Einreiseverbote und -beschränkungen sind traurige Realität für viele Menschen mit HIV und Aids, in vielen Staaten. Leider auch in einigen EU-Mitgliedsstaaten.
„Nein, mit HIV dürfen Sie hier nicht einreisen!“ – so heißt übersetzt z.B. das Problem „Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV und Aids“. Oftmals reicht, wenn die eigene Infektion nicht auf einem Einreiseformular oder Visumantrag angegeben wurde, ein Blick in den Koffer. Ach, und diese Medikamente? Ertappt …
Oder der strenge Blick des Beamten am Einreise-Schalter, hoffentlich sind die hier nicht darauf dressiert, Positive am Aussehen (z.B. der Liopatrophie, dem Fettverlust im Gesicht …) zu erkennen.
Schon mehr als einmal wurden Positive an der Einreise gehindert, saßen schneller als gedacht im nächsten Flugzeug zurück in die Heimat.
Noch gravierender und umfangreicher als für Tourtisten sind die Einreiseprobleme und -beschränkungen für Menschen, die sich länger in einem Land aufhalten wollen – bei über dreimonatigen Aufenthalten werden selbst zahlreiche Staaten restriktiv, die bei touristischen Aufenthalten keine Einschränkungen haben.
Die Vereinten Nationen haben Anfang des Jahres eine internationale Arbeitsgruppe „Task Force Travel Restrictions“ ins Leben gerufen, die sich mit Einreisebeschränkungen für HIV-Positive beschäftigt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon betonte vor der UNGASS Generalversammlung die Notwendigkeit einer Reisefreiheit für Positive, EU-Parlamentarier forderten ein Ende von HIV-begründeten Einreiseverboten.
Bei Einreiseverboten und -beschränkungen für HIV-Positive denkt man vermutlich zunächst an die USA, an China, vielleicht an Russland, an einige andere der ‚üblichen Verdächtigen‘.
Doch bei aller Kritik an Staaten wie China, Russland und besonders den USA wird leicht eine Frage vergessen: wie sieht es in unserer unmittelbaren Nachbarschaft aus? Wie steht’s um das Reisen mit HIV bei unseren EU-Nachbarn?
Für viele der EU-Mitgliedsstaaten weist die Datenbank der informativen Site www.hivtravel.org den erfreulichen Eintrag auf „no restrictions„:
Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Finnland, Großbritannien & Gibraltar, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich (fragliche mögliche Probleme), Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei (fragliche Beschränkungen), Slowenien (fragliche Beschränkungen), Tschechien.
Für andere EU-Mitgliedsstaaten hingegen vermerkt die Datenbank „restrictions„:
– So in Spanien, wo Ausländer die sich im Land niederlassen wollen (nicht kurzzeitige Besuche, Touristen) eine medizinische Bescheinigung vorlegen müssen, dass sie keine Infektionskrankheiten haben.
– In Polen ist für längere Aufenthalte ebenfalls ein HIV-Test erforderlich.
– Griechenland verlangt bei Aufenthalten von mehr als drei Monaten einen HIV-Test, sowie für Auslands-Griechen, die in Griechenland arbeiten wollen.
– Zypern verlangt bei längerfristigen Aufenthalten für Arbeit oder Studium eine Bescheinigung, dass weder HIV-Infektion, Syphilis noch Hepatitis B oder C vorliegen.
Mit gravierenden Einschränkungen ist in zwei EU-Mitgliedsstaaten zu rechnen:
– in Ungarn muss jeder einen HIV-Test vorlegen, der sich länger als ein Jahr im Land aufhalten möchte. Arbeitgeber können zudem von ihren Mitarbeitern HIV-Tests verlangen.
– in Bulgarien muss der eigene HIV-Status vor der Einreise erklärt werden, wenn der Aufenthalt länger als 30 Tage (nach anderen Quellen 90 Tage) dauert. Antiretrovirale Therapie kann für den Eigenbedarf importiert werden, eine ärztliche Bescheinigung ist erforderlich.
In beiden Ländern gilt: bei wem eine HIV-Infektion festgestellt wird, der wird abgeschoben.
Hinsichtlich HIV-Einreisebeschränkungen unproblematisch stellt sich die Situation hingegen in den drei EU-Beitrittskandidaten dar: Kroatien (keine Einschränkungen), Mazedonien (keine Einschränkungen; noch keine EU-Beitrittsverhandlungen), Türkei (keine Einschränkungen).
Nebenbei, auch Deutschland fällt in die Kategorie „Einschränkungen möglich“, mit dem Hinweis „restrictions possible – Bavaria“ – in Bayern kann von Ausländern (nicht EU-Bürgern und Bürgern der Schweiz), die sich für mehr als 180 Tage aufhalten wollen, ein HIV Test verlangt werden.
(Meldung Tagesschau von 2002; ein Erfahrungsbericht eines Studenten und DAAD-Preisträgers hier).
[alle Angaben gemäß Recherchen auf www.hivtravel.org im September 2008]
Die Einreise- und Aufenthalts-Beschränkungen für Menschen mit HIV und Aids, die in Ungarn und Bulgarien derzeit gültig sind, scheinen mit dem Grundverständnis der EU kaum vereinbar. Es ist erstaunlich, dass die EU hier keinen Druck auf ihre Mitglieder ausübt, zu einer deutlicheren Angleichung zu kommen.
Es ist darüber hinaus erstaunlich und befremdlich, wie viele EU-Mitgliedsstaaten zumindest für Aufenthalte über drei Monate hinaus für nicht-EU-Bürger Einreisebeschränkungen oder -verbote für Menschen mit HIV vorsehen.
Allerdings muss Deutschland sich ‚an die eigene Nase fassen‘ – dass in Bayern immer noch Sonderregelungen bestehen, ist eine äußerst schwer erträgliche Situation.
Die Bestimmungen zu Einreise oder Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV und Aids sagen andererseits nichts darüber aus, wie die konkreten Lebenssituation für HIV-Infizierte jeweils ist. Hier dürften sich auch zwischen den EU-Staaten bei genauerem Hinsehen noch gravierende Unterschiede zeigen.
Nebenbei, 2010 findet in Wien die 18. Welt-Aids-Konferenz statt. Und zwei EU-‚Kollegen‘, einer davon direkter Nachbar, haben Einreiseverbote für Positive? …