Fettverlust im Gesicht: Kostenübernahme in den USA?

Lipoatrophie, Fettverlust im Gesicht – eine von vielen HIV-Positiven gefürchtete stigmatisierende Nebenwirkung von HIV und HIV-Therapie. Bisher werden die Kosten von Krankenversicherern i.d.R. nicht übernommen – doch jetzt wird in den USA ein neuer Anlauf zur Kostenübernahme unternommen.

Viele Positive leiden unter einem Fettverlust im Gesicht, der teils zu als gravierend und stigmatisierend empfundenen Beeinträchtigungen führt.  Selbst Ärzte sprechen von „physical and emotional devastation caused by lipodystrophy“.
Dieser Fettverlust (‚facial wasting‚) ist Teil der Lipoatrophie und mit verschiedenen, in unterschiedlich starkem Umfang erprobten und bewährten Verfahren behandelbar.

Doch ein Problem bleibt: in Deutschland übernehmen sowohl die gesetzlichen wie auch privaten Krankenversicherer die Kosten für eine etwaige Behandlung (bis auf wenige dokumentierte Einzelfälle) nicht. Eine medizinische Notwendigkeit bestehe nicht, wird oftmals argumentiert, von ‚Schönheitsoperation‘ oder ‚kosmetischer Behandlung‘ gesprochen. Selbst Klagen vor Gericht, die von Positiven vereinzelt angestrengt wurden, blieben i.d.R. erfolglos.
Die Behandlung von Fettverlust im Gesicht (unter Positiven auch gelegentlich ‚Totenkopf-Äffchen-Gesicht‘ genannt) bleibt so eine Medizin für Wohlhabende – nur wer die teils (je nach Verfahren) nicht unerheblichen Kosten selbst zahlt, kann es sich leisten, dieser stigmatisierenden Folgen zu entkommen.

Doch nun könnte eventuell neue Bewegung in die Sache kommen. Denn in den USA überlegen zwei medizinische Versorgungssysteme, die Behandlung des ‚facial wasting‘ in ihren Leistungskatalog aufzunehmen.

Die ‚Centers for Medicare and Medicaid Services‘ (Medicare und Medicaid sind die beiden angesprochenen medizinischen Versorgungssysteme) fordern die (us-amerikanische) Öffentlichkeit auf, bis 16. Februar 2009 Stellungnahmen abzugeben zu dieser Frage. Danach und auch auf Basis der eingereichten Berichte solle entscheiden werden, ob für die Behandlung des Fettverlusts im Gesicht die Kosten einer Behandlung übernommen werden.

Eine Entscheidung soll in den USA bis Oktober 2009 fallen.

In Deutschland scheinen Positive und Aidshilfen zum Thema Kostenübernahme bei Behandlung des Fettverlusts im Gesicht kapituliert zu haben. Zumindest ist nichts bekannt über etwaige Initiativen, die die ablehnende Haltung der Krankenkassen bzw. des Gemeinsamen Bundesausschusses überwinden, eine Kostenübernahme doch noch erreichen wollen.

So bleibt die Behandlung des Fettverlusts im Gesicht in Deutschland eine Behandlung für ökonomisch gut gestellte Positive, Luxus-Medizin. Im Klartext – wer Geld hat, kann trotz Fettverlusts im Gesicht ’normal‘ aussehen. Wer von niedriger Rente oder gar HartzIV lebt (leben muss) – hat Pech gehabt, und muss mit eingefallenem Gesicht, mit Depressionen, mit Stigmatisierung und Diskriminierung leben – ob er/sie will oder nicht.

Bisher scheinen die hiervon betroffenen Positiven (und die, die sich davor fürchten) noch nicht wütend genug zu sein, um sich gegen diese Stigmatisierung durch das Gesundheitssystem zu wehren. Bisher. Vielleicht bringen die Bemühungen  in den USA auch in die Situation hierzulande Bewegung …

weitere Informationen:
POZ/AidsMeds.com: Change of Face: Should Govrnment Pay for lipoatrophy Treatment?
Centers for Medicare and Medicaid Services: Reconstructive Treatments for Facial Lipodystrophy Syndrome – Public Comment
bisher dort eingereichte Kommentare
.

Kranken- Versicherungen – was ändert sich ab Januar 2009

Zum 1. Januar hat sich für gesetzlich wie auch privat Krankenversicherte einiges verändert. Eine kostenlose Broschüre der Verbraucherzentrale informiert.

Zum 1. Januar 2009 hat sich für nahezu jeden Krankenversicherten in Deutschland einiges geändert.

Der Gesundheitsfonds wurde eingeführt, die Beiträge für gesetzlich Krankenversichere (GKV) sind gestiegen (die für viele privat Versicherte ebenfalls). Privat Krankenversicherte (PKV) haben die neue Alternative des Basistarifs sowie erstmals ein Recht auf Wechsel der Versicherung. Gesetzliche Krankenversicherungen bieten nun auch Krankengeld-Wahltarife an, ebenso freiwillige Wahltarife.

Welche Änderungen bei gesetzlicher und privater Krankenversicherung sind für mich relevant? Was betrifft mich? Wo habe ich neue Chancen, drohen Risiken? Eine neue Broschüre der Verbraucherzentrale informiert.

„Krankenversicherungen – was ändert sich ab Januar 2009?“ – unter diesem Titel informiert der Bundesverband Verbraucherzentralen über die wichtigsten Änderungen in Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung. Die 16seitige Broschüre steht im Internet kostenlos zur Verfügung.

Verbraucherzentrale Bundesverband:
„Krankenversicherungen – was ändert sich ab Januar 2009?“
kostenlose Broschüre, als pdf hier

Schuld und Vertrauen

Mit der Verabschiedung des Pflegegesetzes durch das Bundeskabinett ist auch die Einführung des Schuldprinzips in der Krankenversicherung weiter voran geschritten.

Der Bundestag hat am 14. März 2008 nach zweistündiger Debatte das Pflegegesetz (genauer: ‚Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung‘) verabschiedet. Von vielen unbemerkt, ist dabei auch ein Passus mit umgesetzt worden, der zukünftig weitreichende Änderungen in der Krankenversicherung nach sich ziehen könnte: das Schuldprinzip ist eingeführt worden.

Zukünftig sollen Ärzte den Krankenkassen melden, wenn ein Patient eine Erkrankung hat, die eine Folge einer Schönheitsoperation, einer Tätowierung oder eines Piercings ist. In diesen Fällen soll der Patient dann an den Kosten beteiligt werden; die für die Kostenbeteiligung erforderliche gesetzliche Regelung ist bereits seit April vergangenen Jahres in Kraft. Die neuen Auskunftspflicht soll sogar gelten, wenn sich der Patient den gesundheitlichen Schaden selbst zugefügt hat.

Bisher gilt zwischen Arzt und Patient ein sehr weit reichendes Vertrauensverhältnis. Ärzte dürfen Informationen, die ihnen ein Patient anvertraut, nur in absoluten Ausnahmefällen an Dritte weitergeben – nämlich, wenn dies zum Schutz eines „höherwertigen Rechtsgutes“ notwendig ist, wie die Berufsordnung der Ärzte es (in §9(2)) definiert.

Alle drei Oppositionsfraktionen hatten Änderungsanträge (auch zur Frage der Schweigepflicht) eingebracht. Die jetzige Änderung wird das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten nachhaltig negativ verändern, befürchten Kritiker. Der Arzt werde zum Handlanger der Krankenkassen, die ärztliche Schweigepflicht werde torpediert.

Die Änderung zeigt, dass die derzeitige Gesundheitspolitik zunehmend das Ziel einer Solidargemeinschaft verlässt. Risiken werden von der Gemeinschaft auf den einzelnen verlagert. ‚Mehr Verantwortung übernehmen‘ lautet die euphemistische Bezeichnung für diesen Sozialabbau.
Der Gedanke, jeder habe für selbst verschuldete gesundheitliche Probleme selbst aufzukommen, mag zunächst verlockend erscheinen. Doch wie lange wird dieses „Schuldprinzip“ nur auf Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen beschränkt bleiben? Wann folgen Sportverletzungen, und warum ist eigentlich nicht jemand auch ’selbst Schuld‘ an einer sexuell erworbenen Infektion? Oder die Hepatitis- oder HIV-Infektion? Der ‚Fall Barmer‚ zeigt, dass diese Gedanken, so absurd sie heute erscheinen mögen, nicht sehr weit hergeholt sind.

Das Tor für weitere Änderungen ist breit geöffnet … und die nächste Gesundheitsreform kommt bestimmt …

Kurznachrichten 08.02.2008

In den Niederlanden würden 78% der Wähler einen schwulen Ministerpräsidenten akzeptieren, meldet pinknews. Ob sich Herr W. aus B. jetzt Hoffnungen für seine eigene Karriereplanung macht?

Keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“ – diese Meldung hat auch die deutschen Institutionen aufgeschreckt. Prof. Kurth, Leider des Robert-Koch-Instituts (RKI) kommentiert dazu gestern in der Ärztezeitung (zitiert aus der SZ), „eine staatliche Empfehlung zum Verzicht auf Kondome können wir nicht geben“. Erstaunliche Antwort, denn um eine derartige „Empfehlung“ ging es bisher auch nie. Sondern um die Aussage, dass Positive in bestimmten Konstellationen nicht (mehr) infektiös sein könnten.

Die Rückkehr-Möglichkeiten in die gesetzliche und private Krankenversicherung, die die Bundesregierung geschaffen hat, scheinen noch nicht auszureichen – oder nicht genügend bekannt zu sein. Die SZ weist darauf hin, dass in Deutschland 200.000 Menschen ohne Krankenversicherung sind.

Aufgrund der Brandkatastrophe in Ludwigshafen verschiebt die ARD den ‚Tatort‘ „Schatten der Angst“. Stattdessen wird Sonntag in Wiederholung der Tatort „Roter Tod“ mit Ulrike Folkerts als ‚Lena Odenthal‘ ausgestrahlt, der das Thema Blutkonserven und HIV behandelt.

Last not least: in wenigen Tagen beginnt in den USA die National Condom Week. Dieses Jahr mit großem Jubiläum – 1978 (lange vor Aids) wurde sie von Studenten der University of California- Berkeley ‚erfunden‘. Ihr britischer ‚Ableger‘ (der zu einem anderen, wechselnden Termin stattfindet) wird inzwischen von einem Kondomhersteller gesponsort. Na dann, “ don’t be silly, protect your willy“ …