschließlich der obligatorischen Testberatung erfolgt. Die Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen.
Testangebote an 61 Testorten im gesamten Bundesgebiet sind bewusst niedrigschwellig: Viele Angebote sind z.B. direkt in Einrichtungen der schwulen Szene zu finden, um Männer zu erreichen, die sonst eher nicht
zum Test gehen. Das obligatorische Beratungsangebot vor dem Test kann zudem falsche Bewertungen in der Risikoeinschätzung korrigieren und damit die Primärprävention stärken.“ Alle Hintergrundinformationen (z.B. über die Qualitätsstandards beim Test) und die Kontaktdaten der beteiligten Partner sowie Orte und Zeitpunkte der Test-Angebote finden Sie im Internet unter www.iwwit.de/testwochen.