Österreich: Warnung vor HIV-Heimtests

Das Österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen warnt vor diesen In-vitro-Diagnostika, da sie eine eine HIV-Infektion nicht verlässlich nachweisen oder ausschließen können: HIV Heimtest, AIDS Schnelltest (Blut), HIV Heimtest, AIDS Schnelltest (Urin)

Die beiden Heimtests wurden in Österreich und in der lik in Verkehr gebracht und sind für die Anwendung durch medizinische Laien bestimmt. Sie werden vor allem über das Internet vertrieben.

Diese In-vitro-Diagnostika können eine HIV-Infektion nicht belegbar mit der geforderten Verlässlichkeit nachweisen oder ausschließen. So können falsch negative Diagnosen zu weiteren HIV-Infektionen und positive Diagnosen ohne ärztliche Betreuung zu unüberlegten Reaktionen der Anwender führen.

HIV Bluttest 2010 (Foto: basg.at)
HIV Bluttest 2010 (Foto: basg.at)

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) / AGES PharmMed empfiehlt daher dringend, die Medizinprodukte „HIV Heimtest, AIDS Schnelltest (Blut)“ und „HIV Heimtest, AIDS Schnelltest (Urin)“, nicht zu verwenden.

(Quelle: AGES PharmMed / Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen)

siehe auch:
ggg.at 03.08.2010: Bundesamt warnt vor HIV-Schnelltests – „Können Infektion nicht verlässlich nachweisen oder ausschließen“
.

HIV-positives Kind von Aids-Leugnern wird gegen Willen der Eltern behandelt (akt.2)

Österreich: ein elf Monate altes lebensgefährlich erkranktes HIV-positives Mädchen wird in der Steiermark behandelt – auf Anweisung der Behörden, gegen den Willen der Eltern

Elf Monate alt ist Muriel, das junge Mädchen, das kurz vor Weihnachten in der Grazer Kinderklinik im LKH liegt. Es wurde mit einer Lungenentzündung eingeliefert, in lebensbedrohlichem Zustand.

Das junge Mädchen ist HIV-positiv, genau wie beide Eltern. Die HIV-Infektion des Kindes wurde erst bei der Einlieferung am 22.12.2009 wegen der Lungenentzündung festgestellt. Die Ärzte der Grazer Kinderklinik vermuten, das Kind habe sich beim Stillen infiziert. Bereits im Sommer 2009 wurde das Mädchen im Grazer Kinderkrankenhaus behandelt, durfte nach einer Verbesserung seiner Gesundheitssituation mit Genehmigung der Behörden zurück zu seinen Eltern.

Die Eltern des Kindes verweigern ihre Zustimmung zur Behandlung des Kindes. In der Boulevard-Presse wird der Vater des Kindes zitiert mit der Ansicht „Aids gibt es gar nicht“. Aids sei nur eine Allergie, und erst die Medikamente würden ihr Kind krank machen, so ihre Ansicht. Sie sollen, so der ORF, Anhänger eines bekannten „Wunderheilers“ sein. Aids sei „nichts Anderes als eine Allergie nach einer traumatischen Erfahrung mit Geschlechtssekret“: auf ihrer Internetseite heißt es „‚HIV-positiv‘ ist nichts anderes als ein Allergienachweis auf das männliche Smegma“. Schulmedizinische Behandlungen seien nicht zielführend.

Die Eltern verweigerten jetzt ihre Zustimmung zur Behandlung der Lungenentzündung und der HIV-Infektion ihres Kindes, auch auf intensives Bitten der behandelnden Ärzte. Die Lungenentzündung, eine bei schwerem Immundefekt auftretende PcP (Pneumocystis carinii Pneumonie), ist lebensbedrohlich. Die zuständigen Grazer Behörden entschlossen sich daraufhin, die Ärzte zur Behandlung des Kindes anzuweisen – gegen den Willen der Eltern. Zuvor hatte der zuständige Bezirkshauptmann die Obsorge für Behandlung und Unterbringung des Kindes beantragt und zugewiesen bekommen.

Die Eltern verweigerten dem ORF eine Stellungnahme.  Auf ihrer eigenen Internetseite sprechen sie wegen der Zwangsbehandlung ihres Kindes von „Verbrechen gegen die Menschheit“. Sie erstatteten Anzeige gegen die Ärzte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen die Eltern wegen Verdachts der schweren Körperverletzung und der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten.

Nachtrag 27.01.2009:
Nach Stabilisierung des Besundheitszustands des Mädchens wurde dies von den zuständigen Behörden Presseberichten zufolge „in die Obsorge einer Jugendwohlfahrtseinrichtung übergeben“.

Eine ‚klassische‘ Frage, die wie weit das Fremd-Bestimmungs-Recht der Eltern über ein Kind, reicht. Und doch – weit mehr als eine klassische Frage.

Es ist die immer wieder kehrende Frage, wie mit Aids-Leugnern umzugehen ist – und den Konsequenzen ihres Tuns. Wohin Negierung von HIV und Aids, oder Leugnen der positiven Wirkungen der antiretroviralen Therapien führen, hat jahrelang die jüngst verstorbene ehemalige südafrikanische Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang gezeigt.

Es ist bitter, im eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis zu erleben, wie Menschen ihre Gesundheit ruinieren, schließlich ihr Leben auf’s Spiel setzen – im Glauben an die fatalen Gedanken mancher Aids-Leugner.

Solange jemand die Entscheidung, diesen Gedanken anzuhängen, wirksame Therapien nicht zu nutzen, für sich persönlich trifft, ist diese Entscheidung, wenn sie informiert und bewusst getroffen wird, letztlich zu akzeptieren respektieren. Aber – geht diese persönliche Freiheit auch so weit, um der wahren Lehre willen das Leben einer anderen Person, eines Kindes zu riskieren?

weitere Informationen:
der standard 08.01.2010: „Aids gibt es gar nicht“
kleine zeitung 08.01.2010: Familientragödie rund um schwer krankes Kind
ORF 09.01.2010: Aids: Kind wird gegen Elternwillen behandelt
oe24 09.10.2010: Baby mit Aids zwangsbehandelt
Kurier 09.01.2010: In den Fängen eines „Heilers“
oe24 09.01.2010: Drama um zwangsbehandeltes HIV-Baby
Die Presse 11.10.2010: Zweiter „Fall Olivia“?: Wenn der Staat zum „Vater“ wird
Krone 27.01.2010: HIV-infiziertes Mädchen kommt in Pflegefamilie
.

Nachtrag 06.07.2010: „Mutter infizierte Baby mit HIV: Verurteilt„, berichtet der ORF über den Ausgang des Verfahrens.

Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien

Auch in Österreich wurden im Nationalsozialismus Homosexuelle verfolgt – und bisher immer noch nicht entschädigt. Ein in Deutschland weniger bekanntes Kapitel der Geschichte der Homosexuellen-Verfolgung.

Im Rahmen des EuroPride 2001 veranstaltete die HOSI Wien eine Ausstellung zur Verfolgung der Homosexuellen in Wien in der NS-Zeit unter dem Titel „Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938 – 1945“.

Aus dem Leben - Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938 - 1945
Aus dem Leben - Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938 - 1945

© Plakat: HOSI Wien

Aus dem Vorwort zur Ausstellung: „Die Ausstellung zeigte die Verfolgung anhand von offiziellen und privaten Dokumenten, die auf und in 14 rosa Säulen präsentiert wurden. Außen wurden „typische“ Dokumente behördlicher Verfolgung reproduziert: u. a. Strafanzeigen der Polizei, Hausdurchsuchungs-berichte, Aktenstücke aus Gerichtsverfahren, lapidare Meldungen über die Aberkennung des akademischen Grads, den Selbstmord eines Verhafteten, den Tod an der Front im Zuge der sogenannten „Frontbewährung“, die Überstellung in ein KZ, die Überweisung in ein Wiener Spital zur „freiwilligen“ Kastration und schließlich auch ein Dokument aus der Nachkriegszeit: der Widerruf der Anspruchsberechtigung nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) durch das Sozialministerium, als es herausfand, daß der Betreffende nicht den roten Winkel der politisch Verfolgten, sondern den rosa Winkel der Homosexuellen trug.“ (ausführliche Einleitung zur Ausstellung als pdf hier)

Schon vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung kam es zu einem Anschlag: elf der vierzehn massiven Ausstellungssäulen wurden aus ihren Verankerungen gerissen. Die Ausstellung wurde dennoch eröffnet. Der Anschlag ist aif der Siet (s.u.) ebenfalls dokumentiert.

„Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938 – 1945“ – die Ausstellung kann online betrachtet werden auf www.ausdemleben.at. Die Site bietet unter dem Punkt ‚Hintergrund‘ zahlreiche interessante längere Texte zum Download an.

Benimmregeln und Verwirrung

In Deutschland sowie der Schweiz scheinen sich spannende Weiter-Entwicklungen der HIV-Präventionskampagnen insbesondere für schwule Männer abzuzeichnen. „Prävention neu“ – Verantwortung, differenziertere Information, Situationsbezug und Risikomanagement, Prävention könnte mehr sein als „Kondome Kondome Kondome“ …

Ganz anders hingegen in Österreich. Hier scheinen die Uhren anders zu ticken. Zumindest in Sachen HIV-Prävention bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM).

Denn Vertreter österreichischer Aids-Hilfen kommentieren die Änderungen, die sich in Deutschland abzeichnen, äußerst – nun ja, pointiert wäre wohl eine höfliche Beschreibung dafür:

„Dahinter [hinter dem was sie als ‚Prävention neu‘ bezeichnen; d.Verf.] verbirgt sich eine gefährliche Abkehr von der Kondomempfehlung und die Erfolge der HIV-bezogenen Gesundheitsförderung werden gefährdet.“

A-ha. Zwar will niemand von der Kondom-Empfehlung abkehren, dieser hingegen weitere Empfehlungen an die Seite stellen. Aber nun denn, wir lesen weiter. Worum geht es denn?

„Durch die verbesserten Perspektiven in der Therapie darf es aber keineswegs zu einer Verwässerung der Safer-Sex-Botschaften kommen.“

Denn

„… ein sogenanntes Risikomanagement ohne konsequente Kondomempfehlung für schwule Männer [ist] eine Mogelpackung mit schweren Nebenwirkungen.“

Und, die Schwulen, na die sollen sich mal ja keine Hoffnungen machen …

„Etwaige Erwartungen in der schwulen Szene, dass im Kontext der Therapiemöglichkeiten die ‚Krise vorbei sei‘ und somit wieder eine Sexualität ohne Habitus der ‚Kontrolle‘ (sprich: Kondomanwendung) möglich sein könnte, müssen im Sinne der realistischen Verantwortung enttäuscht werden.“

Nun denn. Und was heißt das?

„Die Diskussion um eine ’neue Prävention‘ in Deutschland ist deshalb so unglaubwürdig, da sie sich nur scheinbar auf die Evidenz aus der Forschung bezieht, und die Schlußfolgerung‘ es muss nicht immer ein Kondom sein‘ plump und letztlich recht ungeniert referiert wird.“

(Alle Zitate bisher: Frank M. Amort: Prävention anders? – Die Erosion der Safer-Sex-Botschaft. in: PlusMinus, Magazin der Österreichischen Aidshilfen, Ausgabe 04/2007)

Nun, Herr Amort hat uns für’s erste einmal zur genüge aufgeklärt.
Aber – nein, das reicht noch nicht. Jetzt kommt noch Frau Fleck. Und die erklärt uns, wo es denn hin gehen soll:

„Dass man Kondome verwenden soll, darüber herrscht weitgehend Konsens. Diejenigen, die glauben, in einer entsprechenden Situation davon keinen Gebrauch machen zu müssen, wissen in diesem Moment wohl auch, dass sie diese Regel verletzen. In der Präventionsarbeit kann es also nur darum gehen, das normative Bewußtsein ‚Verwende Kondome!‘ zu stärken, um den Anteil derer, die in entsprechenden Risikosituationen davon keinen Gebrauch machen, zu reduzieren.“

Und weiter:

„Man sollte nicht übersehen, dass eine allzu liberale Haltung gegenüber risikoreichen Verhaltensweisen Auswirkungen auf die Präventionsarbeit mit allen Gruppen haben kann.“

Und deswegen …

„Benimm-Regeln haben es an sich, dass sie nur dann funktionieren, wenn sie als allgemein gültig betrachtet werden.“ Und „Schwierigkeiten von Einzelpersonen mit diesen Regeln sind Thema für Einzelberatungen. Wenn sie für eine ganze Zielgruppe verallgemeinernd diskutiert werden, stiftet das nur Verwirrung.“

Die Frage, was denn geschehen sollte, wenn diese erfolgreich vereinzelten und isolierten Benimmregelverweigerer uneinsichtig bleiben sollten, beantwortet uns Frau Fleck leider (noch?) nicht …

(Diese letzten Zitate: Lola Fleck: Prävention anders: Normen und Verhaltensweisen. in: PlusMinus, Magazin der Österreichischen Aidshilfen, Ausgabe 04/2007)

Nun sind Herr Amort und Frau Fleck nicht irgendwer, nicht von der katholischen Kirche und nicht von evangelikalen Sekten. Nicht aus der Vergangenheit, sondern schreiben das heute. Für Menschen von heute, für eine heutige Aids-Prävention.

Herr Amort ist Leiter der Präventionsabteilung der Aids Hilfe Wien, und Frau Fleck Leiterin der Steirischen Aids-Hilfe. Ihre Gedanken haben sie im offiziellen ‚Informationsmagazin der AIDS-Hilfen Österreichs‘ (PlusMinus, Ausgabe 04/2007, als pdf hier) zur Kenntnis gebracht.
In Reaktion auf Gedanken, die sich Menschen in Deutschland (wie auch in der Schweiz) über die Weiterentwicklung der Aids-Prävention machen. Gedanken, die sich z.B. mit dem HIV-Infektionsrisiko unter erfolgreicher Therapie beschäftigen oder mit der Abkehr von Patentrezepten, Mythen und Fehleinschätzungen.

Es gibt ganz offensichtlich Uhren, die anders gehen, und Gedanken, die nur Verwirrung stiften. Deswegen sollen sie möglichst auch gar nicht gedacht werden. Auch in der Aids-Arbeit und HIV-Prävention. Zumindest wenn es nach einigen unserer österreichischen Nachbarn geht.
Für mich klingt da erschreckend viel nach new gay right und schwulem Konservatismus.
Wenn man sich die Gedanken aus Österreich einmal etwas länger durch den Kopf gehen lässt, kann man wahlweise erschrecken oder amüsiert den Kopf schütteln. Die Konsequenzen für die Menschen in Österreich (insbesondere MSM) hingegen scheinen mir äußerst fragwürdig …

Strafrecht gegen unsafen Sex – ein Blick über die Grenzen

Die Bundesregierung lässt untersuchen, wie andere EU-Staaten mit strafrechtlichen Maßnahmen gegen HIV-Übertragung vorgehen. Ein Blick über die Grenzen öffnet erschreckende Perspektiven.

Marion Caspers-Merk (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundes- Gesundheitsministerium, bestätigte Presseberichten zufolge gegenüber dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck auf Nachfrage, in einem derzeit laufenden Forschungs- Vorhaben werde untersucht, welche Erfahrungen andere EU-Staaten mit strafrechtlichen Maßnahmen gegen Aids allgemein sowie speziell der Anbahnung von Bareback- Sex im Internet gemacht haben.
„Wenn die Ergebnisse vorliegen, werden wir über weitere Maßnahmen sprechen“, so Caspers-Merk. Alles, was „erwiesenermaßen nutzt, werde umgesetzt“, kündigte sie an.

Caspers-Merks Ankündigung passt gut in den Kontext der jüngsten Bundestagsdebatten zu Aids, insbesondere auch dem ‚Spahn-Antrag‚, der ebenfalls auf strafrechtliche Maßnahmen gegen Bareback zielte und hier insbesondere die Erfahrungen von Österreich (EU- Mitglied) und der Schweiz (nicht EU-Mitglied) ansprach. Im (am 23. März im Bundestag beschlossenen) ‚Spahn-Antrag‚ wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Erfahrungen Österreichs und der Schweiz mit Strafrechts- Verschärfungen auf eine Übertragbarkeit auf Deutschland zu untersuchen.

Wie sieht die Situation in diesen beiden Ländern aus?

Österreich:
§ 178 und § 179 StGB behandeln die vorsätzliche bzw. fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Für eine Strafbarkeit genügt, dass eine Infektion durch eine Handlung möglich gemacht wird (Infektion nicht erforderlich für Strafbarkeit). Nach österreichischer Rechtsprechung liegt Fahrlässigkeit bereits dann vor, wenn ein Betroffener zwar nichts von seiner Infektion weiß, aus den konkreten Umständen aber Kenntnis davon erlangt haben müsste.
Bisher fanden circa knapp 40 Verfahren statt, ca. 30 Personen wurden verurteilt.
Die Einschätzung, Bareback sei per se etwas ganz Gefährliches, wird auch von den österreichischen Aidshilfen in der Öffentlichkeit geteilt. Die Aidshilfe würde sich bemühen, Bareback-Veranstaltungen zu verhindern, wenn dies nicht erfolgreich sei auch mit rechtlichen Schritten, so ein Vertreter der Aidshilfe Wien.

Schweiz:
Art. 231 StGB (Verbreiten einer gefährlichen menschlichen Krankheit) – Strafbarkeit selbst dann, wenn die (bis dato nicht infizierte) Person zugestimmt hat, allerdings muss Infektion stattgefunden haben (nicht nur Versuch).
Zudem möglich: Körperverletzung oder versuchte Tötung nach Art. 122, 123, 111 & 112 StGB.
Bisher über 30 Ermittlungsverfahren, mehr als 20 Personen verurteilt. Auch die Übertragung von Hepatitis C wird strafrechtlich verfolgt.
Die geltenden Regelungen werden in der Schweiz immer wieder kritisch kommentiert und Abschaffung gefordert (wie 2001 von der Aidshilfe Schweiz), sie sind aber weiterhin in Kraft. Im Gegenteil, Roger Staub vom Bundesamt für Gesundheit (Schweiz) ist stolz darauf durchgesetzt zu haben, dass die Einhaltung der Präventionsvereinbarung in den Betrieben kontrolliert und mit Schließung gedroht wird.

In den EU-Staaten
ist die Situation hinsichtlich des strafrechtlichen Umgangs mit HIV-Infektionen sehr unterschiedlich. Die Kriminalisierung von Positiven ist EU-weit in unterschiedlichem Umfang ein Problem.
Vor diesem Hintergrund befasst sich mit diesem Thema nicht nur das vom BMG in Auftrag gegebene Gutachten, sondern auch eine Untersuchung von GNP+ und Terrence Higgins Trust, deren erste Ergebnisse im November 2006 in Glasgow vorgestellt wurden.
Diese Analyse betrachtet den Bereich der Staaten, die die Europäische Konvention für Menschenrechte unterzeichnet haben. In mindestens 21 dieser Staaten fanden Verurteilungen wegen HIV-Infektion statt – ‚Spitzenreiter‘ waren Schweden sowie Österreich und die Schweiz.

Eine Tendenz zum zunehmenden Einsatz des Strafrechts stellt auch UNAIDS fest und warnt, dies führe möglicherweise zu einer Rückkehr zur alten (und wenig erfolgreichen) Politik der Schuldzuweisungen, zunehmender Stigmatisierung und abnehmender Eigenverantwortung für den eigenen Schutz. Die Anwendung des Strafrechts bei HIV-Übertragung sei unangemessen und kontraproduktiv, diese Erkenntnis von 2002 gelte auch 2007 unverändert.

Letztlich steht hinter vielen dieser Regelungen wie z.B. in der Schweiz oder Österreich, aber auch einigen Bemühungen deutscher Politiker und Homosexueller die (meines Erachtens irrige) Vorstellung, Epidemien ließen sich mit Repression bekämpfen.

Kann das Strafrecht überhaupt ein Mittel erfolgreicher Prävention sein?
Vielleicht lässt sich dies mit der Gegenfrage beantworten, ob die Strafbarkeit von Einbrüchen bisher einen Einbruch verhindert hat …

Vielleicht sollte den Warnungen und Hinweisen z.B. von UNAIDS mehr Beachtung geschenkt werden.

Das hindert allerdings auch zahlreiche Schwule nicht daran, Strafverschärfungen zu fordern (wie z.B. die LSU). Und besonders bizarr wird es, wenn Aidshilfen sich wie in Österreich an die Seite der Ermittler und Verfolger stellen.

Leider ist zu befürchten, dass die derzeit angestellten transnationalen Vergleiche nicht etwa dazu führen, dass in Richtung der liberaleren Gesetzgebungen reformiert wird. Vielmehr dürften (wie es der Spahn-Antrag ja vormacht) die schärferen Vorschriften als vermeintliche ‚guten Beispiele‘ dienen, auch hierzulande weitere Strafrechts-Verschärfungen vorzuschlagen und letztlich einzuführen (bei der derzeitigen Verbots- Manie…).

Caspers-Merks Ankündigung, alles was sich als nützlich erweise werde auch hierzulande umgesetzt, lässt für die nähere Zukunft wohl nichts Gutes ahnen…

Material:
Österreich: Rechtsgutachten Prof. Hinterhofer „Zur Strafbarkeit von Sexualkontakten HIV-Infizierter Personen nach §§ 178, 179 StGB“ (im Auftrag der österreichischen Aids-Hilfen) als pdf
hier
UNAIDS: Criminal law, public health and HIV transmission (2002, pdf
hier)
UNAIDS: Crminalisation of HIV transmission (2007, pdf
hier)
UNAIDS: handbook for Legislators on HIV/AIDS, Law and Human Rights (1999, pdf
hier)
EATG: Criminalisation of HIV transmission (workshop, 8th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection; Programm und Links zu den einzelnen Vorträgen
hier)
die umstrittene Sendung von Report Mainz über Barebacking (28.11.2005) als Video und Mitschrift
hier