Ukraine: Positive erhalten keine Therapie – wegen Korruption

Korruption ist nach Ansicht von Aids-Aktivisten die herausragende Ursache dafür, das Zehntausende von HIV-Positiven in der Ukraine keine Aids-Medikamente erhalten. Nach Angaben der Welt-Gesundheits-Organisation WHO haben derzeit in der Ukraine ca. 40.000 HIV-Positive dringenden Bedarf an Aids-Medikamentehn – jedoch keinen Zugang zu ihnen. Nach Angaben von Aids-Aktivisten stünden im ukrainischen Gesundheitswesen Mittel zur Behandlung aller 40.000 betroffenen HIV-Positiven zur Verfügung, vieles versickere jedoch. Vertreter des urkainischen Gesundheitswesens dementierten Vorwürfe von Korruption.

CDC NPIN 06.07.2012: Corruption Blamed for AIDS Non-Treatment

Kürzungen bei der Prävention fordern einen hohen Preis

Die Bundesregierung will im Jahr 2012 bei der Prävention im Bereich HIV/Aids und andere sexuell übertragbaren Infektionen (STI) kürzen.

Der entsprechende Haushaltstitel soll von 13 auf 12 Millionen Euro reduziert werden. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Angelika Graf (SPD) hervor. Zudem soll die „HIV/Aids-Bekämpfung in Zusammenarbeit mit Osteuropa“ wegfallen, bei der 2011 bereits drastisch gekürzt worden ist (von 1,1 Millionen im Jahr 2010 auf 250.000 Euro). Auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei den Zuschüssen an Drogen- und Suchthilfe, soll gespart werden.

Dazu erklärt Tino Henn, Vorstandsmitglied der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH): „Kürzungen gefährden die Erfolge der Prävention in Deutschland. Wer bei der Prävention nachlässt, riskiert die Gesundheit und das Leben von Menschen. Die Kürzungen sind zudem auch ökonomisch kurzsichtig: Für die Einsparungen von heute zahlen wir später bei der Versorgung von Kranken einen hohen Preis.“

Die deutsche HIV- und STI-Prävention ist sehr erfolgreich. Durchgeführt wird sie vor allem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutschen AIDS-Hilfe mit ihren mehr als 120 Mitgliedsorganisationen. Die Zahl der Neuinfektionen hat sich bei etwa 3.000 pro Jahr stabilisiert. In fast allen anderen europäischen Ländern liegt die Infektionsrate deutlich höher.

Besonders erschreckend ist aus Sicht der Deutschen AIDS-Hilfe das Ende der „Deutsch-Ukrainischen Partnerschaftsinitiative zur Bekämpfung von HIV/Aids“. Dazu sagt Sergiu Grimalschi, DAH-Referent für Internationales:

„Die Ukraine steht mit ihrer HIV-Epidemie noch immer vor immensen Herausforderungen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit jetzt zu beenden, ist verantwortungslos und gefährdet die Fortschritte bei den Maßnahmen gegen die HIV/Aids-Epidemie. Die weiter laufende Unterstützung der Ukraine mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kann diesen Verlust nicht ausgleichen.“

Die Ukraine ist das Land mit der höchsten Neuinfektionsrate in Europa, nach Schätzungen sind bis zu 1,3 Prozent der Bevölkerung HIV-positiv. Im Rahmen der Partnerschaftsinitiative hat Deutschland die Ukraine bei ihren Maßnahmen gegen HIV/Aids in den letzten drei Jahren mit 2,85 Millionen Euro unterstützt. Staatliche deutsche Einrichtungen und Nicht-Regierungsorganisationen halfen mit Know-how und ihren Erfahrungen im Bereich der Prävention sowie der Versorgung von Menschen mit HIV/Aids.

Das Land machte in dieser Zeit große Fortschritte: Die ukrainische „Gib AIDS keine Chance“-Kampagne war erfolgreich, zudem wurde sichergestellt, dass Menschen mit HIV/Aids eine angemessene Behandlung erhalten. Auch die Möglichkeit der Substitution von Heroinkonsumenten konnte gesichert werden. Die deutsch-ukrainische Zusammenarbeit wurde 2010 positiv evaluiert und alles sprach für eine Fortsetzung.

(Pressemitteilung der DAH)

Kurz notiert … März 2011

30. März 2011: Frankreichs Sozialministerin Roselyn Bachelot plant einen Gesetzentwurf, demzufolge Freier von Prostituierten zukünftig bestraft werden sollen.

29. März 2011: Millionen Bürger Kenias sind von einer Kondom-Knappheit betroffen. 45 Millionen aus den USA importierte Kondome sollen nun Abhilfe schaffen.

27. März 2011: Nach dem Aus für die Aids-Hilfe Mannheim-Ludwigshafen im Sommer 2010 zeichnet sich ein Neuanfang ab: eine Initiative will der Stadt Mannheim bis Mai 2011 ein Konzept vorlegen.

25. März 2011: Ändern schwule Männern nach einem positiven HIV-Test ihr Sex-Verhalten? Ja, meinen zwei Studien (Amsterdam und San Francisco), die auf der CROI präsentiert wurden – und sind sich nicht einig, in welchem Umfang.

Die US-amerikanische Medikamentenbehörde erteilt der neuen Formulierung von Nevirapin unter dem Handelsnamen Viramune XR® eine Zulassung.

21. März 2011: Der wegen der ‚Parkplatz-Morde‚ angeklagte 56jährige Mann könnte – so spekulieren Medien – aus Homo- / Serophobie gehandelt haben: er habe sich während eines Sex-Urlaubs in Kenia bei einem Transvestiten mit HIV infiziert.

18. März 2011: Dürre in der (Medikamenten-) Pipeline? Führt der Erfolg antiretroviraler Medikamente indirekt dazu, dass es immer schwieriger wird, neue Aids-Medikamente auf den Markt zu bringen?

17. März 2011: Erstmals seit den 1980er Jahren hat sich in den USA ein Mensch durch eine Organ-Transplantation mit HIV infiziert. Zwei Jahre nach einer Nieren-Transplantation wurde bei einem zuvor HIV-negativen Mann in New York Aids diagnostiziert.

15. März 2011: Am 12. März 2011 kam der Sozialwissenschaftler Günter Amendt bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Eine Würdigung Amendts durch die DAH.

14. März 2011: Periphere Neuropathien treten bei HIV-Positiven weiterhin häufig auf, berichten US-Forscher. Besonders höheres Lebensalter erhöhe das Risiko des Auftretens von Peripheren Neuropathien.

12. März 2011: Gut ein Viertel der (untersuchten 28) schwulen HIV-positiven Männer in Amsterdam, die erfolgreich wegen einer Hepatitis C behandelt wurden, infizierten sich innerhalb von zwei Jahren erneut mit Hepatitis C (nahezu alle mit einem anderen Genotyp). Dies berichteten niederländische Ärzte auf der 18. CROI.

11. März 2011: Mit Darunavir (Handelsname Prezista®) ist ein weiteres Aids-Medikament in Europa für die einmal tägliche Einnahme zugelassen.

04. März 2011: Gegen den Pharmakonzern Abbott wird erneut ermittelt wegen der Verfünffachung des Preises für sein Aids-Medikament Norvir® in den USA im Jahr 2003, dieses Mal u.a. aufgrund einer Klage des Pharmakonzerns GSK wegen Wettbewerbsverzwerrungen.

Der experimentelle Hepatitis-C- Proteasehemmer Telaprevir scheint in Kombination mit pegyliertem Interferon plus Ribavirin auch bei Hepatitis-C- und HIV- Koinfektion wirksam zu sein.

Etwa 1,1 Prozent der Erwachsenen in der Ukraine sind mit HIV infiziert. Doch aufgrund von Mißständen und Repressalien ist ihre Behandlung gefährdet.

03. März 2011: Der Attachment-Inhibitor BMS-663068 erwies sich in einer ersten frühen Studie (Phase IIa) als vermutlich sicher und gut verträglich. Attachment-Inhibitoren behindern den ersten von drei Schritten, mit dem HIV in eine Zelle eindringt (das Andocken an den CD4-Rezeptor).

02. März 2011: Gels, die als vaginale Mikrobizide getestet werden (Caprisa004), könnten für die rektale Anwendung nicht ausreichend sicher sein (Nebenwirkungen). Nun sollen neue Formulierungen der Gels entwickelt werden, die besser für eine rektale Anwendung geeignet sein sollen.

Das Bundesgesundheitsministerium hat die Ständige Impfkommission (STIKO) neu besetzt. Die Hälfte der Mitglieder wurde ausgetauscht, zum teil gegen deren Willen.

01. März 2011: China plant die Einführung der Aids-Strategie „Therapie als Prävention“ (treatment as prevention). Dies beinhalte weitreichende HIV-Testungen sowie medizinische Behandlung für alle Personen, bei denen es in Frage kommt.

Die Gesundheitsbehörden Brasiliens verteilen zum Karneval 84 Millionen Kondome gratis. Parallel sollen Werbespots über Kondome und Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen informieren.

Ukraine: HIV-Positive diskriminierende Einreisebestimmungen aufgehoben

Die Ukraine hat ihre bisher geltenden Menschen mit HIV diskriminierenden Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen aufgehoben. Dies melden das DAH-Blog.

Seit 1991 waren für Aufenthalte in der Ukraine, die länger als drei Monate dauerten , HIV-Tests obligatorisch vorgeschrieben.Menschen mit HIV wurde die Einreise verweigert.

Am 21. Oktober 2010 jedoch reformierte das ukrainische Parlament das „Gesetz zur Prävention und zum sozialen Schutz der Bevölkerung“. In der Neufassung wurden laut DAH die HIV-spezifischen Bestimmungen zu Einreise und Aufenthalt komplett gestrichen.

Eine detaillierte Übersicht findet sich auf der u.a. von der Deutschen Aids-Hilfe erstellten globalen Datenbank zu HIV bedingten Einreisebestimmungen unter www.hivrestrictions.org.

Zeitgleich kriminalisieren ukrainische Behörden jedoch weiterhin HIV-Prävention bzw. Aids-Aktivisten. So protestierte die DAH am 28. Oktober 2010 wie andere Organisationen auch gegen die Beschlagnahme von Präventionsmaterial in der Ukraine.

weitere Informationen:
DAH-Blog 28.10.2010: Gute Nachrichten aus der Ukraine!
DAH 28.10.2010: DAH protestiert gegen Beschlagnahmung von Präventionsmaterial in der Ukraine
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harm reduction – Erfolgs-Strategie, die nicht überall geschätzt wird

HIV-Epidemien unter Drogengebrauchern können mit einem leicht realisierbaren Konzept gemindert werden – ‚harm reduction‘. Doch immer noch versperren sich zahlreiche Staaten dieser erfolgreichen Präventionsmethode aus ideologischen Gründen.

Wie kann die Zahl der HIV-Infektionen unter DrogengebraucherInnen reduziert werden? Hilft eine repressive Drogen-Politik? Oder sind Konzepte zielführend, die versuchen negative Folgen des Drogenkonsums (so auch Übertragungen von Krankheiten) zu mindern (harm reduction)?

Die New York Times weist in einem Artikel auf einen HIV-Übertragungsweg hin, der oftmals gerne in Vergessenheit gerät oder bewusst außer Acht gelassen wird: der intravenöse Drogengebrauch.

In vielen Staaten Europas und Afrikas ist die sexuelle Übertragung inzwischen der Haupt-Übertragungsweg von HIV. In einigen Staaten allerdings machen Infektionen via intravenösem (iv) Drogengebrauch einen Großteil der gesamten HIV-Infektionen aus.

So wird der Anteil der HIV-Infektionen durch unsaubere Nadeln geschätzt auf
83% in Russland,
64% in der Ukraine,
74% in Kasachstan,
72% in Malaysia, und
52% in Vietnam.

Auch für HIV-Übertragungen durch iv-Drogengebrauch gibt es Präventionsmodelle, die längst ihre Wirksamkeit gezeigt haben: safer use – Nadeltausch – harm reduction. Der Austausch von gebrauchten Nadeln gegen saubere, das Ermöglichen eines hinsichtlich des HIV-Übertragungsrisikos ’saferen‘ Drogengebrauchs ist ein pragmatischer Politikansatz, den viele Staaten verwirklicht haben, mit dem sie ihre HIV-Neuinfektionszahlen unter Drogengebrauchern deutlich reduzieren konnten.

‚Nadeltausch ist Aids-Prävention, die funktioniert‘, resümiert auch die New York Times. Niemand möge Kondome wirklich freiwillig – aber jeder Drogengebraucher ziehe saubere Nadeln vor, wenn sie nur verfügbar seien. Entsprechend haben zahlreiche Staaten in Europa genauso Australien und Neuseeland ‚harm reduction‘ – Programme.

Umso tragischer, dass einige Staaten, und gerade Staaten mit einer gravierenden HIV-Epidemie unter iv-Drogengebrauchern, sich diesem Weg der HIV-Prävention völlig verweigern. Der Grund meist: Ideologie – die Überzeugung, man könne nicht den als schlecht betrachteten Drogengebrauch erleichtern, auch nicht um der Gesundheit ganzer Bevölkerungsgruppen zuliebe.

Eines der Beispiele für Staaten, die ‚harm reduction‘, Nadeltausch und Methadon-Programme aus ideologischen Gründen ablehnen, ist Russland. Trotz internationaler Appelle ist Methadon in Russland weiterhin nicht verfügbar, ebenso gebe es keine Zugangsmöglichkeiten zu sauberem Spritzbesteck.

Gerade auch die deutsche Aids-Politik zeigt, dass ein an harm reduction orientiertes Vorgehen erfolgreich sein kann. Erfolgreich auch hinsichtlich einer Reduzierung der Neuinfektionen bei iv-DrogengebraucherInnen.

Umso erschütternder ist es, dass Staaten wir Russland, die ein massives Problem mit hohen und steigenden Infektionszahlen bei Drogengebrauchern haben, weiterhin Methadon-Programme ablehnen, eine einzig Abstinenz-orientierte Drogenpolitik haben.

weitere Informationen:
The New York Times 25.11.2009: The Needle Nexus – Why Needle Exchange is Crucial to AIDS Prevention
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