China HIV : kombinierte Prävention könnte HIV-Epidemie deutlich beeinflussen

Kombinierte Prävention könnte einem mathematischen Modell zufolge einen deutlichen Einfluss auf den Verlauf der HIV-Epidemie in China haben.

China HIV : Ein Ausweiten der HIV-Tests oder der antiretroviralen Behandlung allein würde nicht genügen, um die HIV-Epidemie in China in den Griff zu bekommen. Eine ‚kombinierte Prävention‘ hingegen wäre hierzu geeignet. Dies haben Wissenschaftler mit Hilfe eines mathematischen Modells ermittelt.

Die kombinierte Prävention sollte u.a. beinhalten eine Ausweitung von HIV-Tests, zielgerichtete harm reduction – Programme für Drogengebraucher/innen, sowie breiteren Einsatz von antiretroviraler Therapie.

Das Modell betrachtete den Verlauf der HIV-Epidemie in China über einen Zeitraum von 30 Jahren. Den deutlichsten Einfluss auf den Verlauf der Epidemie hatte demzufolge die kombinierte Prävention, die biomedizinische und sozialwissenschaftliche Maßnahmen kombiniert. Mit kombinierter Prävention könnten, so die Forscher, zwischen 21% und 43% der projizierten Neuinfektionen der kommenden 30 Jahre vermieden werden.

Als ‚kombinierte Prävention‘ (combination prevention‘) wird analog zu den ‚Kombinations-Therapien‘ das Zusammenspiel eines Mixes verschiedener Präventions-Maßnahmen bezeichnet. Der Begriff wurde insbesondere auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington 2012 geprägt.

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weitere Informationen:
Li J et al. Epidemiological impact and cost-effectiveness of HIV testing, antiretroviral treatment and harm reduction programs in China. AIDS, online edition. DOI: 0.1097/QAD.0b013e3283574e54, 2012.
aidsmap 07.08.2012: Combination prevention approach could have a big impact on HIV epidemic in China
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Back on Board – Doku über Greg Louganis geplant – Trailer

‚ Back on Board ‚ lautet der Titel einer neuen Dokumentation über das Leben des vierfachen Olympia-Siegers Greg Louganis.

Mehrfacher Olympia-Sieger, fünf Weltmeister-Titel, offen schwul, offen HIV-positiv – Greg Louganis hat bereits jetzt einen beeindruckende Bilanz vorzuweisen. Nun wird sein Leben portraitiert – in der neueen Dokumentation “ Back on Board „. Unter der Regie von Cheryl Furjanic wird die Doku produziert von Will Sweeney; die Dreharbeiten haben bereits letztes Jahr begonnen. Erscheinen soll die (teilweise über Crowdfunding finanzierte) Doku 2013 – zum 25-jährigen Jubiläum von Louganis‘ spektakulärem Doppel-Erfolg.

Mit 16 gewann Gregory ‘Greg’ Efthimios Louganis seine erste olympische Medaille (Silber) – 1988 war er der erste Sportler überhaupt, dem es gelang, bei zwei aufeinander folgenden Olympischen Spielen jeweils Doppel-Olympiasieger im Turmspringen zu werden.

Bei den Olympischen Spielen 1988 ging Louganis noch nicht offen mit seiner HIV-Infektion um – der Gastgeber der Olympischen Spiele war Südkorea, ein Staat, der seinem Freund Ryan White als HIV-Positivem die Einriese verweigert hätte. 1994 teilte Luganis offiziell mit, seit 1988 von seiner HIV-Infektion zu wissen.

1988 beendete Greg Louganis seine aktive sportliche Laufbahn, arbeitet fortan als Schausspieler, Tänzer und Autor. Darüber hinaus engagierte er sich als Botschafter für die ‘gay games’ sowie im Kampf gegen Aids.

Greg Louganis war auch Vorbild für den Olympia Silbermedaillen-Gewinner Ji Wallace, der Anfang August 2012 seine HIV-Infektion öffentluich machte.

Louganis selbst hatte in einem Interview im August 2012 erzählt, er habe bei seiner HIV-Diagnose damals „nicht gedacht noch 30 Jahre alt zu werden„. Louganis, der im Alter von 28 Jahren von seiner HIV-Infektion erfuhr, ist heute 52 Jahre alt.

Cheryl Furjanic und Will Sweeney stellen den Trailer des Films vor:

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Advocate 19.08.2012: Greg Louganis Subject of New Documentary

Geldsorgen führen zu schlechter Compliance

Schwierigkeiten die Zuzahlung für Medikamente und die Fahrtkosten zum Arzt zu zahlen hängen zusammen mit Unterbrechung oder Abbruch der HIV Therapie, berichtet eine Australische Untersuchung in HIV MEDICINE.

In Australien haben 14% ihre ART wegen Geldnöten unterbrochen, 9% haben die ART aus Geldmangel ganz abgebrochen.Sowohl die Unterbrechung einer ART als auch der Therapieabbruch sind bisher gut untersucht in den ärmeren Ländern.

Ungewöhnlich an einer neuen Untersuchung für Australien ist, daß sie in einem reichen Land gemacht wurde.

Australien gehört zu den G20-Staaten und liegt im Human Development Index der UN auf Platz 2 direkt hinter Norwegen (Deutschland Platz 9).

Australien bietet eine ART für alle Einwohner an. Die Patienten müssen jedoch eine Zuzahlung aus eigener Tasche leisten. Die Kranken müssen 17% der Kosten für Medikamente selbst bezahlen. Das geht dann bis zu einer maximalen Höhe der Selbstbeteiligung von 1317 AUD ( = ca. 1.100 EURO) pro Jahr. Rentner und einkommensschwache Menschen müssen immerhin noch bis zu 336 AUD ( = ca. 280 EURO ) bezahlen.

335 HIV positive Patienten (10 % davon waren mit HCV co-infiziert) haben einen Fragebogen zwischen November 2010 und Mai 2011 zu Fragen bei Problemen mit ihrer Compliance ausgefüllt.

Insgesamt haben 19% der Patienten angegeben, daß sie Probleme mit der Zuzahlung zu den Medikamenten hatten. Zusätzlich sagten 6% der Befragten, daß sie Schwierigkeiten hatten, die Fahrtkosten zum Behandlungszentrum zu bezahlen.

14% berichteten, ihre Therapie wegen der Zuzahlung unterbrochen zu haben, und 9% erklärten diese sogar deswegen ganz abgebrochen zu haben.

Die Forscher empfehlen den behandelnden Ärzten, ihre Patienten direkt nach finanziellen Problemen im Zusammenhang mit der Zuzahlung zu befragen, um ggf. offensiv im Rahmen von bestehenden Programmen gegensteuern zu können.

Deutliche Zuzahlungen sind unter anderem auch in den USA, Kanada und der Schweiz üblich.

In jedem Fall werden genauere Untersuchungen zu diesem Problemfeld von den Verfassern angeregt.

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Fazit: Eigentlich eine naheliegende Feststellung, die man sich bei kurzem Nachdenken fast selbst denken kann. Wer grundsätzlich Probleme hat seine Medikamente zu bezahlen, wird eher zu einer Unterbrechung der ART neigen, als jemand, der keine spürbaren materiellen Einbußen durch die ART hat.

Die Zahlung von 17% des Medikamentenpreises wirkt wie ein „normaler“ Preis für die Medikamente, bis der Maximalbetrag erreicht ist. Man verschafft sich also nur Medikamente die man braucht. Aus ökonomischer Sicht spielt es eine große Rolle was der Patient zu dieser Entscheidung meint und weniger was die Ärzte hierzu sagen.

Erst wenn die Obergrenze für die Zuzahlung erreicht ist, setzt ein „Flat Rate“ Effekt ein. Ab dem Maximalbetrag von 1317 AUD macht es für den Patienten ökonomische keinen großen Unterschied mehr, ob er seine Medikamente regelmäßig in der Apotheke holt und sie dann einnimmt oder nicht.

Und hier beginnt das Dilemma.

Wenn Medikamente grundsätzlich kostenlos sind, werden davon eher zu viele als zu wenige verbraucht. Wenn der Eigenanteil zu gering ist, wirkt die Grenze eher verbrauchssteigernd nachdem die Grenze überschritten wurde, da ab jetzt alle Medikamente „kostenlos“ sind.

Die optimale Grenze müsste so liegen, daß der Patient relativ lange versucht den Konsum von Medikamenten zu beschränken, ohne das er auf notwendige Medis verzichtet.

Das Australische Modell wirkt auf mich eigentlich ganz vernünftig. Der Prozentsatz von 17% für den Eigenanteil ist spürbar, aber im Regelfall wird man diese Zuzahlung gut leisten können. Es gibt Obergrenzen, welche verhindern sollen, dass Krankheit ein eigenständiges Armutsrisiko für einen Patienten wird. Geringverdiener und häufig Kranke (wie z.B. Rentner) werden solidarisch mit einer deutlich niedrigeren Höchstgrenze entlastet. So stellt man sich als Ökonom eine gute Krankenversicherung vor.

Die private Krankenversicherung in Deutschland arbeitet seit langer Zeit recht erfolgreich mit diesem Modell des Eigenanteils und Höchstbeträgen.

Trotzdem haben wir ein nicht zu vernachlässigendes Complianceversagen bei einkommensschwachen Positiven. Das kann man auch als Gesundheitsökonom nicht gut finden. Erhebliche Folgekosten können durch dieses Complianceversagen auf das gerade von mir gelobte System zukommen, die die guten Effekte der Selbstbeteiligung aufhene und sogar ins Gegenteil verkehren können. Statt langfristig vernünftigem Ausgabeverhalten kommt es zu eine Kostenexplosion in der Zukunft.

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Quellen:

McAllister J et al. Financial stress is associated with reduced treatment adherence in HIV-infected adults in a resource-rich setting. HIV Med, online edition. DOI: 10. 1111/j.1468-1293.2012.01034.x, 2012.

New York: neues Design für geplanten Aids Memorial Park

Für den in New York geplanten Aids Memorial Park auf dem Gelände des ehemaligen St. Vincent Hospitals hat das Community Board ein modifiziertes Design verabschiedet.

Das frühere St. Vincent’s Hospital war die erste Einrichtung in New York, in der Aids-Patienten behandelt wurden. Lange Zeit stellte es sozusagen den Mittelpunkt, das Epizentrum der Aids-Epidemie in New York dar. Das Krankenhaus ging im April 2010 pleite. Das Gelände wurde an eine Entwicklungs-Firma verkauft, die hier Luxuswohnungen errichten will. Allerdings wurden die Entwickler verpflichtet, als Teil des Projekts öffentliche Räume zu entwickeln und bereit zu stellen. Hier soll der Aids Memorial Park entstehen.

Infinite Forrest - Sieger des Wettbewerbs für den New York City Aids Memorial Park (Quelle: Aids Memorial Park campaign)
Infinite Forrest (ursprünglicher Entwurf) - Sieger des Wettbewerbs für den New York City Aids Memorial Park (Quelle: Aids Memorial Park campaign)

Zunächst hatte der Entwurf ‚Infinite Forest‘ gesiegt. Der ursprüngliche Entwurf wurde jedoch vom Entwickler des Geländes (Rudin Development) abgelehnt. Die Firma wandelt das ehemalige Krankenhaus in Luxus-Wohnungen um. Der überarbeitete Entwurf sieht nun eine Art ‚lebenden Baldachin‘ über dem Park vor.

Bis Oktober könnte der Planungs-Prozeß für den Aids Memorial Park abgeschlossen sein. Ein endgültiges Budget für die Realisierung wurde allerdings noch nicht beschlossen.

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weitere Informationen:
Gay City News 20.07.2012: Community Board Approves AIDS Memorial in Greenwich Village Park
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siehe auch:
ondamaris 30.01.2012: New York: ein ‘unendlicher Wald’ als Aids-Gedenk-Park im West Village ?
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Swasiland: Rate neuer HIV-Infektionen sinkt

Die HIV-Epidemie in Swasiland könnte beginnen zu stagnieren. Darauf deuten neue Daten des ‚Swaziland HIV Incidence Measurement Survey‘ SHIMS hin. Die auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz vorgestellten Daten zeigen, dass die rate neuer HIV-Infektionen unter Erwachsenen in Swasiland von 2,66% im Jahr 2009  (UNAIDS, Erwachsene zwischen 15 und 49 Jahren) auf 2,38% (Incidence Survey, Erwachsene zwischen 18 und 49 Jahren) gesunken sei.Dies zeige, dass die HIV-Epidemie sich stabilisiert habe.

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Medical News Today 31.07.2012: Rate Of New Infection Is Beginning To Level Off In The Nation With The World’s Highest Prevalence Of HIV

Therapiefreiheit : Therapieumstellung, um Versorungs-Kosten zu senken ? Das wirft Fragen auf …

In Großbritannien wird die Zusammenstellung der antiretroviralen Therapie zukünftig auch von Kosten-Gesichtspunkten bestimmt (siehe ondamaris 29.08.2012: Einschränkung der Auswahl der ART-Medikamente – erste Untersuchung) Die vorgelegte Studie aus London zeigt ein Spannungsfeld in der Gesundheitsversorgung auf, in dem auch wir Positive uns mehr und mehr bewegen.

Auf der einen Seite sollen die Kosten von HIV-Therapien eine Akzeptanz durch die Versichertengemeinschaft behalten, und auf der anderen Seite soll gleichzeitig eine Auswahl von guten Therapien durch behandelnde Ärzte und Patienten erfolgen. Jede Anforderung für sich ist schon eine Herausforderung. Beide Ziele zusammen verfolgt, haben ein gewisses Konfliktpotential, welches einer Diskussion unter den Beteiligten bedarf.

Es ergeben sich für mich Fragestellungen aus diesem Versuch, die Kosten der Versorgung zu senken, die einer weitergehenden Diskussion bedürfen:

  • Wie wirkt sich eine solche Behandlungsvorgabe auf das Arzt – Patienten Verhältnis aus? Wird das Vertrauen in die für mich als Patienten „richtige“ Entscheidungen des Arztes gestört?

Im NHS sind die Ärzte Angestellte des NHS und damit viel leichter zu lenken als zum Beispiel ein niedergelassener Schwerpunktarzt in Deutschland. Dieses Faktum spricht für eine Belastung des Vertrauensverhältnisses. Es scheint auch so zu sein, das „aufgeklärte“ Patientengruppen wie weiße, homosexuelle Männer eher nicht einem Therapiewechsel unterzogen wurden.

Was ist mit den untersuchten 69 Fällen von „anderen“ (nicht von den Kosten getriebenen) Gründen? Waren das wirklich in allen Fällen medizinische Gründe, die für den Wechsel sprachen, oder hat man es sich einfach gemacht und einfach diese „medizinischen“ Gründe nur vorgeschoben, um eine Diskussion mit dem Patienten zu umgehen? Hier könnte nur eine zweite unabhängige Studie zu jedem Wechselfall etwas Licht ins Dunkel bringen.

  • Wenn mein Arzt mit mir offen und ehrlich die Kostenfrage anspricht und keinerlei wesentliche medizinische Gründe gegen einen Wechsel des PI zu ATV sprechen, würde ich da als verantwortungsbewusster Patient meine Zustimmung geben?

Je offener und transparenter Kostenfragen mit Patienten besprochen werden, desto besser können diese in die gesamte Therapieplanung mit eingehen (diese besteht ja nicht nur aus Kostenerwägungen). Voraussetzung für den Erfolg ist der aufgeklärte Patient (wie auch bei der rein medizinischen gemeinsamen Therapieplanung).

Hier wäre es hilfreich, wenn jeder Patient sich zusätzlich einen unabhängigen Rat von dritter Seite einholen könnte. (Der behandelnde Arzt ist ja als Angestellter des NHS nicht als gänzlich unabhängig anzusehen. – Ist der HIV-Behandler im deutschen Gesundheitssystem immer unabhängig?)

  • Ist es eine gute Idee, den Pharmafirmen durch große Abnahmemengen erhebliche Rabatte abzutrotzen?

Grundsätzlich verändert sich durch den zentralen Einkauf der Medikamente und die Erhöhung der bisherigen Menge eines bestimmten PIs die Verhandlungsposition zu Gunsten der Einkäufer (Versicherte; Steuerzahler). Der Beschaffungsprozess kann sogar in vielen Bereichen transparent geführt werden (aber nicht in allen).

Ein potentieller Kostenvorteil ist aber nur real umzusetzen, wenn man die Therapiefreiheit von Arzt und Patient einschränkt.

  • Soll man sich als HIV Positiver grundsätzlich solchen Modellen verweigern, da diese immer die Therapiefreiheit einschränken? Oder beteiligt man sich aktiv an der Entwicklung solcher Gedankenmodelle?

Eine aktive, fordernde und gestaltende Mitarbeit durch Positive (GIPA!) an solchen Überlegungen erlaubt frühzeitige, weiterreichende Einflussnahme. Diese Beteiligung kann auch zur vollständigen Ablehnung einer angedachten Kostensenkungsmöglichkeit durch die Positiven führen.

Therapiefreiheit : Einschränkung der Auswahl der ART-Medikamente – erste Untersuchung

Der ART-Wechsel von 402 Patienten in London wurde in einer kleinen Studie ausgewertet. Für London gibt es derzeit aus Kostensenkungsbemühungen eine Einschränkung in der Therapiefreiheit für Ärzte und Patienten. Es wurde untersucht, wie viele Menschen aus Kostengründen ihre ART gewechselt haben.

In London wohnen ca. 47% der HIV-Positiven Großbritanniens, die in Behandlung sind.

Die Gesundheitsversorgung ist in diesem Land sehr stark durch den nationalen Gesundheitsdienst NHS – National Health Service – geprägt. Die Kosten für den NHS werden aus Steuermitteln gedeckt und nicht wie in Deutschland durch Sozialabgaben.

Entscheidungen über eine durch den NHS festgelegte HIV-Therapieform wirken sich also ggf. erheblich auf die Kosten des Dienstes aus.

Man hat sich für London im Mai 2011 entschlossen nur aus Kostengründen eine Vorgabe für die Verwendung des Protease Inhibitors (PI) Atazanavir (ATV) an die HIV-Behandler auszugeben (siehe ondamaris 18.05.2011: London: adieu Therapiefreiheit ? ). Danach sollen, wenn im Einzelfall keine besonderen medizinischen Umstände dagegen sprechen, möglichst viele Patienten eine erste Therapie mit Atazanavir beginnen. Auch bereits laufende Therapien sollen möglichst umgestellt werden auf Atazanavir. Hiervon erwartet man im Laufe von 2 Jahren eine Einsparung von ca. 8 Millionen GBP (ca. 10 Millionen €). Erreicht wurde diese Einsparmöglichkeit durch einen höheren Einkaufsrabatt bei der Pharmafirma, die ATV herstellt.

Das ist also schon heute der Stand der Dinge im Reich der Königin von England.

Da die Briten aber auch Evaluationen und eine gewisse Transparenz lieben, hat man gleich einige Untersuchungen zu diesem Kostensenkungsversuch mit aufgelegt. Einschränkungen in der Auswahl der Medikamente aus Kostengründen gehören bei anderen Krankheitsbildern zum Alltag, waren bei HIV jedoch bisher noch nicht zur Anwendung gekommen.

Es wurde nun bei der BHIVA 2012 18th Annual Conference eine erste kleine Studie präsentiert, die die kurzfristigen Ergebnisse zu dieser Sparmaßnahme untersucht.

Betrachtet wurden die aufgetretenen 402 Fälle eines Wechsels in der Therapie zwischen April 2011 und Januar 2012 in London.

In der Olympiastadt waren 2444 Menschen in einer ART während diesem Zeitraum. Davon haben 402 Personen ihre Therapiezusammensetzung während der 9 Monate geändert – und die wurden dann genauer unter die Lupe genommen.

Übersicht Studie
Übersicht Studie

201 Patienten wechselten ihren PI–Bestandteil in der Therapie. Ein Teil wechselte von der bisherigen Einnahme von ATV weg zu einem anderen PI (21 Personen), der andere Teil (180 Personen) nahm bisher nicht ATV als PI und wäre daher für die vorgesehene Maßnahme potentiell geeignet. Es wurden dann aber nur 153 Patienten auf ATV umgestellt.

In der Untersuchung wurde unterschieden, ob diese Umstellung aus Kostengründen erfolgt ist (in 84 Fällen) oder ob andere Gründe (z.B. Unverträglichkeit des bisherigen PI) maßgeblich waren – wie in den verbleibenden 69 Fällen.

Zusätzlich wurde abgefragt, wie viele Patienten innerhalb von 3 Monaten die Einnahme von ATV wieder abgebrochen haben. In beiden Gruppen waren dies rund 15% der Patienten.

Was ist das Ergebnis der Untersuchung?

  • Der Wechsel zu ATV rein aus Kostengründen führt nicht zu einer erhöhten kurzfristigen Unverträglichkeit von ATV in dieser Gruppe gegenüber der Gruppe die ATV aus anderen (vorwiegend medizinischen) Gründen eingenommen hat. In beiden Fällen beträgt die Abbruchrate ca. 15%.
  • Die Wechsler sind überproportional häufig Schwarze und Heterosexuell. (Das führt mich zu der Vermutung, dass diese Gruppe sich leichter in einen Wechsel „hineindrängen“ lässt.)
  • Die Studienverfasser verweisen zwar auf statistische Korrekturfaktoren für diesen Effekt und behaupten daher, dass es keine Abweichungen zur Gesamtgruppe gibt; weil es sich aber um eine sehr kleine Zahl von untersuchten Fällen handelt, scheint mir hier die Statistik zu weit ausgelegt worden zu sein. Ich würde lieber nur die absoluten Fälle und ihre augenscheinliche Tendenz betrachten wollen. Dann erkennt man schnell, wer besonders häufig einen Wechsel zu ATV hin gemacht hat.
Studienergebnisse
Studienergebnisse
  • Die Studie ist nur eine kurze Momentaufnahme mit einer sehr geringen Zahl von Fällen und kann nichts aussagen über die langfristigen Effekte der Maßnahme. Es könnte immerhin sein, dass es sich aus medizinischer Sicht erweist, dass die kosteninduzierten ATV – Wechsel zu schlechteren Ergebnissen im virologischen Bereich führt.

USA: Vierer-Kombi-Pille zugelassen

Die US-Gesundheitsbehörden FDA haben am 27.08.2012 einer Vierer-Kombinations-Pille aus drei Wirkstoffen und einem Booster die Zulassung erteilt.

Die Kombi enthält die Wirkstoffe Elvitegravir uznd als Booster Cobicistat sowie Tenofovir und Emtrictabine und ist auch als ‚Quad‘ bekannt. Die Vermarktung soll in den USA vunter dem Handelsnamen „Stribild®“ erfolgen.

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POZ 27.08.2012: ‚Quad‘ Stribild Combo Tablet Approved by FDA

Essen: HIV-Positiver angeklagt

Ein 33-jähriger HIV-posituiver Mann steht seit 27.8.2012 vor dem Essener Landgericht. Ihm wird vorgeworfen, seine Partnerin mit HIV infiziert zu haben.

Der HIV-Positive bestreitet und betont, immer ein Kondom benutzt zu haben. Ein virologischzes Gutachten (Abstammungs-Untersuchung) soll nun Klarheit schaffen.

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WAZ Essen 27.08.2012: HIV-Infizierter soll Partnerin heimtückisch angesteckt haben

Haben Sie Kondom-losen Sex ? – Akltion bei den ‚Positiven Begegnungen‘ in Wolfsburg

„Haben Sie Kondom-losen Sex ?“ wurden Passanten in der Innenstadt von Wolfsburg am Samstag gefragt – im Rahmen einer Aktion von HIV-Positiven gegen die Kriminalisierung von HIV, die in der Innenstadt von Wolfsburg anlässlich der Positiven Begegnungen 2012 stattfand:

Mit vier Motiven wurde dem Anliegen Ausdruck gegeben:

  • Sex mit mir kann nicht strafbar sein !
  • Ich benutze seit 7 Jahren kein Kondom mehr
  • Ohne Kondom? Machen wir doch alle mal …
  • Ich bin nicht kriminell !

Fotos: Stephan Gellrich
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Deutsche AIDS-Hilfe: „ Positive Begegnungen “ gegen Diskriminierung

In Wolfsburg beginnt am Donnerstag unter dem Titel „ Positive Begegnungen “ Europas größte Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV.

Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Aygül Özkan begrüßt bei der Eröffnung am Nachmittag rund 350 Menschen mit HIV, Angehörige und andere Menschen, die HIV-Positiven nahe stehen.

Von medizinischen Fragen über das Outing am Arbeitsplatz bis hin zu Diskriminierungserfahrungen: Die Konferenz dreht sich um alle Aspekte des Lebens mit HIV. „Positive Begegnungen“ sind dabei nicht nur für die Teilnehmenden möglich, sondern für alle Interessierten. Die Konferenz will die Öffentlichkeit über die gravierenden Veränderungen des Lebens mit HIV durch die heute verfügbaren Medikamente informieren und Ausgrenzung entgegenwirken.

„Die größten Schwierigkeiten entstehen heute oft nicht durch die Infektion selbst, sondern durch Diskriminierung“, sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. „Zugrunde liegen falsche Vorstellungen vom Leben mit HIV und irrationale Infektionsängste. Ängste kann man abbauen, indem man sich ihnen stellt, und falsche Vorstellungen lassen sich auflösen, indem man ihnen Realität entgegensetzt. In Wolfsburg geben wir dem Leben mit HIV viele Gesichter – und laden die Öffentlichkeit ein, hinzuschauen und zuzuhören.“

Zum Beispiel das Thema HIV am Arbeitsplatz: Viele Arbeitgeber halten Menschen mit HIV nicht für leistungsfähig, oft erleben HIV-Positive außerdem Tratsch, Mobbing oder sogar ihre Kündigung. In einem Workshop der „ Positiven Begegnungen “ berichten ein Unternehmensberater und ein VW-Mitarbeiter vom Umgang mit ihrer Infektion am Arbeitsplatz. Eine Podiumsdiskussion beschäftigt sich mit der Frage, was ein positiver HIV-Test im Job bedeuten kann.

Diese und viele weitere Programmpunkte der Konferenz, darunter auch die Eröffnung, sind offen für alle Interessierten und die Medien (eine vollständige Liste finden Sie hier).

Am Samstag findet in der Wolfsburger Fußgängerzone eine Demonstration gegen Diskriminierung und eine publikumswirksame Aktion gegen die Strafbarkeit der (potenziellen) HIV-Übertragung statt.

Die Strafbarkeit ist ein weiteres Schwerpunktthema der Konferenz. Oft wird angenommen, strafrechtliche Sanktionen verhinderten HIV-Infektionen, seien also ein geeignetes Mittel der Prävention. Auch dies ist ein Irrtum: „Faktisch fördert die Kriminalisierung die Verbreitung von HIV. Sie trägt damit zur Tabuisierung von HIV bei und suggeriert, die Verantwortung für Schutz liege vor allem bei den HIV-Positiven. Das gräbt der erfolgreichen Präventionsbotschaft, dass wir alle selbst Verantwortung übernehmen müssen, das Wasser ab“, erklärt DAH-Vorstand Carsten Schatz.

Anlässlich der Konferenz hat die Deutsche AIDS-Hilfe am Mittwoch in Wolfsburg außerdem ihre Interview-Studie „positive stimmen“ vorgestellt, bei der HIV-Positive andere HIV-Positive nach ihren Diskriminierungserfahrungen befragt haben.

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(Pressemitteilung DAH)

Deutsche AIDS-Hilfe veröffentlicht erstmals Daten zu Diskriminierung von Menschen mit HIV

Zum ersten Mal liegen aussagekräftige Daten zur Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV in Deutschland vor.

Anlässlich ihrer Konferenz „Positive Begegnungen“, die am Donnerstag in Wolfsburg beginnt, hat die Deutsche AIDS-Hilfe am Mittwochvormittag bei einer Pressekonferenz in Wolfsburg die Ergebnisse ihrer Studie „positive stimmen“ vorgestellt.

„positive stimmen“ ist die deutsche Umsetzung des internationalen Projekts „The People living with HIV Stigma Index“, das unter anderem von der HIV/Aids-Organisation der Vereinten Nationen, UNAIDS, und dem Globalen Netzwerk von Menschen mit HIV, GNP+, getragen wird. Das Prinzip: HIV-Positive befragen HIV-Positive. So werden in dieser Studie nicht nur Stigmatisierung und Diskriminierung sichtbar, sondern gleichzeitig können sich alle Beteiligten mit ihrer Situation auseinandersetzen und Wege zum Umgang damit entwickeln. Forschung und Ermutigung, Hilfe zur Selbsthilfe gehen Hand in Hand.

In Deutschland fanden 1.148 Interviews statt. Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:

• Knapp 77% der Befragten hatten im Jahr vor der Befragung Diskriminierung erlebt – von Tratsch über Beleidigungen bis hin zu tätlichen Angriffen.

• Rund 20% der Befragten wurde im Jahr vor der Befragung aufgrund von HIV eine medizinische Behandlung verweigert (zum Beispiel beim Zahnarzt).

• Es verloren mehr Leute ihren Job aufgrund von Diskriminierung als aus gesundheitlichen Gründen. Kündigungen hatten in 84% der Fälle mit Diskriminierung zu tun.

• 30% der Befragten haben sich von ihrer Familie zurückgezogen. Bei denen, die zuvor bereits Ausschlusserfahrungen in der Familie machen mussten, waren es sogar 66%.

• Stigmatisierung und Diskriminierung werden verinnerlicht: 42% berichteten, sie hätten im Jahr vor der Befragung aufgrund von HIV ein niedriges Selbstwertgefühl gehabt.

• Die gute Nachricht: 29% der Befragten gehen gegenüber ihrem Arbeitgeber offen mit ihrer Infektion um – mehr als meist vermutet. 61% tun dies allerdings nicht, viele davon aus Angst vor Benachteiligung. (Rest zu 100 Prozent: Mischformen).

• 74% der Arbeitgeber reagierten auf das Coming-out HIV-Positiver unterstützend oder neutral, 26% diskriminierend.

Dazu sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:

„Die in der Befragung deutlich gewordene Diskriminierung im Alltag ist nicht überraschend, aber völlig inakzeptabel. Unser Ziel bleibt eine Gesellschaft ohne Diskriminierung. Die Politik und die gesamte Gesellschaft sind aufgerufen, sich dafür einzusetzen. Die Bundesregierung muss HIV-Positive und chronisch Kranke endlich ausdrücklich unter den Schutz des Allgemeinen Gesetzes zur Gleichbehandlung (AGG) stellen. Arbeitgeber und Berufsverbände sind aufgefordert klarzustellen, dass HIV kein Hinderungsgrund ist, wenn es um die Ausübung des Berufes geht. Und nicht zuletzt kann sich jeder einzelne Mensch fragen, wo sein eigenes Denken und Handeln von Vorurteilen und Ängsten geprägt ist. Informationen und realistische Bilder vom Leben mit HIV sind die besten Mittel, damit umzugehen. Diskriminierung ist heilbar!“

Die Befragung selbst geht hier mit gutem Beispiel voran. So sagt Teilnehmer Manni im Interview: „,positive stimmen’ ist sicher auch ein Stück auf dem Weg zu mehr Offenheit im Umgang mit HIV!“

Markus Schmidt vom Projektbeirat und selbst HIV-positiv: „Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt, um dem Leben mit HIV aktuelle Gesichter zu geben.“

Und Michael Jähme, ebenfalls vom Projektbeirat und HIV-positiv: „Das Leben mit HIV ist ganz anders, als die meisten sich das vorstellen. HIV-Positive dürfen sich stark fühlen, sie dürfen sich empören und fordern, dass es nicht in Ordnung ist, sie zu benachteiligen.“

Ausführliche Dokumentation der Ergebnisse (PDF)

Mehr Informationen zu den „Positiven Begegnungen“ in Wolfsburg (Die Ergebnisse der Befragung werden bei der Konferenz in vielen Veranstaltungen diskutiert.)

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(Pressemitteilung Deutsche Aids-Hilfe)

Yale: spielerische HIV-Prävention auf dem iPad

Forscher der Yale Universität (USA) entwickeln derzeit eine App für das Tablet iPad ®, ein Spiel mit dem Ziel der HIV-Prävention.

Das Spiel soll sich besonders an junge Farbige wenden, die ein erhöhtes HIV-Infektionsrisiko haben. In dem Spiel sollen die teilnehmer mit unterschiedlichen Avataren welten druchstreifen und verschiedene Entscheidungen zu treffen haben. Diese wirken sich auf ihre zukünftigen Chancen aus. Die Teilnehemr können jederzeit „in der Zeit zurück reisen“ und ihre Entscheidungen revidieren, um ihre Chancen zu erhöhen. Die Forscher versprechen sich hiervon Lerneffekte, die auch der individuellen Gesundheit zugute kommen.

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Yale News 08.08.2012: Yale developing iPad video game to prevent HIV infection among youth

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Hepatitis C : neue Richtlinie empfiehlt in den USA Test für alle Jahrgänge von 1945 bis 1965

Hepatitis C Test einmalig für alle geburtenstarken Jahrgänge von 1945 bis 1965 (‚Babyboomer‘) – so lautet neuerdings die Empfehlung der US-Gesundheitsbehörden CDC Centers for Disease Control. Grundlage sind Untersuchungen die zeigen, dass in diesen Jahrgängen die Häufigkeit von Hepatitis C Infektionen höher ist als bisher vermutet.

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Smith BD et al. Hepatitis C virus testing for persons born during 1945 to 1965: recommendations from the Centers for Disease Control and Prevention. Ann Intern Med, 157, online edition, 2012
Smith BD et al. Recommendations for the identification of chronic hepatitis C virus infection among persons born during 1945-1965. MMWR, 61:4, 2012 (click here for a free copy).

POZ 16.08.2012: CDC Officially Recommends One-Time Hep C Tests for All Baby Boomers
aidsmap 21.08.2012: New US guidelines recommend hepatitis C test for everyone born between 1945 and 1965

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DRUCK-Studie: Ergebnisse der Pilot-Studie zu HIV und Hepatitiden bei Drogengebrauchern

Über die “ DRUCK-Studie – Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland: Ergebnisse der Pilotierung eines Sero- und Verhaltenssurveys bei i. v. Drogengebrauchern“ berichtet das Robert-Koch-Institut in der aktuellen Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins.

Die DRUCK-Studie hat folgenden Ansatz:

„Um die Verbreitung von HBV, HCV und HIV bei intravenös injizierenden Drogengebrauchern (IVD) sowie deren Verhalten, Einstellungen und Wissen zu diesen Infektionskrankheiten in Städten mit größerer Drogenszene besser kennen zu lernen und zu erfassen, hat das RKI die DRUCK-Studie (Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland) initiiert. Die Ergebnisse sollen in gezielte Präventionsempfehlungen zum Schutz vor HIV und Hepatitiden bei IVD einfließen.“

Die Ergebnisse der Pilotstudie fasst das RKI zusammen:

„Die DRUCK-Studie des Robert Koch-Instituts, ein Infektions- und Verhaltenssurvey zu HIV, Hepatitis B und Hepatitis C bei Drogen injizierenden Menschen, wurde im Jahr 2011 in Berlin und Essen pilotiert. Erste Ergebnisse belegen die Machbarkeit einer solchen Studie und ergaben neben hohen Seroprävalenzen von HIV und Hepatitis C in Berlin und Essen einen höheren Anteil HCV-Positiver in höherem Lebensalter, bei längerem Drogenkonsum, nach Inhaftierung und i. v. Drogenkonsum in Haft. Eine überregionale Studie in mehreren Städten ist in Planung. Die Ergebnisse sollen in gezielte Präventionsempfehlungen zum Schutz vor HIV und Hepati tiden bei i.v. Drogengebrauchern einfließen.“

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Robert-Koch-Institut: Infektionskrankheiten bei IVD: Ergebnisse der DRUCK-Studie des RKI – ein Infektions- und Verhaltenssurvey
in: Epidemiologisches Bulletin 33/2012 (pdf)