Die Heilung von HIV muss Priorität werden

Priorität internationaler Anstrengungen im Kampf gegen Aids müsse eine Möglichkeit sein, HIV ohne Medikamente zu entfernen – eine Heilung. Dies fordern führende Aids-Wissenschaftler, Industrievertreter und Aids-Aktivisten gemeinsam.

Der Kampf gegen Aids ist bisher von schwierigen Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Zwar stehen seit einigen Jahren wirksame Medikamente zur Verfügung, diese sind jedoch hochpreisig – und produzieren, da lebenslang einzunehmen, bei der hohen Zahl HIV-Infizierter immense Kosten.

Das Problem der immensen Kosten lebenslanger Therapien wird gesteigert dadurch, dass gerade in Staaten mit niedriger wirtschaftlicher Leistungskraft die Infektionszahlen teils besonders hoch sind.

Bemühungen, einen Impfstoff gegen HIV zu entwickeln, sind bisher immer wieder von Rückschlägen geprägt. Ein wirksamer HIV-Impfstoff ist in weiter Ferne – viele Forscher sprechen hier eher von einer Depression. Auch die Entwicklung von Mikobiziden war bisher nicht von Erfolg gekrönt, Studien in der Praxis verliefen bisher wenig erfolgreich.

Angesichts dieser deprimierenden Situation fordern Vertreter aus Aids-Forschung, Pharmaindustrie und Aids-Aktivismus nun in einem Beitrag für das Wissenschafts-Magazin Science (Vol. 323. No. 5919, pp. 1304 – 1307) die Fokussierung internationaler Anstrengungen stärker auf das Thema Heilung von HIV.

Die Autoren fordern in dem Artikel, der Herausforderung Heilung mit einem langfristig angelegten ‚public private Partnership‘ (PPP) zu begegnen. Sie sprechen von

„the needs for and challenges of attacking this reservoir to achieve a cure.“

Die Autoren stammen bemerkenswerterweise aus sehr verschieden Bereichen: drei Vertreter der Aids-Forschung und -Behandlung, zwei Vertreter der Pharmaindustrie sowie der jüngst verstorbene Martin Delaney, Aids-Aktivist und Gründer der Gruppe Project Inform.

Erst jüngst hatte auch die US-Aktivistengruppe Treatment Action Group in einem Aufruf gefordert, die Aufmerksamkeit stärker auf das Thema Heilung zu richten. „Wir werden nur dann die Möglichkeit einer Heilung finden können, wenn wir das Thema ernst nehmen und auf die Agenda bringen“, hatte TAGs Direktor Mark Harrington geäußert.

Weitere Informationen:
Science 06.03.2009: The Challenge of Finding a Cure for HIV Infection (abstract)
aidsmap 05.03.2009: HIV cure needs to be scientific, funding priority, researchers and advocates warn
POZ 06.03.2009: Call for a Coordinated Cure Effort
San Francisco Chronicle 06.03.2009: new call to defeat the AIDS virus
Tretament Action Group: TAG to NIAID: Recommendations to Stimulate Research on HIV Persistence
aidsmap 05.03.2009: HIV cure needs to be scientific, funding priority, researchers and advocates warn
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„Aids ausrotten über Nacht“ – EKAF extrem

Aids ausgerottet, über Nacht – ein Bericht in einem populärwissenschaftlichen Magazin skizziert ein faszinierendes Szenario – und lässt wesentliches außer Acht.

Aids los zu werden – eine Vorstellung, die schon seit Beginn der HIV-Epidemie als Wunsch auftaucht, als Wunsch, der eher Utopie zu sein scheint – zu sehr ist selbst nach über 25 Jahren eine Heilung von HIV noch in weiter Ferne.

Aids los zu werden – immer wieder auch ein Thema, das die Medien bewegt. Nun auch das populärwissenschaftliche Magazin ‚New Scientist‘.

Eine Gesellschaft ohne Aids: Ja – die EKAF (‚keine Infektiosität bei erfolgreicher Therapie ohne andere STDs‚) mache dies möglich. So zumindest die Grund-Annahme eines Szenarios, das der New Scientist skizziert.

Und der Weg zu einer Aids-freuen Gesellschaft sei auch ganz einfach:

„Here’s how it works. If someone who is HIV positive takes antiretroviral-drug therapy they can live a long life and almost never pass on the virus, even through unprotected sex. So if everyone with HIV were on therapy, there would be little or no transmission. Once all these people had died, of whatever cause, the virus would be gone for good.“

Wahrhaft eine simple Idee. Alle Positive nehmen antiretrovirale Therapie, sind dann nicht mehr infektiös, irgendwann verstorben – und mit ihnen ist Aids verschwunden.

Nur dass der Report einige Kleinigkeiten vergisst. Die Schwierigkeiten, in allen Regionen der Welt für eine medikamentöse Versorgung zu sorgen, werden angesprochen. Die (vermutlich immensen) Kosten für einen derartigen Plan auch.
Andere Punkte nicht oder nicht ausreichend, wie z.B.
– wie stellt man alle HIV-Infektionen fest? Freiwillig?
– soll das weltweit gemacht werden? Oder -wenn nicht- wie will man Reisen und Infektionen auf Reisen verhindern?
– wie schafft man es, dass alle HIV-Infizierten die Medikamente nehmen? Freiwillig?
– Und wenn dann doch einer, eine …?
– …

Viele ungestellte, viele unbeantwortete Fragen. Aber was soll’s – der Nutzen macht’s:

„Yet the idea of eliminating HIV is so appealing, and the benefit to humanity so huge, that scientists and policy-makers are seriously considering the concept, albeit on regional scales.“

Bei so viel gesellschaftlichem Nutzen – da kann man schon mal Bedenken beiseite wischen, zumal wenn sie nur ethischer Natur sind.

Und wenn die HIV-Positiven nicht mitmachen wollen? Oder, einfacher, wenn die (oder auch nur einige) Positiven einfach nicht (oder nicht schnell genug) sterben wollen, durch die erfolgreichen Therapien immer länger leben – was dann? Kommt nicht irgendwann die Verlockung auf, nachzuhelfen? Natürlich nur im Interesse der Gesellschaft, für das ‚höhere Ziel‘ der „Ausrottung von Aids„?

Zynisch, ja. Aber – sind derartige Szenarien, die die Interessen und Lebensbedingungen von HIV-Infizierten dermaßen außer Acht lassen, weniger zynisch?

Umso bestürzender, dass nichtsdestotrotz diese Idee wohl ernsthaft erwogen wird:

„In the next few months the World Health Organization (WHO) will meet to discuss how the idea could be tried in developing countries, and something approaching elimination might be attempted in the UK within the next decade.“

Auf den Punkt gebracht, in all seine zynischen Absurdität, wird das Szenario von einem HIV-Spezialisten – von Marcus Conant, einem der ersten Ärzte, die HIV-Positive behandelten:

„“You could eliminate transmission overnight,“ says Marcus Conant, an HIV specialist in San Francisco.“

HIV ausgerottet, über Nacht – nur die Positiven, die stören irgendwie noch. Noch.
EKAF extrem …
(Schließlich, betont der Bericht, man wolle ja nicht etwa einen Politik-Wechsel – man wolle nur ‚Diskussionen anregen‘ …)

newscientist 19.2.2009: ‚Are we about to elimintae Aids?‚ (dreiteilig)
(und Danke an Clamix für den Hinweis!)
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Aids-Impfstoffe: die grosse Depression

Eine große Studie mit einem experimentellen HIV-Impfstoff, die aufgrund enttäuschender Ergebnisse vor einem Jahr vorzeitig beendet werden musste, ist inzwischen publiziert. Forscher diskutieren, wie es weiter gehen kann mit der Erforschung eines Impfstoffs gegen HIV.

Vor einiger Zeit sorgte die so genannte STEP-Studie für Aufsehen. Ein experimenteller HIV-Impfstoff (MRKAd5, auch V520 genannt) des Pharmakonzerns Merck (Merck Sharp & Dohme MSD, nicht zu verwechseln mit dem deutschen Chemie-Unternehmen Merck) führte in einer doppelblinden Phase-II-Studie (HVTN502) an über 3.000 nicht HIV-infizierten homosexuellen Menschen bereits in einer Zwischenauswertung zu einem überraschenden, bestürzenden Ergebnis: der experimentelle Impfstoff schien trotz Ausbildung von Immunreaktionen nicht nur nicht vor einer HIV-Infektion zu schützen, sondern im Gegenteil in der Gruppe der Geimpften traten mehr HIV-Infektionen als in der nicht geimpften Kontrollgruppe auf (4,6% zu 3,1%). Die Studie wurde im September 2007 vorzeitig beendet.

Bereits auf der CROI (Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections), einer der bedeutendsten wissenschaftlichen Aids-Konferenzen weltweit, wurden am 5. Februar 2008 Ergebnisse präsentiert (pdf). Inzwischen ist die STEP-Studie in der Fachzeitschrift Lancet (Vol. 370, Ausg. 9600, S. 1665 vom 17.11.2008; hier, gratis-Registrierung erforderlich, oder ohne Registrierung Summary) publiziert.

Auf zahlreichen Konferenzen wird über die Ergebnisse der STEP-Studie sowie generell über den weiteren Weg der HIV-Impfstoff-Forschung diskutiert. (Für interessierte Leser: einen guten Überblick geben die Vorträge der Konferenz ‚Aids Vaccine 2008‘, die vom 13. bis 16. Oktober 2008 im südafrikanischen Kapstadt stattfand.

Wissenschaftler spekulieren inzwischen, ob der Impfstoff eventuelle statt zu schützen einige Zellen der Teilnehmer empfindlicher für HIV gemacht haben könnte.

Zudem wird immer fraglicher, ob das Primaten-Modell (für Menschen bestimmte Wirk- oder Impfstoffe zunächst an verschiedenen Affen-Arten zu erforschen) für die Erforschung von HIV-Impfstoffen für Menschen überhaupt tauglich ist bzw. ob überhaupt nicht-menschliche Modelle für die Impfstoff-Forschung geeignet sind.

So bemerkte ein Wissenschaftler des US-Militärs „Der Vorhersagewert des nicht-humanen HIV-Makakenmodells wird von diesen Ergebnissen nicht unterstützt. Das Versagen bei STEP hat die Tür zum Konzept der T-Zell-basierten Impfstoffe nicht endgültig geschlossen.“

Der Pharmakonzern Merck betonte inzwischen (Pressemitteilung), sich trotz des Rückschlags weiterhin auf dem Gebiet HIVB/Aids engagieren zu wollen: „We are committed to the fight against HIV and AIDS for the long haul on many fronts.“ Zudem werde man die Studienteilnehmer weiterhin auch zukünftig begleitren und beobachten.

Berlin Patient – oder: ein schwieriger möglicher Weg einer Heilung? (akt.)

Der Fall des sog. ‚Berlin Patient‘ geht derzeit weltweit durch die Medien. Heilung von Aids – nun auf einmal doch, und in Berlin?

Ein heute 42jähriger Mann aus den USA, der in Berlin lebt, ist an Leukämie erkrankt und gleichzeitig HIV-infiziert. Mediziner an der Berliner Charité begannen vor zwei Jahren mit einer innovativen Behandlung. Statt dem Patienten „nur“ eine ’normale‘ Stammzelltherapie zukommen zu lassen, benutzten sie Stammzellen eines Knochenmark-Spenders, bei dem aufgrund einer seltenen Mutation (ca. 3 – 5% der Bevölkerung) ein bestimmter Korezeptor (CCR5) fehlt – den jedoch HIV wiederum zur Infektion von Zellen benötigt.

Resultat der komplizierten Behandlung: der Mann ist von Leukämie geheilt – und derzeit HIV-negativ.

Über Behandlung und Ergebnis berichtete der Leiter des Ärzteteams, der Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin an der Berliner Charité Eckhard Thiel.

Der Fall ging bereits vor einiger Zeit als „berlin patient“ durch die US-Medien. Auslöser der jetzigen Berichterstattung war nach einem Poster auf der CROI ein Artikel im WSJ ‚A Doctor, A Mutation and a Potential Cure for AIDS‚ sowie ein Artikel in einer deutschen Boulevard-Zeitung, und Pressearbeit der Charité. Der Fall soll demnächst im New England Journal of Medicine publiziert werden.

Eine ähnliche Behandlungsstrategie (siehe auch Could bone marrow transplantation cure aids? (1999)) – allerdings ohne die CCR5-Mutation zu berücksichtigen – schlug 2007 in Frankreich fehl. Der Patient, der ebenfalls eine Knochenmark-Transplantation erhalten hatte, danach weiter HAART nahm, hatte zunächst eine nicht nachweisbare Viruslast – und schon wurde in Medien eine ‚Heilung‘ gefeiert. Als eine Unterbrechung der antiretroviralen Therapie erforderlich wurde, zeigte sich schnell (nach 16 Tagen) wieder HIV-Virämie. Nach seinem Tod (181 Tage nach der Knochenmark-Transplantation) zeigten detaillierte Untersuchungen, dass mit der Knochenmark-Transplantation nicht alle viralen Reservoirs im Körper ‚entleert‘ worden waren.

Bevor nun grenzenloses Jubeln oder zu frühe Freude oder gar Euphorie einsetzen, sei hierzu als vergleichsweise unaufgeregte Publikation der Bericht des Spiegel online / Red. Wissenschaft empfohlen: ‚AIDS-Kranker nach Stammzell-Therapie HIV-negativ‘ sowie ein Bericht der taz ‚AIDS doch nicht heilbar‘.

Nachtrag
12.02.2009 New England Journal of Medicine: Long-Term Control of HIV by CCR5 Delta32/Delta32 Stem-Cell Transplantation
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Heilung – aber vollständig

Die Heilung von HIV rückt wieder auf die wissenschaftliche Agenda – doch in Form einer ‚funktionellen Heilung‘, bei der die Infizierten HIV-positiv bleiben.

In den deutschen Medien, aber auch von Aidshilfen und Positiven bisher weitgehend unbemerkt, wird das Thema ‚Heilung von der HIV-Infektion‘ wieder Gegenstand wissenschaftlicher Debatten: Heilung sei ’not an impossible dream‘, heißt es auf der 17. Welt-Aids-Konferenz in Mexico Stadt.

Bisher konzentrierte sich die medizinische Forschung zu HIV und Aids weitgehend auf medikamentöse Therapien. Die hochwirksamen Kombinationstherapien (HAART) haben große Erfolge erreicht, HIV-Infizierte leben dank moderner Medikamente länger und besser, ihre Infektiosität sinkt drastisch. In Industriestaaten wird die HIV-Infektion gelegentlich fast als ‚chronische Erkrankung‘ betrachtet.
Eines jedoch haben selbst beste Therapien nicht erreicht, können es nicht erreichen: die Entfernung von HIV aus den Infizierten, die Heilung. Die modernen Therapien können die Vermehrung von HIV weitestgehend verhindern – und dennoch, die Patienten bleiben HIV-positiv.
Heilung von HIV, das galt für die Masse der Aids-Forscher (wie auch der Positiven) in den letzten Jahren als ‚absurdes Szenario fern ab jeder Realität‘.

Doch in Zeiten von Rückschlägen bei der Forschung nach HIV-Impfstoffen und -Mikrobiziden rückt die Heilung erneut auf die Agenda der Forscher. Wie jüngst auf der 12. Welt-Aids-Konferenz in Mexico Stadt. Dort sprach Anthony Fauci über – Heilung.

Anthony Fauci (c) Foto: NIAID
Anthony Fauci (c) Foto: NIAID

Von Heilung redet eben der Anthony Fauci, der noch im Juli 2007 am Rande eines Aids-Kongresses in Sydney forderte „Hören Sie endlich auf, von einer Heilung von Aids zu reden!“ (siehe ‚Heilungsverbot‚). Anthony Fauci ist seit 1984 Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases NIAID und Aids-Berater der US-Regierung.

Eine übrraschende Wendung zunächst. Doch die Heilung, von der Fauci spricht, bezeichnet er als ‚functional cure‚, als ‚funktionelle Heilung‘.

Faucis Hypothese: es sei ein Zustand anzustreben, in dem HIV-Positive ohne Kombitherapien und dennoch symptomfrei leben können – nachdem sie vorher sehr frühzeitig und aggressiv mit neueren antiretroviralen Medikamenten behandelt wurden.
Fauci spricht wörtlich von Heilung als:

„treatment of a disease such that no patient any longer needs to continue therapy“.

und skizziert sein Konzept mit den Worten

„You treat with aggressive ARV early on, you preserve a substantial level of specific immune response, you get prolonged suppression of viral load, you either add drugs or not, give HIV specific immunotherapy or not, and you have continual attrition of the HIV reservoir. And ultimately, carefully in a controlled manner discontinue therapy to see if the prolonged suppression of viral rebound will occur by preserved and amplified anti-HIV immune responses.“ (Quelle für beide Statements: Transscript der Session, s.u.)

Fauci konzentrierte sich in seiner Rede weitgehend auf diese Art der Heilung, die ‚functional cure‘, während er die eigentliche Heilung, die Eradikation (Entfernung von HIV) kaum thematisierte (er erwähnt nur kurz die Vision einer ‚mikrobiologischen Eradikation‘ als ’sterilizing cure‘ für einige wenige Positive). Fauci hält sein Konzept prinzipiell für realisierbar, entsprechende erste Studien (mit dem Zwischenziel einer Intensivierung der Therapie) seien bereits in Durchführung, betonte er.

Diese ‚functional cure‘, die Fauci vorschlägt, so erfreulich und verlockend sie klingt, sie hat einige Haken und Ösen.
So setzt sie zunächst voraus, dass eine intensive und frühzeitige antiretrovirale Therapie erfolgt – mit Medikamenten, die bisher noch nicht zur Verfügung stehen, mit Folgen und Nebenwirkungen, die derzeit noch unbekannt sind (und von denen angesichts seiner Forderung nach ‚aggressiver‘ Behandlung nicht anzunehmen ist, dass sie vernachlässigbar gering sein werden).
Zudem, der Begriff der ‚frühzeitigen‘ Behandlung bedingt, dass diese Strategie für einen Großteil der bereits heute mit HIV infizierten Menschen diese Strategie nicht zur Verfügung stehen dürfte, da sie schon zu lange HIV-infiziert sind. Gefragt wäre hingegen eine sehr frühe Diagnose der HIV-Infektion.
Ebenso setzt Faucis Ansatz neben der frühen Diagnose die konkrete Verfügbarkeit aggressiver Therapie voraus – zwei Ausgangsbedingung, die nur in wenigen Staaten gegeben sein dürften, sicherlich kaum in Staaten, die besonders stark von HIV betroffen sind wie Subsahara-Afrika.
Und diejenigen Menschen, für die diese Strategie in Betracht kommt, bleiben nach derzeitigem Verständnis weiterhin HIV-positiv. Mit allen Folgen, die an diesem Serostatus hängen.

Faucis ‚Heilungs-Ansatz‘ der ‚functional cure‘ erweist sich bei näherem Betrachten als ein zwar spannender Lösungsansatz, der jedoch zum einen keine eigentliche Heilung darstellt (die Patienten bleiben HIV-positiv), und zum anderen schon angesichts der praktischen Verfügbarkeit früher Diagnose und höchstwirksamer aggressiver Therapie nur für einen kleinen Personenkreis in reichen Industriestaaten in Frage kommen dürfte.

Das ‚vergessene Wort Heilung‚ gehört wieder dauerhaft auf die Agenda statt (bis auf gelegentliche Hypes) in der Versenkung zu verschwinden. ‚Zeitenwende 2008‚, das heißt nicht nur EKAF-Statement, sondern auch mehr Mut, wieder Heilung zu fordern.

Wenn nun selbst prominente Aids-Forscher wieder den Begriff der Heilung thematisieren, wird umso wichtiger, dass auch Positive selbst wieder die Forderung nach Heilung ihrer HIV-Infektion in Diskussionen einbringen. Wer, wenn nicht wir?, diese Frage steht nun umso mehr im Raum.

Die Debatte darf dabei jedoch nicht einseitig -entsprechend Faucis ’neuer Linie‘- auf eine Pseudo-Heilung nach vorheriger massiver Chemotherapie verkürzt werden (so sehr auch diese ein Durchbruch wäre), auf eine Pseudo-Heilung, die zudem wohl nur in den reichen Industriestaaten verfügbar wäre.
Auch die Eradikation, die reale Heilung muss weiter auf der Agenda bleiben. Wenn Heilung, dann (als Ziel) möglichst auch vollständig!

weitere Informationen:
Anthony Fauci sprach am 6.8.2008 in der Session „Looking to the Future – the Epidemic in 2031 and New Directions in Aids Research“ zum Thema „The Fuure of Aids Research“, Session als Mitschrift, Video und Podcats hier verfügbar (in englischer Sprache)

Nachtrag 30.10.2008: einen lesenswerten Überblick über die Frage und Probleme einer Heilung von HIV bietet ein mehrseitiger Artikel im Scientific American (Oktober 2008) „25 Years Later: Can HIV Be Cured?“

Zeitenwende 2008

2008 erscheint zunächst bisher als Jahr der schlechten Nachrichten für den Aids-Bereich. Und doch, es könnte sich als eine ähnlich bedeutende Zeitenwende wie zuletzt 1996 erweisen.

Gut sieht es nicht aus auf den ersten Blick. Bedeutende Impfstoff-Studien sind spektakulär gescheitert, viele sprechen von der ‚Vakzine-Depression‘, wenn sie die Situation der Rat- und oftmals Hoffnunglosigkeit beschreiben wollen, noch einen gegen HIV wirksamen Impfstoff entwickeln zu können. Fragen werden gestellt, ob es an der Zeit sei, die HIV-Impfstoffforschung aufzugeben oder zumindest zu Grundlagenforschung zurück zu kehren.
Zudem erleidet die Forschung zu Mikrobiziden -einem besonders für den Selbstschutz von Frauen sehr wichtigen, hier wenig beachteten Forschungsbereich- Rückschläge.

Doch die Nachricht des Jahres dürfte bisher das Statement der Eidgenössischen Aids-Komission EKAF keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“ sein.
Die Botschaft: unter den von den Schweizern genannten Bedingungen (erfolgreiche HAART, Viruslast seit mind. 6 Monaten unter der Nachweisgrenze, keine Infektionen mit sexuell übertragbaren Erregern) ist eine HIV-infizierte Person „sexuell nicht infektiös„.

Nie zuvor ist diese Botschaft in der Öffentlichkeit von Gesundheitsexperten geäußert worden, war bisher nur Hinterzimmern und privaten Gesprächen vorbehalten.
Und selten hat ein Aids-Statement in jüngerer Zeit mehr aufgeregte Reaktionen hervorgerufen.

Mit dieser Botschaft wird zunächst von vielen Positiven eine große Last genommen. Sie eröffnet neue Chancen auf positives Selbstbewußtsein, auf angstfreier gelebte Sexualität.
Welch wunderbar befreiende Botschaft, unter bestimmten Umständen nicht mehr infektiös zu sein!

Insbesondere (aber nicht nur) für serodiskordante Paare (ein Partner HIV-negativ, ein Partner HIV-Positiv) stellt diese Botschaft eine potenziell sehr befreiende Nachricht dar. Zudem ermöglicht sie zukünftig unter bestimmten Bedingungen, leichter einen Kinderwunsch zu realisieren.

Auch in der Prävention wird die Botschaft gravierende Auswirkungen haben. Dabei scheint die Angst vieler ‚Präventionisten‘ manchmal schwer nachvollziehbar. ‚Kein Risiko‘, diese Konstellation existiert in Sachen Sex nicht. Dass Sex ohne Risiko kaum denkbar ist (nur ‚kein Sex‘ ist risikofreier Sex), dieser Gedanke scheint sich noch nicht überall herum gesprochen zu haben.
Gerade angesichts der derzeitigen Probleme bei einigen bedeutenden präventiven Ansätzen (Impfstoffe, Mikrobizide) sollten doch auch die Chance nicht außer Acht gelassen werden, die in Therapien unter präventiven Aspekten liegen können.

Zudem wird die Schweizer Botschaft auch die Debatten um PEP (post- Expositions- Prophylaxe) neu beleben – ist bei einem erfolgreich therapierten Sexpartner wirklich immer eine PEP erforderlich, angesichts potenzieller Nebenwirkungen verantwortbar?

Was ist „safer Sex“? Oder genauer, „wann ist Sex ’safer‘?„, diese Frage dürfte zukünftig neu zu stellen sein. Sicher gehört dazu die Verwendung von Kondomen. Jedoch – es mag sich erweisen, dass auch eine erfolgreiche Therapie unter bestimmten Bedingungen zu Konstellationen führen kann, in denen kondomloser Sex „safer“ ist.

Das Jahr 2008 könnte sich mit der Schweizer Botschaft – später, im Nachhinein betrachtet – als ähnliche Zeitenwende für Menschen mit HIV und Aids erweisen wie das Jahr 1996.

1996 brachte für Positive die Wende von der Aussicht auf absehbaren Tod hin zu einem Leben mit einer oftmals langfristig behandelbaren chronischen Infektion. HIV-infiziert, das heisst seit 1996 nicht mehr zwangsläufig ‚dem Tod geweiht‘ – 1996 brachte wie es Martin Dannecker formulierte die ‚Auflösung der Gleichsetzung von HIV und Tod‘.

2008 könnte sich als Wende erweisen im Bild von Positiven. Als Abkehr vom dämonisierten Aids. Als Wende in der Wahrnehmung von Positiven, von der potenziell gefährlichen Bedrohung zum attraktiven Sexpartner.

Und als weiterer Schritt in der Wende vom bedeutungsvollen Aids hin zu einer (unter vielen) bedeutungsvollen, aber behandelbaren Erkrankungen, die nicht mehr ganze Biographien über den Haufen wirft.

Vielleicht sogar eine Wende zu einer Situation, in der das vergessene Wort Heilung wieder auf die Agenda kommt. In der neue Ansätze (wie Stammzell-Therapie, Stichwort Berlin Patient) die Perspektive einer Heilung von HIV eröffnen …

Die Diskussionen um kondomfreien Sex bei stabil nicht nachweisbarer Viruslast und keinen STDs hat gerade erst begonnen. Zu gerne würden einige diese Diskussion verhindern (‚das darf man doch nicht laut sagen‚) – Positive sollten sich um ihrer selbst willen engagiert an den Debatten beteiligen, sie einfordern. Und darauf bestehen, dass die Frage, welches Risiko letztlich akzeptabel ist, eine persönliche Entscheidung ist, die von den beteiligten Partnern getroffen wird – nicht von Beamten oder Bürokraten.

diese Zeiten sind für immer vorbei?

In den (nein, in wenigen, leider) Kinos läuft derzeit ein bemerkenswerter Film. „Johan„, ein schon im Sommer 1975 entstandener quasidokumentarischer Spielfilm, 1996 im französischen Filmarchiv wiederentdeckt, und erst 2008 in deutschen Kinos.

Regisseur Philippe Valois erzählt die Geschichte von Johan, der Hauptfigur des Films. Nur, Johan sitzt im Knast – und bleibt den gesamten Film lang unsichtbar. Stattdessen sucht der Regisseur Ersatz, an allen Orten die das schwule Leben im Paris Mitte der siebziger Jahre zu bieten hatte, in Saunen und Bars, bei Freunden und Feinden von Johan.

Entstanden ungefähr zeitgleich mit ‚La cage aux folles‘ (‚Ein Käfig voller Narren‘), ist dieser Film doch das ganze Gegenteil – ein Paradebeispiel eines schwulen Lebensstils noch vor der Industrialisierung des Sex, vor geklonten Pseudo-Freiheiten.
Und er zeigt dabei ein Leben weit in Zeiten vor Aids, ein Leben, das sich so mancher meiner Freunde und Bekannten, die ihr Coming Out erst später, erst in den Jahren schon mit HIV hatten, kaum vorstellen kann.

Ein Film voll, so die Besprechung im Berliner schwulen Stadtmagazin ‚Siegessäule‘ (Ausgabe März 2008), voll „offen und schuldlos gelebter Sexualität“.
Der Rezensent schließt an, dieser Film sei ein Dokument, wohl wahr.
Ein Dokument, so der gleiche Rezensent weiter, „aus einer Welt, die keine zehn Jahre später durch Aids unwiederbringlich verloren war, für immer.“

Ich stutzte, irgend etwas rebelliert spontan in mir. Noch einmal lesen. Genau.

Ja, diese Welt war nur wenige Jahre später verloren, diese Welt einer unschuldigen, naiven und hemmungslosen Sexualität. In diesem Punkt empfinde ich ähnlich wie der Rezensent.

Aber – warum dieses apodiktische „für immer“?

Warum diese Schere im Kopf? Warum diese freiwillige Kastrierung eigener Hoffnungen?

Ist es nicht vorstellbar, dass es auch wieder eine Zeit ohne HIV, ohne Aids gibt? Oder eine Zeit, in der HIV ’nur‘ irgendeine weitere dieser lästigen, aber letztlich behandelbaren sexuell übertragbaren Infektionen ist? Und nicht mehr die potenziell tödliche Bedrohung?

Warum keine Visionen? Und wenn sie derzeit vielleicht auch als Utopien erscheinen mögen?

Ich will diese Hoffnung nicht aufgeben …
… diese Hoffnung auf eine Heilung
… diese Hoffnung auf eine neue Zeit ohne HIV und Aids

„Wer keinen Mit zu träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen“

Heilungsverbot

Herr Fauci ist auf Reisen. Auf Reisen zu einem wichtigen Kongress. Einem Aids-Kongress, der im australischen Sydney stattfindet (dort, wo sie keine HIV-positiven Migranten mögen…).

Herr Fauci ist ein wichtiger Mann. Ein sehr wichtiger sogar 1). So wichtig, dass er andere belehren darf. Meint er.

„Hören Sie endlich auf, über eine Heilung von Aids zu reden!“, fordert er.

Nein, Herr Fauci, werden wir nicht. Wir wollen weiterhin eine Heilung von HIV / Aids. Keine Denkverbote bitte.

1) Herr Fauci ist Direktor des National Institutes of Allergy and Infectious Diseases und Aids-Berater der US-Regierung.

Über Scheren, Vergessene Heilung und Defätismus

„Virale Schere“, „Heilung von HIV“ geht es plötzlich und unvermittelt durch die Medienwelten. Die beteiligten Forscher berichteten auch in Science über ihre Arbeit.

Wissenschaftlern aus Dresden und Hamburg gelang ein vermeintlicher Durchbruch gegen HIV. Ihnen sei es gelungen, mithilfe eines auf HIV zugeschnittenen Enzyms (Rekombinase) direkt gegen das in Zellen integrierte Provirus vorzugehen. Mit dem Enzym als „Schere“ sei es gelungen, provirale HIV-DNA aus dem Genom infizierter Zellen komplett zu entfernen.

Immerhin, das Wort Heilung ist damit doch einmal auf der Agenda. Hatten sich Ärzte, Politiker und nicht zuletzt Positive schon auf ein Leben mit permanenter Therapie eingestellt, kommt jetzt doch ein verloren geglaubtes Ziel wieder vor Augen: Heilung.
HIV ganz aus dem Körper entfernen.
Viele glauben ja längst nicht mehr daran.

Doch auch wenn eine Heilung von HIV weiterhin noch Zukunftsmusik ist (und keinerlei Anlass zu etwaiger neuer Sorglosigkeit) – immerhin ist das Thema Heilung mal wieder auf der Agenda.

Ja, ich weiss. Viele Fragezeichen.
Solch eine aufmerksamkeitsheischende Pressemitteilung ist natürlich einem aktuell stattfindenden Kongress zu schulden.
Alles nur Petrischale. Auf den Menschen übertragbar? Bis zu einer in der Praxis anwendbaren Lösung, wenn die denn machbar ist, wird es noch viele Jahre brauchen.
Und wenn es nicht widerstreitende kommerzielle Interessen gibt.

Und – die ‚DNA-Schere‘ ist ein ganz anderes Prinzip der Intervention als bisherige Chemotherapien gegen HIV. Erstmals würde mit Biotechnologie vorgegangen werden.
Brauchen wir eine neue Debatte über den Einsatz von Gentechnik, hier gegen HIV? Über Machbarkeit und Grenzen, Ethik, Verantwortung und Risiken? Oder ist ‚jedes Mittel recht‘?

Und dann kommen da ja auch noch einige defätistische Gedanken. Wenn eine Heilung möglich wäre – was wird aus all den Aids-Hilfen? Und aus all dem homosexuellen Pharmareferentinnen? Und stürzen Positive in tiefe Sinnkrisen, wenn sie ihr HIV nicht mehr haben?
Aber mit solch despektierlichen Überlegungen warte ich wohl besser, bis es soweit ist …

Das vergessene Wort Heilung

Die Bekämpfung von Aids kann aus medizinischer Sicht sicherlich derzeit als Erfolgsgeschichte betrachtet werden. Ein Thema allerdings ist dabei nahezu völlig in Vergessenheit geraten. In Vergessenheit bei Forscher, bei Ärzten, bei Politikern, und selbst bei HIV-Positiven – das Thema „Heilung“.

30 Jahre Aids, 25 Jahre HIV, 20 Jahre ACT UP – Aids kommt langsam in die Jahre, die Jubiläen werden zahlreicher. Selbst das Aufkommen hochwirksamer Therapien gegen HIV hat sein zehnjähriges Jubiläum schon hinter sich. Nach Jahren der Angst und Kämpfe sind viele leiser, beinahe still geworden, genügsam.

Die Bekämpfung von Aids kann aus medizinischer Sicht sicherlich als Erfolgsgeschichte betrachtet werden. Nach der Entdeckung von HIV und eines kausalen Zusammenhangs mit dem Immundefekt Aids wurden schon bald wirksame Medikamente verfügbar. Die Forschung erzielte enorme Erfolge in überraschend kurzer Zeit.
Die gesamte Forschung konzentrierte sich in den folgenden Jahren auf neue, noch wirksamere Medikamente. Erst in den vergangenen Jahren konnte dank massivem politischem Druck als zweiter Forschungsschwerpunkt die Impfstoff-Forschung hinzu kommen.

Ja, die Bekämpfung von Aids war bisher eine große medizinische Erfolgsgeschichte. Heute haben HIV- Infizierte die Aussicht, vergleichsweise lange leben zu können, oft viele Jahre ein beinahe ’normales‘ Leben zu führen. Alles große Erfolge.

Erfolg – das heißt jedoch bis heute immer noch: Menschen, die mit HIV infiziert sind, müssen ein Leben lang täglich Medikamente nehmen (wenn sie denn überhaupt Zugang zu ihnen haben). Müssen mit dem Virus leben. Mit den negativen Folgen der HIV-Infektion. Und den Neben- und Folgewirkungen der Medikamente.

Wollen wir uns wirklich damit ‚zur Ruhe setzen‘?
Wollen wir uns darauf ausruhen, lebenslang Pillen nehmen zu müssen?
Pillen zudem, die dermaßen teuer sind, dass ein Großteil der Positiven der Welt sie sich nicht leisten kann?

Ist es nicht eigentlich erstaunlich, dass das Wort „Heilung“ im Zusammenhang mit Aids beinahe völlig in Vergessenheit geraten ist?
Niemand hat es mehr auf seiner Agenda, die Deutsche Aids-Hilfe nicht, Aids-Hilfen vor Ort nicht, Aktivisten nicht, und auch Positivengruppen und -Treffen nicht. Fast könnte man meinen, es gebe in Aids- Zusammenhängen kein größeres Tabu als das einer „Heilung“.

Wir selbst, Positive, aber auch Ärzte und Politiker haben uns scheinbar satt und zufrieden eingerichtet in einem Zustand der medikamentösen Therapie, einer chronischen Infektionskrankheit.

„Heilung?!! – Mensch, nun weck doch keine unrealistischen Hoffnungen. Das ist doch vom Tisch!“
Diese Reaktion kommt oft, meist, wenn das Thema „Heilung“ doch angesprochen wird.

Erinnern wir uns. Wie absurd schien es vor 30, vor 25, vor 20, selbst noch vor 15 Jahren, so wirksame Medikamente gegen Aids zu haben, dass damit ein vergleichsweise erträgliches Leben möglich ist. Therapierbarkeit von Aids – noch vor nicht allzu vielen Jahren galt dies als unvorstellbar, als absurd. Heute ist es weitgehend Realität.

Wodurch das Unvorstellbare, nämlich wirksame Medikamente doch möglich wurde? Auch dadurch, dass wir kämpften, forderten, Hoffnungen und Wut hatten. Wir hatten die Einstellung, es muss bald wirksame Medikamente geben – denn sonst sterben wir alle weg wie die Fliegen. Mit dem status quo abfinden? Niemals!

Und warum haben wir diese Einstellung heute nicht? Was hindert uns daran, auch eine ‚Heilung‘ (von HIV) zu fordern? Warum solcher Pessimismus?
Wenn wir selbst sie schon nicht anstreben, nicht auf der politischen Agenda haben – warum sollte sich dann irgend jemand sonst ernsthaft darum bemühen?

Als Positive, Aktivisten, Aids-Hilfen sollten wir uns daran erinnern, wie der heutige Therapiezustand erreicht wurde.
Dieser Therapie-Erfolg lag nicht nur an der Arbeit der forschenden Pharmaunternehmen, von Forschern, Ärzten und Kliniken. Ihm lag auch zugrunde, dass wir ihn wollten, forderten! Das wir laut und unüberhörbar dafür eintraten, auch gegenüber Politik, Forschern, Industrie. Dass wir sagten, so nicht! Es muss etwas passieren!

Wenn wir wollen, dass eine Heilung von HIV wieder auf die Agenda kommt, müssen wir also selbst dafür sorgen, dass sie dorthin kommt.
Wenn nicht wir, wer sonst?

Die satte Zufriedenheit mit dem Zustand einer mit Medikamenten therapierbaren chronischen Erkrankung ist keine Lösung auf Dauer! Was im Blick auf die Vergangenheit ein großer Erfolg ist, kann im Blick auf die Zukunft nur ein Zwischenschritt bis zum großen Ziel einer Heilung von der HIV-Infektion sein!

Niemand kann sicher sein, ob eine Heilung jemals möglich sein wird. Aber – das galt auch lange für die Möglichkeit hochgradig wirksamer und (halbwegs) verträglicher Medikamente.

Und, wenn wir selbst nicht die Heilung fordern, wenn wir selbst nicht an die Möglichkeit glauben – dann werden wir bei diesem Thema ganz sicher nicht voran kommen. Erreichen werden wir nur, was wir auch fordern.

Das Beispiel der Medikamente zeigt: es lohnt sich für seine Interessen zu kämpfen.

Sorgen wir dafür, dass neben der Entwicklung wirksamer Impfstoffe auch die Heilung der HIV-Infektion wieder auf die Agenda kommt! Fordern wir, wozu wir alles Recht haben: dass mehr dafür unternommen wird, an Möglichkeiten der Heilung der HIV-Infektion zu forschen!