Homophobe ohne Räume

Das ‚Christival‘ ist umstritten, nicht nur (aber besonders auch) wegen umstrittener und inzwischen abgesagter Inhalte von ‚Homo-Heilern‘.

Nun meldet die taz Nord / Bremen, dass der ‚Schlachthof‘ den Mietvertrag gekündigt hat – das trotz seiner umstrittenen auch evangelikalen Inhalte auch mit staatlichen Mitteln geförderte ‚Christival‘ muss sich einen neuen Platz für seine ‚Botschaften‘ suchen …

Im ‚Schlachthof‚ sollte ein Teil der ‚Christival‘-Veranstaltungen stattfinden.
Für die Kündigung seitens des Schlachthofs war laut taz insbesondere auch das umstrittene ‚Homo-Heiler‘-Seminar ausschlaggebend.

Staatsgeld für Homo-Heiler? (akt.)

Das Christival wollte dazu beitragen, Homosexuelle zu heilen.
Die Bundesfamilienministerin hatte und hat für das Christival die Schirmherrschaft übernommen.

Nach Druck von außen wurde das geplante Seminar zur ‚Heilung‘ von Homosexualität abgesagt.

Zu ihrer Schirmherrschaft hat Frau von der Leyen immer noch nichts bewegendes gesagt.

Und nun erfährt der interessierte Leser, dass das Bundesfamilienministerium nicht nur die Schirmherrschaft hat, sondern dieses ‚Christival‘ mit seinen Heilungs-Avancen auch mit 250.000 Euro Staatsgeldern fördert. (Link dort auf das Protokoll der Fragestunde, lesenswert …)

Die Statements von Herrn Geis ignoriere ich einmal (anders war nicht zu erwarten…). Aber bei der Politik des Hauses L. kommt mir langsam mehr als nur das Gruseln …

Nachtrag 18.02.2008:
– in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hat die Bundesregierung betont, ‚Homotherapien‘ würden nicht staatlich unterstützt, trügen vielmehr ein Gefährdungspotenzial in sich. via gayweb
– ‚Geldsegen für Bibeltreue‘ – die FR weist darauf hin, dass immer noch Verfechter von ‚Schwulen-Therapien‘ unter den Organisatoren und Referenten sind. Und Frau L. immer noch ihre Schirmherrschaft verteidigt.

Beschirmt Bundesfamilien- Ministerin Homo-Heiler? (akt.2)

Nicht nur bei den Ösis finden Kongresse statt, zu denen auch Menschen eingeladen werden, die „Homosexuelle heilen“ wollen (und dann, nach Druck, immerhin doch ‚freiwillig absagen‘).

Nein, nicht nur in Österreich.
Sondern auch in Deutschland.

Und – besonders apart, der Kongress findet unter Schirmherrschaft von Frau von der Leyen statt, ihres Zeichens CDU-Politikerin und Bundesfamilienministerin.

Wie gayweb meldet, hat von der Leyen die Schirmherrschaft (warum eigentlich nicht Schirmfrauschaft?) des Kongresses „Christival 2008“ in Bremen übernommen.
Und dieser Kongress wollte auch eben jenes Seminar (Nr. 664) anbieten, zunächst unter dem Titel „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“. In dem Seminar gehe es um „Wege heraus aus homosexuellen Empfindungen“. Nach ersten Protesten wurde die Seminar-Beschreibung verändert in „Homosexualität verstehen“ und „Verständnis für Ursachen und verschiedene Lebensmöglichkeiten zu gewinnen“.
Und im Verlauf des 9.1.2008 wurde das Seminar dann ganz abgesagt.

Nun wissen wir ja schon voller Erstaunen, dass Kreationisten-Freundinnen bei der CDU Kultusministerin werden können, und dann fordern dürfen, die Schöpfungslehre solle im Biologieunterricht (!, nicht im Religionsunterricht) gelehrt werden.

Aber dass die Bundes-Familien-Ministerin jetzt für die Heilung von Homosexuellen eintritt? Ob sie weiß, für was sie da die Schirmherrschaft übernommen hat?

Immerhin, die Grünen haben eine parlamentarische Anfrage angekündigt.
Und der Sprecher des Familien-Ministeriums kündigte (vor der Absage des Seminars) an, man wolle den Inhalt des Seminars prüfen …

Es fällt schwer, nur mit dem Kopf zu schütteln, wenn man solche Meldungen liest. Schirmherrschaften geht, so dachte ich, man/frau ein, wenn man sich mit einer Sache identifiziert, sie für unterstützenswert hält.
Und die zwischenzeitlich erfolgte Änderung der Seminar-Beschreibung und nachfolgende Absage – sind sie tatsächlich mehr als nur ‚an der Oberfläche‘? Skepsis ist angesagt, wenn der Veranstalter von einem ‚mißverständlichen‘ Beschreibungstext spricht und beharrt, ‚Wege … zur Abnahme homosexueller Empfindungen‘ anzubieten. Viele Fragen bleiben …
Nun, Frau von der Leyen, wie stehen Sie denn zur Heilung von Homosexualität? Eine klare Position steht bisher aus

Ist diese Schirmherrschaft nicht eigentlich fachfremd? Fällt das nicht ins Gesundheitsressort? …
Oder ist das ganze ein Beitrag zum Jahr der real existierenden Satire?

Endlich: Homo-Gen gefunden

Na was ein Zufall.

Gerade erst schreibt thegaydissenter darüber, wie Mann schwul wird. Dopamin-Agonisten (eigentlich zur Behandlung von Parkinson eingesetzt) schienen den rechten Weg zu weisen.

Und gerade dann kommt so ein Biologe aus Illinois und behauptet, das Homo-Gen gefunden zu haben.
Er habe in einer Studie nachgewiesen, dass er mittels einer genetischen Manipulation das homosexuelle Verhalten von Fruchtfliegen binnen kurzer Zeit an- und abstellen könne. Im Ergebnis würden die Fruchtfliegen nach seiner ‚Behandlung‘ bisexuell, meint David Featherstone. Männchen hatten sogar mit Männchen kopuliert, so der Forscher. Homosexualität könne eine Art ‚Überreaktion auf sexuelle Stimuli‘ sein.

Die Frage, warum Mensch schwul oder lesbisch wird, hat mich ja immer schon zutiefst beschäftigt. Diesen Forscher hingegen scheinbar nicht die Frage, wo denn das Hetero-Gen liegen könne.
Überhaupt, ich hatte mich gerade so gelangweilt … wenn wir die Fruchtfliegen nicht hätten …

Wer heilt wen?

Eigentlich dachte ich, die Sache sei mit der lange herbei gestrittenen Änderung des ICD (Streichung des Krankheitsbegriffs Homosexualität) ausgestanden.
Nicht aber in Österreich, wie es scheint.

Wie „dieStandard.at“ berichtet, wollen im österreichischen Graz Psychiater und Religionsvertreter auf einem dreitägigen Kongress im Oktober u.a. diskutieren, wie man Homosexualität „heilen“ kann.
Und laut Queer sind auch deutsche ‚Ex-Gays‘ unter den Teilnehmern.

Dass tatsächlich auch ein „Teufelsaustreiber“ offiziell eingeladen ist, wirft wohl die Frage auf, wer denn da therapiebedürftig sein könnte …
Oh Österreich!

Worum geht’s?
Viele Jahrzehnte lang wurde Homosexualität von fast allen Medizinsystemen als Krankheit betrachtet (was, immerhin, früher schon einen Fortschritt darstellte gegenüber der Betrachtung als zu verfolgende Straftat).

Diese Betrachtung der Homosexualität als Krankheit spiegelte sich lange Zeit auch in einem Klassifizierungs-System, mit dem weltweit Krankheiten unterteilt werden, der „International Statistical Classification of Diseases and Related Health problems“ (ICD) der Welt-Gesundheits-Organisation WHO.

Seit 1968 wurde (mit ICD-8) Homosexualität in dieser Klassifikation immerhin als „umstrittenes Krankheitsbild“ bezeichnet. Endgültig gestrichen wurde Homosexualität aus dem ICD jedoch erst 1992 mit der Verabschiedung des (heute noch gültigen) ICD-10.
Doch immer noch gib es Mediziner und Psychoanalytiker, die Homosexualität als Störung ansehen…

Ein Geis wird kommen

Der arme Herr Sch.
Da macht er sich schon Sorge um die Sicherheit im Land. Macht Vorschläge, was man denn alles ändern könnte. Und dann das.
Alle prügeln sie auf ihn ein, kritisieren, nörgeln.
Selbst der Herr Beckstein, von dem man das so nicht erwartet hätte, meint diesmal sei der Herr Sch. zu weit gegangen.

Alle gegen Sch.?
Nein, nicht ganz.
Ein kleines Dorf …
Nein, aber immerhin ein Herr G.

Sie erinnern sich noch an Norbert Geis?
Ja, genau den.
Norbert Geis, der immer mal wieder gerne gegen Lesben und Schwule wettert, gegen Lebenspartnerschaften, gegen gegen gegen

Genau dieser Norbert Geis hat natürlich auch eine Meinung zur inneren Sicherheit. Und zu den Vorschlägen von Herrn Sch.
Freiheitsentzug ohne vorherigen Prozess?

Gezielte Tötung von Terrorverdächtigen?

Unterbringungsgewahrsam für ‚Gefährder‘?

Auch ohne Prozess?

Wie die Meinung von Herrn Geis hierzu ist – nun, fast bin ich versucht zu sagen ‚wie erwartet‘. Aber – lesen Sie selbst.

Denn Herr Geis hat dem Deutschlandfunk ein Interview gegeben zu den Vorschlägen von Herrn Sch. Dieses Interview hat der DLF dankenswerterweise auf seiner Website als Transskript bereit gestellt, und wer ihn lieber hören mag, für den bietet DLF auch das mp3 dazu.

PS.: Herr Geis ist weiterhin rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag

Anti-Homo-Gesetz: Polen unter Druck

Die EU-Kommission kritisiert das in Polen geplante ‚Homosexuellen-Gesetz‘.

Polen gerät wegen seiner diskriminierenden Politik gegen Lesben und Schwule vermehrt unter Druck europäischer Institutionen.

Aktueller Hintergrund: das polnische Bildungsministerium unter dem ultrakonservativem Minister Giertych bereitet ein Gesetz gegen die ‚Verbreitung von Homosexualität‘ vor. Mit diesem Gesetz soll es bei Androhung von Strafe zukünftig verboten werden, im Schul-Unterricht auch nur zu erwähnen, dass es auch Schwule und Lesben gibt.

Nun hat EU-Kommissar Wladimir Spidla die polnische Regierung eindringlich vor diesem Gesetz gewarnt, berichtet der Standard. Dies würde im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechts-Konvention und zur Grundrechte-Charta der EU stehen, so Spidla.

Schon vor einigen Tagen hatte der liberale Fraktions- Vorsitzende Watson angekündigt, das EU-Parlament könne einen Sonderausschuss zu dem geplanten Gesetz einrichten.
Das Europaparlament hatte sich schon mehrfach in Stellungnahmen besorgt über die Zunahme rassistischer und antihomosexueller Gewalt in Polen gezeigt. Und am 27. April erneut die polnische Regierung aufgefordert, vom geplanten Gesetz abzusehen.

Sonderausschuss zu Homophobie in Polen?

Das EU-Parlament könnte schon bald einen Sonderausschuss zur Homophobie in Polen einsetzen.

Der liberale Politiker Watson (Vorsitzender der Fraktion der Liberalen im EU-Parlament) kündigte an, die Fraktionschefs im EU-Parlament würden schon bald darüber beraten, einen Sonderausschuss zu den jüngsten Entwicklungen in Polen einzusetzen.

Die Hetze und Agitation von Teilen der polnischen Regierung, von Regierunsgmitgliedern und Mitgliedern der die Regierung tragenden Parteien ist in den letzten Monaten immer unerträglicher geworden – bis zu bizarren Vorschlägen, auch nur die Erwähnung von Homosexualität im Unterricht zu verbieten.

Das Europaparlament hatte sich schon mehrfach in Stellungnahmen besorgt über die Zunahme rassistischer und antihomosexueller Gewalt in Polen gezeigt.

Schwule und Lesben gibt es nicht …

Man mag die Meldung kaum glauben.

Das polnische Bildungsministerium plant ein Gesetz. Ein ganz besonderes. Lehrern soll es zukünftig unter Androhung von Strafe verboten werden, im Unterricht auch nur zu erwähnen, dass es auch Schwule und Lesben gibt.

Bildungsminister (und Vize-Premierminister) Giertych möchte so die Jugend des Landes vor ‚homosexueller Propaganda‘ beschützen.
Selbst Aufklärungsmaterial (z.B. gegen Aids) wäre dann strafbar, wenn an Schulen verwendet.

Der polnische Ministerpräsident Kaczynski hält die Mehrheit im Parlament für diesen Gesetzentwurf für sicher.

Mehr bei der ARD, deren Warschauer Hörfunk-Korrespondent dazu geschrieben hat.

Färöer – ein Schritt in die richtige Richtung

Es gibt erfreuliches über die Färöer zu berichten …

Ende Oktober schrieb ich über Homophobie auf den Färöer. Nach einer Häufung von Übergriffen gegen Schwule hatte die Gruppe Act against Homophobia eine Unterschriften-Kampagne gegen Homophobie auf den Färöer gestartet. Die gesammelten Unterschriften sollten der Regierung übergeben werden.

Die Aktion scheint von einem Erfolg gekrönt: Gestern Abend meldete Sabine in ihrem Blog: das Parlament der Färöer in Tórshavn hat ein Gesetz verabschiedet, das zukünftig die Diskriminierung von Schwulen und Lesben untersagt. 17 Abgeordnete stimmten für das neue Gesetz, 15 dagegen.

Mehr Infos auch auf gayweb.
Und – danke an Sabine für die Nachricht 🙂

Antrittsbesuch

Heute ist Polens Premierminister (und Parteichef der PiS) Kaczynski in Berlin. Über die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Polen wird vermutlich nicht gesprochen werden.

Jaroslaw Kaczynski ist heute zu seinem offiziellen Antrittsbesuch in Berlin.
Gesprochen wird sicher über: eine Gaspipeline durch die Ostsee, ein ‚Zentrum gegen Vertreibung‘, die EU, vielleicht generell über die gestörten Beziehungen.

Gesprochen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht darüber, wie immer noch in Polen mit Lesben und Schwulen umgegangen wird.

Das konservative doppelte Lottchen der polnischen Restauration, das nun trotz einer tiefen Regierungskrise doch gemeinsam weiter an der Macht bleibt, kann mit seiner systematischen Diskriminierung und Unterdrückung von Schwulen und Lesben weiter machen.

Als Staatspräsident Lech Kaczynski im März an der Humboldt-Uni eine Rede hielt, kam es noch zu massiven Protesten von Lesben und Schwulen.

Mehr zur Situation von polnischen Lesben und Schwulen und einer polnischen Schwulen- und Lesbengruppe in Frankfurt/Oder auch in diesem Gayweb-Artikel.
Ein weiterer Bericht über die März-Demo gegen Kaczynski findet sich hier.
Einige schöne Zitate aus einem Times-Interview Lech Kaczynskis über Homosexualität finden sich in Argus‘ Blog.

Homophobie auf den Faröer Inseln

Die Regierung der Färöer Inseln lehnt es ab, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu verurteilen – Schwule und Lesben zu diskriminieren ist entsprechend der Gesetzgebung der Färöer vollkommen in Ordnung …

Gewalt und Diskriminierung von Homosexuellem, die als solche öffentlich auftreten, sind auf den Färöer nicht selten. Hiergegen einzutreten ist auf den Färöer schwierig – viele Bewohner scheinen der Ansicht, wenn es keine Gesetze dagegen gebe, seien Gewalt gegen und Diskriminierung von Schwulen und Lesben völlig okay.

Hiergegen protestiert die Organisation AAH Act Against Homophobia mit einer Unterschriften-Aktion . Die gesammelten Unterschriften sollen der Regierung der Färöer übergeben werden.

Die Färöer sind innerhalb des Königreichs Dänemark gleichberechtigte Nation (ähnlich wie Grönland). Die Färöer sind im Gegensatz zu Dänemark jedoch nicht Mitglied der EU.
In Dänemark ist Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gesetzlich verboten.

Die Färöer sind allerdings über Dänemark Mitglied in der UNO – erkennen somit die Universelle Deklaration der Menschenrechte an.
Alles nur graue Theorie? Die nicht für Schwule und Lesben gilt?

… und Dank an Sabine für den Hinweis in ihrem Blog!

Trendwende auf amerikanisch

In den Meinungsumfragen für die US-Wahlen am 7. November fallen die Republikaner immer weiter zurück, gehen die Demokraten in Führung. Leider aus zweifelhaften Gründen.

Galt vor der Sommerpause noch, dass ein knappes Behaupten der zugunsten der Republikaner erwartet wurde,vermuten einige Analysten inzwischen im Abgeordnetenhaus sowie im Senat einen Erdrutsch-Sieg der Demokraten.

Das Erstaunliche an dieser Entwicklung: der Stimmungsumschwung unter den Wählern ist nicht das Ergebnis einer Politik. Nicht auf den Irak-Krieg der Bush-Regierung ist der Umschwung zurückzuführen, nicht auf Bushs Innen- oder gar Außenpolitik, nicht auf seine Wirtschaftspolitik, auch nicht Iran- oder Nordkorea-Krise gaben den Ausschlag.

Entscheidend für den Stimmungswandel gegen die Republikaner ist scheinbar vielmehr in gravierendem Umfang ausgerechnet ein Schmierenstück – das Verhalten des schwulen Republikaner-Abgeordneten Foley, der inzwischen zurückgetreten ist, sowie der Umgang der Partei damit.

Die New York Times betont inzwischen (15.10.2006) den auffälligen Kontrast zwischen „outward homophobia and inner gayness“ bei den Republikanern, angesichts der großen Zahl offen und nicht offen schwuler Mitarbeiter und Abgeordneter in dieser Partei und der Parteipolitik in Sachen Homosexualität.

Die Affäre Foley – ein (in weiten Teilen schwulenfeindliches) Schmierenstück, das nicht für einen Umschwung in den Meinungsumfragen sorgt, sondern auch den Kern des Problems verdeckt.

Das eigentliche Problem sind Politiker, die nicht offen schwul sein können – aus welchen Gründen auch immer. Und Parteien, die immer noch nicht zu ihren schwulen (oder lesbischen) PolitikerInnen stehen wollen, aus eben dem Grund ihrer Homosexualität. Politiker, die aus gleichen Gründen nicht zu ihren KollegInnen stehen wollen. PolitikerInnen, die aufgrund ihres Schwulseins oder Lesbischseins beurteilt werden, nicht ihrer politischen Leistungen.

Wünschenswert wären politische Parteien, in denen die sexuelle Orientierung ihrer Mitglieder für die politischen Engagements nicht bedeutend ist (weder im Negativen noch im Positiven). Und das nicht nur in den USA …

Dass schwule Politiker anti-schwule Politik machen, wird das allerdings auch nicht wesentlich verhindern.

Republikanischer Sex-Chat

Kurz vor den anstehenden Wahlen am 7. November erschüttert u.a. ein Sex-Skandal die Partei der ‚Republikaner‘. Der Abgeordnete Mark Foley (Rep) chattete in sexuell eindeutiger Weise mit Minderjährigen.

Wer schon immer einmal wissen wollte, wie ein 52jähriger Politiker mit einem 16jährigen Büro-Jungen chattet, der findet hier eine Dokumentation eines Chats aus dem Jahr 2003.

In der US-Presse wird der Chat des Politikers zu einem großen Skandal aufgeblasen – oft mit deutlich anti-schwulen Untertönen. Gern vergessen wird dabei, dass z.B. in beinahe allen (bis auf 2) US-Bundesstaaten bereits Teenagern ab 16 Jahren (mit elterlichem Einverständnis) die Heirat erlaubt ist. Das Alter erster sexueller Aktivitäten dürfte auch in den USA noch niedriger liegen …

Übrigens, US-Präsident Bush zeigte sich „angeekelt“ vom Verhalten seines Parteifreundes. Foley selbst, der u.a. Vorsitzender eines Gremiums des Repräsentantenhauses war, das sich für missbrauchte und vermisste Kinder einsetzt, erklärte inzwischen seinen Rücktritt.

Polnische Traditionen

Der polnische Regierungschef Jaroslaw Kaczynski war am 30. August in Brüssel bei der EU zu Besuch. Im Anschluss an ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Baroso betonte er vor der Presse, Homosexuelle würden in Polen nicht diskriminiert.

Erstaunt reibe ich mir die Augen. Habe ich in den letzten Jahren, besonders während der letzten Monate eine andere Realität mitbekommen als dass doppelte Polit-Lottchen in Polen? Oder hat der Begriff der Diskriminierung inzwischen, von mir unbemerkt, eine neue Bedeutung bekommen?

Wie war das in der Zeit, als sein Bruder Lech, heute Staatspräsident, noch Bürgermeister von Warschau war? Wie war das mit jüngsten Äußerungen aus seiner Regierung gegen Homosexuelle? Wurden Schwulen- und Lesbenclubs nicht gerade erst unter fadenscheinigen Gründen geschlossen? Sprach die Regierungspartei PiS auf einer Pressekonferenz nach dem Warschauer CSD nicht vor kurzem von „westlichen terroristischen Gruppierungen“, die friedliche Bürger angegriffen hätten?

„Homosexuelle“, so betonte Kaczynski in Brüssel, hätten in seinem Land „alle Rechte“. Wäre ja auch noch schöner, wenn’s anders wäre, mit welchem Grund wollte er sie ihnen denn aberkennen?
Und weiter, es gebe „keine Tradition“, Homosexuelle zu verfolgen
Nein, eine Tradition war das in Polen bisher vielleicht nicht. Auch wenn es Polens Lesben und Schwule in den Jahren zumeist nicht leicht hatten. Während der letzten Monate allerdings kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass Polens Regierung mit einem rechtskonservativen Wertewandel auch eine verstärkte antihomosexuelle Stimmung durchzusetzen versucht.

Erfreulich, wenn auch nicht ausreichend, zu wissen dass viele Regierungen, jetzt auch wieder die EU-Kommission, Pole immer wieder an die europäischen Werte, auch an den der ‚Nicht-Diskriminierung‘, erinnern, mahnen.

Allein, Erinnern und Ermahnen reichen nicht. Als Lech Kaczynski in Berlin war, haben Schwule und Lesben aus beiden Ländern gemeinsam gegen seine Rede protestiert. Diese Tradition, diese grenzüberschreitende Solidarität gegen Diskriminierung, für freie Bürgerrechte gilt es fortzusetzen, auszubauen.

Kaczynski in Berlin

Donnerstag, 9. März 2006
Der polnische Staatspräsident Kaczynski ist in der Stadt, hält zum Abschluss seines Staatsbesuchs auf Einladung des Instituts für Europarecht der Humboldt-Universität (HU) eine Rede über das „Solidarische Europa“ im Audimax.

Genau jener Kaczynski, der sich schon als Bürgermeister von Warschau bei Schwulen und Lesben nicht nur in Polen einen zweifelhaften Ruf u.a. dadurch erworben hat, dass er Schwulen- und Lesbendemos verboten hat, oder Homosexualität auf alle mögliche Art und Weise verunglimpfte. Inzwischen hat er es zum Staatspräsidenten gebracht, irritiert selbst konservative deutsche Politiker durch zutiefst europaskeptische, manchmal europafeindliche Äußerungen.
Demo Kaczynski 01

Das Audimax, in dem Kaczynski sprechen soll, ist abgeriegelt, einzig eine Videoübertragung im Kinosaal ist offiziell zugänglich. Nach einer vom LSVD initiierten Demonstration vor dem Haupteingang der HU verschaffen sich einige schwule Aktivisten dennoch Eintritt in das Audimax, protestieren lautstark gegen die Verweigerung von Grundrechten für Schwule und Lesben in Polen. Hindern Kaczynski zunächst erfolgreich am Reden, ein Redakteur der ‚Siegessäule’ wirft ihm auf dem Podium vor, er „verhetze das polnische Volk, er schüre den Katholizismus“ (was auch immer er damit meinte).

Demo Kaczynski 02

Nach seiner Rede, aufgrund einer Frage aus dem Auditorium, kommt Kaczynski nicht umhin, sich doch noch zur Homosexualität zu äußern. Die Förderung der Homosexualität, meint er, führe doch in letzter Konsequenz dazu, dass die Menschheit aussterben müsse.