Mikrobizid versagt in Studie

Ein Mikrobizid-Gel, das das antiretrovirale Medikament Tenofovir enthält, hat in einer Studie versagt. Ein entsprechender Studien-Arm wurde abgebrochen.

Eine grosse Studie mit einem Gel, das den Wirkstoff Tenofovir enthält und das auf seine Tauglichkeit zur Prävention von HIV-Übertragungen getestet wurde, wurde vorzeitig abgebrochen. Im Studien-Arm mit Tenofovir als Mikrobizid wurden nicht mehr HIV-Übertragungen verhindert als in dem Arm, der Pzaebo enthielt.

Im Rahmen der VOICE-Studie (Vaginal and Oral Interventions to Control the Epidemic) wurden 5.029 Frauen in Südafrika, Simbabwe und Uganda untersucht. VOICE ist eine der größten derzeit stattfindenden Präventions-Studien mit einem Mikrobizid. Durchgeführt wurde die Studie von dem US-Forschungs-Konsortium Microbicide Trials Network (MTN). Untersucht wurden drei Arten der medikamentösen Prävention: Tenofovir als orales Medikament (Prä-Expositions-Prophylaxe, PrEP) oder als Wirkstoff in einem vaginalen Gel (Mikrobizid) sowie Tenofovir plus Emtricitabine als orales Medikament. Beides (Gel und Pillen) sollte unabhängig von sexueller Aktivität täglich angewandt / eingenommen werden.

Der Studien-Arm mit Tenofovir-Tabletten als PrEP war bereits Ende September 2011 abgebrochen worden. Eine Wirksamkeit oralen Tenofovirs zur Prävention von HIV-Übertragungen konnte in diesem Arm nicht gezeigt werden.

Nun wurde auch der Arm abgebrochen, der Tenofovir als vaginales Gel untersuchte. Das Data and Safety Monitoring Board (unabhängiges Expertengremium) der Studie hatte festgestellt, dass die HIV-Inzidenz in den beiden Studien-Armen mit Tenofovir-Gel und Plazebo nahezu identisch war. Unter Frauen, die Tenofovir Gel verwandten, traten 6,0 HIV-Infektionen pro 1.000 Frauen und Jahr auf, im Arm mit Plazebo 6,1. Sowohl der Tenofovir-Gel-Arm als auch der Plazebo-Gel-Arm der Studie wurden daraufhin gestoppt.

Einzig die beiden Studien-Arme mit Tenofovir plus Emtircitabine als Pille sowie Plazebo-Pillen werden fortgesetzt. Bisher ist geplant, diese Arme bis Mitte 2012 laufen zu lassen, Studienergebnisse werden für Anfang 2013 erwartet. Eine andere Studie mit Tenofovir plus Emtricitabine als PrEP zur Prävention der HIV-Übertragung (FEM-PrEP) war Ende April 2011 abgebrochen worden wegen mangelnder Wirksamkeit.

Tenofovir wird derzeit in mehreren Studien experimentell zur HIV-Prävention untersucht, auch als Mikrobizid. Tenofovir ist zur Behandlung der HIV-Infektion zugelasen und wird vom Pharmakonzern Gilead unter dem Handelsnamen Viread® vermarktet, es ist auch in Truvada® enthalten.

Das MTN Microbicide Trials Network hatte erst vor kurzem mitgeteilt, dass es in einer weiteren Studie erstmals ein Mirkobizid mit zwei Wirkstoffen untersucht.

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weitere Informationen:
aidsmap 25.11.2011: Microbicide gel fails to work in large international trial
aidsmap 29.09.2011: Tenofovir PrEP arm dropped in women’s HIV prevention trial
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Mirkobizid mit zwei Wirkstoffen geht in Studie

Erstmals startet in den USA eine Studie mit einem experimentellen Mikrobizid gegen HIV, das zwei Wirkstoffe enthält.

Ein vaginaler Ring, der Dapivirine und Maraviroc enthält, wird in den USA in einer Studie auf seine Tauglichkeit als vaginales Mikrobizid gegen HIV untersucht. Der im irischen Belfast mitentwickelte Silikon-Ring ist so konzipiert, dass er die Wirkstoffe mehrere Wochen lang kontinuierlich abgeben kann. Die Forscher hoffen, mit dem Ring ein besser wirksames und zudem leichter anwendbares Mikrobizid zu entwickeln. Bisher getestete experimentelle Mikorbizide waren als täglich anzuwendendes Gel entwickelt, das nur jeweils einen Wirkkstoff enthielt.

Die doppelblinde multizentrische Phase-I-Studie ist plazebokontrolliert und erfolgt mit vier Studien-Armen (Maraviroc allein, Dapivirine allein, Kombination Maraviroc – Dapivirine, Plazebo). Untersucht werden sollen 48 HIV-negative Frauen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Die Studie soll zeigen, wie praktikabel der Ring ist, und welche Wirkstoff-Spiegel in Zellen erreicht werden können. Die Studie wird durchgeführt vom Microbizide Trials Network (MTN) in Zusammenarbeit mit der International Partnership for Microbicides (IPM). Der jetzt getestete Ring ist das erste in klinischen Studien untersuchte Mikrobizid überhaupt, das zwei Wirkstoffe in Kombination enthält.

Erste Ergebnisse der Studie werden für den Jahresanfang 2013 erwartet.

Der CCR5-Hemmer Maraviroc ist bereits als antiretrovirales Medikament zugelassen und unter dem Handelsnamen Celsentri® /Selzentry® (Hersteller ViiV) auf dem Markt. Der NNRTI Dapivirine (auch: TMC120; Hersteller Janssen) wird bereits seit 2005 auf seine Eignung als Mikrobizid untersucht. Er wurde ursprünglich als oral einzunehmendes Medikament gegen HIV entwickelt. Tibotec (heute Janssen) erteilte IPM 2004 eine Lizenz, die Substanz als Mikrobizid für die HIV-Prävention zu entwickeln.

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weitere Informationen:
MTN: MTN-013/IPM 026
EurekAlert 15.11.2011: First combination ARV vaginal ring for HIV prevention being tested in Phase I safety trial
POZ 15.11.2011: Two-Drug Vaginal HIV Microbicide Ring Enters U.S. Safety Study
aidsmap 20.09.2007: ICAAC: Dapivirine safe and tolerable as potential vaginal microbicide; displays potential in combination with other agents
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DSW: Forschungs-Förderung muss um Aids-Prävention und Tuberkulose erweitert werden

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) begrüßt das neue Konzept zur Forschungsförderung von vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Danach will das BMBF über eine Laufzeit von vier Jahren (2011 bis 2014) insgesamt 20 Millionen Euro für die Entwicklung von Präventions-, Diagnose- und Behandlungsmethoden zur Verfügung stellen, und zwar für vernachlässigte Tropenkrankheiten sowie für Krankheiten, die zu hoher Sterblichkeit bei Kindern und Schwangeren in Entwicklungsländern führen, zum Beispiel Malaria. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Helge Braun gab das neue BMBF-Konzept am 9. Mai 2011 im Rahmen der internationalen DSW-Konferenz zur Rolle öffentlich-privater Partnerschaften bei der Förderung von globaler Gesundheit bekannt.

Das neue Förderkonzept schließt erstmals Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs) ein. Dabei handelt es sich um internationale Non-Profit-Organisationen, die akademische Institute, öffentliche Forschungseinrichtungen, Pharmafirmen und Nichtregierungsorganisationen zusammenbringen. Mit diesem innovativen Modell haben PDPs bei der Erforschung und Entwicklung neuer Gesundheitsprodukte für vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt.

„Täglich sterben mehr als 35.000 Menschen an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten hauptsächlich in den ärmsten Ländern der Welt, vor allem weil hier eine überaus große Forschungslücke klafft“, sagt DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. „Daher begrüße ich das neue Förderkonzept, mit dem das Forschungsministerium einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung dieser Krankheiten und zur Verbesserung der Gesundheitssituation in armen Ländern leistet. Die Förderung von Produkt-entwicklungspartnerschaften ist folgerichtig und verspricht erfolgreiche Ergebnisse.“

Handlungsbedarf bei Aids-Prävention und Tuberkulose

Die Bundesregierung schließt in ihrer Fördermaßnahme allerdings die Forschung zu Tuberkulose und zu wichtigen Aids-Präventionsmöglichkeiten wie Mikrobiziden und Aids-Impfstoffen aus. „Gerade beim Schutz vor einer HIV-Infektion besteht nach wie vor ein großer Handlungsbedarf“, kritisiert Renate Bähr. „Noch immer kommen auf jeden Aids-Patienten, der antiretrovirale Medikamente erhält, zwei Menschen, die sich neu mit HIV infizieren. Vor allem Frauen in Entwicklungsländern brauchen Präventionsmethoden wie Mikrobizide, mit denen sie sich unabhängig von ihrem Partner vor HIV schützen können. Hier haben jüngste Studien Erfolg versprechende Ergebnisse gezeigt. Auch Aids-Impfstoffe – selbst mit partieller Wirksamkeit – sind ein zentrales Instrument im Kampf gegen die Pandemie. Deshalb fordere ich die Bundesregierung dringend dazu auf, in ihrer nächsten Förderrunde die Erforschung von Aids-Prävention und Tuberkulose aufzunehmen.“

Vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten

Vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten sind Krankheiten, die vor allem Menschen in Entwicklungsländern treffen und zu deren Bekämpfung es keine hinreichende Forschung und Entwicklung gibt. Zu diesen Krankheiten gehören 17 von der Weltgesundheitsorganisation benannte Tropenkrankheiten, zum Beispiel Dengue-Fieber und die Schlafkrankheit, sowie Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids. Millionen von Menschen, die hauptsächlich in ärmeren Ländern leben, werden derzeit von medizinischen Fortschritten bei Prävention, Diagnose und Behandlung ausgeschlossen.

(Pressemitteilung DSW)

Kurz notiert … März 2011

30. März 2011: Frankreichs Sozialministerin Roselyn Bachelot plant einen Gesetzentwurf, demzufolge Freier von Prostituierten zukünftig bestraft werden sollen.

29. März 2011: Millionen Bürger Kenias sind von einer Kondom-Knappheit betroffen. 45 Millionen aus den USA importierte Kondome sollen nun Abhilfe schaffen.

27. März 2011: Nach dem Aus für die Aids-Hilfe Mannheim-Ludwigshafen im Sommer 2010 zeichnet sich ein Neuanfang ab: eine Initiative will der Stadt Mannheim bis Mai 2011 ein Konzept vorlegen.

25. März 2011: Ändern schwule Männern nach einem positiven HIV-Test ihr Sex-Verhalten? Ja, meinen zwei Studien (Amsterdam und San Francisco), die auf der CROI präsentiert wurden – und sind sich nicht einig, in welchem Umfang.

Die US-amerikanische Medikamentenbehörde erteilt der neuen Formulierung von Nevirapin unter dem Handelsnamen Viramune XR® eine Zulassung.

21. März 2011: Der wegen der ‚Parkplatz-Morde‚ angeklagte 56jährige Mann könnte – so spekulieren Medien – aus Homo- / Serophobie gehandelt haben: er habe sich während eines Sex-Urlaubs in Kenia bei einem Transvestiten mit HIV infiziert.

18. März 2011: Dürre in der (Medikamenten-) Pipeline? Führt der Erfolg antiretroviraler Medikamente indirekt dazu, dass es immer schwieriger wird, neue Aids-Medikamente auf den Markt zu bringen?

17. März 2011: Erstmals seit den 1980er Jahren hat sich in den USA ein Mensch durch eine Organ-Transplantation mit HIV infiziert. Zwei Jahre nach einer Nieren-Transplantation wurde bei einem zuvor HIV-negativen Mann in New York Aids diagnostiziert.

15. März 2011: Am 12. März 2011 kam der Sozialwissenschaftler Günter Amendt bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Eine Würdigung Amendts durch die DAH.

14. März 2011: Periphere Neuropathien treten bei HIV-Positiven weiterhin häufig auf, berichten US-Forscher. Besonders höheres Lebensalter erhöhe das Risiko des Auftretens von Peripheren Neuropathien.

12. März 2011: Gut ein Viertel der (untersuchten 28) schwulen HIV-positiven Männer in Amsterdam, die erfolgreich wegen einer Hepatitis C behandelt wurden, infizierten sich innerhalb von zwei Jahren erneut mit Hepatitis C (nahezu alle mit einem anderen Genotyp). Dies berichteten niederländische Ärzte auf der 18. CROI.

11. März 2011: Mit Darunavir (Handelsname Prezista®) ist ein weiteres Aids-Medikament in Europa für die einmal tägliche Einnahme zugelassen.

04. März 2011: Gegen den Pharmakonzern Abbott wird erneut ermittelt wegen der Verfünffachung des Preises für sein Aids-Medikament Norvir® in den USA im Jahr 2003, dieses Mal u.a. aufgrund einer Klage des Pharmakonzerns GSK wegen Wettbewerbsverzwerrungen.

Der experimentelle Hepatitis-C- Proteasehemmer Telaprevir scheint in Kombination mit pegyliertem Interferon plus Ribavirin auch bei Hepatitis-C- und HIV- Koinfektion wirksam zu sein.

Etwa 1,1 Prozent der Erwachsenen in der Ukraine sind mit HIV infiziert. Doch aufgrund von Mißständen und Repressalien ist ihre Behandlung gefährdet.

03. März 2011: Der Attachment-Inhibitor BMS-663068 erwies sich in einer ersten frühen Studie (Phase IIa) als vermutlich sicher und gut verträglich. Attachment-Inhibitoren behindern den ersten von drei Schritten, mit dem HIV in eine Zelle eindringt (das Andocken an den CD4-Rezeptor).

02. März 2011: Gels, die als vaginale Mikrobizide getestet werden (Caprisa004), könnten für die rektale Anwendung nicht ausreichend sicher sein (Nebenwirkungen). Nun sollen neue Formulierungen der Gels entwickelt werden, die besser für eine rektale Anwendung geeignet sein sollen.

Das Bundesgesundheitsministerium hat die Ständige Impfkommission (STIKO) neu besetzt. Die Hälfte der Mitglieder wurde ausgetauscht, zum teil gegen deren Willen.

01. März 2011: China plant die Einführung der Aids-Strategie „Therapie als Prävention“ (treatment as prevention). Dies beinhalte weitreichende HIV-Testungen sowie medizinische Behandlung für alle Personen, bei denen es in Frage kommt.

Die Gesundheitsbehörden Brasiliens verteilen zum Karneval 84 Millionen Kondome gratis. Parallel sollen Werbespots über Kondome und Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen informieren.

USA: beschleunigtes Zulassungsverfahren für Mikrobizid-Gel (akt.)

Die US-Medikamenten-Behörde FDA wird einen Antrag auf Zulassung von Tenofovir-Gel als Mikrobizid im schnellsten Zulassungsverfahren behandeln.

Die US Food and Drug Administration (FDA), die in den USA für die Zulassung neuer Medikamente zuständig ist, hat am Montag 25. Oktober 2010 bestätigt, dass sie den Antrag auf Zulassung von Tenofovir-Gel  im ‚fast track‘ behandeln wird. Die ist die schnellste Möglichkeit, ein Arzneimittel zuzulassen. Die Prozedur soll beginnen, sobald alle Daten der Studie vorliegen.

Für eine Zulassung sind die Daten von mindestens zwei Studien erforderlich. Für Tenofovor Gel soll als weiteres die VOICE-Studie heran gezogen werden, die das Gel an 5.000 Frauen in Simbabwe, Uganda, Malawi und Südafrika untersucht. Ergebnisse dieser Studie sollen am Jahresanfang 2013 vorliegen.

Der so genannte ‚fast track‘ ist ein Verfahren der beschleunigten Zulassung. Die Prozedur kann angewendet werden bei ernsthaften Erkrankungen sowie bisher nicht gedecktem medizinischem Bedarf in Therapie oder Prävention.
Weitere beschleunigte Zulassungsverfahren sind ‚accelerated approval‘ sowie ‚priority review‘. Der ‚fast track‘ ist die schnellste dieser beschleunigten Prozeduren. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit in beschleunigten Verfahren betrug nach Angaben der FDA 6,7 Monate im Jahr 2003.

Auf der Welt-Aids-Konferenz Wien waren Daten vorgestellt worden, die darauf hindeuten, dass Tenofovir als Gel wirksam sein könnte. Tenofovir als Gel zeigte in der Plazebo-kontrollierten CAPRISA004-Studie über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren eine 39%ige Wirksamkeit in der Senkung des Risikos einer HIV-Infektion und eine 51%ige Wirksamkeit bei Herpes.

Hierauf begründen sich die Hoffnungen, Tenofovir in einer Formulierung als Gel als Mikrobizid einsetzen zu können. Bisher ist Tenofovir (Hersteller Gilead) unter dem Namen Viread® als Aids-Medikament zur oralen Einnahme zugelassen.

„Die Ergebnisse [der CAPRISA-Studie, d.Verf.] sind ein wichtiger Schritt, aber noch kein Durchbruch“, hatte nach Präsentation der Daten in Wien Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, erklärt. Presseberichte hatten auf der Studie basierende Hoffnungen auf ein Mikrobizid als „verfrüht“ bezeichnet.

weitere Informationen:
aidsmap 27.10.2010: FDA will give fast-track to tenofovir gel approval
DAH 20.07.2010: Durchbruch in der Mikrobizid-Forschung?
Zeit online 20.07.2010: Verfrühte Hoffnungen auf ein Gel gegen Aids
FDA: Fast Track, Accelerated Approval and Priority Review
POZ 28.10.2010: Tenofovir HIV Prevention Gel to Be Fast-Tracked for FDA Approval
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Kurz notiert … September 2010

29. September 2010: Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria lässt seinen neuen Verwaltungssitz in Genf bauen, für 92 Mio. sFr. Die Fertigstellung ist für 2015 geplant.

Langwierige und kostspielige Bürokratie behindert in China eine adäquate medizinische Versorgung und Betreuung HIV-Positiver, so US-Forscher David Ho.

28. September 2010: Mit dem ‚Positive Justice Projectwendet sich erstmals ein landesweites Projekt in den USA gegen HIV-Positive kriminalisierende Gesetze. Das Projekt wurde gegründet vom ‚Center for HIV Law and Policy‚.

Francoise Barré-Sinoussi, Medizin-Nobelpreis-Trägerin und Mit-Entdeckerin des HIV, fordert in ‚Le Monde‘ für Frankreich Druckräume für Drogengebraucher: „Il est urgent d’ouvrir des centres d’injection supervisée de drogues“

27. September 2010: Mit dem Pharmahersteller Gilead hat erstmals ein Medikamenten-Hersteller im Aids-Bereich für noch Patent-geschützte Medikamente (hier: Atripla®, Truvada®) einen Rabattvertrag abgeschlossen, mit der AOK Berlin (gültig seit Juli 2010).

Robert Mugabe, diktatorischer Staatschef von Simbabwe, beabsichtigt die Einführung von HIV-Zwangstests im Land.

26. September 2010: Zukünftig soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Kostenübernahme für ein neues Medikament nur noch ablehnen können, wenn er dessen Unzweckmäßigkeit beweisen kann. Eine entsprechende als pharmafreundlich betrachtete Änderung plant die Bundesregierung.

20. September 2010: Das Mikrobizid ‚Pro2000‘, ein vaginal anzuwendendes Gel, hat in einer Studie keine Wirkung gezeigt.

18. September 2010: In Russland wurden Aids-Aktivisten verhaftet. Sie hatten gegen Versorgungsprobleme bei Aids-Medikamenten protestiert. Die Versorgungsprobleme haben bereits zu Therapie-Unterbrechungen geführt.

In einem Film über den an den Folgen von Aids verstorbenen Sänger der Gruppe ‚Queen‘  Freddy Mercury soll Sascha Baron Cohen (bekannt u.a. aus ‚Borat‘) die Hauptrolle übernehmen.

16. September 2010: HIV-positive Patienten hatten einen ähnlichen Verlauf wie HIV-Negative bei Infektionen mit H1N1 („Schweinegrippe„), berichten spanische Forscher.

US-Forscher berichten, dass inzwischen über ein Drittel der Fälle von Kaposi Sarkom bei HIV-Positiven mit mehr als 250 CD4-Zellen auftreten.

Die HIV-Prävention bei schwulen Männern in Frankreich benötigt neue Ansätze – die Neu-Diagnosezahlen sind hoch. Wissenschaftler des französischen Public Health Instituts behaupten, die HIV-Infektion sei bei schwulen Männern in Frankreich „außer Kontrolle“.

14. September 2010: Das Durchfallmittel Loperamid ist unter bestimmten Voraussetzungen wieder verordnungsfähig.

10. September 2010: Apotheken dürfen ihren Kunden in geringem Umfang Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 193/07, 72/08 u.a.). Über die Frage, ob die deutscher Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente auch für im Ausland sitzende Internetapotheken gilt, wird der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe später befinden.

9. September: Die Bundesregierung plant offenbar, sich aus dem Global Fonds zur Bekämpfung von Aids. Tuberkulose und Malaria zurückzuziehen. Zahlreiche Organisationen protestieren.

8. September 2010:  Der US-Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS) erwirbt die Biotech-Firma Zymo Genetics für 885 Mio. US-Dollar. BMS will damit u.a. sein Portfolio an Substanzen gegen Hepatitis C stärken.

7. September: Bei der Entlassung des IQWIG-Chefs Peter Sawicki spielte auch das Bundeskanzleramt eine Rolle, berichtet SpON.

6. September 2010: Ein Drittel aller HIV-Positiven haben posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Darauf weisen britische Forscher hin.
Im Epidemiologischen Bulletin 35/2010 des Robert-Koch-Instituts (RKI) werden Ergebnisse zur Erarbeitung von Standards in der Prävention von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) durch die Arbeitsgemeinschaft „Sexuelle Gesundheit“ vorgestellt.

4. September 2010: Dürfen Kliniken HIV-Patienten ambulant behandeln? Nein, sagt das Sozialgericht Hannover – und setzt damit einen Streit fort, der seit langem zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken entbrannt ist.

2. September 2010: „Wenn einer verantwortlich ist, dann bin ich das.“ Der Staatspräsident Kubas Fidel Castro bedauert die Hetze gegen Schwule in Kuba und übernimmt die Verantwortung. Zu einer etwaigen Entschädigung äußert er sich nicht.

Welt-Aids-Konferenz Wien: Kurz-Berichte 20.07.2010 (akt.3)

In Wien findet vom 18. bis 23. Juli 2010 die XVIII. Welt-Aids-Konferenz statt. Im Folgenden Kurzberichte über einige wichtige Themen, die auf der Konferenz behandelt wurden. Diese Übersicht wird im Verlauf der Konferenz fortlaufend aktualisiert – Tag 2, 20. Juli 2010:

HIV ist eine Armuts-Frage – auch in Industriestaaten

In den USA ist in von größerer Armut geprägten Viertel der Anteil HIV-infizierter Heterosexueller bei 2,1 Prozent – deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung (0,45%). Entsprechende Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control), die auf der XVIII. Welt-Aids-Konferenz vorgestellt wurden, zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen HIV-Verbreitung und Armut in den USA. Prävention müsse sich an Menschen aus auf ökonomisch schlecht gestellte Gruppen wenden, folgerten die Forscher.

USA News Health 19.07.2010: Poverty Driving HIV’s Spread Among Urban Heterosexuals: Report

HIV-positive Kinder in ärmeren Staaten besonders gefährdet

Die Entwicklung von Kindern mit HIV wird in Staaten mit begrenzten Ressourcen durch einen späten Therapiebeginn beeinträchtigt. Dadurch haben Kinder in diesen Staaten ein signifikant höheres Risiko von Entwicklungsschäden, sowohl was ihr Wachstum als auch neurokognitive Funktionen angeht.
Dieses Problem tritt nicht nur in Staaten Afrikas südlich der Sahara auf. Auch in Rumänien wurde in einer Kohorte HIV-infizierter Kinder ein hoher Grad an neurokognitiven Störungen (43,7%) sowie Aids-definierenden opportunistischen Erkrankungen festgestellt.
Der Therapieerfolg bei Kindern mit HIV variiert in Staaten mit niedrigem oder mittlerem Durchschnittseinkommen stark, stellte eine multiregionale Analyse an 13.611 Kindern unter 15 Jahren in Asien, Ost-, West- sowie Südafrika fest. Faktoren, die bei Kindern das Risiko einer niedrigen Überlebensrate erhöhen, seien u.a. für das Alter zu niedriges Gewicht, fortgeschrittene Erkrankung, sowie ein Lebensalter von weniger als 12 Monaten.

aidsmap 20.07.2010: Child development affected by late treatment start in resource-limited settings
aidsmap 20.07.2010: Success of treatment in children varies across low and middle-income countries

Heranwachsende mit HIV haben komplexe psychosoziale Bedürfnisse

Die Zahl junger Menschen mit HIV steigt. Sowohl junger Menschen im Heranwachsenden-Alter, die sich gerade erst mit HIV infiziert haben, als auch besonders Jugendlicher, die bereits seit vielen Jahren, seit ihrer Geburt HIV-positiv sind. Diese Heranwachsenden benötigen neue innovative Wege, über Sexualität zu sprechen, über die Frage wie offen sie mit ihrem HIV-Status umgehen wollen, und über ihre gesundheitlichen Bedürfnisse. Dies wurde bei einer Panel-Veranstaltung auf der XVIII. Welt-Aids-Konferenz deutlich. Heranwachsende hätten spezifische eigene Probleme und Bedürfnisse – und müssten sich gleichzeitig auch mit den Problemen jedes Erwachsenen mit HIV herumschlagen.

aidsmap 20.07.2010: Adolescents living with HIV face complex psychosocial concerns: require targeted, comprehensive services

Mindestens 31 Staaten deportieren HIV-Positive

Mindestens 31 Staaten weltweit deportieren immer noch Menschen mit HIV. Dies brachte eine Untersuchung an 197 Staaten zutage, die die Deutsche Aids-Hilfe gemeinsam mit Human Rights Watch am 20. Juli 2010 auf der XVIII. Internationalen Aids-Konferenz in Wien vorstellte. Die genaue Anzahl Staaten sei, so Peter Wiessner, unbekannt, da ein einheitliches weltweites Berichtssystem fehle. Die Staaten, die heute immer noch Menschen mit HIV deportieren, sind Armenien, Bahrain, Bangladesh, Brunei, Ägypten, Äquatorial Guinea, Ungarn, Indien, Irak, Jordanien, Kazachstan, Korea (Volksrepublik Nord ebenso wie Demokratische Republik Süd), Kuwait, Malaysia, Moldawien, Mongolei, Oman, Panama, Katar, Russland, Saudi Arabien, Singapur, Solomon Islands, Sri Lanka, Syrien, Taiwan, Turkmenistan, Vereinte Arabische Emirate, Usbekistan und Jemen.
In weiteren 66 Staaten weltweit bestehen Reise- und Aufenthalts-Restriktionen für Menschen mit HIV.
Unterdessen forderte die US-Regierung unter Präsident Obama, bundesstaatliche Gesetze, die spezifisch aufgrund von HIV kriminalisieren, abzuschaffen.
Der Gesundheitsminister Namibias, Dr. Richard Nchabi Kamwi, erläuterte in einer Rede in Wien die Gründe seiner Regierung, das Einreiseverbot für HIV-Positive abzuschaffen. Nach ausgiebigem Dialog mit der Zivilgesellschaft sowie Entwicklungs-Organisationen sie die Regierung zu dem Schluss gekommen, dass nur Reisefreiheit es Menschen mit HIV erlaube, eine wichtige Rolle in der nationalen Gesundheitspolitik zu spielen. Die frühere Regelung (des Einreiseverbots) sei ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung Namibias gewesen. Namibia hat bei 2 Millionen Einwohnern eine HIV-Prävalenz von 15,3%.

UNAIDS 20.07.2010: Namibian Minister of Health shares words of advice for countries with HIV travel restrictions
POZ 20.07.2010: At Least 31 Countries Deporting People Living With HIV
Criminal HIV Transmission 20.07.2010: US: Obama administration calls for end to HIV-specific criminal laws
aidsmap 21.07.2010: Deportations of people with HIV widespread; activists’ tactics differ

Tenofovir als Gel wirksam

Die antiretrovirale Substanz Tenofovir (Handelsname Viread®) ist vorläufigen Studienergebnissen zufolge auch in einer Formulierung als Gel in der Verhinderung der Übertragung von HIV und Herpes wirksam. Damit eröffnet sich die Chance, Tenofovir als Mikrobizid einzusetzen. Dies zeigte eine am 20. Juli auf der Wiener Welt-Aids-Konferenz vorgestellte Sicherheits und Wirksamkeits-Studie. Untersucht wurden 889 Frauen in KwaZulu Natal (Südafrika) mit einem 1% Tenofovir enthaltenden Mikrobizid. Es zeigte über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren eine 39%ige Wirksamkeit in der Senkung des Risikos einer HIV-Infektion und eine 51%ige Wirksamkeit bei Herpes. UNAIDS bezeichnete das Ergebnis der ‚proof-of-concept Studie‘ als ‚Durchbruch‘.
Weitere Studien sind vor einer etwaigen Zulassung erforderlich. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt, aber noch kein Durchbruch“, erklärt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, zu der Studie.

EurekAlert 19.07.2010: Study of microbicide gel shows reduced risk of HIV and herpes infections in women
aidsmap 19.07.2010: Tenofovir-based microbicide gel reduces risk of infection for women by 39%
UNAIDS 19.07.2010: WHO and UNAIDS welcome ground breaking proof of concept study results for vaginal gel showing reduced risk of HIV infections in women
SpON 20.07.2010: Vaginalgel senkt Aids-Risiko für Frauen
aidsmap 20.07.2010: Microbicides can work, CAPRISA trial shows, but more trials needed before approval
DAH 20.07.2010: Durchbruch in der Mikrobizid-Forschung?
Zeit online 20.07.2010: Verfrühte Hoffnungen auf ein Gel gegen Aids
aidsmap 21.07.2010: Tenofovir microbicide halves genital herpes infections and appears safe
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siehe auch: XVIII. Welt-Aids-Konferenz Wien: Kurzberichte 19.07.2010

Mikrobizide: erste Hoffnungen – auch auf rektale Anwendung?

Mikrobizide sind ein seit langem -und bisher erfolglos- erforschter neuer Weg, das HIV-Infektionsrisiko zu mindern. Nun weckt eine neue Studie Hoffnungen – auch für eine rektale Anwendung?

Mikrobizide sind chemische Substanzen, die Mikroben abtöten. Schon seit langem betonen Präventions-Experten wie auch Community-Vertreter, dass ein Verlangsamen der HIV-Epidemie neben Kondomen auch weitere Mittel der Prävention erfordert. Erstmals forderte die Epidemiologin Zena Stein bereits im April 1990 in ihrem Artikel „HIV Prevention: The Need for Methods Women Can Use“ frauengerechte Präventionsmethoden.

Die Entwicklung von Mikrobiziden kann einen wesentlichen Fortschritt für Gesundheit und Prävention bedeuten – geben doch Mikrobizide auch Frauen direkt die Möglichkeit sich zu schützen, ohne auf den Mann als Kondom-Verwender angewiesen zu sein.

Seit Ende der 1990er Jahre werden Mikrobizide in Studien auf ihre Wirksamkeit untersucht. Bisher jedoch verliefen alle Studien mit Mikrobiziden (wie Nonoxyl-9 oder ‚Carraguard’®) erfolglos. Nun jedoch könnte die Situation sich ändern:

croi2009
Auf einer der wichtigsten HIV-Konferenzen (16. CROI Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections, 8.-11. Februar 2009, Montreal) wurden erstmal optimistische Daten einer Studie mit einem Mikrobizid vorgestellt. PRO2000 wurde in einer zwei Jahre dauernden Studie an 3.000 Frauen in Afrika und Philadelphia untersucht. Die Studie wurde durchgeführt vom ‚International Partnership for Microbicides‘.

PRO2000 (Hersteller: Indevus Pharmaceuticals, inzwischen übernommen von Endo Pharmaceuticals) reduzierte das Risiko der Frauen, sich mit HIV zu infizieren, um 30 Prozent.30% – das mag nicht viel erscheinen. Zumal eine Einschränkung gilt: die Ergebnisse der Studie waren ’statistisch nicht signifikant‘.

Aber, so betonen Experten, immerhin gebe es zum ersten Mal überhaupt positive Ergebnisse und Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit.

Prof. Salim Abdool Karim, Leiter der Studie, betonte, auch wenn bisher keine Sicherheit bestehe, dass PRO2000 ein wirksames Mikrobizid ist, so sei die Substanz doch ein vielversprechender Kandidat.

Eine weitere Studie (MDP301) mit PRO2000 läuft, Ergebnisse werden zum Jahresende 2009 erwartet.

Wenn Mikrobizide Frauen beim Vaginal-Verkehr schützen können – warum dann nicht auch beim Analverkehr? Und nicht nur Frauen, sondern auch schwule Männer? Diese Frage drängt sich inzwischen auf.

So fordern inzwischen auch Aktivisten sowie Organisationen wie die ‚International Rectal Microbicides Advocates‚ verstärkt eine Erforschung rektaler Mikrobizide.

Eine Studie zur rektalen Anwendung von PRO2000 bei sexuell aktiven schwulen Männern soll noch in diesem Jahr in Großbritannien beginnen (gesponsert vom britischen ‚Microbicide Development Programme‘).

Spät – aber immerhin: Licht am Ende des Tunnels, des Tunnels der Suche nach wirksamen Mikrobiziden. Hoffnung keimt auf, nach vielen Jahren erfolgloser Studien – für Frauen, für die vaginale Anwendung.

Erstaunlich und bezeichnend, dass bisher die Idee einer rektalen Anwendung kaum verfolgt wurde. Dass erst in diesem Jahr die erste Studie startet. Besser als nie – aber: warum so spät?

weitere Informationen:
Abdool Karim S et al.: ‚Safety and effectiveness of vaginal microbicides BufferGel and 0,5% PRO2000/5 Gel for the prevention of HIVB infection in women: results of the HPTN 035 trial ‚, 16. CROI Montreal, abstract 48 LB
AVAC Aids Vaccine Advocacy Coalition 09.02.2009: update PRO2000
Global Campaign for Microbicides. „Rektale Mikrobizide: wer braucht sie?“ (doc)
World Health Organisation: Microbicides
poz&proud 28.03.2009: Even Rechtzetten
Chicago Free Press 26.03.2009: Microbicide advocates stress options
The Philadelphia Inquirer 23.03.2009: How HIV prevention has defied science
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